Till the End of Abyss - Teil 2

Autor: Noa
veröffentlicht am: 30.11.2011


Zweites Kapitel

Elaine streckte immer wieder ihre Hand und ballte sie dann wieder zu Fäusten. Sie schwitzte nun noch mehr als die Zirkustalente und ihr wurde bei der kleinsten Anspannung schlecht. Sie atmete ständig stark ein und aus, als ob sie keine Luft bekäme.
„Meine Damen und Herren, hier ist Noel der Zauberer!“, rief der alte Mann und Noel trat erneut hervor. Elaine musste kräftig husten, da sie gleichzeitig schlucken und lachen wollte. Ein Zauberer? Etwas Besseres fiel denen nicht ein? Noel der Zauberer, dachte sich Elaine und rollte die Augen hoch. Die Menge klatschte laut und sie dachte an lehreiche Tricks und großartige Auftritte.
Hinter Noel stellten sie einen Schrank auf mit zwei Türen. Er öffnete ihn und ging einmal um ihn herum um deutlich zu machen, das man ihn von allen Seiten beobachten konnte und keine Tricks dahinter stecken. Danach schaute er in die Menge und zeigte mit dem Finger auf Elaine. Sie erschrak schauspielerisch und hielt ihre Hand dem Scheinwerfer entgegen, als der auf sie geleuchtet wurde. Komplett nervös und aufgeregt betrat sie die Bühne und musste sich vor den Schrank stellen.
„Ich werde nun diese Person von der einen Schrankseite in die andere teleportieren. Das nur in drei Sekunden.“, kündigte er den Trick an.
„Ich werde die Zeit stoppen.“, rief der alte Mann und hielt eine Stoppuhr hoch.
Aber als Elaine in den Schrank stieg und er die Tür schließen wollte, geriet er in eine erschrockene Starre. Verdutzt blickte sie ihn an und er rührte sich kein bisschen. Was war passiert?
„Noel, was ist los?“, fragte sie ihn panisch, aber er reagierte nicht. Nach wenigen Sekunden, als sie kurz davor war ihn wach zu schütteln, blickte er sie musternd an. Seine ernste Mimik gefiel ihr nicht. Sie bekam Angst und stieg noch weiter in den Schrank hinein.
„Wer bist du?“, fragte er sie mit kalter Stimme, als würde sie eine Art Gefahr darstellen. Verdutzt blickte sie ihn ängstlich an und machte allein die Schranktür zu. Aber dann drehte er sich zu den Zuschauern um.
„Es tut mir leid, liebe Gäste, aber ich kann den Trick leider nicht durchführen. Meine Assistentin leidet höchstwahrscheinlich an Platzangst.“, rief er und das war eine dicke Lüge. Wieso sagte er so etwas? Elaine war kern gesund und sie fuhr sogar manchmal gern in engen Bussen mit. Sie verstand den Typen überhaupt nicht und nun kam er ihr seltsam vor.
„Ich bräuchte deshalb einen neuen Assistenten.“
Es hoben einige die Arme hoch und Elaine kam aus dem Schrank heraus. Sie wollte so oder so nicht den Trick mitmachen und sollte eigentlich ganz froh darüber sein, aber sie konnte nicht. Wieso belog er die Gäste und wollte, dass sie davor seine Assistentin sei? Wozu der Deal und diese komische Frage die er ihr im Schrank stellte. Elaine wurde unfassbar neugierig.
Sie wollte Mia an der Hand packen und mit ihr wieder auf ihren Platz verschwinden, aber sie riss sich los und rannte in den Schrank.
„Ich bin Assistentin.“, rief sie und grinste verlegen.
„Mia!“, rief Elaine wütend und Noel drehte sich zu der Kleinen um.
„Tut mir leid, Kleines, aber das geht leider nicht.“
„Ich will aber!“, rief sie stur und setzte sich in den Schrank hinein. Noel warf Elaine einen um Erlaubnis bittenden Blick zu und sie nickte seufzend. Wenn Mia Assistent sein möchte, dann soll sie es doch machen, dachte sich Elaine verärgert und begab sich auf ihren Platz zurück.
„Also gut, Mia. Aber wenn was ist musst du ganz laut schreien, ja?“, warnte er sie vor und Mia nickte eifrig.
Der alte Mann knurrte Noel aus der Ferne an, als würde er dadurch einen schweren Fehler begehen und aufmerksam blickte Elaine ihm zu.
Er schloss vorsichtig die Schranktür und noch jetzt hörte man Mias kindliches Kichern. Noel hob einen Arm hoch und tat so, als würde er tatsächlich zaubern. Aber sein Gesicht verriet ihr, das er etwas sehr geheimnisvolles vergab, denn auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen. Zum ersten Mal in dieser Show konzentrierte er sich auf seine Arbeit, als würde er wirklich zaubern können und es würde ihn eine Menge Kraft kosten. Elaine konnte nicht die Augen von ihm lassen. Was machte er da? Hoffentlich passierte Mia nichts, denn sie war so still plötzlich. Der alte Mann drückte auf die Stoppuhr und es waren nicht einmal drei Sekunden, da schrie Noel stoppend auf. Er öffnete die andere Schranktür und Mia kam hüpfend heraus gesprungen. Sie schaute sich prüfend um und schaute dann Noel an.
„Ich war doch auf der anderen Seite.“, merkte sie und lief zur anderen Tür hin. Sie öffnete sie und kratzte sich fragend am Kopf.
„Du bist wirklich ein Zauberer!“, gab sie grinsend von sich und die Menge musste lachen. Anschließend klatschten alle und Mia setzte sich wieder auf Elaines Schoß.
„Da war so ein schöner Wasserfall.“, murmelte sie und war plötzlich so vollkommen glücklich.
„Was redest du da?“, fragte Elaine lachend und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Von der Wiese und dem Wasserfall. Das Gras war ganz weich und es roch so schön nach Blumen. Es waren weiße Lilien.“
Sie ignorierte einfach ihre Fantasiegänge und wandte sich wieder zur Show. Noel führte danach noch vereinzelte anderen Tricks vor, wozu man keinen Assistenten brauchte. Nach der Show stellten sich beide an, um die Ponys reiten zu dürfen. Elaine kaufte drei Karten – absichtlich – um sich diesen Schrank näher anzuschauen, der nun hinter der Bühne stand. Ihr war das Geld plötzlich egal, denn die Neugierde musste gestillt werden. Obwohl die Gedankengänge ihrer kleinen Schwester keine Bedeutung für Elaine hatten, kam sie ins Grübeln. Was hatte sie bloß damit gemeint? Vielleicht hing ja ein Bild darin, worauf ein Wasserfall und eine Wiese zu sehen war. Aber woher dann der Duft. Elaine wurde aus ihren Gedanken gerissen, als der Mann ihr eine Hand entgegen streckte um die Karten zu nehmen.
„Drei Runden?“, fragte er und sie nickte. Mia wurde aufs Pferd gehoben und Elaine verschwand unbemerkt. Sie nahm wieder den Weg unter der Tribüne und hielt sich geduckt. Sie schaute vorsichtig hinter den Vorhang und schlich dann hinein. Die Tiere fauchten, grunzten und bellten, als sie den Raum betrat. Sie kam zu einem weiteren Vorhang und da entdeckte sie die einzelnen Umkleideräume der Artisten. Leise schlich sie sich zum Abstellraum und hüpfte zum Schrank. Sie nahm ihn ganz genau unter die Lupe und untersuchte ihn von innen nach außen. Nichts zu finden, der Schrank war genauso normal wie ihrer. Es gab keine zweite Kammer, keine Hintertür, nichts. Eliane konnte es nicht glauben. Wie hatte er das bloß hinbekommen und von einem Wasserfall und einer Wiese war ebenfalls nichts zu sehen. Verwirrt schloss sie wieder die Tür und schaute sich weiter hin die anderen Sachen an. Die anderen kleinen Tricks die jeder lernen konnte, waren gezinkt, wie Würfel oder auch Karten. Nur dieser Schrank war so normal wie jedes andere Möbelstück. Elaine verdrehte es beinahe den Kopf.
Doch nach wenigen Sekunden hörte sie schon Stimmen hinter der Zeltwand erklingen. Sie kamen immer näher. Panisch huschte sie hinter die ganzen aufgestauten Möbelstücke und setzte sich hinter ein kaputtes Sofa.
Da betraten zwei bekannte Männer den Raum. Sie befanden sich in einer heftigen Auseinandersetzung.
„Ich bin dein Vater und befehle es dir!“, schrie der alte Mann, der die Ansagen bei der Show machte.
„Dad, mal ehrlich…“, ertönte eine ruhige und gelassene Stimme. Noel.
„Du musst endlich aufhören deine Fähigkeiten so naiv zu verwenden. Das Mädchen hätte sonst was ausplaudern können. Wann lernst du das endlich?“, brüllte sein Vater.
„Ich bitte dich. Sie ist grad mal vier oder fünf Jahre alt. Als würden ihre Eltern so etwas glauben. Außerdem hatte mir jeder die Show abgekauft. Du kannst wieder runter kommen.“
Der alte Mann seufzte gestresst und atmete tief aus.
Elaine wagte einen unbemerkten Blick über die Couch und schaute durch ein Holzgatter hindurch, das vor ihr lag.
„Ich habe diesen Zirkus Jahre lang beschützt und möchte das auch nicht mein Sohn in Gefahr gerät. Wenn die Sucher dich finden, dann ist es aus mit dir, also hör endlich damit auf!“, brüllte er zum Schluss und wollte den Raum verlassen, als Noel etwas spürte.
„Was hast du?“, fragte er verdutzt.
„Wir sind nicht allein.“, bemerkte Noel und blickte auch noch in ihre Richtung. Voller Angst duckte Elaine sich und verschwand unter der Zeltwand. Sie rannte so schnell sie konnte an den Umkleiden vorbei, zu den Tieren, durch den Vorhang und nahm erst am Ende der Tribünen Luft. Das Gespräch war mehr als merkwürdig. Elaine durchfuhr eine Gänsehaut, als sie bei den Ponys wieder ankam. Sie blickte prüfend um sich, als hätte sie das Gefühl verfolgt zu werden, aber keine folgte ihren Spuren. Seufzend wartete sie auf Mia und nahm sie wieder bei der Hand.
„Danke, Elli.“, bedankte sie sich freundlich bei ihr.
Elaine nickte und beide verließen das riesige Zelt. Als sie sich noch einmal umdrehte, da sie schon wieder ein Gefühl hatte verfolgt zu werden, entdeckte sie Noel, der angelehnt zu ihr stand. Er starrte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an und wirkte sehr misstrauisch. Er wusste, dass sie es war. Ängstlich umklammerte sie noch fester Mias Hand und legte einen Gang zu. Fast jede Sekunde drehte sie sich zu ihm um und irgendwann war er einfach nicht mehr da. Sie seufzte erleichtert, als sie den Zirkus nicht mehr sah. Zu Hause erwartete ihre Mutter sie. Sie nahm Mia freudig in den Arm und fragte wie die Vorstellung gewesen war und drehte sich dann zu Elaine um.
„Es ist halb elf, junge Dame!“, schrie sie dann auf.
„Na und?“, meldete sie sich schulterzuckend.
„Mia muss ins Bett gehen und abgemacht war neun Uhr.“, brüllte sie wie ein wildes Tier los, aber Elaine ließ das eiskalt. Sie war es mittlerweile gewöhnt so angeschrien zu werden, obwohl sie nichts dafür konnte. Ohne weitere Worte an ihre Mutter zu verschwenden, torkelte sie die Stufen hinauf. Oben legte sie sich schlaffertig ins Bett und schlug ihre Lider nach wenigen Minuten nieder.






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