The heart never lies - Teil 20

Autor: Jenny&Mary
veröffentlicht am: 29.06.2012


Mary:



Es waren genau sechs Tage vor der großen Hochzeit. Und der Bräutigam hatte keinen Anzug. Die Bombe war auf der Probehochzeit geplatzt und wie Jenny reagiert hatte, muss ich ja wohl nicht wiederholen. Fakt war, dass Jensen genau sechs Tage Zeit hatte, einen Anzug zu finden, der ihm, Jenny und seiner bösartigen Mutter gefiel. Und wer hatte das Glück, ihn auf dieser Mission zu begleiten? Ich natürlich.
Um elf Uhr schmissen wir uns in seinen protzigen Audi R8 und machten uns auf den Weg Richtung Köln. Jensen fuhr, denn unglaublich aber wahr: er hatte gestern nicht so viel getrunken wie ich. Mit einem dicken Kater und umso größerer Sonnenbrille war ich ganz froh, nicht fahren zu müssen. Meine Augen brannten wie nie zuvor und ausgerechnet heute schien die Sonne wie schon lange nicht mehr.
„Du hast ja richtig reingehauen, Mary!“, stellte Jensen fest und wagte es doch tatsächlich, mich deswegen auszulachen. „Du wirst ja zu nem richtigen Alki!“
„Nicht witzig.“
Und auch wenn er versuchte, sein hämisches Lachen zu unterdrücken, konnte ich es mir auf der gesamten Autofahrt anhören.
„Du kannst auch alleine nach nem Anzug gucken!“, zischte ich gereizt, als ich sein breites Grinsen sah. Heute war ich wirklich nicht in bester Stimmung.
Ian hätte eigentlich gestern wieder kommen sollen, immerhin war es der große Tag der Probehochzeit gewesen. Außerdem mussten wir vor der Hochzeit dringend mal miteinander reden. Der Trip nach Berlin hatte die Sache ja nicht gelöst, wie ich gehofft hatte. Ganz im Gegenteil: Seit wir uns dort gesehen hatten, war ich nur noch unsicherer als vorher. Und jetzt hatte ich keine Chance mehr, vor der Hochzeit mit ihm zu reden.
Außerdem war meine Lektorin nicht mit meiner Arbeit zufrieden. Die letzten Kapitel, die ich alle nur mit Mühe geschrieben und viel zu spät abgegeben hatte, kamen alles andere als gut an. Vom Verlag durfte ich mir also noch anhören, wie unkreativ und ideenlos meine Arbeit in letzter Zeit doch geworden war. Ich hatte mittlerweile wirklich Lust, den Roman auf Eis zu legen.
Und jetzt hieß es auch noch, Anzug kaufen. Wäre Jensen mein Bräutigam, hätte ich ihm aber was erzählt! Wir hatten noch sechs Tage und so langsam zeigte sich, dass es eine stressige Woche werden würde.
„Was ist los, Mary?“ Jensen unterbrach meine Gedanken und warf mir einen halb besorgten, halb lachenden Blick zu. Er schien sich wohl wirklich Sorgen zu machen.
Er schlug mir einmal richtig fest mit seiner riesigen Hand auf den Rücken, was wohl aufmunternd wirken sollte. Oh Mann, das konnte ja ein lustiger Tag werden.
Wenig später standen wir schon vor dem exklusiven Laden, in dem ich letztens erst mit Jenny und dem Schwiegermonster gewesen war.
An der Tür kam uns schon die freundliche Verkäuferin entgegen, die mir lächelnd die Hand drückte und bei Jensens Begrüßung richtig rot wurde.
