Skiurlaub und andere Katastrophen - Teil 21

Autor: blaine_chick
veröffentlicht am: 02.08.2012


Wenig später lenkte Kathy das Auto die verschneite Straße in Richtung Stadt und Bahnhof. Jake hatte, seit dem sie ins Auto gestiegen waren, kein Wort mehr von sich gegeben, Monique hingegen plapperte fröhlich vor sich hin. Über die bevorstehende Zugfahrt, wann sie wo umsteigen mussten und vor allem – und diese Bemerkungen gingen allesamt in Kathy's Richtung – was Sie und Jake die nächsten Stunden alleine so alles tun könnten. Kathy fragte sich zwar wie sich Monique das „alleine“ in einem öffentlichen Zugabteil mit lauter anderen Menschen vorstellte, hielt aber wohlweißlich den Mund. Sie grübelte immer noch über Pauls Aussage von vorhin nach. Bevor sie Ihn hatte fragen können was er denn damit gemeint hatte, war der nämlich einfach aufgestanden und auf die Terrasse zum rauchen gegangen, ohne ein weiteres Kommentar abzugeben.

Jake, derweil saß auf dem Beifahrersitz und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Kathy wurde sich seiner Nähe mal wieder schmerzlich bewusst als sie beim Schalten aus versehen seine Hand berührte, mit der er das plärrende Radio hatte ausstellen wollen. Wie von der Tarantel gestochen zog sie ihre Hand zurück und klammerte sich am Lenkrad fest. Das schon so eine kleine Berührung sie vollkommen aus der Fassung brachte, das kannte sie nicht von sich - vor allem wollte sie das auch nicht! Sie war ein Kopfmensch, der alles rational abwägte. Gefühle brachten sie nie aus dem Konzept!

Zum Glück dauerte die Fahrt nicht mehr lange und wenig später hatten sie den Bahnhof erreicht. Monique die auf der Rückbank gesessen hatte, sprang aus dem Auto und ging in Richtung Bahnhofsgebäude um schon einmal die Tickets abzuholen. Jake hingegen saß regungslos auf dem Beifahrersitz. Kathy atmete tief ein und spielte nervös mit ihren Haaren. „Hör mal Kathy,“ begann er zögernd „es tut mir wirklich Leid, ich wollte das eigentlich so nicht...“ unsicher was er sagen sollte, brach er erneut ab. „Schon gut Jake, ich habe das schon verstanden. Du musst mir nichts erklären. Just fun – no string attached. Oder wie sagt man so schön?“ Ohne es zu wollen hatte ihre Stimme etwas verbittertes an sich und Kathy hoffte das Jake es nicht merken würde. Er hatte sich ihr nun zugewendet, ihren Blick mit dem seinen gefesselt und schaute sie eindringlich an. „So einfach ist es aber nicht!“ seine Stimme klang belegt. Kathy starrte ihn durch die Dunkelheit, die um sie herrschte, an. Was sollte das denn jetzt? Langsam wurde Sie wütend. „Jake, was soll das jetzt? Erst diese ganze Geheimniskrämerei um uns – oder das was wir hatten, so als wäre es dir peinlich und du hättest was zu verstecken. Und dann als DU beschlossen hast, dass es jetzt vorbei ist, bekomme ich noch nicht mal eine Erklärung was eigentlich los ist! Andere Prioritäten und so... Ich bitte dich! Und jetzt erzählst du mir, dass es nicht so einfach ist?“ Kathy war selbst etwas erstaunt über ihren Ausbruch, doch ermutigt fuhr sie fort. „Wenn du jemand anderes hast, dann kannst du mir das ruhig sagen, ich bin groß genug um das zu verkraften. Ich finde auch ich habe es verdient, dass man mit mir offen umgeht, oder war das mit uns in deinen Augen so wenig wert? Bin ich Dir so wenig wert, dass Du mich erst verstecken musst und ich dann noch nicht mal die Wahrheit verdiene?“ endete sie schließlich bitter. Für einen Moment war es so leise im Auto, dass Kathy das Gefühl hatte die Schneeflocken bei ihrem Aufprall auf das Autodach hören zu können. „Verdammte Scheiße!“ Jakes Fluchen durchschnitt jäh die Stille. Mit einem Ruck zog er sie zu sich ran. Beide Hände umfassten kurz darauf sanft, jedoch sehr bestimmend ihr Gesicht. „Du hast ja keine Ahnung!“ Damit zog er sie an sich ran und küsste sie hart und fordernd. Kathy war im ersten Moment total perplex, doch wieder einmal war ihr Körper ihr einen Schritt voraus und reagierte in der gewohnten Art auf ihn. Sie stand sofort in Flammen, wie immer wenn Jake sie küsste. Es war fast so als hätten die Zeit der Abstinenz das Feuer nur verstärkt. Leider war der Kuss viel zu schnell wieder zu Ende und Jake zog sich einige Zentimeter von Ihr zurück den Blick fest mit dem Ihren verschränkt. „Du hast wirklich keine Ahnung!“ wiederholte er noch einmal mit belegter Stimme. „Kathy, du bedeutest mir die Welt, ... aber es ist kompliziert...“ Kathy hielt den Atem an, fast schien es so als wollte er noch was sagen, aber in diesem Moment wurde die Beifahrertür geöffnet und Moniques Kopf erschien. „Komm schon Jake, sonst verpassen wir noch den Zug. Wir sind spät dran!“ Zögernd lies Jake seine Hände fallen. Mit einem letzten Blick in ihre Richtung sammelte er seine Habseligkeiten ein und stieg aus.

Als Kathy zurück ins Haus kam war es still. Es schien fast so als wären alle anderen entweder ausgegangen oder schon im Bett. Erschöpft von dieser emotionalen Achterbahnfahrt lies sie sich am Küchentisch nieder. „Du bedeutest mir die Welt...“ was sollte das denn nun schon wieder heißen? „Es ist kompliziert...“ Dieser Kerl sprach wirklich in Rätseln. Und was los war wusste Sie immer noch nicht. In diesem Moment hörte Sie wie sich weiter hinten im Haus eine Zimmertür öffnete. „Paul bringst du mir auch was zu trinken mit?“ hörte Sie leise Ivonnes Stimme im Hintergrund. In diesem Moment erschien ein ziemlich zerwühlter Paul nur in Boxershorts gekleidet in der Küche. Kathy musste schmunzeln, es war nicht schwer zu erraten wie die beiden die letzten Stunden verbracht hatten. Kaum war die Katze – oder in diesem Fall Monique – aus dem Haus, da tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Als Paul sie da sitzen sah, hielt er inne. „Was machst du denn hier alleine im Dunkeln?“ „Ach nix, ich bin gerade nach Hause gekommen und...“ zögernd brach sie ab. Paul zog eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank und lies sich neben sie auf einen Stuhl fallen. „Was hat unser Jake denn jetzt schon wieder angestellt?“ „Wieso? Wie kommst du darauf?“ Kathy versuchte noch halbherzig so zu tun als wüsste sie nicht wissen wovon er sprach, gab dann jedoch seufzend auf. „Ach Paul, ich versteh ihn einfach nicht. Es war eigentlich alles gut zwischen uns und dann von Heute auf Morgen entscheidet er auf einmal, das es das jetzt war und ist seitdem vollkommend distanziert und unnahbar mir gegenüber. Fast so als wolle er die letzte Woche aus seinem Gedächtnis merzen, fast so als wäre es ihm unangenehm. Und wenn ich ihn dann frage was los ist erzählt er mir irgendwas von „Prioritäten setzen“ und so ein Müll.“ Jetzt sprudelte es regelrecht aus ihr heraus. „Und dann eben am Bahnhof, da sagt er mir dann Sachen wie: 'Du bedeutest mir die Welt', küsst mich und steigt dann aus um mit Monique nach Köln zu fahren. Was soll ich denn davon bitte halten?“ Paul schaute sie einen Moment lang an und Kathy war es schon fast peinlich, das sie ihr ganzes Elend gerade bei Ihm abgeladen hatte, schließlich war er einer von Jakes engsten Freunden. Dann räusperte er sich: „Du magst Ihn oder? Also ich meine du magst ihn wirklich?“ Kathy nickte. „Weiß er das?“ Wieder nickte Kathy – die unleidige Szene in der Küche, daran wollte sie sich eigentlich nicht erinnern. „Ok selbst auf die Gefahr hin dass er mir dafür den Kopf abreisst. Weisst du wo die beiden hingefahren sind?“ Irritiert sah sie ihn an. „Nach Köln.“ „Ja aber ich meine warum sie nach Köln gefahren sind?“ „Jake hat mir nur erzählt das er zu einem 'Termin' muss.“ „'Termin' Hah. Ja so kann man das wohl auch nennen.“ Paul grinste in sich herein, dann fuhr es ernst fort. „Also bei dem Termin handelt es sich um eine Art 'Sondierungsgespräch' mit seinem Anwalt wegen seinem anstehenden Prozess, in dem er angeklagt ist wegen Körperverletzung.“ In Kathys Kopf begann es zu rauschen. Jake angeklagt wegen Körperverletzung! Paul sah sie kritisch über den Tisch an. „Das wusstest du nicht?“ „Nein, davon hat er nichts erzählt... Was ist passiert?“ Paul seufzte ergeben: „Ziemlich dumme Geschichte. Ist vor ein paar Wochen passiert. Jake war mit ein paar Freunden und Marina – einem Mädchen mit der er was laufen hatte unterwegs. Ich glaube für Ihn war es nichts ernstes, Sie jedoch war ziemlich verschossen hatte zu dem Zeitpunkt auch noch nen Freund, was Jake auch gewusst hat. Nun ja, wie der Zufall es will, haben Sie ihn getroffen in der Stadt. Der Freund war natürlich nicht so begeistert davon seine "Freundin" mit Jake zu sehen und Jake hat sich dummerweise provozieren lassen. Nur leider hatte der Ex noch ein paar Freunde dabei, die sich Jake dann zwischengenommen haben und ihm die Rippenfrakturen zugefügt haben. Pablo ein Freund von Jake, der auch dabei war, hat versucht ihm zu helfen und ist eingeschritten. Leider ist er bei der Schlägerei ziemlich stark verletzt worden – mit dem Kopf auf ne Bordsteinkante geknallt - und lag danach wochenlang im Krankenhaus. Jake macht sich deswegen riesige Vorwürfe.“ Kathy nickte. Das musste der Freund sein, wegen dem Jake immer seine mysteriösen Telefonate geführt hatte. Langsam wurde ihr alles klar, jedoch: „Aber was hat Monique jetzt mit der ganze Sache zu tun?“ Irritiert schaute sie Paul an. Bis jetzt war ihr Name noch gar nicht gefallen. „Tja Monique, die war auch dabei mit Jakes Gruppe. Hat ziemlich schnell reagiert als das ganze eskalierte und die Polizei und den Krankenwagen angerufen. Das war wohl auch gut so, da es sonst wirklich brenzlig geworden wäre. Die Polizei hat dann auch erstmal alle mit aufs Revier genommen und die Anzeigen wegen Körperverletzung aufgenommen.“ Paul fuhr schmunzelnd fort. „Jakes Mutter war nicht so begeistert ihren Sohn vom Revier abzuholen mitten in der Nacht. Naja, da jetzt bei der Verhandlung Aussage gegen Aussage steht und Monique diejenige war, die die Polizei verständigt hat ist Sie als eine der Zeugin geladen. Es geht jetzt halt darum wer angefangen hat und so. Falls Sie in ihrer Aussage jedoch nicht Jakes Version der Geschichte stützt, sieht es echt schlecht für ihn aus.“ Kathy war für einen Moment ruhig, sie musste das ganze erstmal verarbeiten. Jake verwickelt in eine Schlägerei, Krankenhaus, Polizeirevier, Anzeige wegen Körperverletzung, Monique als Zeugin... „Aber das würde Monique doch nicht tun. Ich meine, wenn sie lügen würde das wäre doch ne Falschaussage. Und was hätte sie denn davon?“ Doch anstelle einer Antwort zuckte Paul mit den Schultern, stand auf und verlies mit einem letzten Blick auf Sie die Küche.

Am nächsten Morgen fühlte Kathy sich wie gerädert, sie hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zubekommen. Jakes Geschichte war ihr ständig im Kopf herumgeschwirrt. Warum hatte er ihr das nicht einfach alles erzählt? Mit ihr darüber geredet und nicht so eine Geheimniskrämerei daraus gemacht? Und was hatte das ganze eigentlich mit ihr zu tun? Wollte er ihre Affäre verstecken, weil er Angst hatte das Monique dann ihre Zeugenaussage gegen ihn verwenden würde? Aber so mies konnte doch selbst Monique nicht sein. Oder doch? Fragen über Fragen auf die sie wohl so schnell keine Antwort finden würde. Das schlimmste war jedoch, dass sich ihr Herz wohl immer noch nach ihm sehnte – falls man das so sagen konnte. Denn trotz all dieser neuer Informationen und der Erkenntnis, dass Jake ihr eigentlich nichts über sich erzählt hatte und sie sich nicht mehr sicher war, ob sie Ihn überhaupt richtig kannte – vermisste sie ihn...






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