Ist es Liebe? - Teil 14

Autor: Sara
veröffentlicht am: 14.01.2012


Stattdessen nickte sie langsam und seufzte. Warum hatte sie es nicht einfach gesagt? Weil er ihr vielleicht wieder einen nichtssagenden, wenn auch wirklich schönen Kuss gegeben hätte. Und dieser Kuss würde diese Lust in ihr noch schüren, während er sich schon lange abwandte und den Tattookerl mentalisierte. Oder wie auch immer das hieß, wenn er mit seinem Hirn diese Dinge machte. Sie wollte heute nicht noch einmal enttäuscht werden, entschied sie und zwang ihren Körper zu Ruhe. Es funktionierte nicht, aber zumindest machte sie nicht wieder etwas Blödes. Wie sich vorzubeugen und die Augen zu schließen in der Erwartung auf einen heißen, harten Kuss, bis er es nicht mehr aushielt und sie doch noch gegen das Kühlregal der Getränke drückte. Dann würde er zwischen ihren Körpern mit hastigen Bewegungen nach dem Verschluss seiner Hose greifen, ihr die Hotpants von der Hüfte reißen und sich tief und schnell in ihr versenken...

Oder er würde sich tatsächlich einfach abwenden, dem Tankstellentypen nur einen kurzen Blick schenken und ihr dann die Tür aufhalten. Wie er es gerade tat.

„Warte mal", meinte sie schnell und blieb vor dem weggetretenen Kerl stehen. „Kannst du ihn irgendwie fragen, ob er ein Kamerasystem hat?"

Alec runzelte kurz die Stirn, bevor er sich umsah. „Nein, aber ich kann ihm befehlen die Kamerabänder morgen früh zu entsorgen. Reicht das?"

Grace nickte und warf dem Mann einen bedauernden Blick zu, bevor ihr etwas einfiel. Sie lief zurück zum Bürobedarf und nahm sich ein paar Stifte und ein Notizbuch. Alec beobachtete sie mit hochgezogener Augenbraue, doch sie würde ihm nicht sagen, was sie damit vorhatte. Er machte sich jetzt schon genug über ihr „Helfersyndrom" lustig.

Als sie an ihm vorbeilief, atmete sie tief ein. Seit sie den Bunker verlassen hatten, konnte sie seinen Geruch wahrnehmen. Die Abwesenheit von verwesenden Rattenkadavern half in jedem Fall, diesen ganz bestimmten Geruch von ihm zu riechen. Er duftete nach nichts Besonderem. Sie konnte nicht einmal sagen, dass er nach Mann oder nach frischer Erde roch. Auch nicht nach Wald, Wiesen oder sonst was. Trotzdem wusste sie, dass sein Geruch in Flaschen abgefüllt Millionen bringen würde, denn er roch nach Dunkelheit, Sex und Gefahr. Es war schwer zu beschreiben, wie er roch. Es war eben nicht Schweiß, Moschus, Parfum oder Seife. Es war... er. Sie würde wohl für immer an ihn denken, wenn sie das Haus für die Nachtschicht verließ und diesen Geruch wahrnahm oder wenn sie sich absolut sicher fühlte.

Vorsichtig tapste sie auf Zehenspitzen über den Parkplatz auf das Auto zu und versuchte sich keinen Splitter oder Scherbe einzufangen. „Ich brauche Schuhe", stellte sie mal wieder fest, doch erst dieses Mal sagte sie es laut.

„Du kannst einkaufen gehen, wenn ich schlafe", schlug er vor und umrundete sie, um ihr die Tür aufzuhalten.

Sie grinste ihn kurz an und setzte sich in den Wagen. „Von welchem Geld?"

„Ich hab uns was besorgt", gab er zurück und schloss die Tür, als wolle er ihr das Wort abschneiden.

Doch Grace litt an keiner Kurzzeitgedächtnisstörung, sondern wartete ab, bis er langsam die Nase des Luxus' umrundet hatte und einstieg. „Du hast jemanden beklaut?"

Aus der Tiefe seiner Brust erhob sich ein Seufzer. „Grace, in dieser Situation würdest du doch auch dein Geld jemandem geben, der es braucht."

„Ja, aber dieser jemand würde wahrscheinlich fragen und nicht stehlen." Sie griff nach ihren Notizbuch und begann eine Liste von all denjenigen zu schreiben, denen sie jetzt schon Geld schuldete. Seinen heutigen Diebstahl verzeichnete sie als Krankenhausspende.

„Was schreibst du da?", wechselte er sofort das Thema und ließ den Wagen an. Seine Finger glitten in die Doughnutschachtel und nahmen einen heraus, bevor er den nächsten Gang einlegte und unter sabbernden Blicken der Teenager den Parkplatz verließ.

Grace riss mit Mühe ihren Blick von seinen geschmeidigen, riesigen und schwieligen Fingern los. Wie gern sie diese Finger an ihrem Körper fühlen würde. Erschaudernd fühlte sie, wie sich ihre Brustwarzen tatsächlich zusammenzogen und einen heißen Blitz in ihren Unterleib schossen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Notizbuch zu. „Eine Liste deiner Verfehlungen. Punkt eins: Du klaust. Punkt zwei: Du klaust nicht nur von Fremden, sondern auch mein Essen."

Seine Zähne senkten sich im selben Moment in den Doughnut. Appetitlicherweise öffnete er den Mund wieder und bot ihr den gefüllten Gebäckring mit der Zuckergussglasur an. Seine Zahnabdrücke waren in der Glasur zu sehen, wie sie feststellte. „Ich klaue nicht", erklärte er mit der Rechtschaffenheit eines stadtbekannten Diebes. „Ich teste nur."

„Und? Test bestanden?", fragte sie und ließ ihr Notizbuch sinken. Der Verschluss der Wasserflasche knackte, als sie sie öffnete und darauf achtete, dass die Kohlensäure das Wasser nicht rausschießen ließ. Es waren vielleicht nicht Alecs Polster, die sie versauen könnte, aber irgendjemand hatte diesen Wagen mit Sicherheit geliebt.

„Ich glaube, der kleine Test reichte noch nicht", gab er zurück und biss nun endgültig ab. „Vielleicht ist die Füllung ein bisschen sauer."

Sie trank einen Schluck und grinste in sich hinein. „Sauer wie in dem Wort verdorben?"

„Ich glaube schon." Er aß den Rest und nickte dann. „Ja, sauer. Du solltest nichts davon essen. Gib sie besser mir."

„Und was esse ich stattdessen?"

Sein Blick huschte einen Moment zu ihr und sie wurde augenblicklich rot, als sie seinen Gedanken las. Diesmal konnte sie die Spannung nicht ignorieren, sondern platzte heraus: „Liegt es wirklich nur daran, dass ich noch nicht gesund bin?"

Er tat nicht so, als würde er nicht verstehen, was sie meinte. Stattdessen schüttelte er langsam den Kopf.

Ihr Atem stockte. Sie wusste es! Sie hatte es von dem Moment an gewusst, als er im Hotel den vielversprechenden Kuss abbrach, bevor er überhaupt wirklich heiß wurde. Alec fand sie nicht sexy. Sie schloss die Augen und wandte den Blick ab, um ihn nicht mehr anzusehen. Bei ihrem Blick aus dem Fenster bemerkte sie, dass sie schon die Stadtgrenze hinter sich ließen. Passend zu ihren Illusionen, die gerade in ihr starben. Warum sah Alec sie dann so an, wenn er sie gar nicht heiß fand? Warum hatte er sie geküsst? Aus Höflichkeit? War ihre Faszination für ihn und seinen Körper ihr so leicht anzusehen, dass er sie nicht demütigen wollte, indem er es ihr ins Gesicht schleuderte? War ihre Lust auf ihn für ihn nur ein peinliches Übel?