„Sie sind also der Bräutigam, Mister Ackles. Es freut mich wirklich Sie kennen zu lernen.“ Mit diesen Worten führte sie uns in die Männerabteilung und ging dann mit hochrotem Kopf zu ihrer hysterisch flüsternden Kollegin. Während wir warteten, konnten wir sie im Hintergrund tuscheln hören. „Oh mein Gott, JENSEN ACKLES!“ „Er ist soooooo heiß!“
Es war nicht zu übersehen, dass Jensen die Aufmerksamkeit genoss. Während er sich die Anzüge anschaute, drehte er sich immer wieder grinsend zu den Frauen um und zwinkerte ihnen sogar zu.
„Hey, Vorsicht“, warnte ich ihn, als ich sein Flirten beobachtete. „Du bist mit der Trauzeugin und besten Freundin deiner Braut unterwegs. Alles was ich sehe, weiß Jenny nachher auch!“
Aber Jensen zuckte nur mit der Schulter und erwiderte „Das weiß sie auch so.“ Wie romantisch!
„Wie wär’s mit dem hier?“ Ich hielt Jensen einen schicken schwarzen Anzug vor die Nase, der sicher gut zu Jennys Kleid passen würde.
„Zu langweilig“, winkte er ab, ohne sich den Anzug richtig angeguckt zu haben. Stattdessen nahm er einen hellblauen Anzug von der Stange, hielt ihn an seinen Körper und lachte sein dreckiges Jensen-Lachen. Und der Mann sollte in einer Woche heiraten.
„Probier den hier an“, sagte ich und drückte ihm einen schwarzen Anzug in die Hand, der einen etwas ungewöhnlicheren Schnitt hatte. Und das war wirklich nicht einfach, weil Anzüge in meinen Augen alle gleich aussahen.
Jensen drehte ihn einmal, musterte ihn von vorne und von hinten und zuckte dann mit den Schultern. „Okay.“
Wir schlurften also zu einer der Umkleidekabinen, Jensen verschwand darin und ich fiel auf eines der schneeweißen Sofas. Die nette Verkäuferin gesellte sich bald zu mir und wir unterhielten uns ein bisschen. Den Champagner, den sie mir zur Feier des Tages anbot, lehnte ich aber höflich ab.
„I look like a jerk!“, hörte man Jensens Stimme auf einmal aus der Kabine. Er klang wie ein kleiner Junge, der seinen Willen nicht bekam.
„Komm doch erst mal raus, Jensen!“ Genervt hielt ich mir die Hand an die Stirn und erwartete das Schlimmste. Aber das war der erste Anzug, mein Gott. Er konnte ja nicht direkt passen.
Trotzig schob Jensen den Vorhang zur Seite und zeigte sich uns. Die Verkäuferin lief rot an und suchte unter irgendeinem schlechten Vorwand das Weite.
Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch und nahm sogar meine Sonnenbrille ab, angesichts dieses Anblickes. Die Hose von seinem Anzug war etwas enger geschnitten als normal, das Jackett wurde offen getragen und das weiße Hemd darunter konnte er ohne Fliege oder Schlips tragen. Dadurch kam sein muskulöser Oberkörper richtig gut zur Geltung und er hatte etwas Wildes an sich, das zu ihm passte. Er sah scharf aus, wirklich.
„Was? Hat’s dir die Sprache verschlagen?!“
„Idiot.“
„Ich sehe aus wie ein Idiot!“
„Nein, du bist einer“, erwiderte ich mit ironischem Grinsen, „aber das liegt nicht am Anzug.“
Grinsend betrachtete er sich im Spiegel und streckte automatisch seine Brust heraus. Sein Blick verriet, dass er sich langsam doch an diesen Anblick gewöhnte, wahrscheinlich fand er sich sogar selber ziemlich heiß. Das hätte ich vorher wissen müssen, dann hätte ich ihn nicht so schmachtend angestarrt.
„Der Anzug steht Ihnen ausgezeichnet“, wurde er jetzt auch noch von der netten Verkäuferin gelobt. Ihre Kolleginnen standen zu viert hinter dem Verkaufstresen und warfen tuschelnd einen Blick auf ihn. Und auf einmal fühlte er sich ganz und gar nicht mehr wie ein Idiot.
