Zwischen Liebe und Verzweiflung - Teil 4

Autor: lissilein xDD
veröffentlicht am: 01.10.2012


Heeey ;) Ich habs geschafft :)
bei meiner zweiten geschichte dauert es glaub ich noch ein bisschen ;) Aber Jetzt:
Viel Spaß beim Lesen!!!
Lg Lissi
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Es war wunderbar mal wieder etwas Anderes zu fühlen als Schmerz. Natürlich war es schön, aber auch ungewohnt. Vieles würde in meinem neuen Leben ungewohnt sein. Ich war einfach zu lange weggesperrt von der Außenwelt. Es würde eine Zeit brauchen um das alles zu vergessen. Vergessen würde ich es jedoch wahrscheinlich nie, dafür war zu viel passiert aber irgendwann würde ich es verarbeitet haben. Es würde mir dann keine Probleme mehr machen wenn mir ein Mensch zu nahe kam. Vielleicht würde ich mich ja sogar verlieben. Diesen Gedanken verwarf ich jedoch sofort. Ich würde keinem Mann mehr so weit vertrauen können um eine Beziehung führen zu können. Ich könnte vielleicht mit jemanden zusammen leben aber angreifen lassen wäre ein Problem. Und wenn der Mann mit mir schlafen wolle, müsste ich ihn enttäuschen. Ich bezweifelte, dass ich jemals wieder mit einem Mann schlafen wollte. Ich hatte Angst daran zu denken. Spürte dann sofort wieder den Schmerz der mir zugeführt wurde. Ich musste an die vielen Nächte denken die ich mit Kunden verbringen musste. Dachte daran wie brutal sie mit mir umgingen und sie mich immer alleine zurück gelassen hatten. Ich musste unweigerlich an meinen letzten Kunden denken. Ich erschauderte. Er war so brutal mit mir umgegangen, so brutal, dass ich sogar jetzt noch etwas spürte. Ich wusste, dass ich das noch lange spüren würde, dass ich noch lange nicht richtig schmerzfrei sitzen konnte, oder auch nur auf Klo gehen konnte. Das war öfters der Fall gewesen. Aber damals hat sich keiner um meine Verletzungen gekümmert. Sie ließen mich einfach immer liegen. Ich war immer alleine gewesen. Ich hatte keinen Kontakt zur Außenwelt. Das einzige was ich von der Welt gesehen hatte war durch das winzige Fenster. Dort gingen immer Paare spazieren, oder auch Menschen ohne Partner. Sie gingen mit ihren Hunden oder liefen den Weg entlang und keiner von ihnen wusste was in diesem Haus vor sich ging. Sie dachten sich nichts dabei. Es sah ja schließlich so aus wie alle anderen auch. Nur passierten dort schreckliche Sachen. Oft beobachtete ich wie die Menschen auf der Straße Kunden begrüßten, sich sogar mit ihnen unterhielten, während ich mit Schmerzen in meinem Zimmer stand, die noch dazu von ihnen verursacht worden waren. Aber das war ihnen immer egal gewesen. Hauptsache sie waren befriedigt. Wir waren den Männern immer egal. Wir waren ja nur kleine Mädchen mit denen sie ihren Spaß hatten. Das dieser Spaß jedoch nur einseitig war, war ihnen ebenfalls egal.
„Lucinda, das ist vorbei. Reiß dich zusammen. Konzentrier dich darauf jetzt alles richtig zu machen“, sagte ich leise zu mir. Es half mir immer wenn ich mit mir selber sprach. Seitdem ich niemanden mehr hatte machte ich das oft. Es ersetzte viel. Sehr viel sogar. Natürlich würde das niemals ein Gespräch mit meiner Familie ersetzten, aber da sie nicht mehr da waren und auch nie wieder kommen würden, trösteten mich diese Selbstgespräche immer ein wenig.
Als es an der Tür klopfte zuckte ich zusammen und machte mehrere Schritte in die Richtung zur nächsten Ecke. Langsam öffnete sich die Tür und Kyles dunkelblonder Wuschelkopf kam zum Vorschein. Verunsichert sah ich ihn an, als ich jedoch bemerkte, dass er ein Tablett mit Broten und Saft bei sich hatte entspannte ich mich wieder ein bisschen.
