Against the World - Teil 3

Autor: Loraine
veröffentlicht am: 25.04.2012


Hey Leute! Sorry, das es so lang dauerte, aber ich hatte viel zu tun und habe jetzt mit letzter Kraft das 3. Kapitel zu Ende geschrieben. Hoffe es gefällt euch.

Loraine

Kapitel 3 - Das war erst der Anfang

Schluckend griff sie zum Hörer. Jemand atmete durch das Telefon.
„Milou? Bist du das?“, erklang Leos Stimme.
„Ja. Was ist los?“
Sein Hecheln stoppte und er schluckte. Er versuchte in seinem Kopf passende Worte zu finden, aber es gab keine. Enttäuschend entglitt seinen Lippen ein Seufzer.
„Ich weiß, es mag schwer für dich klingen, aber deine Mutter…“, fing er an, konnte jedoch nicht weiter sprechen, da ihm der Mut dazu fehlte. Milou konnte sich den Satz zu Ende denken. Das durfte nicht wahr sein. Ihr kompletter Körper hemmte. Ihr Bauch verkrampfte sich schmerzhaft und endlose Trauer verbreitete sich in ihr. Wie ein dunkler Tintenfleck, der das weiße Papier bedeckte, breitete sich eine Leere in ihr aus. Ohne es zu wollen, strömten Tränen ihre Wange hinunter. Nur ein Wort rauschte in ihren Ohren: Heim. Das bedeutete vieles. Einsamkeit, Kummer und Schmerz. Nie wieder glücklich werden. Nie wieder ihrer Mutters Stimme und Nähe spüren zu dürfen.
„Milou? Bist du noch dran?“, fragte Leo vorsichtig. Er wusste, dass sie ziemlich labil war. Immerhin hatte sie sich noch vor einer Woche das Leben fast geholt. Das durfte nicht ein zweites Mal passieren. Nach seiner Schicht würde Leo sofort zu ihr fahren. Auch wenn er nicht ihr Vater war, geschweige denn ein Verwandter, empfand er diese eindeutigen Gefühle für das Mädchen. Auf irgendeine Weise fühlte er sich ihr verbunden. Fast so, als ob es seine Tochter sei, die nun völlig gedankenverloren allein zu Hause den Tod ihrer Mutter verkraften musste. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wie Milou einen zweiten Versuch wagte sich erneut umzubringen.
„Leo, ich…“, schluchzte das verletzte Mädchen.
„Ich werde später vorbeischauen. Es tut mir wirklich unglaublich leid.“
„Schon ok. Ich leg jetzt auf. Ich muss…kann…bis später!“, stammelte sie.
Der Hörer fiel auf den Boden, als sie den roten Knopf gedrückt hatte. Ihr Rücken sank auf ihr Bett. Ihr Blick starrte zur Decke. Der Strom aus Tränen endete nie. Das leise Wimmern war kaum zu hören, schließlich verarbeitete sie sonst alles so schnell. Doch dieses Mal war es etwas anderes. Die Angst in Einsamkeit zu versinken, in eine fremde Gegend zu ziehen und in einem völlig unbekannten Bett zu schlafen, ließ sie schaudern. Ihr komplettes Leben würde sich um ganze hundertachtzig Grad drehen. Wie auch jedes Mal schmerzte ihr Herz furchtbar, wie ein scharfer Stich hinein. Ihre Muskeln spannten sich wütend an, den Grund für ihren plötzlichen Hass konnte sie jedoch nicht erkennen. Es lag wohl daran, dass in diesem Moment all ihre Gefühle durcheinander gerieten. Trauer, Schmerz, Wut und Angst waren die Hauptursache. Kaltes Blut gefror in ihren Adern, als der Gedanke auftauchte, ihre Mutter nie wieder zu sehen.
Das ging den restlichen frühren Morgen so, bis sie sich schließlich in den Schlaf weinte.
Am späten Nachmittag wurde Milou durch ein Läuten an der Tür geweckt. Mit einem noch leeren Kopf lief sie zum Eingang und öffnete dem überraschten Gast. In dem Augenblick, als ihre Sicht auf Leo fiel, der sie die Nacht benachrichtigt hatte, das ihre Mutter gestorben war, kamen alle Gedanken wieder zum letzten Moment zurück. Automatisch sprudelten neue Tränen aus ihren Augen und fielen tropfend auf den Boden. Leo trat vorsichtig ein und umschlag behutsam seine Arme um das weinende Mädchen. Milou war sich bewusst, wie intensiv diese Umarmung war, aber der Gedanke an ihre Mutter ließ den genüsslichen Moment nicht zu.
