Zwischen Glamour und Gosse - Teil 2

Autor: zeitvorhang
veröffentlicht am: 31.05.2012


Und hier kommt auch schon der 1. richtige Teil.
Danke für die lieben Kommentare zum Prolog, ich hoffe, ihr sagt auch dieses Mal bescheid, wie es euch gefallen hat :)

Nicht wundern: in dem Teil bzw. in der ganzen Geschichte werden öfters kleine Rückblicke aus Jannas Leben kommen, damit alles ein bisschen klarer wird! ;)
Viel Spaß beim Lesen.
Greez

-

2: Schattenseiten

Unaufhörlich prasselte der Regen auf die Straßen der Stadt nieder. Die Menschen, die sich hinausgewagt hatten, eilten nach Hause oder wo auch immer sie hinmussten oder hatten einen Regenschirm dabei, der sie vor dem kühlen Nass schützte.
Janna saß auf einer Bank, die neben einem Spielplatz stand. Die Kinder, die bis vor wenigen Minuten noch auf der Spielburg gespielt hatten, wurden von ihren Eltern an der Hand mitgezogen, damit sie nicht nass wurden.
"Nein, Mama, ich will nicht gehen!", quengelte ein kleines Mädchen. "Luisa, komm jetzt, du erkältest dich sonst noch!" Die Mutter schaute das Mädchen mit einem Blick an, der keinen Widerspruch duldete. "Mami, schau mal! Ist das nicht das Mädchen aus der Werbung?" Janna horchte auf, das kleine Mädchen schaute in ihre Richtung. Ein Schmunzeln konnte sie sich nicht verkneifen - jeder kannte sie. Sogar die ganz Kleinen. "Komm jetzt, Luisa! Das Mädchen sieht ihr bestimmt nur sehr ähnlich."
Ohne darüber nachzudenken, ging Janna zu dem kleinen Mädchen hin und reichte ihr die Hand. "Ich bin Janna, die aus der Werbung.", lächelte sie. Luisa schaute mit ihren großen grünen Augen zu ihr hoch. "Ich bin nicht aus Glas", sagte sie, da sie die Hand der Kleinen kaum spürte. "Luisa, komm jetzt endlich!", die Mutter war schon ein Stückchen gegangen und wartete ungeduldig auf ihre Tochter. "Wenn ich groß bin, werde ich auch berühmt, genau wie du!", sagte die Kleine und ließ die Hand von Janna los, um zu ihrer Mutter zu rennen.

Ja, berühmt wollte sie auch werden - sie hatte es geschafft.
Ihre Gedanken wanderten an den Tag zurück, an dem alles begann, ihr Start ins Modelbusiness.

--
"Anna! Anna! Warte doch mal, so war das nicht gemeint! Jetzt warte doch mal, verdammt!!" Ein junger Mann rannte anscheinend seiner Freundin nach und bekam endlich 'ihren' Arm zu fassen, allerdings blickte er eine Sekunde später nicht wie erwartet in die braunen seiner Freundin, sondern in die blauen von Janna. "Kann ich irgendwie behilflich sein?", fragte sie verwundert. "Oh, tut mir leid. Ich hab dich verwechselt", sagte er schnell und lief weiter, drehte sich jedoch nochmal um und hielt ihr eine Visitenkarte unter die Nase. "Mein Name ist Victor Neubach, schau doch mal vorbei, du hast ein hübsches Gesicht." Kurz darauf war er auch schon wieder weitergerannt, seiner Freundin hinterher.
--

Traurig lächelnd schaute Janna dem Mädchen hinterher.
Ihr Blick wanderte zu ihrer Hand, die bis vor kurzem noch in der warmen, kleinen Hand des Mädchens gelegen hatte.
Wann hatte sie sich das letzte Mal selbst betrachtet? Zu lange.
Sie hörte von allen nur Lob und Komplimente, wie schön sie doch war, wie perfekt ihre Figur war. Anfangs hatte sie sich immer darüber gefreut, doch mittlerweile wies sie jegliche Komplimente von sich, jeder konnte so eine Figur erlangen wie sie - mit ein bisschen Training.
Doch dem war natürlich nicht so, sie trainierte täglich hart, um ihre Figur zu halten. Außerdem musste sie auf jegliches Fastfood, Schokolade sowie Cola und ähnliches verzichten - das war einfach nicht drin.

