Charline Müller - Teil 4

Autor: Wibke
veröffentlicht am: 05.05.2012


Hey,

hier ein weiterer Teil, er ist nicht ganz so spannend und auch nicht so lang, aber ich verspreche im nächsten wirds besser!



Zweites Kapitel:


Als Lucy nach Hause kam, fragte sie gleich, was los ist. Sie merkt immer sofort, wenn etwas nicht stimmt und fragt dann auch nach. Ihr reicht dann auch ein "nichts" nicht. Sie will dann eine konkrete Antwort und je ausführlicher, desto besser. Oft war ich froh darüber, weil man ja nicht immer alles erzählen möchte, aber es am Ende doch gut tut, aber diesmal wünschte ich, ich könnte ihr erzählen, dass Mum für eine Zeit weggefahren ist, wohin auch immer und irgendetwas erledigen muss. Aber ich kann meine Kleine nicht anlügen, auch wenn es jetzt das Beste für sie wäre. Auch würde sie es sofort merken. Ich weiß nicht wie, aber sie merkt es jedes mal. Nicht das ich es schon oft probiert hätte, aber es war schon einmal nötig gewesen, als sie nach ihrem und meinem Papa gefragt hatte. Ich habe versucht ihr zu erklären, dass er vor einigen Jahren gestorben wäre, noch vor ihrer Geburt, aber sie glaubte es mir nicht und fragte mich so lange aus, bis ich ihr die Wahrheit erzählte. Sie war sehr traurig, weil wir ja gar keine "echten" Geschwister sind. Und ich glaube sie hätte gerne ihren Vater kennengelernt. Vielleicht versuche ich ja irgendwann einmal herauszufinden, was aus Frank geworden und wer mein Vater ist. Aber ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, weil Lucy und ich dann vielleicht enttäuscht von unseren Vätern sind. Aber auf der anderen Seite, könnte es auch sein, dass mein Vater ein netter Mann ist und dass Lucy mit Frank gut klar kommt, aber bei ihr mach ich mir weniger Sorgen, sie kommt mit fast jedem klar. Ich versuchte ihr möglichst schonend beizubringen, dass Mum einen schweren Unfall hatte und nun im Koma lag, dass es ihr aber bald wieder besser gehen würde. Sie nahm es erstaunlich gefasst auf. Ich habe damit gerechnet, dass sie weinen würde oder sofort zu ihr wollen würde, aber sie schien im ersten Moment nur sehr geschockt und fragte dann, ob wir sie besuchen können. Ich sagte ihr, dass wir sie besuchen würden, aber noch nicht jetzt, weil sie es ja nicht mitbekommen würde und außerdem es schon spät wäre und wir noch einkaufen müssten, was Mum nicht mehr machen konnte. Lucy schien ein wenig enttäuscht, aber sie sah ein, dass es keinen Unterschied macht, ob wir heute oder morgen zu ihr fahren.
Sie reagierte irgendwie gelassener auf die Neuigkeit als ich. Ich war, nachdem ich die Nachricht gehört hatte, mehr oder weniger zusammengeklappt und habe mindestens eine halbe Stunde neben dem Anrufsbeantworter gesessen und vor mir hingestarrt. Dannach habe ich mich ins Bad geschleppt und habe mir kaltes Wasser in mein Gesicht gespritzt. Später habe ich mich auf mein Bett gelegt und gegrübelt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es auch so weitergehen muss. Also habe ich etwas zu essen gemacht, was wir letzten Endes doch nicht gegessen haben und habe ein wenig aufgeräumt. Aber ich wurde die Angst nicht los, dass Mum vielleicht nie wieder aufwachen würde. Für Lucy und mich würde das bedeuten, dass wir in ein Heim kommen würden und vielleicht getrennt werden würden. Das würde weder Lucy noch ich überstehen, wir brauchten uns. Aber ändern konnte ich nichts, also blieb uns nur das Abwarten und bangen. Den restlichen Tag verbrachten Lucy und ich mit einkaufen, aufräumen und Filme gucken. Eigentlich war es wie immer, nur dass irgendwie die Stimmung bedrückter war als sonst. Ich versuchte Lucy und auch mich so gut es ging abzulenken. Es war die erste Nacht seit langen, in der Lucy kurz nach dem schlafen gehen zu mir ins Bett gekrochen kam und sich an mich schmiegte. Ich war froh, dass sie bei mir war und konnte so beruhigter einschlafen. Lucy und ich waren ein Team, uns bekommt keiner auseinander!
Am nächsten Morgen frühstückten wir nur schnell und machten uns dann mit der Bahn auf den Weg in das Krankenhaus. Dort angekommen erfuhren wir, dass Mum immer noch nicht aufgewacht war. Aber wir durften sie besuchen. Wir bekamen ihre Zimmernummer und gingen hinein. Es war ein schönes Krankenzimmer. Es war hell und hatte ein großes Fenster, von dem man wie ich vermutete auf den Park hinunter schauen konnte. Eingerichtet war es mit einem Tisch, an dem zwei Stühle standen, einem Schrank für die Sachen des Patienten und dem Bett. Das Zimmer hatte nicht die typischen weißen Krankenhauswände, sondern einen warmen gelbton. Von dem Zimmer ging noch eine Tür ab, die wohl zu dem Bad führte. Langsam traten Lucy und ich an das Bett heran. Mum sah nicht gut aus. Wie mir erst jetzt, wo sie so dalag, auffiehl, war sie extrem dürr und ich überlegte, wann ich sie das letzte Mal hatte etwas essen sehen. Ich konnte mich nicht daran erinner. Sie wirkte so unendlich alt, obwohl sie noch so jung war. Es machte mich traurig, sie so zu sehen. Auch wenn sie die letzten Wochen und Monate schon genauso ausgesehen haben musste. Ich hatte sie nur schon lange nicht mehr wirklich angeschaut. Aber, wie sie so dalag, sah sie irgendwie zufrieden aus.





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz