Atemzeit.. - Teil 13

Autor: Caprice
veröffentlicht am: 14.08.2012


Wir waren die ganze Nacht unterwegs und durchquerten feinstes, körniges Gebiet. Die Wüste des Silveertal´s lag hinter uns und im Morgennebel konnte man schon die schrofen Felswände einer Gebirgskette im Zenit erkennen. Ich trug Caprice auf meinen Schultern und setzte sie gerade ab, als Michael für eine Pause inne hielt. Sie war so müde, dass man auch jetzt noch, den Schlaf, in ihren goldenen Augen erkannte, den sie versuchte mühevoll wegzuwichen. Ich konnte nicht genug bekommen. Ihr Anblick. Diese Augen, die dazu einluden sich darin fallen zu lassen. Sehnte mich nach dem Fall. Sehnte mich nach ihr. Sie setzte sich zu Raziel und Zadkiel und unterdrückte ein Gähnen. Ich musste lächeln und ließ mich neben ihr auf die Erde fallen.
Michael legte ein paar Steine, in kreisförmiger Anordnung, auf die Wiese und entzündete ein Feuer. Es war schön einfach mal nur den Flammen beim wachsen zuzusehen. Neue Kraft zu tanken.
Der nächste Sprungpunkt lag hinter schillerendem Fels. Etwa ein Tagesmarsch. Jeder Ort, jedes Land besitzt diesen einen, inentsiven, Energiepunkt. Ein Herz. So könnte man es ausdrücken. Nur durch einen solchen Punkt, an dem reine Energie gebündelt wird, gelingt ein Zeittransport, ein Ortswechsel. Fern von der Welt, wie ihr sie kennt. Zu den verborgenen Orten, die nur Lichtwesen zu finden vermögen. Auch Dämonen. Denn auch sie waren Lichtwesen. Anderer Natur. Ich ließ meine Gedanken kreisen. Das Feuer war mittlerweile um dass zweifache gewachsen und wärmte jeden Zentimeter meines Körpers, der sich erschöpft und taub anfühlte.
Ich sehe mich in den Flammen. Bemerke, wie schwer es fällt meine Augen von diesem rot, diesem brennenden Holz und der klaren, glänzenden Glut zu lassen, als wäre es mein Elixier zum leben. Mein Wesen. Ich lege den Kopf in den Nacken und höre nicht auf das flackernde, knisternde Leben anzustarren, wie es wächst, mich lockt und versteinern lässt. Auf eine faszinierte, seltsame Weise. Ich versuche etwas. Probiere die Flammenspitzen mit meinen Gedanken in die Höhe zu ziehen. Ich weiss nicht warum ich tue, was ich tue. Doch es funktioniert. Es läßt sich ziehen. Fast wie Kaugummi. Ich bemerkte die vielen Gesichter nicht, die sich nach mir umdrehen. Ungläubig auf das starren, was ich tue. Bin nicht in der Lage zusehen. Sie wahrzunehmen.Ich bin das Feuer und jetzt. Weiss ich.
„Du kannst ja Feuer bewegen!?“ Die musikalische Stimme holte mich ruckartig aus der Stasis. Das Feuer schrumpfte sofort auf seine alte Größe zurück und ich konnte sehen, wie Caprice´s überraschter Blick meinen durchbohrte, der selbst überrascht ausgesehen haben muss. Ich hob die Schultern zu einer ahnunglosen Geste. War doch nichts besonderes!? Ich bin ein Engel, dachte ich und habe wohlmölglich gerade eine neue Kraft erhalten bzw.- elernt. Was soll´s. Doch, jetzt konnte ich auch die anderen, verdutzten, Gesichter sehen. Ihre ungläubigen und verwirrten Blicke. Vorallem, Michael´s Gesichtsausdruck brannte sich in mein Mark. Er sah aus, als hätte ihm gerade jemand einen harten Schlag verpasst.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ahnte nicht, dass es etwas unnormales für einen Engel ist, wenn er Feuer zu bewegen vermarg. Ich war vollkommen vor den Kopf gestoßen. Sie sahen mich an, als wäre ich ein Freak. Eine Bezeichnung, mit der alles zusammengefasst wurde, was nicht gewöhnlich, nicht passend war, was mehr Aufmerksamkeit erforderte, als eine rote Ampel, von der jeder weiss, dass sie auf grün umschaltet.

„Was ist los mit euch?“ Fragte ich dann empört, als ich meine Stimme wieder in der Kehle spürte. Ich konnte meine eigene Verwirrung darin hören.

