Eine Katatrophe kommt nie allein - Teil 17

Autor: Kathrin.
veröffentlicht am: 22.10.2012


Dann nahm er meine Hand und führte mich nach draußen. Erwartungsvoll sah ich ihn an. Er lächelte nur.
„Was ist?“ fragte ich. Langsam kam er auf mich zu. Seine Hand umfing nun meine Wange und ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht.
„Anna, du bist so schön.“, raunte er und küsste mich. Der Kuss war sanft wie ein Flügelschlag. Aber als Clemens merkte, dass ich keinen Widerstand leistete wurde er mutiger. Sanft knabberte er an meiner Unterlippe.
„Clemens. Stopp! Ich kann das noch nicht.“ Er ließ von mir ab und sah mich verständnisvoll an.
„Okay.“, erwiderte er bloß, ließ von mir ab und ging wieder hinein. Er hatte es verstanden. Ich wollte allein sein. Ich brauchte das jetzt. Ich nahm mir eine Zigarette aus der Packung und zündete sie an. Tief inhalierte ich den Rauch. Langsam beruhigte ich mich wieder. Warum hatte er das getan? Zwischen uns war doch alles geklärt gewesen. Ich verstand ihn einfach nicht. Und ich liebte ihn nicht. Würde er das jemals verstehen? Doch erst jetzt wurde mir bewusst, dass es jetzt genau umgedreht war. Damals war ich so in ihn verliebt gewesen. Ich hätte alles für ihn getan. Und er hatte mich immer nur weggestoßen. Mich immer nur als seine “beste Freundin“ gesehen. Nun war es anders. Ich liebte ihn nicht mehr. Ich liebte Felix. Aber Felix hatte mich verlassen. Es war so verwirrend.
„Raus mit euch!“, hörte ich den Türsteher brüllen, der mich aus meinen Gedanken riss. Perplex sah ich die beiden an die er gerade vor die Tür gesetzt hatte. Felix und Clemens. Laric sah ich nur hinterher stolpern.
„Du solltest dich das nächste Mal nicht einmischen.“, meinte er zu Laric, der ein Taschentuch an seine blutende Lippe drückte. Er nickte nur stumm. Entsetzt lief ich auf sie zu. „Seit ihr total bescheuert? Warum prügelt ihr euch verdammt noch mal!“, schrie ich sie an. Sie sahen mich nur stumm an. Männer! Ich ging auf Laric zu und begutachtete seine Lippe. Dann schüttelte ich nur den Kopf und er grinste mich an.
„Was gibt’s da zu grinsen?!“, stieß ich hervor.
„Ich hab dich verteidigt.“, lachte er und legte einen Arm um meine Schulter.
„Komm ich bring dich zu mir.“, sagte ich jetzt etwas versöhnlicher. Laric lächelte mich nur an.
„Nicht mehr in Partystimmung?“, ich schüttelte den Kopf.
„Ich komm‘ mit euch mit.“, meinte Clemens.
„Nein. Du kannst zu dir gehen.“, antwortete ich bissig. Er sah mich nur verblüfft an. Felix fing an zu lachen.
„Was gibt’s da zu lachen?!“, fuhr ich ihn an und augenblicklich erstarb sein Lachen. Doch ein Grinsen konnte er nicht unterdrücken. Genervt fuhr ich mir durch die Locken. „Wo sind die anderen?“
„Die schleppen heute Weiber ab. Lass uns gehen.“, Laric zog mich mit sich und mir machten uns auf den Weg in unsere Wohnung. Wir schwiegen. Genossen die kühle Nachtluft. Ich hielt die Stille nicht mehr aus.
„Was ist passiert?“, wagte ich mich schließlich vor.
„Er wollte zu euch raus. Er hat gesehen wie ihr gegangen seid. Er ist total ausgetickt. Wollte nur noch zu dir. Mattes wollte ihn dann aufhalten, ich hab ihn weggeschoben und dann alles abbekommen. Aber Felix musste auch ganz schön einstecken.“, er grinste selbstgefällig.
„Bitte mach das nie wieder.“, ich meinte es ernst. Wie konnte er nur so ruhig bleiben. Ich kochte. Innerlich.
„Anna. Ich habe das für dich getan.“
„Du hörst dich an wie ein Märtyrer!“, schrie ich ihn an. Meine coole Fassade bröckelte nicht mehr, sie fiel.
„Anna. Bitte beruhig dich jetzt! Wir reden morgen darüber! Wenn du dich beruhigt hast!“, blaffte er zurück. Ich war nicht mehr ich selbst. Allein, dass ich Felix gesehen hatte, hatte ausgereicht um mich in einen völlig verzweifelten Zustand zu befördern. Langsam dämmerte es Laric was in mir vorging.
„Du hast es gar nicht so cool weggesteckt, hm?!“, es war eine rhetorische Frage, trotzdem nickte ich. Nun zog er mich fest an sich.
„Es tut mir leid.“, raunte er. Doch glücklicherweise hatte ich keine Tränen mehr. Sie waren alle aufgebraucht. Ich wollte ihm das nicht antun.
„Schon okay. Können wir jetzt endlich nach Hause?“, fragte ich müde. Er lächelte und nickte.

