Kann Liebe alle Grenzen überwinden? - Teil 2

Autor: zeitvorhang
veröffentlicht am: 26.07.2012


Viel Spaß beim Lesen!
-

Pech, Pannen & Party

Langsam fuhr Claire auf den Parkplatz, der in der Nähe von Florians Appartement lag. Die Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte, unterstrich ihre gute Laune und sie sang lautstark mit. Ja, sie freute sich wirklich auf die Party! Und dieses mal würde sie nicht - wie sonst immer - zu spät kommen!
"I gotta feeling, woooohooooo, that tonight's gonna be a good night, that tonight's gonna be a good night..."
Plötzlich ertönte ein lauter Knall und Claire fuhr erschrocken auf. Schnell stellte sie den Motor ab und stieg hastig aus. Gründlich untersuchte sie ihr Auto, und stellte fest, dass einer ihrer Autoreifen kaputt gegangen war. Vermutlich war sie über Scherben oder einen anderen spitzen Gegenstand gefahren.
"Verdammt!", rief Claire aufgebracht. "Das muss ja ausgerechnet jetzt passieren!"
Verärgert über ihr Missgeschick öffnete sie den Kofferraum von ihrem Polo und holte einen Ersatzreifen und den Werkzeugkasten heraus - zum Glück hatte sie einmal auf ihren Vater gehört und so etwas eingepackt.
Echt super! Sie hatte trotzdem keine Ahnung von sowas! Autos waren doch Männerkram, wozu musste sie sich damit beschäftigen? Achso, ja: sie war single.

Sie hievte die Sachen zu dem kaputten Reifen und kniete sich ratlos davor. Wahrscheinlich würde ihr Kleid danach nicht mehr blau, sondern schwarz sein. Wirklich wunderbar. Innerlich stieß Claire ihren Kopf gegen eine Wand - dafür hatte sie sechs verdammte Stunden vor ihrem Kleiderschrank gesessen! Für nichts!
Zudem musste es bestimmt toll aussehen, wie sie da in ihrem Sommerkleidchen hockte und ihren Reifen anstarrte. Die Passanten mussten sie doch für völlig bescheuert halten!
"Verdammte Scheiße!", fluchte sie und kramte ahnungslos in dem Werkzeugkasten herum.
Sie hätte wirklich mal ihrem Vater dabei zusehen sollen, wie man einen Reifen wechselte...

Wütend knallte sie den Deckel des Werkzeugkastens wieder zu und funkelte ihn böse an, als ob er daran Schuld wäre, dass sie hier nun festsaß.
"Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?", fragte plötzlich eine belustigt klingende, tiefe Stimme. Erschrocken sah Claire nach oben und starrte den Mann, der sich angeschlichen hatte verschreckt an.
Als ihre Blicke sich trafen, stellten sich ihre Nackenhaare auf und ein Schauer lief ihren Rücken herunter. Die Augen des unbekannten Mannes waren ein Mix aus Moosgrün und einem herbstlichen Braun und hatten eine wahnsinnige Intensität. Es schien, als ob er mit seinen Augen ihren Körper bis aufs Innerste scannte.
Er hatte dunkelbraune Haare, die zerstrubbelt waren - war bestimmt beabsichtigt - und Jannas Finger fingen an zu jucken; sie hatte das Verlangen danach, durch diese wuscheligen Haare durchzufahren und ... Stopp! Was dachte sie da überhaupt? Noch dazu in der Anwesenheit dieses Mannes! Eines gut aussehenden Mannes. Eines verdammt gut aussehenden Mannes!
Etwas verlegen strich Claire sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und richtete sich langsam auf. "Ähm, ja... also... ich hab mir 'nen Platten gefahren", sagte sie schließlich zögernd und schaute auf den kaputten Reifen. "Und ich hab wirklich keine Ahnung von solchen Dingen."
Der Unbekannte grinste und Claire spürte, wie dabei ihre Knie weich wurden. Verdammt, was war nur los mit ihr? Sonst brachte sie doch auch kein Typ so aus der Fassung! Warum jetzt auf einmal der?
"Hab ich mir schon gedacht", antwortete er grinsend. Claire sah peinlich berührt zu Boden.
Innerlich verfluchte sie sich, er hatte sie gerade eben bestimmt Fluchen hören! Was dachte er denn jetzt von ihr?! Besimmt nichts Gutes... Man, wie peinlich war das denn?