„Das ist eine ungewöhnliche Fähigkeit Seith,“ antwortete Michael und runzelte die Stirn. Er wirkte abwesend. Nicht aber fort.

„Was meinst du damit? Ihr könnt das doch auch!?“ Mein Blick schweifte zu den anderen.

„Nein,“ sagte Zadkiel und schüttelte den Kopf. Seine Stimme klang überhaupt nicht gelassen, wie sonst.
„Was bedeutet das?“ Wollte ich wissen.

„Es bedeutet, dass...“ Michael warf Zadkiel einen strengen Blick entgegen. So stählern, dass dieser sofort verstummte.
„Es bedeutet, nichts.“ fuhr er schließlich fort. Von wegen, dachte ich. Die Verunsicherung in seiner Stimme war offensichtlich. Was versuchte Michael zu verheimlichen?
„Es ist eben sehr ausergewöhnlich. Eine höchst ausergewöhnliche Kraft.“ Zadkiel lächelte und löste seinen Blick von Michael´s strengen Augen. Es war kein echtes Lächeln. Kein Zadkiel Lächeln. Was zum... Was ist hier los?

„Du erwartest doch nicht, dass ich das glaube!?“ Ich den Ernst in meiner Stimme.

Zadkiel versuchte ein Gesicht zu machen, als wüsste er nicht wovon ich spreche. Er war leicht zu durchschauen. Ich wusste genau, dass er irgendetwas wusste. Alle wussten anscheindend irgendetwas.

„Nun spuck schon aus! Warum ist es so ungewöhnlich?“ Meine Stimme war so hart, dass Caprice zusammen zuckte. Sie war die einzige, die mich nicht angesehen hatte, als wäre ich ein Freak. Oder irgendeine mutierte Version eines Engels.

„Ganz einfach Seith...“ Die lockere, rauchige Stimme machte mich wahnsinnig. Ganz einfach, was? Sag es schon Michael, dachte ich- ohne die Worte auszusprechen. Sag es einfach und erlöse mich von deiner abwertenden Haltung. Wieso hast du mich nicht einfach sterben lassen, wenn du mich so ungläubig anstarrst? Mein Blut kochte.

„Das Feuer zu manipulieren ist eine dämonische- Kraft. Quasi ihre einzige“, sagte er erlösend -ohne, dass es sich erlösend anfühlte.
„Du musst wissen, dass ein Lichtwesen nur Feuer entstehen lassen kann. Wie ich dieses Lagerfeuer hab entstehen lassen.“
Ich erinnerte mich, wie er es mit seinen Handflächen entfachte.
„Es zu manipulieren liegt nicht in meiner Macht. Ich kann es nicht. Du dagegen schon.“ Und weiter? Ist er eifersüchtig, oder warum macht er so einen Wind. Er legte den Kopf in den Nacken. Ich hasste diese arrogante Art.

„Deshalb ist es ungewöhnlich. Weil, du ein Engel bist. Ein Lichtwesen. Die Frage, die wir uns jetzt stellen müssen ist: Warum du es kannst!?“ Seine Augen wurden schmal.

„Willst du damit behaupten, dass ich ein Dämon bin?“ Jetzt war ich derjenige, der ungläubig in die Runde starrte.

„Nein,“ antwortete Raziel. Mit Überzeugung in der Stimme, die mich sofort aufatmen ließ. Weil, sie nicht gespielt klang.

„Wir alle wissen, dass du ein Engel bist. Ich selbst, war bei deiner Entstehung dabei.“ Mein Blick ging wiede zu Michael. Er war bei meiner Entstehung dabei?

Das hatte ich nicht gewusst. Ich wusste, dass Engel nicht geboren werden. Wir werden erschaffen. Nicht als Kinder, sondern als Erwachsene, oder in meinem Fall Jugendliche. In Menschenjahren war ich wohl 18 Jahre alt, zumindestens sah ich so aus. In Engeljahren dagegen, war ich gerade mal ein Jahr alt.

„Und ist es was schlimmes?“
„Das wissen wir nicht. Aber wir werden es herausfinden.“ Zadkiel´s Stimme war wieder zuckersüß. Die Ruhe darin ließ mich zuversichtig. Auch wenn mir bei dem Gedanken schlecht wurde, dass ich vielleicht nicht der war, der ich dachte zu sein.

Den Rest der Pause saßen wir uns schweigend gegenüber. Als wir dann endlich aufbrachen fühlte ich mich unwohl in meiner Haut. Mir war etwas klar geworden....






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