Mein dröhnender Schädel weckte mich. Ich stöhnte und rieb mir die Schläfen. Neben mir vernahm ich nur Gelächter.
„Na. Schön vekatert?!“, wie konnte er nur mit mir verwandt sein?! So früh und schon so gute Laune. „Es ist halb zwei. Nur so zur Info.“, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. Wieder stöhnte ich. Wieder lachte er. Ich zog mir die Decke über den Kopf. Plötzlich spürte ich nur Kälte. Laric hatte mir die Decke weggezogen.
„Hey!“, rief ich nur. Doch er lachte nur und rannte weg. Ich ihm hinterher. Es war so wie ich es mir als Kind immer gewünscht hatte. Laric war das Beste was mir in der letzten Zeit passiert war. Und ich war so glücklich ihn bei mir zu haben.
„An was denkst du?“, fragte er mich.
„An dich. Und wie froh ich bin, dass du mich gefunden hast.“, sagte ich lächelnd. Er strahlte mich an. Und ich konnte nur zurückstrahlen. Er zog mich in seine Arme und murmelte: „Ich auch. Ich auch.“ Und so standen wir eine gefühlte Ewigkeit da.
Laric blieb noch bis zum Abend. Dann überließ er mich meinen einfältigen Gedanken. Die immer wieder zu Felix zurückkehrten. Warum hatte er schon eine Neue? Was hatte ich falsch gemacht? Wie konnte er all das, die Gefühle, Erinnerungen, so schnell einstellen? Fragen auf die ich nie eine Antwort bekommen würde.

Drei Jahre vergingen in denen ich nichts mehr mit Felix zu tun hatte. In denen wir ganz aneinander vorbeilebten. Aber Clemens und ich uns immer näher kamen. Wir hatten jetzt dieselben Gefühle füreinander. Redete ich mir ein. Doch dann sollte wieder alles auf den Kopf gestellt werden.

Die heiße Sommersonne prallte auf uns herab. Clemens, Laric, Mattes, Matze, Lukas und ich betreuten eine Kanufreizeit. Dieselbe auf der Clemens und ich uns kennengelernt hatten. Ich starrte auf den Regen und beobachtete die Jugendlichen. Und musste unwillkürlich lächeln. Das erinnerte mich so an damals. Ich dachte an die Zeit zurück als Clemens und ich in genau derselben Situation gewesen waren. Es war komisch die Mädchen und Jungen jetzt zusammen zu sehen und zu denken, dass ihnen vielleicht genau dasselbe passieren könnte wie uns. Plötzlich schlangen sich von hinten zwei Arme um mich.
„Na, denkst du daran wie wir damals waren?“, fragte er mich grinsend. Ich konnte nur nicken. Alles hatte sich so verändert.
„Ganz schön viel passiert seitdem.“, meinte ich nur, drehte mich um und gab ihm einen kurzen Kuss. Er strahlte mich an. Selbst jetzt machte mich sein Lächeln völlig perplex.
„Kommst du mit?“, fragte er und deutete auf den Fluss. Ich schüttelte den Kopf und er verzog gespielt beleidigt sein Gesicht. Ich musste Lachen. Dann sprang er mit einer Arschbombe in das erfrischende Nass. Kichernd sah ich ihm zu. Ich hatte mich mit den Jahren gezwungen ihn zu vergessen. Hatte die Mauer um mich immer höher gebaut. Einzig Laric schaffte es manchmal hindurch. Kein Clemens dieser Welt konnte diese Mauer durchbrechen. Nur ein einziger Felix würde dies schaffen.