Seufzend packte sie ihren treusten Begleiter - einen Handspiegel - aus und überprüfte ihr Make-Up. Alles saß perfekt, was hatte sie erwartet? Sie hatte schließlich nur das Beste vom Besten.
An ihren Augen blieb sie länger hängen, als sie wollte - wo war der Glanz, die Lebensfreude hin?
"Was ist nur aus dir geworden, Janna?", fragte sie sich selbst und packte den Spiegel wieder weg und holte stattdessen eine Visitenkarte aus ihrer Geldbörse.
Sie wusste genau, wer ihr die Karte gegeben hatte.
Sie konnte sich noch genau an den Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen.

--
"Du willst uns wirklich verlassen, Jannie?", fragte Victor Neubach, der Juniorchef von "forever beautiful" enttäuscht.
Celine und Kathy, ihre Mitbewohnerinnen und Modelkolleginnen, saßen im Wohnzimmer und hatten den Fernseher etwas lauter gedreht, da sie wussten, dass Janna es nicht mochte, wenn sie mithörten. Zwar waren sie gute Freundinnen und sie wussten auch von dem Verhältnis zwischen ihr und Victor, aber wer mag es schon, wenn man belauscht wird?
"Vic, du weißt genau, dass ich hier nicht weiterkomme. Ich will die Welt sehen, ich will erfolgreicher werden. Du weißt, dass mir das hier nicht möglich ist. Und wir müssen das, was zwischen uns war, vergessen."
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Es schmerzte, vernünftig zu sein. Aber es war ihr Traum, ein berühmtes Model zu werden - was war da schon eine schmutzige Affäre mit dem Sohn ihres Chefs? "Ich will es aber nicht vergessen." - "Ich doch auch nicht, Vic. Aber dann müssen wir es für uns behalten. Willst du denn immer eine geheime Beziehung mit mir führen? Du hast eine Freundin, verdammt! Du betrügst sie!" - "Das ist mir egal."
Janna atmete kurz durch und schaute zu ihm hoch. In seinen dunklen, fast schwarzen Augen konnte sie wie immer nichts lesen.
"Vic! Jetzt sei doch nicht so unvernünftig! Du weißt genau, dass es falsch ist, was wir tun! Wenn das rauskommt, schmeißt mich dein Vater aus der Agentur - es ist gegen die Regeln! Nicht auszudenken, was die Öffentlichkeit dazu sagen würde..."
"Ich werde kein Wort darüber verlieren - unser beider Willen. Aber du weißt"- er drückte ihr eine Visitenkarte in die Hand- "dass du mich immer anrufen kannst, egal wann oder weshalb. Immer." Victor hob ihr Kinn an und schaute ihr tief in die Augen, beugte sich dann zu ihr runter und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. "Versprich mir, dass du nie so enden wirst, wie andere Models." - "Was meinst du?" - "Viele vergessen zu leben, vergessen sich selbst und wer sie wirklich sind. Sie werden drogen-und alkoholabhängig. Versprich mir, dass du nie vergisst, wer du wirklich bist. Wenn du drohst abzustürzen, dann ruf mich an." - "Okay", hauchte sie.
Dann ging er aus der Wohnung und ließ sie zurück.
--

Inzwischen war Janna wieder in ihrer Villa angekommen, durchnässt von dem ganzen Regen. Auf dem Heimweg hatte sie überlegt, ob sie ihn anrufen sollte. Sollte sie?
Sie gab die Nummer ein, doch schon nach den ersten drei Ziffern, löschte sie sie wieder. Ihr Stolz blockte. Galt sein Angebot überhaupt noch?
Wahrscheinlich nicht. Sie hatte ihn doch fallen gelassen. Bestimmt war er schon verheiratet mit einer tollen Frau, wohnte in einem Haus mit Garten und hatte zwei Kinder.
Nein, da konnte er so jemanden wie sie nicht gebrauchen!
Und was hatte sie? Nicht einmal Freunde, mit denen sie ihr Leid teilen konnte.
Natürlich, sie hatte Freunde - hatte.
Selbst von ihrem Bruder hatte sie seit einem Jahr nichts mehr gehört. Ein beschissenes, verdammtes Jahr! Sie wusste zwar, dass er vor ein paar Jahren zum Studieren - Medizin - nach Deutschland gegangen war, aber was machte er jetzt? Hatte er es geschafft?
Erbärmlich, dachte sie. "Du bist erbärmlich, Jannie.
Hast keine Familie und nicht mal Freunde hast du!
Du bist einfach nur erbärmlich!", wütend und verzweifelt starrte sie ihr Spiegelbild an.