"Kommen Sie, ich helfe Ihnen", sagte der Unbekannte plötzlich und beugte sich schon runter zu dem Reifen. Bevor Claire noch etwas tun konnte, war er bereits am rumwerkeln.
"Gehen Sie auch auf die Party von Florian Seel?", fragte der Braunhaarige Claire unvermittelt und begann den Reifen abzumontieren.
"Ja", antwortete Claire und lehnte sich an den Polo. "Sie etwa auch?" Der Mann nickte.
"Jop, ich war gerade auf dem Weg zu ihm."
Sofort packte Claire das schlechte Gewissen: "Ich halte Sie doch hier gerade nur auf! Sie müssen das wirklich nicht machen, echt, ich..-" - "Ich will es aber machen", erwiderte er bestimmt und schenkte dem Autoreifen wieder seine volle Aufmerksamkeit.
Es herrschte eine bedrückende Stille zwischen den beiden. Claire hatte das Bedürfnis etwas zu sagen, hatte jedoch Angst, dass sie ihn damit nur nerven würde.
Letztendlich fragte sie ihn dann aber doch: "Sie halten mich jetzt doch für total bekloppt, oder?" Verlegen zupfte sie sich ein Haar vom Kleid und ließ es auf den Boden segeln.
"Ach was, wie kommen Sie denn auf so etwas?", sagte er etwas entgeistert. "SIE müssen mich eher für bekloppt halten, dass ich eine mir wildfremde Frau anspreche und ihr anbiete, ihren Reifen auszuwechseln! Das klingt doch viel bescheuerter, oder?"
Erneut zierte ein Grinsen seine Züge. Unwillkürlich musste Claire lachen. "Sagen wir einfach, dass wir beide ein wenig merkwürdig sind", erwiderte sie amüsiert.
"Könnten Sie mir vielleicht den Werkzeugkasten geben?", fragte er sie dann. Hastig nickte Claire und reichte ihm den Kasten, dabei berührten sich kurz ihre Hände.
Es durchfuhr Claire wie ein Stromschlag. Hastig und mit klopfenden Herzen wandte sie sich wieder ihrem plötzlich wahnsinnig interessant gewordenen Kleid zu. So etwas konnte man doch nicht bei einem wildremden Mann spüren, oder?

Sie schwiegen eine Weile und Claire betrachtete ihren "Retter" ein wenig. Er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd, von dem die oberen Knöpfe leicht geöffnet waren - darunter ließen sich die trainierten Muskeln erahnen.
Als Claire ihren Blick endlich von dem - immernoch - Unbekannten losgerissen hatte, wagte sie einen Blick auf die Uhr und stöhnte genervt auf. "Wir kommen wohl zu spät, oder?", fragte der Mann und schnappte sich den Ersatzreifen. "Nicht nur das. Ich komme IMMER zu spät!", seufzte sie. Der Mann lachte. "Ich auch. Willkommen im Club der Unpünkltichen!", grinste er. Sein Grinsen war ansteckend.
"Dann bin ich ja beruhigt!", lächelte Claire - mehr oder weniger - erleichtert.
Claire konnte es nicht erklären, aber sie hatte für den Unbekannten in der Kürze eine große Sympathie entwickelt und sie hatte das Gefühl, dass es bei ihm ebenso war - wenn sie sich auf ihre weibliche Intuition verlassen konnte.

Auf einmal stand der Unbekannte vor ihr und wischte sich den Schweiß von der Stirn; die Sonne schien noch immer und die Temperaturen waren noch recht hoch. "Fertig!", sagte er und klappte den Werkzeugkasten zu. "Was? Schon?!", fragte Claire überrascht und schaute ihm dabei zu, wie er den Kasten zurück in den Kofferraum stellte.
"Ich hab doch gesagt, ich kenn mich aus", er zwinkerte ihr zu. Inzwischen stand er wieder vor ihr. "Vielleicht sehen wir uns ja gleich wieder", meinte er leise.
"Mal sehen...", erwiderte Claire eben so leise. "Zuerst hat mich Flo eingeplant, er will mir nämlich seinen besten Freund vorstellen." Sie strich sich eine Haarstähne aus dem Gesicht.
"Seinen besten Freund? Soso..."
"Kennen Sie ihn?", fragte Claire hoffnungsvoll - vielleicht würde sie ja über ihn etwas über diesen Jean Roi herausfinden.
"Nur flüchtig", antwortete er. "Und ich finde, dass wir uns duzen sollten. Okay?" Claire nickte geistesabwesend. "Was hast du denn schon über ihn gehört?", fragte er dann.
"Nichts Schlechtes. Flo redet in den höchsten Tönen über ihn", erwiderte sie skeptisch. "Ich glaube ihm da allerdings nicht so richtig. Jean Roi...das ist bestimmt wieder so ein reicher Schnösel, der denkt, dass Geld die Welt regiert."
Der Braunhaarige betrachtete sie amüsiert. "Ich bringe eben deinen kaputten Reifen zu meinem Auto", sagte er und nahm den Reifen. "Mach dir keine Umstände!", versuchte Claire ihn aufzuhalten, doch der Unbekannte winkte nur lächelnd ab. "Ist schon in Ordnung!", sagte er. "Bis dann! Ich bin mir sicher, dass wir uns noch einmal über den Weg laufen werden!"
Er grinste geheimnisvoll und ging mit schnellen Schritten weg - wahrscheinlich in Richtung seines Autos.
Verwirrt blickte Claire ihm hinterher. Wieso war er sich so sicher, dass sie sich noch mal sehen würden?!
Nachdenklich ging sie zur Haustür von Florians Appartement und klingelte.

Ein letztes Mal strich sie ihr Kleid glatt, ehe die Tür von einem breitlächelnden Florian geöffnet wurde. "Ah, Clara! Wie immer zu spät!", empfing er sie und umarmte seine beste Freundin kurz. Nur Florian durfte sie Clara nennen, denn als sie noch kleiner waren, konnte er 'Claire' nicht aussprechen und hatte es sich anscheinend über die Jahre nicht abgewöhnen können. "Sorry, ich hatte einen Platten!", entschuldigte sich Claire. "Und...", sie stoppte - sie hatte doch tatsächlich vergessen, den unbekannten Mann nach seinem Namen zu fragen! "...und ein netter Herr hat mir geholfen, ihn auszuwechseln!"
Flo lachte. "Ist doch auch egal! Hauptsache, du bist da! Komm rein!", rief er fröhlich und bedeutete ihr, einzutreten.
"Zuerst einmal: Alles Gute zum Geburtstag!", sagte sie ihm strubbelte ihm durch die blonden Haare, wie sie es immer getan hatte. Jedoch fiel ihr es mittlerweile recht schwer, da Florian ein gutes Stück größer als sie war - locker 1,80m - und Claire mit ihren mauen 1,60m kam da kaum an seinen Kopf heran.
"Wir sind alle im Garten, komm mit!", sagte er und zog sie durch das geräumige Wohnzimmer heraus auf die Terrasse, auf der ein riesiges Buffet aufgebaut war - von den buntesten Salaten über saftige Steaks bis hin zu Mousse au Chocolat war alles dabei, was das Herz begehrte.
Auf dem gepflegten Rasen standen verteilt Stehtische und Bänke, an denen sich die Leute ansammelten und fröhlich schwatzten. An der Hecke war eine Art Bar aufgebaut, an der ein junger Barkeeper schon die ersten Cocktails für zwei platinblonde Barbies mixte.
Von der Terrasse aus ging eine gewundene Steintreppe hinunter auf den Rasen und man hatte einen guten Ausblick auf das Geschehen.
Verächtlich verzog Claire ihr Gesicht - wie erwartet hatten die meisten Designerkleidchen oder Anzüge an und an einem der Stehtische wurde schon der erste edle Champagner geköpft.
Das sah ja nach einem wunderbaren Abend aus...

