Gifted - Die Befreiung - Teil 12

Autor: Aven
veröffentlicht am: 22.07.2012


Hallo ihr Lieben,
erst mal Danke an alle, die meine Geschichte lesen und noch größeren an die, die kommentieren! Hier ist der neue Teil und diesmal dreht sich alles um die Liebe :D Ich wollte unbedingt, dass es echt und mitreißend wird, also würde ich mich riesig freuen, wenn ihr mir Rückmeldung geben könntet, ob es auch geklappt hat. Sonst muss ich mich bei den nächsten Liebesszenen noch mehr anstrengen! ;D
Also viel Spaß beim Lesen und bis bald,
beste Grüße
eure Aven

“Couse maybe,
you gonna be the one that saves me
and after all
you’re my wonderwall.”
(Auszug aus dem Lied “Wonderwall” von Oasis)


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In ihrem Motelzimmer kramte sie nervös in den verschiedenen Taschen nach etwas, das vielleicht in diese Kategorie fallen könnte. Irgendwo unter Bergen von bunten Klamotten in Rows und ihrer Größe fand sie schließlich einen schwarzen kurzen Rock aus Sweatshirtstoff. Sie mochte es bequem, aber es war Herbst im ehemaligen Deutschland, deshalb überwand sie sich auch zu einer schwarzen Feinstrumpfhose. Dazu wählte sie noch ein schwarzes T-Shirt, dessen Ausschnitt mit Spitze besetzt war. Alles lag passgenau an und sie fand, dass das hier dem Wort ausgehtauglich so weit sie wusste doch recht nahe kam. Die Allzweckstiefel und die Uniformjacke nahm sie trotzdem, es waren einfach bequeme und praktische Kleidungsstücke, die für sich gesehen keine Rückschlüsse zuließen. Bei dem letzten Blick in den Badezimmerspiegel erkannte Aurelia sich kaum wieder. Nicht nur dass sie immer noch die sandelholzfarbene Perücke mit den langen Locken und die braunen Kontaktlinsen trug. Auch der Rest war ihr fremd. Sie hatte lauter hektische rote Flecken in Gesicht und Dekolleté und die Augen wirkten gespenstisch groß. Trotzdem leuchteten sie und die Wangen schimmerten rosig vor Aufregung. Die Schmetterlinge zogen ihre Bahnen und sie fühlte sich wirklich wie ein Teenager vor seinem ersten Date. Wie lächerlich das nach 300 Jahren klang. Pareios brachte sie völlig aus dem Häuschen. Verwundert fragte sie sich noch einmal, wo wohl die Übelkeit geblieben war, denn sie hatte sich nicht wieder gemeldet. Aber wie sie so dastand, fiel ihr wieder ein, dass sie sich doch all das verboten hatte… Nicht jetzt, ermahnte sich und versuchte die aufflammenden Schuldgefühle auszutreten. Um nicht weiter Gelegenheit zu haben, darüber zu brüten, löschte sie das Licht und machte sich auf den Weg zum Fahrstuhl.

Pareios wartete dort bereits. Er trug ebenfalls die schwarze Lederjacke, die zu seiner Uniform gehörte. So wirkte es fast, als hätten sie sich unbewusst zu einem Partnerlook entschieden. Aurelia musste darüber lächeln und ihr Herz machte ein paar fröhliche Hüpfer. Darunter trug er ein dünnes Hemd in einem edlen Grau, das zu seinen wundvollen Augen passte, wären sie nicht durch braune Kontaktlinsen verdeckt gewesen. Es steckte in einer dunklen Jeans, die er mit einem schwarzen mattledernen Gürtel an den Hüften befestigt hatte. Die Hosenbeine fielen lässig gerafft über dunkle sportliche Slipper. Nur die teakholzfarbene kurze Perücke irritierte ein wenig. Trotzdem sah er extrem sexy aus und Aurelias Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen. Es kribbelte in ihrem Bauch und das war sicher nicht der spärlichen Mahlzeit von vorhin zuzuschreiben. Vergessen war jegliches Schuldgefühl, ihr Pulsschlag beschleunigte sich und sie bekam fast weiche Knie.
Pareios pfiff leise durch die Vorderzähne als sie näher kam.
„Verdammt, Aurelia. Du siehst heiß aus! Ich glaube, ich hab dich noch nie in einem Rock gesehen!“ Sie konnte seiner Stimme entnehmen, dass er es ernst meinte und beobachtete wie seine Augen langsam über ihren Körper wanderten. „Und was für Beine…“ fügte er schwärmerisch hinzu, als ob er über ein schmackhaftes Gericht reden würde und brachte Aurelia damit in Verlegenheit. Sie freute sich unheimlich darüber, dass sie ihm anscheinend gefiel. Noch nie war es ihr wichtig gewesen, auch nur irgendjemandem zu gefallen, geschweige denn einem Mann.
„Danke! Ich habe eben dasselbe über dich gedacht!“ gab sie zu und fügte dann neckend an: „Und dass du mich noch nie in einem Rock gesehen hast, liegt wohl daran, dass du an Viktors Hochzeit mit Meredias brünetten Brautjungfer beschäftigt warst!“
Er machte ein entschuldigendes Gesicht und antwortete dann aber wieder selbstsicher: „Andere Zeiten!“ Dann umspielte ein verschmitztes Lächeln seine wunderbaren Lippen. „Und heute werde ich mich ausschließlich mit dir beschäftigen!“