„Ich dachte mir, dass du sicherlich Hunger hast.“, sagte Kyle und setzte sich mit dem Tablett auf den Boden. Langsam ging ich zu der Stelle an der er sich hingesetzt hatte und ließ mich dort ebenfalls nieder. Ich saß ein bisschen von ihm entfernt, was ihm wenn ich seinen Gesichtsausdruck richtig deutete nicht so ganz passte. Er blieb jedoch da wo er war und schob mir das Tablett mit dem Essen entgegen. Dankbar nahm ich eines der Brote und biss hinein. Es war herrlich. Seit langem hatte ich mal wieder ein richtig dick belegtes Brot im Mund. Ich schmeckte die Butter und ließ sie mir auf der Zunge zergehen. Kyle hatte sogar Schinken und Salat hineingelegt. Ich aß ein Brot nach dem nächsten und zwischendurch trank ich jede Menge Saft. Es war wie im Wellnessurlaub. Für mich waren diese Brote wie ein 5-Stern Essen.
Kyle saß die ganze Zeit mir gegenüber und sah mir zu. Hin und wieder nahm er einen Schluck von dem Saft, der in seinem Glas war.
Es schmeckte so herrlich. Am liebsten hätte ich noch viel mehr von diesen Broten gehabt, als ich jedoch alle aufgegessen hatte war ich voll. So viel hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen. Ich konnte mich schon gar nicht mehr daran erinnern so lange war es her. Ich konnte nur sagen, dass es vor dem Vorfall war. Vor dem Vorfall der mein gesamtes Leben veränderte. Ich musste mir wieder sagen, dass das alles vergangen war und ich nun ein neues Leben anfangen konnte. Ich würde mir das noch sehr oft sagen müssen, bevor ich es auch wirklich glauben konnte.
„Bist du satt?“, holte mich mal wieder diese wunderbare Stimme in die Gegenwart zurück.
Ich nickte und Kyle lächelte mich an. Er hatte ein wunderschönes Lächeln. Er bekam kleine Grübchen und seine Augen glänzten richtig. Ich wusste nicht warum ich auf das achtete. Ich wusste auch nicht warum er mir geholfen hatte, aber Tatsache war; dass er es getan hatte. Ich hatte ihm sehr vieles zu verdanken. Auch das er mich nicht bedrängte. Er ließ mir den nötigen Freiraum, auch wenn ich ihn noch nicht lange kannte fiel mir das jetzt schon auf. Er war ein besonderer Mann. Er war fürsorglich und nicht brutal. Ich konnte einfach nicht die Szene vergessen, an der er mich nicht geschlagen hatte sondern mir seine Hilfe angeboten hatte. Das würde ich niemals vergessen. Das war der Beginn in mein neues Leben. Ein Leben ohne Schläge oder Brutalität. Noch konnte ich mir nicht wirklich vorstellen wie es werden würde, ich wusste nur, dass ich noch sehr lange brauchen würde um das alles zu verarbeiten. Aber ich würde es schaffen. Da war ich mir ziemlich sicher. Ich hatte schon viel Schlimmeres überstanden. Wieder tauchten Bilder mit zerschmetterten Leibern vor meinem inneren Auge auf, doch ich verdrängte sie.
„Lucinda, lass die alten Zeiten jetzt endlich ruhen. Du fängst hier neu an.“, sagte ich in Gedanken zu mir. Unsicher sah ich wieder auf und begegnete einem Blick den ich so schnell nicht mehr vergessen würde. Kyles Blick brannte sich förmlich in meinen und ich konnte Sorge und Mitgefühl in seinen wunderschönen Augen erkennen. Ich hatte in meinem Leben noch nie so schöne Augen gesehen. Sie waren etwas ganz Besonderes, genauso wie ihr Besitzer. Dieser Mann war einfach einzigartig. Anders als alle anderen. Einen Mann gab es der genauso war wie Kyle, doch ich wollte nicht an ihn denken. Das würde nur wieder Bilder des Vorfalles heraufbeschwören und das wollte ich unbedingt verhindern. Es tat schon so weh genug. Ich musste mich ja nicht unnötig quälen.
„Willst du noch etwas essen?“, holte mich Kyles Stimme aus meinen Gedanken und ich konnte nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte. Schnell schüttelte ich den Kopf. Mit ihm zu reden würde sicherlich noch eine Zeit dauern. Ich musste erst wieder ein wenig Vertrauen schöpfen, wobei Kyle schon auf dem besten Weg war, mein Vertrauen zu gewinnen.
Langsam erhob er sich, nahm das Tablett mit und als er an der Tür war, drehte er sich nochmal um und lächelte mir leicht zu. Verunsichert wich ich zurück und verkroch mich wieder in einer Ecke des Zimmers. Es war einfach alles zu viel für mich. Ich war es nicht, dass sich alles um mich drehte, oder, dass sich überhaupt mal jemand um mich kümmerte.