Gott! Scham rötete ihr Gesicht und sie hob die Flasche, um ihre Wangen zu kühlen. Wahrscheinlich hatte sie deshalb instinktiv keinen Schritt auf ihn zu gemacht. Tief in ihrem Inneren hatte sie einfach nicht glauben können, dass dieser Sex auf zwei Beinen wirklich Interesse an ihr hatte. Sie musste auf jeden Fall daran arbeiten, ihm diese Peinlichkeit nicht mehr so offensichtlich zu zeigen. Vielleicht sollte sie sich angewöhnen, nur noch neben sein erotisch gefährliches Gesicht zu sehen, wenn sie mit ihm redete. Oh Gott, war das peinlich.

Sie zuckte zusammen, als seine Finger sich auf ihren Oberschenkel legten und zwang sich ihn wieder anzusehen.

„Grace", begann er leise und sie spielte mit dem Gedanken einfach das Autoradio aufzureißen, weil sie keine „Es tut mir leid"-Rede hören wollte. Schließlich konnte er nichts dafür. Die Anziehung war eben einseitig. Das ließ sich nicht ändern Aber sie wollte auf keinen Fall dieser Rede lauschen.

„Ich vergesse es auch ständig", murmelte er leise.

Dass er sie nicht attraktiv fand? Wie konnte man das vergessen? Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu. „Was?"

„Dass du ein Mensch bist", sagte er.

„Was?" Jetzt verstand sie gar nichts mehr.

Er setzte den Blinker und fuhr Richtung Highway, bevor er ihren Blick erwiderte. „Ich kann nicht mit dir schlafen; ich würde dich zerbrechen, denn... du bist nur ein Mensch."

„Was hat denn das „nur" in dem Satz zu suchen?", gab sie zurück und fühlte gleichzeitig ihr Herz rasen. Er wollte mit ihr schlafen! Er fand sie also doch attraktiv und anziehend! Fassungslos versuchte sie diese Versuchung zu bewältigen, einfach nach ihm zu greifen und ihn während der Fahrt einfach zu sich zu ziehen. „Du kannst nicht ernsthaft behaupten, dass wir nicht miteinander schlafen können, weil ich ein Mensch bin!"

Er verzog leicht im blauen Licht der Autoarmatur den Mund. Das einzige sichtbare Zeichen, dass ihm selbst die Idee nicht gefiel. „Ich hab lange darüber nachgedacht und... Vampire haben aus einem guten Grund keine menschlichen Geliebten. Wenn wir kommen... Wenn wir uns nicht mehr im Griff haben, passieren oft Unfälle. Gebrochene Knochen meine ich damit nicht. Das wäre zu harmlos."

„Dann fessele ich dich eben!", schlug sie vor. „Das müsste doch gehen, richtig? Wenn wir starke Silberfesseln nehmen und ich die ganze Arbeit..."

Er schüttelte den Kopf und unterbrach sie so. Seine Finger auf ihrem Oberschenkel spannten sich kurz an, bevor er sie wie unter Zwang losließ. „Ich habe zwar nichts gegen ein bisschen Kratzen und Beißen beim Sex, aber die Silberfesseln würden mein Fleisch wegätzen. Dieser Schmerz ist nicht gerade erotisch. Zumindest nicht für mich. Und etwas anders würde mich nicht aufhalten."

Sie fiel in sich zusammen und fühlte wie Tränen der Frustration in ihre Augen stiegen. Doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie nicht umsonst ein paar Semester lang Jura studiert hatte. Sie würde diesen Fall gewinnen! Denn sie hatte noch nie einen Sieg so süß gefunden. „Dann gibt es andere Möglichkeiten. Es kann doch nicht sein, dass es so viele Vampirgeschichten gibt, wenn ihr niemals mit einem Menschen geschlafen habt."

Er rang einen Moment mit sich und sein Gesicht versteinerte. „Es gibt Möglichkeiten. Für jüngere Vampire."

Sie sah ihn abwartend an, denn er konnte bestimmt nicht von ihr verlangen, dass sie das auf Anhieb verstand.