Der Aufzug kam und sie stiegen ein. Sowie die Türen zugeglitten waren, nahm Pareios wieder ihre Hand in seine und behielt diese warm umschlossen. Das Zuckerwattegefühl kehrte zurück, wobei es noch stärker war als am Nachmittag. Sie sahen sich an, sagten aber kein Wort. Genossen nur die Gegenwart und Berührung des anderen.
Sie verließen das Motel und spazierten eine Weile durch die frische, kühle Nachtluft. Sie wehte ihr um die Nase und sie konnte den Geruch der Großstadt ausmachen. Ein paar Querstraßen weiter stiegen sie in die U-Bahn hinab.
Pareios kannte sich im Liniensystem des Nahverkehrsnetzes aus und sie wechselten mehrmals im Laufe ihrer Fahrt die Bahn. Es war jetzt ca. 23 Uhr und die Züge waren voll von Nachtschwärmern, die alle zurechtgemacht unterwegs zu irgendwelchen Verabredungen oder Partys waren. Viele Frauen zupften immer wieder nervös an ihre Outfits rum und kleine Männergrüppchen, die schon getrunken hatten, grölten sich gegenseitig Rüpelhaftigkeiten zu. In einer der Bahnen fragte Aurelia schließlich als sie sich auf einen bunten vollgeteckten Sitz fallen ließ: „Also, was hast du nun mit mir vor?“ Sie war einfach zu neugierig, da sie immer noch keine Vorstellung hatte.
„Tjaaa, das wird noch nicht verraten, soll doch schließlich eine Überraschung sein!“ gab er gespielt empört zurück. „Wundert mich, dass du‘s noch nicht weißt. Ich meine wegen deiner Gabe!“ Aurelia war ganz perplex. Natürlich hatte er Recht, aber auf diese Idee war sie in ihrer Aufregung gar nicht gekommen. Und jetzt wollte sie sich ehrlich gesagt selbst nicht die Überraschung verderben. „Ähm, nö, hab‘s mir verkniffen!“ behauptete sie deshalb, konnte ihn aber nicht ansehen. Er grinste jetzt bis über beide Ohren.
Nach einer halben Stunde Fahrt stiegen sie in Prenzlauerberg aus und gingen noch ein Stück zu Fuß. Hier waren vor allem junge Menschen unterwegs. Manche trugen ausgeflippte, grellbunte Klamotten, andere hatten sich die Haare rot, grün oder lila gefärbt, oder trugen die unterschiedlichsten Sorten an Körperschmuck. Ein junger Mann mit einem Irokesen und einigen Pearcings im Gesicht starrte ihr anzüglich hinterher. Sie ignorierte es und tauchte ins Getümmel ein. Sie konnte die Stadt atmen und den Puls der Menschenmenge pumpen spüren. Die Nacht war verheißungsvoll und ihre Stimmung mittlerweile blendend! Mit Pareios war alles so leicht und beschwingt, dass sie in seiner Gegenwart voll und ganz aufging.