„Ich nehme ihn“, ließ er verlauten und drehte sich noch einmal, damit ihn auch jeder im Laden in diesem Anzug sehen konnte. Gott, konnte ein Mann so selbstverliebt sein?
„Willst du nicht noch einen anderen anprobieren?“, fragte ich und störte seinen heldenhaften Auftritt damit absichtlich.
„Nein, ich würde in den anderen Anzügen auch gut aussehen. Und dann könnte ich mich nie entscheiden.“ Und das sagte er mit so einem oberflächlichen Gesichtsausdruck, dass ich am liebsten doch Champagner bestellt hätte- nur um ihm mein Glas über den Kopf zu schütten. Dann lockerte sich sein Gesichtsausdruck auf einmal und er begann zu lachen. „War doch nur ein Scherz, Mary. Du verstehst auch gar keinen Spaß!“ Touché.
Den Anzug kaufte er trotzdem sofort.
„Sie müssen hier unterschreiben“, sagte die Verkäuferin mit aufgeregter Stimme und zeigte auf den Kassenbon, denn Jensen hatte natürlich mit seiner goldenen Kreditkarte bezahlt.
Er unterschrieb sofort, konnte sich aber ein schelmisches Kommentar nicht verkneifen:
„Wenn du ein Autogramm von mir willst, musst du nur fragen.“
Danach fuhren wir noch essen, also zu McDonalds. Aber da ich in einer Woche in mein Kleid passen musste, holte ich mir nur einen Salat, während Jensen über seinen Big Mac, die Pommes, einen Chickenburger und den McFlury herfiel. Das ganze spülte er dann noch mit einem halben Liter Cola runter.
„Wie findest du eigentlich meine Eltern?“, fragte er mich, während er den halben Big Mac im Mund hatte. Oh Gott, jetzt hieß es, diplomatisch sein.
„Dein Vater ist wirklich nett“, begann ich vorsichtig, „wir haben uns gestern lange über Musik unterhalten und er hat echt einen super Geschmack!“
„Und was hältst du von meiner Mutter?“ Verdammt, genau die Frage wollte ich umgehen. Nervös nahm ich einen großen Schluck von meinem Wasser und versuchte mir dabei eine gute Antwort auszudenken.
„Sie ist… einzigartig.“
„Einzigartig?“ Jensen schaute mich fragend an.
„Ja, einzigartig. Guck mich nicht so komisch an! Das ist gut. Nein ehrlich, Gabrielle… sie ist was ganz Besonderes.“
„Danke Mary. Aber sie versteht sich nicht gut mit Jenny…“
„Sie hasst Jenny“, erwiderte ich und hätte mich ab liebsten selber auf die Lippe gebissen. Ein Familienstreit fehlte jetzt noch.
Auf Jensens Stirn bildete sich eine kleine Falte während er seinen Chickenburger aß. Er schien wirklich darüber nachzudenken. Als er fertig war, trank er seine Cola auf Ex und begann dann, wieder zu reden.
„Aber ich liebe Jenny. Und das ist alles was zählt.“ Und das sagte er mit so einem ehrlichen Gesichtsausdruck, dass ich ihn am liebsten in dem Arm genommen hätte. So viele Gefühle sah man nicht oft bei Jensen. Aber wenn er einmal so etwas Süßes sagte, dann war es wirklich herzzerreißend.
„Sie liebt dich auch“, erwiderte ich gerührt und verdrängte sofort jeden Gedanken an mich und Ian.
Wir schwiegen beide einen Moment, ließen das Essen und die herzzerreißende Stimmung sacken und machten uns dann auf den Weg zum Auto.
„Hey, Mary“, rief Jensen als wir einstiegen und sah mich dabei wieder mit seinem schiefen Grinsen an. „Ich sehe ziemlich heiß in dem Anzug aus, oder?“
„Idiot.“






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