Liebe und Intrigen

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 10.09.2011


Die Feier lief in vollem Gange und die Gäste amüsierten sich prächtig in dem prunkvollen Tanzsaal, der nicht weniger prächtigen Villa. Die Kronleuchter warfen ein schwaches, angenehmes Licht auf die Gesellschaft und die eingeladenen Gäste hatten, um den hohen Gastgeber zu ehren und um hauptsächlich gesehen zu werden, ihre besten Abendkleider an. An keiner Ecke fehlte es an etwas. Der Gastgeber selbst saß im engsten Kreis seiner Familie- etwa zwanzig Leute- in einem abgelegenen Raum. Nicht gerade die freundlichste Art, seine Gäste zu behandeln, aber er hielt es nicht für nötig, diesen Schmarotzern auch noch Grund zu geben, ihn mit ihren belanglosen, wichtigtuerischen Worten zu langweilen. Immerhin war er Sir Steven Sanders, der einzige Mann blauen Blutes in der Stadt war und dazu noch reich. Außerdem wollte er um keinen Preis den Auftritt des, von seiner Tochter eingeladenen Magiers verpassen.
So saß er nun mit den zahlreichen Cousinen und Cousins seiner einzigen Tochter- einer verwöhnten jungen Frau von einundzwanzig Jahren, er selbst war neunundfünfzig- um und vor dem kleinen runden Tisch, den der Magier selbst mitgebracht hatte. Er gehörte wohl zu seinen üblichen Showutensilien. In diesem Moment schauten alle wie gebannt auf den Teelöffel auf dem Tisch. Er war der einzige Gegenstand darauf, und es sah durchaus etwas seltsam aus, wie die ganze Gesellschaft darauf starrte. Doch das hatte einen Grund, denn plötzlich bewegte sich der Löffel wie von Geisterhand und schlitterte einige Zentimeter über den Tisch, dann wieder zurück. Der Magier, ein Mann mittleren Alters mit schwarzem Schnurrbart, spannte theatralisch die Arme über den Tisch, um dem ohnehin schon unheimlichen Geschehen noch seinen persönlichen Tick zu geben. Als der Löffel, anscheinend auf seine lächerlich aussehenden Armbewegungen reagierend, sich tatsächlich bewegte, ging ein erstauntes Raunen durch die offensichtlich naive Versammlung. Lediglich ein Mann blieb ruhig in seinem Sessel zurückgelehnt. Seine schwarzen zurückliegenden Haare glänzten im schwachen Licht (dieses sollte dem magischen Auftritt des Amateur- Zauberers etwas Mystisches geben) und seine dunklen Augen verfolgten das Geschehen leicht belustigt. Er war noch recht jung, durchaus als gutaussehend zu bezeichnen, und das schwarze Haar sowie die geheimnisvollen dunklen Augen gaben ihm einen Tick von Verwegenheit. Er hieß David und er sagte absichtlich nichts zu dem fragwürdigen Auftritt um die gute Stimmung nicht zu zerstören.
„Unglaublich!“, hauchte jemand, der Vorstellung des sich von Geisterhand bewegenden Löffels zuschauend. Weitere Ausrufe folgten.
„Fantastisch!“
„Unfassbar!“
„Wie macht er das bloß?“
Der Zauberer sah mit diebischer Zufriedenheit, dass er die Leute in seinen Bann zog. Selbst als sie unter den Tisch schauten, um nach einen möglichen Betrug zu entlarven, fanden sie nichts. Sir Sanders wandte sich aufgeregt an den jungen Mann. David war der Freund seiner Cousine dritten Grades, also nicht mit ihm verwandt. Doch er war Sir Sanders Lieblings – Nichtverwandter der Anwesenden, die allesamt so anbiedernd und unterwürfig waren, alle nur auf sein Erbe aus.
„Wie kannst du nur so ruhig da sitzen?“, fragte er David nun verständnislos. „Während ein solches Kunststück vollführt wird.“
Doch David lächelte nur und sagte nichts.
Da ging die Tür auf und eine Frau trat unauffällig ein. David kannte die junge Frau mit den tiefgrünen Augen und den schwarzen lockigen Haaren nur vom Hörensagen. Sie war die Nichte des Sirs und lebte hier in der Villa. Ihre Eltern starben bei einem Autounfall als sie vier Jahre alt war. Seitdem kümmerte sich ihr alter Onkel um sie. Sie war einen Monat älter als Laureen, die Tochter Sir Stevens. Prompt sprang Sir Steven Sanders etwas ungalant auf.
„Amber, meine Liebe, schau dir das an! Dieser Mann ist ein Zauberer!“ Er deutete auf den Löffel und den Tisch. Die junge Frau ging langsam durch das geschmackvoll eingerichtete Zimmer und musterte eindringlich den Mann mit dem Schnäuzer.
„Ein Zauberer, was?“, fragte sie und ging neben dem kleinen Tisch in die Hocke. Keiner bemerkte es, doch auf der Stirn des Magiers bildeten sich kleine Schweißperlen. Amber nahm sich ein Messer vom Tisch und bevor jemand etwas sagen konnte, rammte sie es kraftvoll in die Unterseite des Tisches unmittelbar vor dem Magier. Dieser zuckte nur zusammen und schaute hektisch hin und her. Die anderen hingegen erschreckten sich gehörig. „Was tust du da?“, fragte Sir Sanders seine Nichte vorwurfsvoll. Allein David blieb ruhig sitzen, ein winziges Lächeln huschte über sein Gesicht. Amber riss einige Holzteile aus der Unterseite, dann verschwand ihr Arm unter dem Tisch. Die Anwesenden wunderten sich sehr über das Verhalten der jungen Frau. Nach einer Weile stand Amber wieder auf und hielt einen kleinen, aber anscheinend starken Magnet hoch. „Wie schade, dass ich ein so gutes Gespür für Betrüger habe“, sagte sie mit einem spöttischen Grinsen.
Empörung machte sich breit, der Betrüger wurde immer kleiner und kleiner in seinem Stuhl. Sir Steven Sanders warf dem ihm einen vernichtenden Blick zu und wandte sich dann an seine Nichte. „Wie hast du das nur bemerkt?“
Amber winkte ab. „Ein doppelter Boden. Ein ganz alter Trick, für die die meisten Hochstapler Geld verlangen.“ Nachdem sie den entlarvten Zauberer gewinnend angelächelt hatte, kreuzte sich ihr Blick mit David. Sie sah den jungen Mann lange an, und er schaute zurück. Sie kannte ihn nicht. Das war nichts Verwunderliches, Sir Sanders hatte eine riesige Verwandtschaft. In Davids Blick lag eine stumme Annerkennung für diese meisterhafte Entlarvung und Amber nahm diese ebenso stumm an. Irgendwie nahmen sie diese dunklen Augen gefangen. Doch schließlich riss sie sich von seinem Blick los.
„Wahrscheinlich hat der Magnet eine Fernsteuerung“, sagte sie sachlich und gab ihrem Onkel den kleinen runden, silbernen Gegenstand, wobei sie sein vor unterdrückter Wut immer dunkelroter werdendes Gesicht nicht bemerkte. Dann klopfte sie dem zu Stein erstarrten Betrüger auf die Schulter und ging hinaus. Ihr Lächeln besorgte den Rest.