Pareios lenkte sie nach links in einen Hinterhof, in dem sich eine riesige Schlange an Menschen vor einem doppeltürigen Eingang gebildet hatte. Darüber war ein riesiges dreieckiges Leuchtreklameschild mit dem Wort „Trésor“ angebracht. Es sah auf den ersten Blick aus wie ein Club, und als die Tür aufging und sich zwei betrunkene Mädchen an den Türstehern vorbei nach draußen drängten, ertönten kurzzeitig die tiefen wummernden Drum’n’Bass-Rhythmen aus dem Inneren.
Aurelia strahlte und sah hoch zu Pareios.
„Na, zufrieden? Gelungene Überraschung?“
„Nicht schlecht! Ich liebe Drum’n’Bass!“ gab Aurelia zu, was er natürlich gewusst hatte. „Aber ich warne dich, ich kann keinen Fatz tanzen!“
„Nur, weil du’s noch nie probiert hast!“ sagte er sanft. „Notfalls kannst du dich ja an mir festhalten!“ fügte er fröhlich hinzu und versprühte seinen Charme über ihr, in dem er ihr ein gewinnendes Lächeln zuwarf. Das verursachte wieder ein Kribbeln in ihrem Bauch und die Schmetterlinge schienen jeden Winkel ihres Körpers anzustuppsen.
Es dauerte nicht lange, da erreichten sie den Eingang und Pareios bezahlte ihren Eintritt, woraufhin jeder von ihnen einen Stempel auf die Hand gedrückt bekam. Hier in dieser Welt kostete einfach alles Geld, ganz anderes als im Bunker und unter Ihresgleichen, aber auf Missionen hatten sie immer welches dabei, hier war es schließlich nötig. Auch als sie ihre Jacken an der Garderobe abgaben, leisteten sie einen bestimmten Betrag pro Kleidungsstück. Das ganze Prozedere war Aurelia unbekannt, deshalb folgte sie einfach Pareios weiter hinein in den Club und eine Treppe hinunter, die von hellen sandfarbenen Natursteinwänden begrenzt wurde. Die Musik wurde immer lauter, bis sie irgendwann ohrenbetäubende Lautstärke erreich hatte. Der Boden unter ihren Füßen bebte durch die dröhnenden Bässe. Auch die Luft wurde zunehmend stickiger, je weiter sie hinunter kamen. Da tat sich plötzlich ein riesiger Raum vor ihnen auf, der bis zum Brechen mit einer tanzenden Menschenmenge angefüllt war. Sie bewegten sich im selben Rhythmus auf und ab, hin und her. Die Stimmung erfasste Aurelia sofort. Der Raum war mit Hitze und Feuchtigkeit angereichert sodass sich ein tropisches Klima bildete, sogleich fühlte sie den dünnen Film auf der Haut. Das Licht war gedämmt und einige bunte Scheinwerfer schweiften immer wieder über die Köpfe der Menschen.
Pareios drehte sich zu ihr um und zeigte wieder sein unwiderstehliches Lächeln. Sein kantiges Gesicht war unglaublich verführerisch. „Wollen wir?“ brüllte er und hielt ihr die Hand hin. Er versetzte sie in eine willenlose Trance. Benommen ergriff sie sie und ließ sich von ihm ins Getümmel ziehen.
Nachdem sie einen winzigen Fleck gefunden hatten, an dem sie noch stehen konnten, begannen sie zu tanzen. Die Menge stand so dicht gedrängt, dass sie sich keine Sorgen hätte machen brauchen, dass sie es nicht konnte. Sie wurde quasi einfach mitgetragen von den vielen Leuten um sie herum. Sie fühlte mehrere Körper an sich gedrängt, unter anderem auch Pareios‘, was sie zusätzlich beflügelte. Schon nach einigen Minuten war ihr klar, was er mit ‚Bewegung‘ gemeint hatte. Die Rhythmen waren so schnell, dass die passende Bewegung zum Takt wirklich anstrengend war. Bald war sie komplett durchgeschwitzt und die Haare der Perücke klebten ihr im Nacken. Trotzdem war sie vollkommen eingenommen von der Musik und der Atmosphäre. Sie ließ den Körper los, ließ ihn sich selbstständig zu den Klängen bewegen und fühlte sich leicht, so unglaublich leicht.
Es wurde immer enger um sie herum und Aurelia wurde, ob sie wollte oder nicht, gegen Pareios gedrückt. Kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, ob er es wohl deswegen geplant hatte. Doch da auch das völlig in Ordnung für sie gewesen wäre, stellte sie keine Anstrengungen an, sich zu wehren.
Plötzlich spürte sie, wie er den rechten Arm um ihre Taille legte und sie noch näher zu sich zog. Er ging ein wenig in die Knie und schob ein Bein zwischen ihre. So waren ihre Hüften leicht versetzt aneinandergedrängt. Ein wildes Prickeln durchfuhr sie. Die Schmetterlinge stoben auseinander und verwandelten sich in Wunderkerzen, deren prasselnde Funken sie überall auf der Haut kitzelten. Es war wie ein Feuerwerk, das sie entflammen ließ. Die Arme schlangen sich wie von selbst um seinen Hals und eine Hand landete in seinem Nacken. Das nächste Lied begann, es war ‚Encoder‘ von Pendulum, ein uraltes Stück, aber Aurelia liebte es.