„Das Blut der Vampire wird mächtiger, je älter der Vampir wird", fuhr er fort, als er ihre Gedanken erraten hatte. „Junge Vampire können mit ihrem Blut die Menschen füttern und sie so kurzfristig stärken." Er warf ihr einen kurzen Blick zu, um die Hoffnung in ihrem Gesicht zu sehen. „Es tut mir leid, aber mein Blut ist so alt, dass es dich umbringen würde."

Toll. An einer Überdosis Vampirblut sterben oder niemals Sex mit Alec zu haben. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera. „Bist du dir sicher?", fragte sie schwach.

Wieder rang er mit sich, doch diesmal bekam sie das Gefühl, dass er lügen würde, wenn er jetzt den Mund öffnete. „Ja."

„Lügner", sagte sie sofort. „Du weißt es nicht mit Sicherheit."

„Grace", sein Gesicht wurde im Schein der Tachobeleuchtung weich, „es tut mir leid, aber das Risiko ist zu hoch. Meine Schwester hat vor langer Zeit einen Menschen mit ihrem Blut genährt und er ist daraufhin von Innen ausgekocht. Als hätte man ihn mit geschmolzenem Blei gefüllt. Unser Blut wirkt wie eine Säure. Ich will nicht..."

„Du hast gar nicht zu entscheiden, wenn ich es will", unterbrach sie ihn.

Diesmal wurde er lauter. „Ich habe dich nicht gerettet, um dich umzubringen!"

Als hätte sie ihn nicht auch gerettet! „Dann werde ich eben bis zum Tag warten und dir dann etwas abzapfen, wenn du schläfst!"

Er erstarrte. „Tu mir das nicht an, Grace. Ich will nicht abends aufwachen mit deiner Leiche neben mir."

Sie verschränkte die Arme unter der Brust und ließ dabei ungeschickt die Wasserflasche fallen. „Ich werde diesmal nicht nachgeben."

„Du willst für Sex dein Leben aufs Spiel setzen?"

Sie starrte stur aus dem Fenster, antwortete aber nicht. Wollte sie das? War es das wirklich wert? Allerdings hatte sie ohne ihn auch keinen Grund mehr zu leben. Sie hatte keinen Job, keine Wohnung, keine Familie... Himmel, offiziell war sie sogar tot! Sie wollte nicht sterben, nicht wirklich. Er war tatsächlich Grund genug, um am Leben bleiben zu wollen, egal wie das klang. Aber dieses Leben wäre eine einzige andauernde Folter, wenn sie es nicht versuchen würde. Trotzdem sollte sie das nicht kopflos entscheiden. Es wäre besser, wenn sie vielleicht noch mal darüber nachdachte, was das Leben alles so bereit halten könnte. Plötzlich fiel ihr etwas ein: „Wenn dein Blut wie Säure ist... Wie verwandelt ihr dann Menschen?"

„Ein Privileg der jüngeren Vampire", gab er dankbar zurück, das Thema wechseln zu können. „Sie müssen diese auch bei den Arkaios melden. Die Menschen werden dann von einem Ältesten gefragt, ob sie freiwillig diese Verbindung eingehen, denn der Bluteid, den sie schwören müssen, kann nur freiwillig geleistet werden." Er beschleunigte den Wagen, als ahne er, in welche Richtung ihre Gedanken gingen.

„Dann such mir einen jungen Vampir."

„Nein!" Er starrte sie an, als habe sie ihn geschlagen. Mit einem Vorschlaghammer mitten ins Gesicht. Tatsächlich verformte sich seine Stirn und zeigte seine Wut. „Nein!", wiederholte er ebenso laut und schlug diesmal auf das Lenkrad. Das Ding verbog sich unter der Gewalt und wurde von der Seite zu einem anschaulichen L. Fluchend bog er das Rad wieder zurück und griff dann unbewusst nach ihrem Schenkel. Leiser fuhr er fort. „Ich will nicht, dass irgendein anderes Wesen dich auch nur anfasst! Geschweige denn deine Gefühle kennt."

