Eine Katatrophe kommt nie allein - Teil 2

Autor: Kathrin.
veröffentlicht am: 18.04.2012


Voller ging es nicht mehr. Ich löste mich wieder von ihm und konnte jetzt ohne ihn wieder zurück.
„Wer war das?“, wollte Christoph wissen. Ich zuckte nur mit den Schultern. Da schob sich ein Bier in mein Blickfeld. Ich ergriff es lächelnd und nahm einen Schluck.

Ich bemerkte seine Blicke. Leider. Denn es lag nur Abneigung darin. Als ich die Flasche wieder abstellte, stand jemand vor mir. Ich hob meinen Blick und sah in Lukas blaue Augen.
„Tanzen?“, fragte er frech. Ich nickte nur grinsend. Also ließ er mich vorgehen, legte eine Hand auf meinen Rücken und führte mich in die Menge. Ich entdeckte Christoph neben einer brünetten Schönheit. Also würden wir morgen früh, wohl, mal wieder, wie immer, zu dritt sein.
„Worüber freust du dich so?“, fragte Lukas an meinem Ohr. Ich deutete nur auf Christoph. Ich begann mich zu bewegen. Lukas ebenfalls. Nach wenigen Minuten spürte ich eine Hand auf meinem Becken. Ich drehte mich um und sah in die Augen des komischen Typs von vorhin. Genervt wand ich mich ab. Ich deutete Lukas das ich mich wieder hinsetzte. Nur Felix saß noch da, doch neben ihn hatte sich eine Kunstblondine mit Ausschnitt bis zum Bauchnabel gesetzt und schmiegte sich an ihn. Er sah mich erleichtert an. Was ich aber nicht so ganz nachvollziehen konnte. Er rief: „Hey Schatz. Wo warst du denn so lange?“ Er zog mich zu sich und zischte mir ins Ohr: „Bitte. Ich weiß dass wir uns hassen. Aber spiel nur die fünf Minuten mit.“ Ich nickte sanft. Als er mir eben so nah gewesen war hatte meine Haut angefangen zu prickeln. Gar nicht gut. Er legte selbstbewusst seinen Arm um mich und betrachtete mich eindringlich. Ich erwiderte seinen Blick.
„Und du bist also seine Freundin?“, schob sich nun die Stimme der aufdringlichen Blondine in meinen Kopf.
„Ja. Und was willst du hier?“ fragte ich sie gereizt.
„Ich wollte deinen Freund abschleppen. Weil er nämlich bis gestern noch Single war und eine meiner Freundinnen mitgenommen hat.“, ich sah ihn entsetzt an. Die Blondine grinste. Felix hob entschuldigend die Schultern. Doch dann erstarrte ich. Ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihm abwenden. Marcus. Meine erste große Liebe. Wir lernten uns auf dem achtzehnten Geburtstag meiner Cousine kennen. Ich war sechzehn, er neunzehn. Noch auf der Party küssten wir uns. Als wir uns danach dann wieder trafen hatte es mächtig gefunkt. Wir waren ein Paar geworden. Wegen ihm hatte ich sogar meine Pläne, ein Jahr nach Australien zu gehen, kurzzeitig über Bord geworfen, doch bevor ich ihm sagen wollte das ich das Jahr nicht nach Australien fahren würde, sagte er zu mir das er sich in eine andere verliebt hätte und seine Gefühle für mich schon längere Zeit nicht mehr da gewesen wären. Christoph war zum Glück mit seinem Mädel beschäftigt und bemerkte ihn nicht. Er hatte mich damals schon vor ihm gewarnt.
Jetzt merkte auch Felix wie ich in seine Richtung starrte und folgte meinem Blick. Er verzog das Gesicht. Ich wusste, dass er ihn nicht ausstehen konnte. Nur das Warum kannte ich nicht. Ich hoffte nur, dass er mich nicht bemerkte und, dass es ihm genauso erging wie Felix und er mich nicht erkannte. Er sah mich prüfend an. Natürlich wusste er was damals gelaufen war. Ich stand ruckartig auf und machte mich schnellstmöglich auf den Weg zur Toilette. Als ich auf die Uhr sah, war es zwei Uhr. Ich richtete mich nochmals vor dem Spiegel her und bewegte mich in die Massen. Ich traf Mattes uns Matze.
„Hey!“, riefen sie mir über den Lärm der Musik zu. Ich lächelte zurück und wir begannen zu tanzen. Und tanzten. Und tanzten. Doch irgendwann war ich so kaputt, dass ich sagte: „Jungs, ich geh nach Hause…“
„Sollen wir mit kommen?“, fragten beide gleichzeitig und ich musste lachen.
