Wenn 2 Herzschläge ganz besonders klingen, dann nur, weil sie im selben Rythmus swingen :) - Teil 3

Autor: Maggie
veröffentlicht am: 04.02.2012


Ich bedanke mich für eure Kommentare. Es freut mich so sehr, dass ihr meine Geschichte lest. Ich versuche es weiterhin spannend zu machen und euch nicht all zu lange auf neue Teile warten zu lassen. Viel Spaß beim Lesen ;)
LG Maggie

Sofort sah ich ihn an, suchte in seinem Gesicht nach vertrauten oder bekannten Zügen. Doch ich hatte ihn noch nie vorher gesehen, da war ich mir sicher, so ein Gesicht hätte ich nie vergessen. Ich fragte mich, woher er meinen Namen kannte. Er stand vor mir, war gut einen Kopf größer und sein Lächeln war eine Mischung aus dreist und charmant. Ich war völlig perplex und auch irgendwie von seiner Ausstrahlung geblendet, Gott sei Dank half mir Kim aus der Starre. Sie fragte ihn in einem lässigen Ton: „Und du bist...?“ Er wandte sich ihr zu, ich starrte ihn immer noch an. Ja, er war tätowiert – und das war verdammt heiß. Er trug eine Jeans und in schlichtes schwarzes Shirt, enganliegend und muskelbetonend. Seine Arme waren übersät mit Schriftzügen, bunten Bildchen und irgendwelchen Zeichen. Alles passte perfekt zusammen. Ich entdeckte einen Koi an seinem Unterarm – ich stand auf Kois. Ein Schriftzug zog sich über seinen kompletten Oberarm und endete am Hals, kurz unterm Ohr. Es verlieh ihm einen finsteren Touch, gangsterhaft, der Bad Boy. Auch er hatte Plugs in den Ohren, runde große Ringe. Er hatte sehr kurzes schwarzes Haar und war ziemlich braun. Sein Gesicht hatte angenehme Züge, die dunklen Augen waren fast leuchtend, sein Blick war so intensiv, dass ich ihm nicht lange stand halten konnte. Er war einfach nur verdammt sexy, das Gesamtpaket stimmte...aber eigentlich doch gar nicht mein Typ. Ich wartete auf seine Antwort. Seine Augen wanderten von Kim wieder zu mir, er sah mich durchdringend an, mir blieb fast das Herz stehen. Er sagte: „Ich bin Jesse. Tut mir leid, dass ich dich hier einfach so anquatsche, aber ich konnt nicht anders.“ Eigentlich erwartet man bei solchen Worte ein verlegenes Grinsen, doch er sah mich eher herausfordernd an. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste dümmlich fragen: „Und woher kennst du meinen Namen?“ Er lachte, ein tiefer kehliger Ton, der mir auf Anhieb gefiel. Hilflos sah ich Kim an, die zuckte auch nur mit den Schultern. Als er sich wieder beruhigt hatte, begann er zu erklären und mich überlief von oben bis unten eine Gänsehaut. „Ich war mir anfangs nicht sicher, ob du es wirklich bist, es wäre ein verdammt krasser Zufall. Aber du bist es, nicht zu fassen, dass ich dich mal live sehe!“ Ich hatte keine Ahnung wovon er redete und sah ihn nur total verwundert an. Er fuhr fort „Ich habe dein Gesicht die letzten Jahre schon mehr als tausend mal gesehen. Jeden Tag bin ich an deinem Bild vorbei gelaufen.“ Mein Bild? Ich kapierte immer noch Nichts. Hilflos sah ich zu Kim, diese schüttelte auch nur verständnislos mit dem Kopf. Ich sah ihn mit fragenden Augen an, er strahlte über das ganze Gesicht und sagte „Mein Gott, deine Augen! Die sind ja wirklich noch riesiger als auf dem Bild. Oh Man! Tut mir leid, du musst bestimmt denken ich bin verrückt!“ Mir ging da so was ganz Ähnliches tatsächlich durch den Kopf. Er schien sich unglaublich darüber zu freuen mich zu sehen, das verwirrte mich noch mehr. Das Lächeln stand ihm wahnsinnig gut, mir tat es sogar ein bisschen Leid, dass ich ihn ausbremsen musste, ich fragte skeptisch „Warum zum Teufel hast du ein Bild von mir und siehst dir das jahrelang an? Das ist doch krank!“ Er lachte wieder, oh, ich mochte sein Lachen, und antwortete „Nein. Nicht ich hab das Bild von dir, mein ehemaliger Mitbewohner. Sagt dir der Name Tom Henning was?“

Mir mussten sämtliche Gesichtszüge entglitten sein. Mit einem Mal schlug mein Herz wie wild und ich schnappte nach Luft. Tom?!? Mein Tom? Ich stotterte nur ein „Ja...natürlich...“ zur Antwort. Kim sah mich besorgt an „Süße, alles ok? Wer ist denn Tom Henning?“ Nein, nichts war okey. Ich hatte es erfolgreich geschafft Tom jahrelang aus meiner Welt zu verdrängen, zusammen mit Lexie und all den Erinnerungen. Jetzt stand hier nen super heißer Typ und konfrontierte mich mit der Tatsache, dass Tom (natürlich) noch existierte, sein Leben auch weiter gelebt hatte und parallel irgendwo auch grad war. Mir wurde ganz heiß.
Ich ignorierte Kim und wandte mich an diesen Jesse. Ich hatte tausend Fragen im Kopf, wollte so viel wissen, stellte aber trotzdem nur die Eine: „Tom hatte jahrelang ein Foto von mir in seiner WG hängen?“ Er nickte „Ja, von dir, seiner Schwester und ihm. Er hat mir aber nie etwas über dich oder seine Schwester erzählt. Nur eure Namen hat er mir verraten. Hast du eigentlich eine Ahnung wie merkwürdig es ist, eine Person zu treffen, die man jahrelang nur von einem Bild kennt? Das ist so verrückt. Du bist mir so vertraut irgendwie. Ich werd nicht drüber fertig...!“ Das glaubte ich ihm, doch ich hatte nur wenig Aufmerksamkeit für seine Gefühlslage. In meinem Kopf spuckte nur ein einziger Gedanke: Tom, Tom, Tom....
Tom Henning, der große Bruder meiner besten Freundin, war für mich erst Ersatzbruder, dann bester Freund und zum Schluss meine große heimliche Liebe. Da ich als Einzelkind aufwuchs beneidete ich Lexie immer um ihn. Tom war 2 Jahre älter als wir, hatte wie Lexie hellblonde Haare und trug diese stets nach dem neuesten Trend. Er hatte gletscherblaue Augen, einen tollen Humor und war der Mädchenschwarm der Schule. Trotzdem hing er am liebsten mit mir und seiner Schwester rum. Ich erinnerte mich an endlos lange Nächte, in denen ich mit den Beiden einfach nur in Toms Zimmer auf dem Sofa gelegen und geredet hatte, über alles hatten wir gesprochen, nur nicht über die fast schon offensichtliche Tatsache, dass ich mich in ihn verliebt hatte.
Kein Junge stand mir je so nah, kein männliches Wesen kannte mich so gut und ich wollte nie einen Anderen. Für mich und Lexie war schon im Kindergarten klar, dass ich später mal ihren Bruder heiraten würde. Doch er sah mich nur als eine Art kleine Schwester.
Ab und an flirtete er mit mir, machte mir Komplimente, umarmte mich einfach so – mir brach es jedes Mal das Herz. Lexie wusste natürlich um meine Gefühle, konnte mir aber auch nicht helfen und versuchte mich abzulenken. Nach ihrem Tod hatte ich ihn das letzte Mal auf ihrer Beerdigung gesehen. Wir gaben uns beide die Schuld und konnten uns nicht in die Augen sehen. Lexies Tod veränderte Alles. Ich habe die Monate danach wie ein Zombie gelebt. Erst mit meinem Umzug nach Köln begann ich wieder aufzutauen, ich suchte mir eine Psychotherapeutin, neue Freunde, ein neues Leben – Tom war Geschichte, dachte ich zumindest.
Kim riss mich aus meiner traurigen Erinnerung „Maya!? Hallo? Alles gut?“ Ich riss mich zusammen, lächelte sie an und nickte. Dann sah ich zu Jesse, dem Menschen, welcher mit „meinem“ Tom die letzten Jahre gelebt hatte. Ich wollte alles wissen, wusste aber, dass hier nicht der richtige Ort für so ein Gespräch war, nicht neben Kim, die eh schon zu viel gehört hatte. Ich sagte zu ihm „Ich glaube wir müssen uns mal unterhalten. Was hast du heute noch vor?“ Er freute sich offensichtlich und antwortete „Ich bin mit ein paar Freunden hier. Wir können gerne ein bisschen quatschen. Endlich lerne ich dich kennen, das ist Wahnsinn!“ Ich fand es eher Wahnsinn, dass so ein ausgesprochen gut aussehender, absolut außerhalb meiner Reichweite stehender Typ sich so so über ein Gespräch mit mir freute. Ganz ehrlich, diese tätowierten Macho-Oberhammer-Kunden waren doch meistens ziemlich eingebildet und für normale Frauen unerreichbar. Dieser Jesse konnte locker ein Model sein, mit seinen perfekten Gesichtszügen und diesen Augen. Ich fühlte mich noch immer ziemlich eingeschüchtert, war aber zu neugierig auf das, was er mir über Tom zu sagen hatte. Ich wich Kims Blick aus, ging an ihr vorbei und bedeutete Jesse mir zu folgen.
Kim hielt mich am Arm fest und flüsterte mir ins Ohr „Süße, du bist mir eine Erklärung schuldig! Was hat dieser Typ grad für einen Irrsinn geredet? Ich blick nicht durch!“ Ich zischte zurück „Das erkläre ich dir später, versprochen!“ Sie sah mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich ging weiter, wir betraten die Bar und ich hielt sofort Ausschau nach einem ruhigen und freien Plätzchen. Im vorderen Bereich war nichts mehr frei, also ging ich weiter nach Hinten, vorbei an unserem Stammtisch. Erik war, wie immer, mit seinem iPhone beschäftigt, Luca sah uns und lächelte. „Wo wart ihr denn so lange? Maya, ich hätte dich grad als Flirthilfe benötigt, Man! Da vorne sitzt eine heiße Braut...du müsstest dich nur mal kurz auf meinen Schoß setzen und so tun...“ Ich würgte ihn barsch ab, nach seinem blöden Spielchen stand mir nicht der Sinn „Spar dir den Mist Luca!“ Ich sah ihn finster an, er verwundert zurück, sein Blick blieb bei Jesse hängen, der hinter mir stand. Ich hatte keine Lust für Erklärungen und noch weniger wollte ich einen auf höflich machen und Irgendjemanden einander vorstellen. Ich drehte mich um und ging schnurstracks zum nächsten freien Tisch, Jesse folgte mir und ich spürte bohrende Blicke in meinem Rücken. Doch als ich mich setzte und einen kurzen Blick zurück warf, war es nicht wie erwartet Luca, der beleidigt zu uns rüber sah, es war Eriks Miene, die ich nicht deuten konnte. Eine Mischung aus Erstaunen, Ablehnung und Resignation. Das verwirrte mich, aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Ich brannte auf Informationen über Tom, auch wenn ich mir mein gieriges Interesse nicht eingestehen wollte.
Doch schon nach kurzer Zeit stellte sich raus, dass Jesse mehr Ambitionen dafür hatte, ausschließlich über mich zu sprechen, anstatt mir irgendwelche Details über das Leben seines ehemaligen Mitbewohners zu verraten. Er rückte nur spärliche und allgemeine Informationen raus und beantwortete meine Fragen ständig mit Gegenfragen über mich. Tom hatte sein Studium beendet und arbeitete jetzt selbständig, als was arbeitete ich? Er hatte eine IT-Firma, seid wann hatte ich mein Studium abgeschlossen? Ja, die Firma liefe gut, was würde ich so in meiner Freizeit machen?
Ich beantwortete seine entnervenden Fragen ebenso spärlich, irgendwie redeten wir völlig aneinander vorbei.
Betretenes Schweigen trat nach kurzer Zeit ein und ich dachte über die paar Informationsbrocken nach, die mir Jesse hin geschmissen hatte. Dass Tom mit seinem Studium längst fertig sein müsste, war mir bewusst. Er hatte sein Abi 2 Jahre vor mir gemacht und ist an eine Uni in der Nähe unseres Heimatdorfes gegangen. So konnte er jeden Tag hin- und her pendeln. Er wollte nie weg von seinen Freunden, den Partys und seinem ehemaligen Leben, auch wenn er dazu das Zeug gehabt hatte, er war verdammt ehrgeizig und schlau, doch sein Lebensstil erlaubte ihm keine Karriere fern ab seiner Heimat. Er studierte irgendwas mit Betriebswirtschaft und Informatik. Damals hatte ihn seine Studienrichtung gelangweilt, jetzt hatte er es zur Berufung gemacht – was für ein Sinneswandel. Jesse hatte außerdem erzählt, dass er mit ihm zusammen in Kassel gewohnt hatte. Ich hatte nur am Rande damals mitbekommen, dass Tom sein Elternhaus verlassen und in seine Unistadt gezogen war. Nun wohnte er direkt in der Innenstadt und hatte eine eigene Wohnung – so wie ich. Ich dachte daran, dass es ihm vielleicht ähnlich ergangen war. Dass ihn das WG-Leben zu unstet und intim wurde, dass er vielleicht auch nur ungern sein Privatleben preis gab und so gut wie nie über seine Vergangenheit sprach. Dass er Jesse , wahrscheinlich einem ziemlich guten Freund und Mitbewohner, nur meinen und Lexies Namen verraten hatte, sprach für die selbe Verschlossenheit und Verdrängung, die ich selbst durch machte. Nur dass ich kein Bild von ihm auf gehangen hatte, ich besaß nicht mal mehr eins, es hätte zu sehr geschmerzt.
Jesse unterbrach meine Gedanken: „In was für einer Beziehung standest du denn eigentlich zu Tom?“
„Er war der große Bruder meiner besten Freundin.“ antwortete ich knapp. „Hat er dir denn nie etwas über mich erzählt?“ Ich hörte in meiner Stimme etwas verletzliches, das wollte ich nicht, ich setzte eine desinteressierte Miene auf.
„Nein, Nie. Nur deinen Namen. Weißt du Maya, ich habe mir das Bild oft und lange angesehen. Irgendwas faszinierte mich an der Aufnahme. Jetzt weiß ich, dass du es warst. Du bist bezaubernd.“
Ich schaute ihn verdutzt an. Hatte er das eben wirklich gesagt? Ich dachte er würde gleich abhauen, unsere Unterhaltung war alles andere als fesselnd und mir schien es, als wären wir absolut nicht auf einer Wellenlänge. Doch er musste es anders empfunden haben. Ein verlegenes „Danke“ war das Einzige, was aus mir raus kam. Sein Aussehen schüchterte mich noch immer ein, ich war nur kurzzeitig von meiner Informationsgier abgelenkt gewesen. Drinnen, in dem gedämmten Licht, wirkten seine Augen noch schöner. Ich erkannte, dass sie mittig ganz dunkelbraun waren und nach außen hin ins grüne übergingen. Einzigartig, dunkel, ungewöhnlich, mal nicht eisblau und schon so gar nicht wie Toms. Und ich beschloss für den Moment, Tom Tom sein zu lassen. Er war Geschichte , adè, passè...eine Erinnerung. Ich trank einen großen Schluck aus meinem Glas und beschloss die Aufmerksamkeit dieses hübschen Typens zu genießen, so lange er noch von seiner Bildfantasie gefangen und von der vertrauten Fremden fasziniert war. Ich lächelte ihn an. Er lächelte zurück und ich musste mir eingestehen, dass er es wirklich schaffte, mir ein Kribbeln in der Bauchnabelgegend zu entlocken. Das hatte ich lange nicht mehr gehabt und es fühlte sich gut an. Ich wollte jetzt etwas über ihn erfahren.
„Was verschlägt dich eigentlich nach Köln?“
„Das könnte ich dich genau so fragen, immerhin wohne ich hier schon seit fast 2 Jahren!“
Ich sah ihn erstaunt an „Na dann war es ja nur noch eine Frage der Zeit, dass wir uns begegnen würden.“
„Ja, hätte ich gewusst, dass du hier wohnst, hätte ich mich schon längst auf die Suche nach dir gemacht. Tom wusste doch sicher, dass du hier lebst. Er hätte doch das wenigstens mal erwähnen können, als wir unsere WG aufgelöst haben und ich ihm meinen Entschluss nach Köln zu ziehen mitgeteilt habe!“ Er schüttelte verärgert den Kopf. Ich wollte es wirklich nicht wissen, aber die Frage brannte mir auf der Zunge und der Alkohol unterband mein Zögern.
„Wieso habt ihr die WG denn aufgelöst?“
Er sah mich nachdenklich an, lies mich eine gefühlte Ewigkeit auf die Antwort warten und zerstörte im nächsten Moment meine Kindheitsträume „Weil Tom mit seiner Verlobten zusammen ziehen wollte.“





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