„Meine Gefühle kennt?"

Er atmete tief durch und versuchte sich weiter zu beruhigen. Im bläulichen Licht der Beleuchtung beobachtete sie, wie sein Gesicht menschlicher wurde. Ein faszinierender Vorgang, denn er zeigte wirklich deutlich, was er fühlte. „Wenn du das Blut eines Vampirs trinkst, kann er dazu eine Verbindung aufbauen. Das funktioniert auch ohne Bluteid, aber schwächer. Es würde reichen, um deine Emotionen zu lesen, wenn er in deiner Nähe ist. Außerdem... Du würdest dich immer von dem Spender angezogen fühlen."

Sie erschauderte unwillkürlich und griff nach der fallengelassenen Wasserflasche. Offensichtlich hatte er wirklich schon darüber nachgedacht. Dann blieb ihr also tatsächlich nur noch diese eine Wahl: Vielleicht Sex in Verbindung mit Leben oder eben sterben. Außerdem glaubte sie einfach nicht, dass sie so sterben würde. Nicht bei einem Blutaustausch. Sie würde anders sterben, stellte sie mit einem seltsamen Schmerz im Magen fest. Vielleicht auch nicht, dachte sie dann. „Ich will dein Blut."

Er schloss für einen Moment die Augen.

„Entweder du gibst es mir freiwillig, oder..."

„Grace", unterbrach er sie wieder und ihr fiel auf, dass er sie nur mit Namen ansprach, wenn er anderer Meinung als sie war. Und das geschah erstaunlich oft. „Es gibt andere Wege, dich... zu befriedigen."

„Das ist nicht dasselbe", gab sie kühl zurück. „Ich will dein Blut. Jetzt." Er zögerte immer noch, deshalb fügte sie zuckersüß hinzu: „Schöne Träume."

Er knurrte leise und fuhr auf den Seitenstreifen. Kaum hatte er den Wagen abgeschaltet, als er auch schon seinen Zeigefinger an seine Lippen legte und seine Fangzähne ausfuhr. Blut trat aus einer winzigen Öffnung aus; kaum ein ganzer Tropfen, bevor sich die Wunde auch schon wieder schloss. Er nahm einen Bruchteil von dem Blut auf seinen anderen Zeigefinger und reichte ihn ihr. Auch ihn schien die Hoffnung ein bisschen beflügelt zu haben, denn bis auf Angst konnte sie auch das Glühen desselben Wunsches sehen. Vorsichtig und mit zitternden Fingern nahm sie seine Hand in ihre und schloss den Mund um seinen Zeigefinger.

Einen Moment ließ sie die erotische Geste auf ihn wirken, während sie ihn mit großen Augen ansah, dann leckte sie über das Blut.

Es schmeckte nach... Kupfer, wie jedes Blut, aber es trocknete ihren Mund aus wie eine Handvoll Asche. Hm, das beschrieben die Liebesromane allerdings eindeutig anders. Sie verzog das Gesicht und schluckte vorsichtig. Nichts geschah.

„Das war zu wenig", entschied sie.

Er sah sie weiterhin gespannt an, bis sie ein leichtes Brennen in ihrem Bauch fühlte. Allerdings nicht da, wo ihr Magen war, sondern in ihrem Unterleib. Es war kein unbedingt erotisches Gefühl. Eher das Gefühl, wenn sich ein Eispickel als Tampon nutzen würde. Und dieses Gefühl dehnte sich aus und verpuffte einen Moment später, als habe sie sich das alles nur eingebildet.

„Deine Körpertemperatur ist gefallen", sagte er leise und drückte ihre Hand.

„Ahja?", fragte sie und bemerkte, dass sich ihre Zunge ganz schwer anfühlte. Als hätte sie einen riesigen Kaugummi im Mund, öffnete und schloss sie ihren Mund und kaute Luft. „Daff ifft ffesltffam", lispelte sie mit einem weichen S. Sie grinste, als sie sich selbst hörte. „Lufftig." Sie kicherte und fuhr dann fort: „Ich fftolperte über einen ffpiffen Ffein." Sie lachte. „Gott, daff ifft toll!"