„Nein. Bleibt ruhig hier. Ich kenn den Weg.“, ich umarmte die beiden zum Abschied und ging zu unserem Tisch und holte meine Jacke. Mittlerweile knutsche Christoph hier mit seiner Schönheit rum. Er bemerkte mich nicht einmal und ich nahm einfach still meine Jacke und ging, endlich, in die kühle Abendluft. Ich atmete tief ein. Dann holte ich aus meiner Jackentasche ein Feuerzeug und eine Zigarette. Langsam machte ich mich auf den Weg zu unserer Wohnung. Zu Fuß würde ich gut zwanzig Minuten brauchen. Meine Absätze klackerten auf dem Asphalt. Tief zog ich den Rauch ein. Es beruhigte mich. Denn manchmal fühlte selbst ich mich, wenn ich alleine nach Hause ging, unsicher. Inzwischen hatte ich meine Zigarette aber schon weggeschnippt. Zu unserer Wohnung, waren es in meinem derzeitigen Lauftempo noch etwa fünfzehn Minuten. Aber als ich mich umsah gefror mir das Blut in den Adern.
Hinter mir erkannte ich den Widerling aus dem Club. Der verfolgte mich! Ich begann schneller zu laufen. Aber irgendwie hatte das keinen Sinn, denn er kam trotzdem immer näher. Ich fing an zu rennen. Doch er konnte mühelos Schritt halten. Ich rannte. Doch schon nach gefühlten Sekunden hatte er mich erreicht und packte meinen Arm.
„Na, Puppe…“, sagte er schmierig und grinste anzüglich. „Wo willst du denn so schnell hin? Wir hatten doch noch was vor…“, lachte er hämisch.
„Lass mich los!“, zischte ich. Doch ich bekam kaum einen Ton heraus so viel Angst hatte ich. Er lachte nur. Lachte mich aus. Jetzt packte er mich und drückte mich gegen die Hauswand. Er fing an mich an zu fassen. Ich versuchte mich loszureißen, doch sein Griff war so eisern, dass ich nicht den Hauch einer Chance hatte. Er presste mir eine Hand auf den Mund, weil ich angefangen hatte zu schreien. Um mich herum wurde langsam alles schwarz. Ich nahm kaum noch etwas war und hoffte einfach das es schnell vorbei war. Als er bemerkte wie mein Widerstand nachließ flüsterte er: „Na, hast wohl erkannt, dass, das gleich das Beste sein wird was du in deinem Leben bisher erlebt hast.“ Und fuhr mit seinen widerlichen Händen unter mein Top. Ich bekam keine Luft mehr. Alles war mir egal. Alles. Doch plötzlich spürte ich den Druck von mir weichen und sackte zusammen. Ich hörte Felix aufgebrachte Stimme: „Rühr sie nie wieder an, oder deine gebrochene Nase ist dein kleinstes Problem.“ Ich öffnete die Augen und blickte in Felix besorgtes Gesicht. Aber im nächsten Moment rief ich: „Pass auf!“ und zeigte hinter ihn. Er stand auf wirbelte herum und verpasste dem Typen einen Kinnhacken. Dieser sackte bewusstlos zu Boden. Ich begann zu weinen. Er kam wieder zu mir und fragte: „Kannst du aufstehen?“ Als ich nickte versuchte ich auf die Beine zu kommen, doch ich sackte immer wieder weg. Dreimal sah Felix sich diese hoffnungslosen Versuche an, bis er mich hoch hob. Ich lag in seinen Armen und schmiegte mich an ihn. Kurz verharrten wir so, bis er mich sanft wieder auf meine Füße stellte. Allerdings hatte er weiterhin seinen Arm um meine Hüfte gelegt um mich zu stützen. Ich lehnte mich an ihn. Wir machten uns auf dem Weg zu unserer Wohnung. Irgendwann waren wir endlich da. Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Er brachte mich in mein Zimmer. Ich zog mir Schuhe und Jacke aus, schnappte mir meine Schlafsachen und verschwand im Bad. Ich zog mir das riesige Schlaf T-Shirt und die Boxer Short an und machte mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Auf dem Sessel in der Ecke saß Felix. Schlafend. Ich nahm eine dünne Decke und legte sie über ihn. Ich kroch in mein Bett und fiel noch im selben Augenblick in einen unruhigen, traumlosen Schlaf.

Ich schreckte verschwitzt aus dem Schlaf hoch und atmete schwer und laut. Alles war noch still in der Wohnung. Ich blickte auf den Wecker, neun Uhr. Ich fuhr mir über die schweißnasse Stirn. Dann dachte ich an den gestrigen Abend, den nach Hause Weg, Felix. Ich stieg aus dem Bett und machte mich auf den Weg in die Küche. Ich schenkte mir ein Glas Wasser ein und setzte mich auf die ausgelegene Couch. Ich war so in Gedanken an die gestrige Nacht versunken, dass ich gar nicht bemerkte, dass jemand die Küche betrat. Erst als er die Hand auf meine Schulter legte, zuckte ich zusammen und sah auf. Felix.
„Morgen.“, sagte ich.
„Hey.“, gab er zurück. „Wie geht’s dir?“, fragte er, nahm sich ebenfalls ein Glas Wasser und setzte sich neben mich.
„Geht schon. Ich konnte bloß nicht mehr schlafen. Das was…naja du weißt schon… das hat mich einfach nicht losgelassen.“, er nickte nur über mein Gejammer.
„Könntest du mir einen Gefallen tun?“, wagte ich mich vor. Er nickte. „Bitte sag niemandem was da gestern passiert ist. Ich will das so schnell wie möglich vergessen und nicht von jedem daran erinnert werden.“, und wieder nickte er nur. Ich sah ihm fest in die Augen. „Danke.“, sagte ich schlicht. „Kein Problem.“, er wirkte so kalt. Ich wusste in überhaupt keiner Weise was er gerade dachte. Doch dann umfing er meine Wange mit seiner Hand und meine Haut prickelte. Doch so plötzlich wie diese Geste gekommen war, verschwand sie wieder. Ich sah ihn prüfend an und ging, verwirrt, zurück in mein Zimmer. Gleich als ich in meinem Bett lag wanderten meine Gedanken zurück an den gestrigen Abend und die Nacht. Ich erinnerte mich wie Felix mich angesehen hatte, mich berührt hatte. Aber es war einfach zu viel passiert. Er hatte mich acht Jahre lang gedemütigt, mich vor den anderen bloßgestellt. Mit seiner arroganten, besserwisserischen, überheblichen Art. Das vergisst man nicht so schnell. Und dann dachte ich an Marcus. Allen Erinnerungen waren wieder da. Alle. Wie er mich geküsst hatte! Wie ich ihn geliebt hatte! Aber was machte er nun hier? Warum war er jetzt hier?

Ich erwachte von lautem Stimmengewirr und Gepolter in der Küche. Ich sah auf meinen Wecker. 13:30. Ich hatte den halben Tag verschlafen. Es war Samstag. Zum Glück. Ich krabbelte aus meinem Bett und als ich die Tür öffnete stieß ich in jemanden. Als ich aufblickte sah ich in die lachenden Augen von Matze. Der nutzte meine Müdigkeit aus und warf mich über seine Schulter, rannte mit mir in die Küche und rief: „Schaut mal wer wach geworden ist!“
„Lass mich runter du Idiot!“, sagte ich jetzt aufgebracht. Er lachte ließ mich aber sinken. Christoph reichte mir eine Tasse Kaffee und ich lächelte ihn dankbar an. Unsere Küche war voll. Neben Matze, Felix und Christoph waren auch noch Christophs‘ Perle von letzter Nacht, Mattes, Jakob und Lukas.
„Ich will heute meine Einweihungsparty geben.“, gab Felix plötzlich von sich. Alle sahen ihn erstaunt an.
„Du hast noch nicht mal Möbel hier drin und willst schon zur Einweihung einladen?“, Christoph sah ihn skeptisch an.
„Na ja, ich dachte ihr könntet mir heute vielleicht ein bisschen helfen.“, brachte er verlegen hervor. Aha. Darum ging es ihm also. Nur nicht zu viel arbeiten. Er sah uns erwartungsvoll an.
„Ja. Also wir hätten Zeit.“, sagte Jakob stellvertretend für Matze, Mattes und Lukas.
„Ich auch.“, sagte Christoph. Alle Blicke ruhten auf mir. Doch gerade als ich zur Antwort angesetzt hatte klingelte es. Da ich am nächsten an der Tür stand machte ich mich auf den Weg zur Wohnungstür. Als ich sie öffnete sah ich in die braunen Augen von Marcus. Er lehnte lässig am Türrahmen und ich starrte ihn an wie das erste Auto.
„Na, hast wohl gedacht ich hab dich gestern nicht erkannt.“, sagte er spitzbübisch. Ich gab immer noch nichts von mir. Er lächelte. Dieses Lächeln das er damals schon immer gehabt hatte. Und es verfehlte seine Wirkung nicht. Mein Herz schlug schneller. Wie, als ob ich ihn hereingebeten hätte trat er durch die Tür und sah sich um.