Florian, der sich bis gerade eben noch mit einem Pärchen unterhalten hatte, wandte sich wieder ihr zu: "Komm, wir gehen zu den anderen!"
Er führte sie gentlemen-like die Treppe herunter und steuerte einen bestimmten Tisch im hinteren Bereich des Gartens an.
"Hey, Claire!!", quietschte plötzlich eine braunhaarige Schönheit und umarmte sie stürmisch. "Tanja, schön dich zu sehen!", sagte Claire und lächelte.
An dem Tisch, vor dem sie jetzt stand, saßen ihre Freunde: Tanja, Christopher, Luisa, Nina, Alexander und Tom.
Zwar sahen sie sich nicht so häufig, doch ihre Freundschaft hielt die Distanzen aus.
Claire warf ein "Hey, Leute!" in die Runde und wurde lautstark zurückgegrüßt.
"Und, was gibt's Neues?", fragte sie fröhlich und nahm neben Nina platz. Florian schob ihr einen exotisch aussehenden Cocktail vor die Nase und sie fing sofort an an dem Strohhalm zu saugen.
An dem Tisch herrschate kurzzeitig Stille, in der sich alle gegenseitig ansahen mit einem Blick, der sagte, dass es natürlich etwas Neues gab.
Schließlich hielt es Tanja nicht mehr aus und ließ die Bombe platzen: "ALEX UND NINA SIND ZUSAMMEN!!" Begeistert klatschte sie in die Hände und zwinkerte Nina zu, die schon ganz rote Backen bekommen hatte.
"Echt?", fragte Claire entzückt und gratulierte erst einmal ihren Freunden. Sie wusste schon lange um die Gefühle von Nina zu Alexander und deshalb freute sie es umso mehr, dass die beiden es endlich geschafft hatten.

Die neun Freunde quatschten noch eine Weile, bis die Männer beschlossen, sich etwas zum Essen zu besorgen.
"Und, findest du langsam mal deinen Mr. Right?", fragte Nina sie verschmitzt, worauf Claire lachen musste. "Mal sehen, vielleicht steht er ja in der nächsten Ecke!", antwortete sie frech. Irgendwie sah sie innerlich grünbraune Augen vor sich.

"Solltest du nicht heute Jean kennenlernen?", wollte Luisa wissen und trank den letzten Schluck ihres Cocktails aus. Claire nickte. "Ja, eigentlich sollte ich das", sagte sie. "Nicht wahr, Flo?" Die Männer kamen gerade von ihrem 'Beutezug' zurück und saßen nun mit vollen Tellern wieder am Tisch. "Oh, stimmt!", Florian schlug sich gegen die Stirn. "Du kennst ihn ja noch gar nicht!", lachte er verlegen und sah sich um.
"Ah, da hinten ist er ja! Komm, wir gehen kurz zu ihm."
Die beiden standen auf, natürlich nicht, ehe Florian sich zwei Bratwürstchen in den Mund geschoben hatte. Nun lief Claire neben einem kauenden Florian her und fragte sich, wo in diesem Gewusel wohl dieser Jean steckte.
Unwillkürlich dachte sie an den unbekannten Mann von vorhin... wo steckte der überhaupt?
Und hatte er nicht gesagt, dass sie sich sicherlich nochmal über den Weg laufen würden?
"Hey, Jean!", rief Florian plötzlich und winkte drei Männern, die an einem Stehtisch standen. Der eine hatte kurzgeschorene, fast schwarze Haare, der in der Mitte eine blonde Igelfrisur und der rechte hatte braune Wuschelhaare und sah sie grinsend an.
In Claires Bauch fing es an zu kribbeln - das war doch der Unbekannte von vorhin!
Auf einmal stockte sie. Was, wenn DAS Jean war? Ihr fielen die Worte von eben wieder ein. Sie hatte doch tatsächlich gesagt, dieser Jean sei ein ein reicher Schnösel! Wenn der Unbekannte nun Jean war... oh lieber Gott, bitte nicht!

Die Männer unterbrachen ihr Gespräch und schlugen bei Florian mit einem gekonnten Handschlag ein. Nun konnte sie die Gesichter besser erkennen und der Rechte war doch tatsächlich der Unbekannte von gerade eben! Anscheinend hatte er sie auch erkannt und lächelte sie zur Begrüßung an.
Der Mann mit den kurzen schwarzen Haaren war Ninas Bruder, Felix, den anderen kannte sie nicht.
Claire hoffte inständig, dass der Blonde mit der Igelfrisur Jean war. Florian stellte ihr die drei Männer der Reihe nach vor. "Felix kennst du ja schon", sagte er lächelnd und zeigte auf den Schwarzhaarigen, der kurz zur Begrüßung die Hand hob. "Und das ist Oliver.", er deutete auf den Blonden.
Innerlich war Claire schon umgekippt, doch die folgenden Worte von Florian bestätigten ihre Vermutung: "Und das ist Jean Roi, mein bester Freund!"
Nichtsahnend lächelte Florian seine beste Freundin an und schob Jean nach vorne - auf seinen Zügen war schon ein schelmisches Grinsen.


Fortsetzung folgt …





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz