Du musst das Leben mit der Seele riechen! - Teil 2

Autor: Feather
veröffentlicht am: 16.04.2012


Ich machte mich leise auf den Weg in mein Zimmer. Unser Haus bestand aus zwei Flügeln und der linke war im Großen und Ganzen der meines Vaters, dort hatte er sein Büro, seine Bibliothek und was weiß ich noch, ich mied diesen Teil unseres Hauses für gewöhnlich. Außer Dad wollte, wie heute, irgendwas mit mir besprechen.
Als wär ich einer seiner Klienten, ruft er mich dann in sein Büro, um dafür zu sorgen, dass alles seine Richtigkeit und Ordnung hat.
„Zhara kannst du mir mal eben helfen?“, riss mich die Stimme meiner Mutter aus meinen trüben Gedanken. Sie stand in der Eingangshalle, die ich gerade betreten hatte und arrangierte ein Blumengesteck, das auf einem kleinen Metalltischchen an der Glasfront unseres Hauses stand.
Meine Mutter, immer darauf bedacht, dass der gute Eindruck des Hauses gewahrt blieb.
Ich ging auf sie zu. „Hier,“ sagte sie und wies auf ein Schleifenband, dass sie gerade um das Gesteck geschlungen hatte „Könntest du vielleicht kurz…“ ich wusste was sie meinte und legte meinen Zeigefinger auf den Knoten, den sie soeben geknotet hatte, damit sie eine Schleife binden konnte.
„Kiki sagte das Essen ist gleich fertig,“ begann sie belanglos mit mir zu sprechen. Ich wusste dass, sie sich bewusst war, dass Dad gerade mit mir gesprochen hatte. Aber sie sprach mich nicht darauf an. Sie hielt sich raus, wenn mein Vater mich in meine Schranken wies. Ich betrachtete meine Mom, ein paar ihrer schulterlangen blonden Wellen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst und fielen ihr ins Gesicht. Ihre blauen Augen schauten auf, als hätte sie bemerkt dass ich sie betrachtet hatte. Sie lächelte. Ich lächelte zurück.
Ich hätte gerne ihre blauen Augen und ihre blonden Haare geerbt, aber ich kam ganz nach meinem Vater mit den grünen Augen und den braunen undefinierbaren Haaren, die irgendwas zwischen Locken und Wellen waren.
„Ich bin in meinem Zimmer,“ sagte ich, als ich mir sicher war, dass Mom keine Hilfe mehr brauchte.
Sie nickte. Ich ging.
Beim Abendessen sprachen wir nicht wie sonst über Nizza, wie die Abende davor. Wir sprachen überhaupt wenig. Meine Mutter lobte nur hin und wieder das Essen, dass Kiki gemacht hatte und mein Vater beobachtete mich hin und wieder aus dem Augenwinkel, als wollte er überprüfen ob ich geweint hatte. Hatte ich aber nicht.

„Drrring,“ klingelte mein Wecker. Ich war beinahe froh aufstehen zu dürfen, obwohl Montag war. Ich hatte sehr unruhig geschlafen.
Ich duschte mich und während das warme Wasser auf mich herunter prasselte dachte ich nach. Meine Eltern würden zwei Wochen ohne mich wegfahren und mich zurücklassen, womöglich hatte mein Vater Recht und ich hatte mich in den letzten Wochen wirklich daneben benommen. Ich wischte den Gedanken gleich wieder weg, mein Vater hatte vielleicht im Bezug auf seine Klienten Rech, aber nicht was mich anging dafür kannte er mich zu wenig. Mein Dad war kein Monster, er war nur mehr Anwalt als Vater und mehr in seiner Kanzlei als zuhause. „So ist das eben!“ würde Kiki mit ihrem rauchigen Stimme sagen, in der ein wenig kubanischer Akzent mitschwingt, hätte ich ihr diesen Gedanken mitgeteilt.
Ich machte mich fertig wobei ich sämtliche unnötigen Handgriffe übersprang. Also band ich mir meine noch feuchten Haare zu einem Dutt und machte mich ungeschminkt auf den Weg Richtung Küche. War sowieso die letzte Woche vor den Sommerferien, die Ferien in denen ich die ganze Zeit zu Hause rumsitze und in selbstmittleid versinke. Die Ursache für meine Mangelnde Motivation in Sachen wie mache ich etwas schöner war also geklärt.
In der Küche war es still Kiki kommt immer erst um zehn, Mom an unserem großen Glastisch in einem flauschigen Morgenmantel, schlürfte an einer Tasse Kaffee und las eine Zeitschrift. Sie blickte kurz auf und lächelte. Sie war morgens nicht besonders Gespräche da hatten wir etwas gemeinsam. Dad zog es vor in seinem Büro zu Frühstücken, Anwalt eben.
Ich rührte in meiner Müslischüssel in der das Müsli langsam matschig wurde. Irgendwie wollte ich etwas zu meiner Mutter sagen, ich wollte sie fragen was sie davon hielt dass Dad beschlossen hatte dass ich hier blieb während sie in Nizza waren. Aber ich hatte das Gefühl die Antwort schon zu wissen. Sie hätte sicherlich etwas unternommen wenn sie etwas dagegen gehabt hätte, oder?
Mein Vater betrat den Raum und ich erschrak mich so dass ich meinen Löffel fallen ließ.
„Zhara können wir?“ fragte er. Er nahm mich immer mit zur Schule, weil seine Kanzlei auf dem Weg lag. „Äh ja komme schon!!“ rief ich, weil er die Küche schon wieder verlassen hatte. Ich bückte mich nach dem Löffel „Lass liegen, ich mach das dann schon,“ sagte meine Mutter und wies mich mit einer Kopfbewegen darauf hin mich zu beeilen.
Im Auto redeten wir nicht. Was gab es auch zu sagen? Dad hatte die Sache gestern ja geklärt, mit Bestrafung, Anwalt eben.
Ich knetete meine Hände und schaute aus dem Fenster obwohl ich nichts von den Dingen wahrnahm, die ich da sah, meine Gedanken waren woanders. Ich hasste es in einem engen Raum mit jemandem zu sein dem man am liebsten so einiges an den Kopf geworfen hätte. Es kam mir vor als würde die Luft vibrieren.
Nach zehn Minuten lenkte mein Vater das Auto nach rechts und blieb vor meiner Schule stehen, Privatschule.
Langsam öffnete ich die Tür des Audis, ich ließ mir Zeit mit dem Aussteigen, denn ich hatte das Gefühl Dad wollte noch etwas sagen, er tat es aber nicht. Also schlug ich die Tür zu und sah ihm nach wie er vom Schulgelände fuhr.
„Zharaaa!!“ rief plötzlich eine mir wohlbekannte Stimme. Maya lief auf mich zu und ihr roter lieblings Chiffonrock wehte ihr bei jedem Schritte um die dünnen Beine.






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