Bis zum Ende der Party lies sich Amber nicht mehr blicken. Die Gesellschaft von Sir Sanders Verwandten dagegen ließen lautstark ihre Wut aus. Manche von ihnen, wie zum Beispiel Sara und Benjamin Goldman, sie war die Schwester des Sirs, ereiferten sich nicht nur wegen der an sich noch nicht einmal so schlimmen Vorstellung des Betrügers. Der war nämlich schon längst rausgeschmissen worden. Mrs. Goldman, drei Jahre älter als ihr Bruder und damit bereits zweiundsechzig Jahre alt, war eine mollige untersetzte Frau mit zahlreichen Falten und Fältchen im Gesicht. Hauptsächlich die Falten auf der Stirn, die ein Zeichen für Ungehaltenheit waren. Diese kamen gerade wieder prächtig zum Vorschein, als die alte Dame sich an ihren ebenso kleinen grimmigen Ehemann klammerte. „Diese Person!“, verspritzte sie ihr Gift. „Mein Bruder lässt sie schon hier wohnen und dann so was! Was für eine Peinlichkeit das doch ist.“ Ihr Mann nickte zustimmend.
„Eine Frechheit, hier einfach reinzuplatzen“, grummelte er in seinen dichten Bart hinein. „Die kriegt das Erbe sicherlich nicht mehr, nach dieser Vorstellung.“ Mrs. Goldman sah ihn durchdringend an.
„Da sei dir mal nicht so sicher, mein lieber Ben. Was meinst du denn, warum er sie hier aufgenommen hat?“
„Aus Mildtätigkeit?“
Sara schüttelte den Kopf, ihre imitierte Diamantenkette klimperte. „Nein, du Dummkopf! Weil er sie mag. Sie war schon immer sein Liebling. Die nette kleine Amber. Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, er mag sie sogar mehr als seine eigene Tochter“, schnaubte sie. Und dann, so leise, dass ihr Mann es nur undeutlich hörte: „Ich müsste das ganze Erbe kriegen. Ich bin seine Schwester!“
Benjamin hob beschwichtigend die Hand. „Ruhig, Liebes. Noch steht nichts fest. Sein Testament ist ein leeres Blatt. Er kann noch alles zu unseren Gunsten entscheiden.“
Laureen gesellte sich zu ihnen. Sie schien genau so entrüstet zu sein wie ihre Tante. Sara begrüßte ihre Lieblingsnichte auch schon überschwänglich. Sie hatten in etwa den gleichen Charakter. Sara jedoch war hilflos der Bosheit verfallen, wogegen Laureen noch einen Funken Anstand in sich trug, wenn sie nicht gerade wieder Daddys Kreditkarte missbrauchte.
„Findest du nicht auch, dass das benehmen deiner Cousine absolut daneben war?“, redete Mrs. Goldman weiter in ihrer gewohnten hohen Tonlage. Laureen verschränkte die Arme vor ihrer prallen Brust und nickte heftig, dass die braunen Haare flogen. „Ja Tante, aber“ sie setzte ein überhebliches Gesicht auf „sie war ja schon immer so.“
Auch Alice, Davids Freundin, eine etwas kleinere, dünne Person mit zu großen Augen für das schmale Gesicht schien derselben Meinung zu sein. Sie kam gerade zu dem kleinen Grüppchen, David im Schlepptau.
Alice hatte eine dünne piepsige Stimme die perfekt zu ihrer Figur passte. Laureen fragte sich, wie sie es überhaupt geschafft hatte, einen so attraktiven Mann wie David zu bekommen. Alice hatte die Unterhaltung mitgehört und pflichtete den zwei Frauen bei. „Ich habe sie sowieso nie gemocht“, sagte sie pikiert.
„Ach was“, entgegnete Laureen sarkastisch, ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Muss das kleine Mäuschen sich wieder anbiedern?“






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