Sie sah zu ihm auf und erhaschte seinen leidenschaftlichen Blick. Die Haare der Perücke hingen ihm feucht und verwegen in die Stirn. Pareios‘ Anziehungskraft auf sie war elektrisierend. Seine noch freie Hand wanderte nun zu ihrem Rücken und drückte auch ihren Oberkörper gegen seinen. Sie spürte seine muskulöse Brust und den stahlharten durchtrainierten Bauch und wieder meldete sich eine Region südlich ihres Bauchnabels. Sie verschränkten die Augen ineinander, fixierten sich gegenseitig und bewegten sich so zum Rhythmus vor und zurück. Es war so intim, so nah.
Aurelia krallte sich regelrecht an seinen breiten, starken Schultern fest und fragte sich, ob es ihm nicht wehtat, doch er verstärkte den Druck nur noch. Sie fühlte seinen keuchenden Atem an ihrem Ohr und sein Herz raste an ihrer Brust. Ihr Hirn schaltete sich ab und der Körper übernahm die Führung. Sie ließ die Hüften gegen seine kreisen und hörte, wie er beinahe schluchzend seufzte. Dann presste er die verschwitzte Stirn gegen ihre, sodass sich die Nasenspitzen berührten und ließ die Hände zu ihren Hintern hinunter gleiten. Sie umschlossen ihn vorsichtig aber fest. Seine Berührungen an ihrem Körper brachten sie um den Verstand, der sich ja sowieso schon verabschiedet hatte. Sie gab sich voll und ganz seiner Lebendigkeit hin und ließ sich von seinen Bewegungen mitreißen. Nach einer Weiler die sie in dieser Pose tanzten, fühlte Aurelia nichts mehr außer dem unbändigen Verlangen nach ihm. Es ziepte in jeder Zelle, als wollte es aus ihr herausbrechen. Sie nahm nun zufrieden zur Kenntnis, dass sich etwas in seiner Hose regte und packte ihn dadurch angestachelt am Kragen, um ihn zu sich runter zu ziehen. Jetzt hörte sie die Musik nur noch entfernt und auch die Menschen um sie herum nahm sie kaum mehr wahr. In diesem Moment war er das einzige was sie begehrte, was ihr ganzes Denken beherrschte. Und endlich fühlte sie seine Lippen auf ihren, es gab kein Zögern und kein Zaudern mehr. Diese warmen, weichen Lippen! In ihrem Gehirn explodierten die Neuronen buchstäblich und entluden eine geballte Menge an Hormonen und Glücksgefühlen. Wenn sie vorher in Flammen gestanden hatte, dann brannte sie jetzt lichterloh. Jeder noch so kleine Zweifel verkohlte dabei und hinterließ nichts als die Sehnsucht, mit Pareios zu verschmelzen.
Zuerst war es ein sanfter, zarter Kuss, doch schon bald mutierte er durch ihre Bewegungen zu einem heißen und innigen. Fordernd öffnete er ihre Lippen und spielte mit ihrer Zunge. Er ließ seine weich aber gierig in ihrem Mund tanzen und sie schmeckte nach mehr. Seine Rechte packte sie ihm Nacken und sie vergrub ihre in seiner Perücke, wodurch sie etwas verrutschte. Es war wie ein Rausch, alles versank in einem einzigen Wust an feurigem Begehren. Doch sie fühlte sich so losgelöst, so erhaben, so glücklich, dass ihr alles andere egal war.
So tanzten sie eine Weile. Sie konnten gar nicht die Finger von einander lassen. Es schien als ob keiner von beiden den Kuss unterbrechen wollte, wodurch man ihn nach einigen Minuten eher als wilde Knutscherei bezeichnen konnte.
Sie war so lebendig wie noch nie in ihrem Leben. Als wäre sie aus einem 300jährigen Winterschlaf aufgewacht. Als wäre sie vorher taub, blind und stumm gewesen und jetzt konnte sie das Licht sehen, die Musik wirklich hören und die Lippen zu etwas so Wunderschönem benutzen. Und all das dank ihm, diesem grandiosen Mann, der die ganze Zeit vor ihrer Nase gewesen war.
Irgendwann löste er sich doch atemlos von ihr und tauchte zu ihrem Hals ab, um diesen zu liebkosen. Obwohl es im Club brütend heiß war, bekam sie eine Gänsehaut und ein Schauer rieselte ihre Wirbelsäule hinab, als sie seinen Atem auf der Haut fühlte. Die Härchen richteten sich trotz des klebrigen Schweißes auf und bildeten einen empfindlichen Flaum. Dann hauchte er ihr ins Ohr, nicht laut, aber sie konnte es mit ihrem exzellenten Elevender-Gehör trotzdem verstehen. „Ich glaube du hast nicht die geringste Ahnung, wie lange ich mir das schon gewünscht habe!“
Ihr Herz drohte überzufließen vor lauter Freude. Als Antwort drückte sie ihre Lippen auf die Senke oberhalb seines Schlüsselbeins, unter der die Hauptschlagader verlief. Jetzt hielten sie sich einfach nur noch in den Armen und wippten sachte hin und her. Aurelia war so zufrieden, in diesem Moment wäre sie glücklich gestorben und wer hätte das bei ihr gedacht?!