Ich umschlang meine Knie und zog sie eng an meinen Oberkörper und dann passierte etwas, dass seit sehr langer Zeit nicht mehr passiert ist. Eine einsame Träne rann aus meinem Augenwinkel und landete auf meinem Knie. Irritiert rieb ich über mein Knie, doch es wurde sofort wieder nass. Ich hatte fast das Gefühl ein Wasserfall zu sein. Es wurde immer mehr und ich konnte gar nicht aufhören. Es war jedoch etwas anders als früher. Früher hab ich oft geweint. Wegen allem und jeden. Mein Fingernagel musste nur abbrechen und ich heulte schon wie ein Baby. Wenn ich jetzt an die Zeit dachte, kam ich mir blöd vor. Ich hatte niemals richtige Probleme. Wie konnte ich jemals glauben, dass ein falsch lackierter Fußnagel ein Weltuntergang war? Ich saß hier nachdem ich 1 ½ Jahre gequält wurde und weinte zum ersten Mal seit 2 Jahren. Um genau zu sein seit dem Vorfall. Bilder tauchten vor meinen Augen auf, die ich Ewigkeiten probierte zu unterdrücken, es jedoch nie richtig geschafft hatte.
Die Luft bleibt mir weg. Ich wusste nicht mehr wie ich das alles ertragen sollte. Es tat so weh. Lieber hätte ich meine ganzen Verletzungen noch einmal, wenn ich dafür diesen stechenden Schmerz in meiner Herzgegend loswerden würde. Ich konnte förmlich spüren wie ich innerlich zerbrach. Ich zersprang in zwei Teile.
Der eine Teil wollte sich einfach nur hinter dem ganzen Schmerz verstecken, der andere jedoch wollte weiterkämpfen und sich nichts anmerken lassen.
Zwischen den Schreien in meinem Innersten nahm ich wahr, dass eine Tür geöffnet wurde. Ich konnte nicht erkennen wer es war, drückte mich jedoch fest gegen die Wand und drehte mein Gesicht weg. Ich durfte nicht weinen. Das hatte ich auch gelernt. Wenn man weinte war es sogar noch schlimmer, als wenn man sich wehrte oder vor Schmerzen schrie.
Ich wollte nicht geschlagen werden. Grob fuhr ich mir mit meinem Ärmel über das Gesicht, doch es war nutzlos. Immer neue Tränen bildeten sich und rannen in Bächen über meine Wangen. Ich spürte etwas Weiches an meinem Arm. Ich konnte nicht zuordnen was es war, doch es fühlte sich gut an. Es war weich und sanft. Verwirrt sah ich auf meinen Arm und konnte schemenhaft Finger erkennen. Ich ließ meinen Blick über die Hand gleiten, weiter über die Schulter bis hinauf in das Gesicht von Kyle.
Ich wollte zurückweichen, doch es war nicht möglich. Ich stand schon direkt an der Wand. Mein Fluchtweg war also blockiert. Ich wusste nicht wohin, jedoch hätte ich vermutlich nicht flüchten können. Denn mitsamt den Tränen hatten sich auch meine Knochen verflüssigt. Ich konnte kaum mehr stehen, so sehr bebte ich vor unterdrückten Gefühlen.
Ich spürte wie sich starke Arme um mich legten und ich zu Boden gezogen wurde. Ich wollte das nicht, doch ich konnte mich nicht wehren. Also ließ ich es über mich geschehen, sowie ich es die letzten Jahre auch getan hatte.
Ich saß auf etwas Weichem. Ich wusste nicht genau was es war, doch es war mir egal. Ich wollte nur noch in Selbstmitleid baden. Wollte mich meinem Schmerz hingeben und weinen. Auch wenn es wehtat.
Inzwischen lag ich schon mit meinem ganzen Körper auf dem weichen Untergrund und irgendetwas Warmes strich mir zart über das Haar. Immer und immer wieder. Ich ließ es einfach über mich ergehen, unfähig mich zu rühren durch die ganzen Heulkrämpfe.
Immer mehr Bilder tauchten vor meinen Augen auf. Ich würde sie am liebsten löschen, doch das konnte ich nicht. Sie gehörten nun mal zu meinem Leben. Ich spürte wie ich anfing zu zittern. Meine Zähne klapperten schon und ich konnte nicht mehr damit aufhören. Alles an mir bebte.
Ich nahm noch war wie jemand etwas Kuschliges um mich legte und ich sanft an etwas gedrückt wurde, dann versank ich. Ich spürte nichts mehr, sah nichts mehr. Nahm nichts mehr um mich herum wahr. Ich war zu einer Kugel gerollt und trauerte.
Trauerte um meine Familie und um mein altes Leben. Und schlussendlich darum, dass ich dank der Ärzte noch am Leben war.






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