„Schon ok, Kleines.“, murmelte er beruhigend und streichelte ihr sanft über den Rücken. „Wir werden das schaffen.“
Milou wurde stutzig. Wieso denn wir? Ich dachte meine Mutter sei gestorben und nicht seine. Außerdem kannte er sie doch gar nicht. Wieso fühlt er denn mit mir, obwohl es eine fremde Frau war, die starb? Er sah fast jeden Tag als Arzt jemanden sterben, dachte sich Milou.
Den restlichen Abend blieb Leo bei ihr und tröstete sie. Er erzählte ihr wie es weiter gehen könnte. Seine Worte waren Musik in ihren Ohren, die ihre Trauer verschwinden ließ. Als die Drüsen leer schienen, seufzte sie und schlief auf dem Schoß des Arztes ein. Nach wenigen Minuten wachte sie jedoch wieder auf. Er telefonierte.
„Ja, ich bin bei einer Patientin.“, antwortete er auf eine unbekannte Frage. Anschließend kamen nur flüsternde Worte.
„Es dauert nicht mehr lange…ohne mich…Wenn du unbedingt hingehen möchtest, dann fahr ich dich eben…Am Veilchen 7, das ist dort wo deine Schule ist…Gut, bis gleich.“
Jemand würde hierher kommen? Wer denn? Leo würde doch keine unbekannte Person hierher beordern, oder? Milou zog verdutzt die Augenbrauen zusammen. Plötzlich hob Leo behutsam ihren Kopf an, um ihn zart auf das Sofa zu legen. Er seufzte schmerzhaft und verschwand aus der Tür. Milou stand blitzschnell von der Couch auf und lief zum Fenster in ihrem Zimmer. Dort begutachtete sie Leo, der wartend auf dem Parkplatz stand. Bald kam ein Auto und parkte direkt neben ihm. Der Fahrer war ein Junge. Höchstwahrscheinlich sein Sohn. Seine Haare waren schwarz und die Haut hatte einen hellen Beigetouch. Dadurch kamen gut seine hellblauen Augen zur Geltung. Sie konnte selbst durch so eine weite Entfernung die kleinsten Details erkennen. Der Junge stieg aus und rief zu Leo. Milou kippte unbemerkt das Fenster.
„Na, komm schon.“, rief er.
„Sehr witzig, Sebastian. Meintest du nicht, hast du mir nicht gesagt, Mama hätte das Auto?“
„Wie hätte ich dich denn sonst zu diesem Spiel bekommen? Jetzt hast du Zeit und wir gehen zusammen zu dem Spiel, ok?“
Leo seufzte aufgebend. Als er gerade dabei war in sein eigenes Auto einzusteigen, hielt Sebastian ihn an.
„Wen hast du hier noch einmal besucht? Hier wohnen doch nur die ärmsten Leute.“, bemerkte er und musterte die moderne Gegend. Eine angewiderte Mimik tauchte in seinem Gesicht auf, als er die vermoserte Hauswand betrachtete.
„Gerade diesen Leuten würde ich gerne helfen. Die Patientin hatte gestern ihre Mutter verloren. Sie ist vollkommen fertig.“
„Aber wieso fährst du dann zu ihr?“
„Weil sie noch sehr jung ist und nun allein ohne jegliche Verwandten weiter kommen muss. Sie muss ins Heim.“
Sebastian sank traurig den Kopf. Für einen Moment schämte er sich für seine voreilige Beurteilung über das kleine Viertel.
„Das tut mir leid für sie. Das wusste ich nicht.“
„Schon okay, Sohn. Steig ein, wir fahren zum Spiel.“
Beide Autos starteten und fuhren um die Ecke. Milou spürte noch das Streicheln über ihren Rücken. Sie setzte sich auf dem Balkon auf den Stuhl. Der kalte Wind bereitete ihr eine schaurige Gänsehaut. Ihre Augen starrten zu jeglichen Details ihres Blickfeldes. Einen letzten Moment genoss sie noch ihren Wohnort, bevor sie ins Heim bald ging.