--
"Du bist anders geworden, Jannie.", Saras grüne Augen suchten die von Jannie, jedoch war diese mit dem Tippen einer SMS beschäftigt. "Mhm", war das einzige was sie rausbrachte. "Verdammt, jetzt schau mich doch wenigstens an, wenn ich mit dir rede, Janna!" Erschrocken fuhr Jannas Kopf nach oben. "Jetzt schrei doch nicht so rum, wir sind in der Öffentlichkeit." - "Ist es dir wohl peinlich, wenn du dich mit deiner normalen Freundin in einem Café triffst, oder was?" Sauer schaute Sara ihre Freundin an. "Nein, aber du musst nicht gleich so rumschreien." Genervt fuhr sich Janna durch die Haare und richtete ihren Blick wieder auf ihr nagelneues iPhone. "Schau mich an!" Sara beugte sich über den kleinen Café-Tisch zu ihr rüber. "Jannie, verdammt nochmal, was ist mit dir los? In letzter Zeit hast du kaum noch Zeit für mich, hast dauernd ein beschissenes Shooting oder irgend 'nen andren scheiß Termin bei einem Designer oder -" "-mein Job ist mir im Moment halt wichtiger als irgendwelche doofen Kaffeekränzchen mit dir!" Zack, Sara hatte ihr eine runtergehauen. Geschockt starrte Janna ihre beste Freundin an. "Sag mal, spinnst du jetzt total!?", jetzt wurde auch Jannas Stimme lauter. "Seit wann ist dir dein verdammter Job wichtiger als deine beste Freundin?!", verletzt und wütend zugleich blickte Sara ihre Freundin an. "Mein Job war mir schon immer wichtig, das weißt du genau, natürlich bist du mir auch wichtig, Sara, aber -" Genau in dem Moment klingelte ihr Handy, es war ihr Manager. "Wenn du da jetzt dran gehst, ist unsere Freundschaft aus und vorbei! Für immer!", herausfordernd blickte Sara ihrer Freundin in die Augen, davon überzeugt, dass Janna doch etwas an ihrer Freundschaft lag und ihr die Worte von gerade furchtbar leidtaten. Doch genau diesen Gefallen wollte Janna ihr nicht machen und drückte auf "annehmen". Mit den Worten "Du bist so erbärmlich, Janna!" und einem verletzten Blick in den Augen drehte sich Sara um und ging ohne sich noch einmal umzudrehen - für immer.
--

Janna zog ihre Sportsachen an und begab sich in den Keller, wo sie ihr eigenes kleines Sportstudio hatte. Hier verbrachte sie meistens ihren Tag, wenn sie mal nicht zu einem Shooting oder Ähnlichem musste. Hier ließ sie ihren Frust am Leben aus, wie auch heute.
Wütend strampelte sie in die Pedale, ihr Leben war beschissen! Sie war erbärmlich! Alleine in dieser verdammten Welt! Und das war ganz alleine ihre Schuld!

Ganze drei Stunden verbrachte sie auf ihrem Heimtrainer.
Müde und erschöpft schleppte sie sich nach oben in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Ihr taten jegliche Körperteile weh, doch es interessierte sie nicht.
Wie von selbst wanderte ihre Hand zu ihrem Handy, das auf dem Küchentisch lag.
> 17 verpasste Anrufe, 5 neue Nachrichten - unbekannte Nummer <
Wer wollte denn jetzt etwas von ihr? Und dann auch noch so dringend?
Seufzend wählte sie die Nummer ihrer Mailbox, doch dann stockte sie.
Sie hatte eine dunkle Vorahnung, wer der nervige Anrufer war.
Ein Lächeln schlich sich in ihr Gesicht.







Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz