Darf ich bitten?

Autor: Klaus, der Urvampir
veröffentlicht am: 10.01.2012


Eine Kurzgeschichte, die ich mal eben so runtergeschrieben habe :) Viel Spaß damit!



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Als die Tangomusik einsetzte, ging ein Ruck durch die Halle. Ausnahmslos jeder erhob sich, um auf die Tanzfläche zu rennen.
Nur sie blieb sitzen. Traurig sah sie den anderen Paaren zu. Ihre Freundinnen amüsierten sich ganz offensichtlich sehr. Sie wäre auch gern dabei gewesen, doch was konnte sie tun? Mit sich selbst tanzen? Nein danke.
Ein Schatten versperrte ihr die Sicht. Ärgerlich hob sie den Blick.
Sie wollte schon losschimpfen, da sah sie ihn. Ihr stockte der Atem.
Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf - und sie kamen alle auf einmal.
Wieso war er hier? Was sollte der Aufzug? Seit wann besaß er ein Jackett, seit wann ein strahlend weißes Hemd? Und vor allen Dingen: Warum sah er so verdammt gut aus?!
Sie wollte etwas zu ihm sagen, ihm all die Fragen stellen, doch sie konnte nicht. Sie fühlte sich ohnmächtig und leer. Jeder einzelne Atemzug klang laut und schwer. Zumindest kam es ihr so vor.
Sein Gesichtsausdruck war so neutral wie nur irgendwie möglich. Sie konnte beim besten Willen nicht erraten, warum er gekommen war.
Langsam, aber dennoch mit einer festen und endgültigen Sicherheit streckte er die Hand nach ihr aus. Wollte er etwa tanzen? Nein, wohl kaum. Er konnte nicht tanzen. Das wusste sie todsicher. Es musste etwas anderes sein. Sie war vollkommen überfordert mit der Situation. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte.
Warum zog er nicht endlich die Hand zurück?
Ein ungeduldiges Zucken durchfuhr seinen Körper.
Wieso sagte er denn nichts?
Sie konnte nichts tun, sie starrte ununterbrochen in seine großen, runden Augen.
So verharrten sie noch einige Sekunden, dann fasste er neuen Mut und griff unsanft nach ihrer Hand.
Sie war zu geschockt, als dass sie sich hätte wehren können. Sie ging einfach mit ihm. Er führte sie zu den anderen tanzenden Paaren und zog sie vor sich. Er hob den Arm mit der gefassten Hand ein wenig an, die andere legte er vorsichtig und behutsam, aber auch bedacht und geübt auf ihren Rücken, ein Stück oberhalb der Hüfte.
Wie automatisch und in Trance legte sie ihre freie Hand auf seine rechte Schulter.
Ruckartig zog er sich ein Stück näher an sich heran, so nah, dass sich ihre Nasenspitzen kurz berührten, doch es fühlte sich nicht unangenehm an, sondern sogar schon fast richtig.
Sie stutzte. Richtig. Das war es. Wie selten hatte sich jemals etwas so richtig angefühlt. Hatte es das überhaupt schon einmal? Sie konnte sich nicht erinnern.
Sicher machte er den ersten Schritt. Er führte gut. Nein. Besser als gut.
Wo hatte er das bloß gelernt? Das hätte sie ihm niemals zugetraut.
Er wirbelte sie herum und tanzte Figuren, von denen sie nicht einmal wusste, dass sie existierten. Es machte keinen Unterschied. Er schleuderte sie so geschickt und bedacht durch den Raum, dass ihre Füße ganz allein die richtigen Schritte fanden.
Plötzlich hielt er inne und bog sie langsam über den rechten Arm. Ihr Rücken formte sich zu einem Hohlkreuz und sie kam dem Boden in rasender Geschwindigkeit näher. Sie kniff die Augen zusammen und wollte die Angst spüren, doch da war keine. Sie hatte zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, dass er sie nicht fallen lassen würde.
Mit einem Ruck beförderte er sie zurück in die Senkrechte und sah ihr tief in die Augen.







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