Es verging ein Jahr. Milou kam in ein Heim. Sie durfte all ihre Sachen behalten, wechselte allerdings die Schule und belegte nun mit einer gleichaltrigen Freundin ein Zimmer. Piper die schon seit ihrer Geburt ohne Eltern lebte. Ihre Mutter hatte einen Tumor im Kopf und ihr Vater starb an einem tödlichen Autounfall. Für beide kam jede Hilfe zu spät. Piper lernte ihre Großeltern nie kennen, da sich die Familie von ihnen abwandte und den Kontakt abbrach. Das Heim war ihr einziges Zuhause. Sie kam bei einigen Pflegefamilien unter, die sich letztendlich doch für andere Kinder entschieden. Deshalb akzeptierte Piper die Wahrheit und wartete bis sie achtzehn war. Nach ihrem Abitur würde sie als Rechtsanwältin gerne arbeiten.
Gerade packte Milou ihre Sachen für einen Campingausflug am Wochenende. Es war Freitag.
„Also, du hast seit einem Jahr Kontakt mit ihm und erst jetzt lädt er dich zu seiner Familie ein? Ist das nicht etwas in die Länge gezogen?“, fragte Piper misstrauisch und strich sich ihre langen blonden Locken hinter die Ohren.
„Ja, aber ich bin froh, dass wenigstens einer für mich da ist.“
Piper grinste. Sie stupste mit ihren Fingern an ihren Arm und lachte. „Hey! Ich bin auch immer für dich da.“
Milou schmunzelte.
Piper war tatsächlich eine sehr gute Freundin geworden. Noch nie hatte sie sich so geborgen gefühlt, wie bei ihr. Sie war wirklich verlässlich und hörte ihr immer zu. So etwas hatte sich Milou gewünscht. Ihr Leben schien endlich nach oben zu steigen.
Pipers Kopf streckte sich zum Fenster. Ein silberner Hyundai, perfekt für einen Familienausflug, parkte vorm Eingang zum Heim.
„Leo steht schon unten.“, teilte sie Milou mit.
Bevor sie aus der Tür verschwinden wollte, stemmte Piper ihre Arme in die Hüfte. „Hast du nicht etwas vergessen?“
Milou umarmte sie noch schnell.
„Viel Spaß, Süße!“, rief Piper ihr noch hinterher.
Mit der schweren Tasche und den vielen Gedanken auch an alles gedacht zu haben, kam sie unten an. Ihre Erzieherin, Leonora, verabschiedete sich und half ihr Gepäck ins Auto zu tragen. Zum ersten Mal sah Milou Sebastian von nahem. Ein Kribbeln durchfuhr ihren Körper, als er ihr seine Hand reichte. Leos Frau, Melinda, hatte sie schon kennengelernt. Gegenseitig musterten sie sich misstrauisch, aber nach einiger Zeit tauchte in beiden Gesichtern ein Lächeln auf. Im Auto saßen die Zwei zusammen. Sebastian musste sich in die Mitte quetschen, denn auf dem rechten Sitzplatz lagen noch einige Gepäckstücke.
„Keine Sorge in zwei Stunden sind wir da.“, rief Leo, der am Steuer saß und ständig auf sein Navigationssystem achtete. Melinda war sehr gesprächig und konnte deshalb keine fünf Minuten still sein. Ihrem Mann machte das überhaupt nichts aus. Aber Sebastian störte es ein wenig durch seine ständig genervten Seufzer.
„Wie ein Wasserfall.“, murmelte er unzufrieden.
„Deine Mom?“, fragte Milou und schaute in seine leuchtenden blauen Augen.
„Sie ist nicht einmal meine Mutter. Mein Vater übernahm schon bei meiner Geburt das Sorgerecht, da meine Mutter damit nicht klar kam und in eine psychiatrische Klinik eingeliefert wurde. Danach hörte niemand etwas von ihr.“
„Das tut mir leid. Hättest du sie gerne kennen gelernt?“, fragte Milou und verzog eine traurige Mimik.
„Keine Ahnung. Ich mag Melinda. Sie ist eine wirklich gute Mutter. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das meine andere toppen könnte.“
„Naja, wenigstens hast du eine Familie. Es gibt nämlich nichts Schlimmeres als allein zu sein.“
„Ja, ich habe es von meinem Vater gehört. Das ist jetzt schon fast ein Jahr her. Das tut mir wirklich leid.“
Milou nickte. Die ersten Monate fielen ihr ehr schwer. Im Heim nannte man sie eine Zeit lang „die Stille“. Aus ihrem Mund sprudelten keine Wörter, ihre Mimik ähnelte die eines Toten und auch all die Nächte waren ein Schrecken. Erst durch Piper fand sie ihren Faden wieder. Nun ging es ihr viel besser als je zuvor. Manchmal strahlte ihr Gesicht durch das Lächeln wie die Sonne. Das Heim war doch nicht so schlecht. Der Ausflug mit Leos Familie, die für sie fast wie ihre eigene war, flickte allmählich Milous zerrissenes Herz. Zum ersten Mal ein richtiger Campingausflug in einem echten Camp. Auch wenn es nur für ein Wochenende war, aber die Aufregung für Milou war riesig.
Ihr Herz machte einen heftigen Sprung gegen ihre Burst, als Leo allen mitteilte, dass sie endlich ankamen.






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