Sie tanzten die halbe Nacht lang und verausgabten sich, bis sie jegliche Flüssigkeit ausgeschwitzt hatten und die Muskeln zitterten. Auf dem Weg nach draußen, tranken sie noch etwas an der Theke. Dort war die Musik ein bisschen leiser, so dass man sich unterhalten konnte. Sie setzten sich mit zwei alkoholfreien Cocktails an den Bartresen und Pareios zog sie samt Hocker näher heran, damit er seine Hand auf ihr Knie legen konnte. Sie waren einander zugewandt und hatten sie Beine auf die Querstrebe des Hockers des jeweils Anderen gestellt. Ihre befanden sich zwischen seinen.
Er lehnte sich vor und grinste frech. „Weißt du Aurelia, man könnte meinen, du stehst auf mich!“
‚Stehen‘ war wohl die Untertreibung des Jahrhunderts, aber sie erwiderte ihrerseits ein unverschämtes Grinsen und sagte dann herausfordernd: „Gleichfalls!“ Sein unbefangener, glücklicher Gesichtsausdruck raubte ihr den Atem.
„Und wie geht’s jetzt weiter?“ fragte sie dann, weil sie annahm, dass er definitiv erfahrener in diesen Dingen war, als sie.
„Um ehrlich zu sein, hab ich keine Ahnung wo uns das hinführt!“ gab er nach kurzem Zögern zu. „Aber wenn du auch willst würde ich mich gerne darauf einlassen. Ich meine, wir müssen ja nichts überstürzen. Ich habe keine Erfahrungen mit so etwas, eher mit… er ließ den Satz unvollendet, doch Aurelia vervollständigte ihn. „Bettgeschichten?“ Sie versuchte zu lächeln, obwohl das Monster in ihr nagende Eifersucht verbreitete. Aber wenn er es ihr leicht machte, dann wollte sie dasselbe für ihn tun. Diese Seite gehörte genauso zu seinem Charakter und letztendlich war es ein Ausdruck seiner Leidenschaft, sie hatte nur noch nicht den richtigen Kanal gefunden. Er nickte erleichtert. „Na, da haben wir doch was gemeinsam!“ sagte sie munter. „Ich vielleicht nicht ganz so wie du, aber ich meine…“ Er zog eine Augenbraue hoch, ging aber nicht weiter darauf ein.
„Ok, ähm dann lassen wir den Dingen ihren Lauf und sehen was passiert?“ schlug er unsicher vor, doch dann schien ihm etwas einzufallen. „Ich hab nur eine Bedingung!“ Sie erforschte seinen Gesichtsausdruck, der plötzlich zu ziemlich ernst und seriös wechselte. „Und die wäre?“ fragte sie dann unsicher und nagte an ihrer Unterlippe, was ihn jedoch sofort wieder schmunzeln ließ. Er strich sachte mit den Fingern über ihre Hand, die auf dem Tresen lag. „Ehrlichkeit!“ sagte er und sah ihr tief in die Augen. „Ich will Ehrlichkeit zwischen uns. Die Welt ist schon voll genug mit Lügen!“ Aurelia konnte nicht anders, das Grinsen, das nun ihre Mundwinkel umspielte wurde immer breiter und breiter und dann nickte sie heftig und aus vollem Herzen. Ihr Körper reagierter noch stärker auf die innere Freude und beugte sich vor, um Pareios leidenschaftlich zu küssen. Er erwiderte ihn genauso stürmisch und sie konnte spüren, dass auch er seine Lippen nicht davon abhalten konnte, während des Kusses zu lächeln. Beide gaben sie so ohne Worte ihre Zustimmung zu dem eben Besprochenen.
Sie stellte verdutzt fest, dass jetzt, wo sie sich nicht mehr gegen ihre Gefühle für ihn wehrte, er die allerbeste Ablenkung für sie war. Und noch dazu war diese Ablenkung äußerst süß und verführerisch!