Er beobachtete sie. Es versetzte ihm einen gewaltigen Stich als sie ihn küsste. Am liebsten wäre er auf ihn zugestürmt und hätte ihn von ihr weggerissen. Er liebte sie immer noch. Er hatte sie immer geliebt. Und sie war die Einzige die er jemals geliebt hatte. Doch es war damals nicht gegangen. Er war noch nicht bereit gewesen. Er hatte gehofft, dass sie warten würde. Doch er konnte es ihr nicht verdenken, dass sie es nicht getan hatte. Vermutlich hätte er genauso gehandelt. Er hatte in den letzten drei Jahren viele Frauen gehabt. Aber keine hatte es geschafft ihn so glücklich zu machen, wie Anna es geschafft hatte. Wie sehr er sie liebte.

Es war später Abend geworden. Die Jugendlichen schliefen und Clemens, Mattes, Laric, Matze und Lukas waren noch im Biergarten. Ich hatte nicht mit gewollt. Ich machte mich auf den Weg zu den Duschen. Überall brannten kleine Lagerfeuer. Diese Nacht hatte etwas Romantisches. Doch dann blieb ich erstarrt stehen. Das war doch nicht wahr, oder?! Das durfte nicht wahr sein! Gerade betrat Felix die Duschen. Hinter ihm ein mir unbekannter Mann. Er drehte sich zu mir um und raunte Felix etwas ins Ohr. Dieser blieb jetzt auch stehen und blickte mir direkt in die Augen. Es war als ob die Welt still stehen würde. Keiner von uns wagte es einen Schritt auf den anderen zu zugehen. Wir sahen uns einfach nur an. Mein Herz zog sich krampfend zusammen. Er sah noch immer unverschämt gut aus. Doch er wirkte verändert. Irgendwie…reifer, erwachsener. Sein Kumpel stieß ihn an und er stolperte ein paar Schritte auf mich zu. Dann lief alles wie von selbst. Ich lief vorwärts und landete in seinen Armen, die mich fest umschlangen. Am Rand bemerkte ich wie sich sein Kumpel diskret zurückzog.
Er roch noch genauso. Und ich genoss es seine starken Arme um mich zu spüren. Es war so vertraut. Drei Jahre hatten wir uns nicht gesehen. Mir kam es eher vor wie drei Minuten. Als wäre keine Zeit vergangen. Leise liefen meine Tränen. Er ließ mich los. Ein komisches Gefühl. Ich wollte ihn so nah bei mir spüren. Die Erinnerungen an seine Küsse und unseren Sex gingen mir durch den Kopf.
Sanft wischte er mir die Tränen weg und blickte mich liebevoll an. Sein Blick hinterließ ein prickeln auf meiner Haut, das ich nicht ansatzweise beschreiben konnte. Wir brauchten keine Worte mehr. Unsere Lippen fanden sich von selbst. Schnell wurde unser, anfangs so zärtlicher Kuss, leidenschaftlicher. Unsere Zungen fanden sich spielten mit einander. Sanft kaute er auf meiner Unterlippe. Sanft dirigierte er mich in das Duschhäuschen. Außer uns war niemand hier.
„Komm.“, raunte er, nahm mich an der Hand und führte mich in eine Duschkabine, stellte das Wasser an und zog sich aus. Ich tat es ihm gleich. Sanft strichen seine Finger über meine Taille.
„Ich habe dich so vermisst.“, sagte er rau. Als er mit seinen Fingern meine Brüste berührte.
„Ich habe dich auch vermisst.“, brachte ich nur schüchtern hervor. Ich sah ihn grinsen. Dann stellten wir uns unter die Dusche und ließen und treiben.

Er liebte sie so sehr.

Ich liebte ihn noch genauso wie vor drei Jahren. Innerhalb von dieser kurzen Zeit hatte er mein Herz wieder komplett für sich gewonnen. Ich gehörte nur ihm allein. Und das würde sich nie ändern.






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