ICH, DU & Meine Freundin - Teil 6

Autor: Natalie Körner
veröffentlicht am: 11.04.2012


Hey, Melly. Ich bin's wieder. Ich kann nicht sagen, was mich da geritten hat! Wie konnte ich nur so etwas tun? Schließlich sind wir die besten Freundinnen der Welt! Oder zumindest waren wir das... Melly, du liegst jetzt seit über einer Woche im Koma, und niemand kann sagen, wann du aufwachen wirst. Wenn es soweit sein sollte, dann hoffe ich, dass du das hier ließt, und dass du mir vergeben kannst. Auch wenn ich weiß, dass das hier unverzeilich ist. Und noch was, Melly: Ich werde eine bessere Freundin sein. Ich verspreche es! Bitte Melly, ich verspreche dir alles, was du willst, nur wach wieder auf!!!

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Okay, also das ist ja wohl das letzte! Erst schüttet sie mir irgendwas ins Glas, und dann kommt das hier? Also wirklich, Cassie, wenn du glaubst, das soetwas reicht, damit wir wieder Freundinnen sind, dann hast du dich aber geschnitten! Da musst du dir schon ein bisschen mehr einfallen lassen. Aber im Moment war ich ja erstmal froh, dass ich wieder wach war. Wenn es mir schon so schrecklich ging, dann wollte ich gar nicht wissen, wie das bei Leuten war, die jahrelang im Koma lagen! Außerdem hatten die ja auch alles mögliche an neuer Technik und so verpasst! Obwohl, ich glaube, in dieser Woche war ein neues Handymodell auf den Markt gekommen – zählte das auch? Naja, vermutlich nicht. Wo wir gerade bei Mark (okay, bei Markt, aber da steckt der Name ja drin) waren: Ich war gespannt, ob Mark etwas von der Aktion wusste. Das wollte ich gleich mal herausfinden! Wo wohnte er noch gleich???

Marktstraße 18. Irgendwie passend! Schließlich konnte man seinen Namen und sein Alter aus der Adresse ablesen! Ich beeilte mich, noch den Bus in die Stadt zu erwischen (ich zählte die Tage, Wochen und Monate, bis ich endlich meinen Führerschein machen durfte: Im Moment waren es noch 32 Monate, zwei Wochen und drei Tage, falls das jemanden interressiert...).

Zum Glück fand ich Marks Haus ziemlich schnell. Ich klingelte, und er öffnete selbst die Tür. "Oh mein Gott, Melly! Du bist wieder wach? Das ist ja unglaublich!", rief er. Da kam Cassie angelaufen und stellte sich hinter ihn. "Melly! Wie geht's dir? Hast du gelesen, was ich geschrieben habe?", fragte sie. Ich nickte nur. "Und? Bist du noch sauer?", fragte sie. Hallo? Was soll das denn jetzt heißen? Die sorgt dafür, dass ich über eine Woche im Koma liegt, und dann fragt sie mich, ob ich sauer bin?, fragte meine innere Stimme. Sie hatte recht! Ich war genauso sauer. Doch Cassie schien eine Antwort zu erwarten. "Ob ich noch sauer bin? Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Ich habe eine Woche lang im Koma gelegen!!!" Sie zuckte zusammen, und versteckte sich hinter Mark. "Aber ich hab mich doch entschuldigt!", meinte sie zaghaft. Doch mein Ärger war noch lange nicht verraucht: "Du denkst also, es reicht, wenn du dich entschuldigst? Du denkst wirklich, dass ich jetzt sage 'Okay, vergeben und vergessen!'? Für wie bescheuert hältst du mich eigendlich?" Mit jedem Satz wurde meine Stimme lauter und stärker. Es tat gut, ihr mal so richtig die Meinung zu sagen. "Okay, vielleicht hätte ich das nicht denken dürfen...", räumte Cassie ein, aber ich war noch nicht fertig: "Es mag ja sein, dass ich früher so war, aber jetzt bin ich nicht mehr so. Jetzt lasse ich mir so etwas nicht mehr gefallen, ist das klar???" Sie nickte nur, und rannte dann weg von der Tür, weg von mir. Mark blieb, wo er war. "Was wolltest du eigendlich hier?", fragte er, ruhig und gelassen, wie immer. Auch ich beruhigte mich langsam wieder. "Ich wollte dich fragen, ob du davon wusstest.", gab ich zu. Er zog die Augenbrauen hoch. "Denkst du das wirklich? Denkst du, dass ich so etwas zulassen würde? Da kennst du mich aber schlecht!" Dann ging er hinein und knallte mir die Tür vor der Nase zu. Na super! Ich hatte mir in gut fünf Minuten meine ehemals beste Freundin zur Feindin gemacht und auch noch den Jungen, auf den ich stand, verärgert! Ich sollte wieder nach Hause gehen, aber zuhause erwartete mich nur ein Zettel mit der Aufschrift "Hallo Melly, für den unwahrscheinlichen Fall, dass du aufwachen solltest: Essen ist im Kühlschrank, du musst es nur noch aufwärmen. Tut mir Leid, dass wir uns noch nicht persönlich sehen. Kuss, Ma & Pa" Und auf allein zuhause sitzen hatte ich wirklich keinen Bock! Also ging ich in den nahe gelegenen Stadtpark, wo ich mich auf eine Bank setzte. Bis jetzt hatte ich die Tränen zurückgehalten, doch dann ließ ich meinen Gefühlen freien Lauf. Ich weinte, bis ich keinen einzigen Tropfen Tränenflüssigkeit mehr in meinem Körper hatte. Dann erst schlug ich die Augen auf. Wäre mein Leben einer von diesen Liebesfilmen, würde ein Junge vor mir stehen, der mich fragen würde, wie es mir ginge, und warum ich denn weinen würde. Ich würde ihm alles erzählen, und irgendwann würden wir ein Paar werden, und bis ans Ende aller Zeiten glücklich sein. Doch leider war mein Leben kein Film, und daher wartete niemand, schon gar kein gut aussehender Junge. Stattdessen fiel mein Blick auf den Teich, und die darüber verlaufenden Brücken. Nirgendwo waren Leute zu sehen. Und als ich weiter die Brücken ansah, kam mir eine schreckliche Idee...





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