„Brennt es?"

„Aufgehört", sagte sie und dann: „Eff ifft ffuende." Sie lachte und fühlte sich plötzlich ganz seltsam betrunken. In ihrem Kopf blubberten und zerplatzten kleine Blasen. Sie lehnte sich in dem Autositz zurück und schloss die Augen, als ihr schwindelig wurde. „Wir ffollten tanffen."

„Tanzen?"

Sie nickte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Mir ist ffchlecht."

„Das ist normal. Du bekommst gleich einen Kater und dann dürfte es vorbei sein."

Sie stöhnte, als sie im selben Augenblick Kopfschmerzen bekam. Doch auch dieses Gefühl war wieder vorbei, bevor sie es richtig analysieren konnte. Blinzelnd schlug sie die Augen auf. Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Ich wusste, dass ich recht behalte. Es hat funktioniert!" Trotzdem ging es ihr immer noch nicht richtig gut.

Seine Augen waren von einem seltsamen Glanz erfüllt und er atmete. Schnell und in abgehackten Zügen. „Die Wirkung setzt erst richtig in ein paar Tagen ein." Seine Finger legten sich zitternd um das Lenkrad und verharrten einen Moment, als könne er es selbst nicht glauben.

Sie schloss wieder die Augen, als Müdigkeit über sie schwappte wie eine Orkanwelle. „Also kein Quickie auf dem Rücksitz?"

In ihrem Bauch fühlte sie, dass er den Wagen wieder auf die Fahrbahn lenkte. „Wohl kaum. Bei unserem ersten Mal sowieso nicht."

„Du Romantiker", spottete sie und versuchte ihre bleischweren Augen wieder zu öffnen. Es ging nicht. Sie gähnte. „Wo fahren wir eigentlich hin?", fragte sie aus einem Gefühl heraus. Als ob das eine Rolle spielte.

„Du kannst nicht ohne Pass fliegen, sonst hätte ich dich nach Europa gebracht. Jetzt fahren wir nach New Orleans. Unter der Herrschaft von Niom habe ich da vor langer Zeit einen Stützpunkt errichtet und regelmäßig modernisieren lassen. Wir müssten morgen ankommen."

„Schön", murmelte sie leise und entspannte sich vollkommen, als sich seine Hand auf ihren nackten Oberschenkel legte.

*

Tränen liefen über ihr Gesicht.Das rothaarige Mädchen war bei vollem Verstand, aber ihr Körper gehörte ihr nicht mehr. Ihr Körper gehörte ihm und sie tat alles, was er von ihr verlangte. Alles. Sie schrie sogar nach mehr, obwohl er ihre Knochen brach.

Morgana hatte dies für ihn gemacht. Ein wunderbares Spielzeug; seine Tochter. Doch diese Rothaarige war auch nicht zu unterschätzen. Nur ein Mensch, natürlich, dachte er abfällig. Es wäre lustiger gewesen, wenn sie ein Vampir gewesen wäre. Dann hätte er länger mit ihr spielen können.

Tausende Risse von verschiedenen Peitschen und einem Schürharken hatten sich dort in ihre Haut gebohrt.Er lachte heiser, während er den Schädel der Rothaarigen zwischen seinen Fingern zermalmte.

Er seufzte, als er wieder aus seinem Glücksgefühl auftauchte und die graue Hirnmasse auf seinen Händen sah. Er hasste jedes Mal diese Schweinerei. Was allerdings nicht hieß, dass er es morgen nicht wieder tun würde. Oder in einer halben Stunde.

Damon lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die Menschen hatten auch nichts anderes verdient. Sie waren ein niederes Volk und er freute sich auf den Moment, wenn die Königin ihren Bluteid auf ihn leistete. Denn dann würde die ganze Welt erfahren, wer die Herrscherklasse war.

Seine dunklen Augen glitzerten eiskalt. Nämlich allein er.

*






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