Sie holten ihre Jacken und machten sich auf den Rückweg. Die Sonne würde zwar noch nicht aufgehen, trotzdem war die Nacht schon fortgeschritten, als sie den Club verließen. Hand in Hand ließen sie sich mit dem Strom von Menschen treiben, die jetzt zu den öffentlichen Verkehrsmitteln drängten, entweder um weiter durch die Bars und Kneipen zu ziehen, oder um nach Hause zu fahren. Auf halber Strecke fing Aurelia einen atemberaubend leckeren Duft ein und ihr Magen knurrte laut. Sie hatte noch kein Wort gesagt, da zog Pareios sie schon hinüber zu dem Imbissstand, der diesen köstlichen Geruch verströmte. An einem der Stehtische verzehrten sie die zwei Portionen Currywurst, die Pareios ihnen besorgt hatte und alberten laut lachend herum. Während er sich ein Stückchen Baguette in den Mund schob, zuppelte sie seine Perücke wieder zu Recht. „Frag mich, wie es ist, dich ohne den ganzen Kram zu küssen!“ flüsterte sie und freute sich ob der Raffinesse der Situation. „Da bleibt dir wohl nichts anderes übrig, als das Risiko einzugehen und dich überraschen zu lassen!“ erwiderte er frech. „Heißt das, ich könnte dich küssen, wann immer ich will?“ fragte sie ihn, woraufhin er mehr als erfreut wirkte und ein Lächeln die schmalen aber geschwungenen Lippen umspielte. Dann sagte er empört: „Ich bitte darum!“ Aurelia musste wieder lachen. Es war so unbeschwert mit ihm.
Satt und zufrieden kuschelte sie sich in der U-Bahn in seinen Arm und sog seinen Duft ein. Da er viel geschwitzt hatte, roch er intensiv nach sich selbst. Aber keineswegs schlecht, noch nicht einmal herb. Sein Duft war eine feine Mischung aus Moschus und Hyazinthe, sowie einer leicht rauchigen Note. Vielleicht lag das an seiner Gabe dachte sie verwundert, doch sie mochte es.

Vor ihrer Türe angekommen, war ihr etwas beklommen zumute, weil sie sich nun von ihm trennen musste. Jedoch wollte Aurelia noch etwas loswerden, so lange sie nur zu zweit waren.
„Es ist, als würde ich dich jetzt erst richtig kennen lernen. Ich meine, ich hätte nicht gedacht, dass dir so etwas…“ sie wedelte mit der Hand zwischen ihnen beiden hin und her. „viel bedeuten würde!“ Er kam näher und legte die Stirn an ihre. „Das hat es auch nicht…. Aber du bedeutest mir etwas!“
Er gab ihr einen saften, zarten Gutenachtkuss, der jede Faser jauchzen ließ. Seine Lippen strichen wie ein Hauch über ihre, die sofort erzitterten, währen sie keuchend nach Atem rang. Mit einem letzten leidenschaftlichen Blick verabschiedeten sie sich und Aurelia schob sich auf Zehenspitzen in ihr dunkles Zimmer.
Kaum traf ihr Kopf auf dem Kissen auf, fiel sie in einen tiefen erholsamen Schlaf und zum ersten Mal seit Ewigkeiten war er einfach nur schwarz, ohne quälende Alpträume.







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