„Hey!“, endlich hatte ich meine Stimme wiedergefunden. „Was machst du hier?!“, zischte ich.
„Hab gehört ich gibt’s ein Zimmer zu vermieten.“, sagte er und zuckte mit seinen Schultern.
„Jetzt nicht mehr!“, ich war wütend.
„Tolle Wohnung. Hier könnte es mir gefallen. Hast es dir hier ja richtig schön gemacht.“, er ignorierte mich einfach.
„Anna? Alles in Ordnung?“, kam es jetzt von Christoph aus der Küche.
„Alles super!“, und versuchte einen unbeschwerten Tonfall. „Verzieh dich endlich! Mach das du hier raus kommst!“, zischte ich jetzt wieder wütend Marcus an. Aus der Küche kam aufgeregtes Gemurmel. „Los!“, doch er dachte gar nicht dran zu gehen.
„Ich glaube du gehst jetzt besser.“, ich drehte mich um und sah Felix. Der hatte offenbar gerade ins Bad gewollt. Beide sahen sich jetzt wütend in die Augen. Auf Augenhöhe. Beiden waren über eins fünfundneunzig!
„Marcus! Hau ab!“, versuchte ich mich nochmals. Doch er beachtete mich nicht.
„Wohnst du jetzt mit dem zusammen?“, er konnte es offenbar nicht fassen.
„Ja.“, sagte ich nur kleinlaut.
„Und du findest nicht das ich hier besser einziehen sollte?“, er war noch nicht mal richtig in Fahrt.
„Marcus! Du hast mir damals gezeigt, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest. Also, was willst du jetzt hier?“, endlich wandte er seinen Blick von Felix ab und sah mich direkt an.
„Komm!“, befahl er und zog mich in mein Zimmer.
„Lass mich los!“, ich versuchte mich aus seinem Griff zu winden schaffte es aber nicht. „Marcus!“, mit mir war langsam nicht mehr gut Kirschen essen. Da prang die Tür von meinem Zimmer auf. Christoph kam herein.
„Geht’s dir gut?“, als ich nickte wandte er sich sofort meinem Ex-Freund zu.
„Hör mal zu. Du hast hier das Herz gebrochen, hast sie einfach so ohne jegliche Begründung abserviert. Und jetzt traust du dich hier aufzutauchen? Mach das du wegkommst oder der Schlag von damals war der kleinste Schmerz den ich dir zugefügt habe!“, so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt! Ich wusste, dass er Marcus die Nase gebrochen hatte. Aber so außer sich hatte ich ihn noch nie erlebt. Marcus sah ihn zwar wütend an sagte aber nichts. Kurz blickte er zu mir und dann verschwand er. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Ich sank an der Wand hinab und legte den Kopf auf meine Knie. Kurz darauf spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.
„Keine Sorge. Der kommt so schnell nicht wieder.“, Christoph schloss mich in seine Arme.
„Warum? Warum ist er jetzt hier? Ich hatte ihn vergessen. Warum erinnert er mich jetzt wieder an alles?“, ich war zu aufgewühlt um einen klaren Gedanken zu fassen.
„Pass auf. Du bleibst hier. Wir schaukeln das mit dem Umzug schon. Entspann dich. Der kommt hier nicht mehr rein. Geh auch nicht mehr zur Tür wenn es klingelt, okay?“, ich nickte nur und schlurfte wieder zu meinem Bett.
Als dann endlich Ruhe herrschte ging ich zu meinem Regal und schnappte mir eine Platte von The Cure. Es waren vertraute Handgriffe meinen antiken Plattenspieler zu bedienen. Und als die Musik anfing zu spielen fing ich wirklich an mich zu beruhigen. Ich setzte mich auf mein Bett. Doch lange konnte ich nicht so untätig herumsitzen und zog mich erst mal an. Meine bequemste Jogginghose und ein schwarzes Top. Danach ging ich in die Küche. Sie hatten alles schon aufgeräumt, also überlegte ich was ich machen konnte. Und entschied mich letztendlich dafür Cupcakes zu machen. Ich stellte meinen Plattenspieler aus und warf eine The Cure CD in der Küche ins Radio und drehte so laut ich konnte. Ich fing an zu backen und tanzte dabei durch die Küche.
Ich merkte nicht, dass die Haustür aufgeschlossen war und ich schon seit einer ganzen Weile beobachtet wurde. Als ich mich schließlich umdrehte sah ich in fünf lachende Gesichter. Christoph sah mich ernst an. Er schob die anderen wieder weg. Ich hörte nur ihren Protest.






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