Untitled - Teil 4

Autor: Zoey
veröffentlicht am: 06.09.2011


Wochen später wurde Philipp aus dem Krankenhaus entlassen. Ich hatte Max angerufen und ihm gesagt, dass ich erst wieder zurück fliegen würde, wenn ich wusste, dass es Philipp wirklich gut ging. Er war mir sofort ins Wort gefallen und hatte gesagt, dass er mir nachfliegen würde. Aber ich erwiderte, dass es besser wäre, wenn er nicht kommen würde; auch damit nicht noch mehr Verwirrung entstehen würde.
Mir war bewusst, dass ich zwar etwas für Max empfand, aber mit Philipp war es anders.
Ich beschloss wieder nach Hause zu fliegen, um die “Sache” mit Max zu beenden.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dass wenn Philipp seinen Unfall nicht gehabt hätte und Whitney mich nicht angerufen hätte, dass ich den völlig falschen Mann geheiratet hätte.


Arianna bedrückte etwas. Ich spürte es, aber ich konnte sie nicht danach fragen, weil ich Angst davor hatte, wie sie reagieren könnte. Eigentlich wusste ich es ja schon. Das alles war nicht zufällig passiert. Sie würde zurück fliegen und nicht wieder kommen. Irgendwie konnte ich es ja verstehen; ich war immer der gewesen, der zufällig aufgetaucht war; ich hatte ihre Beziehung, ihre Heirat aufs Spiel gesetzt. Ganz eindeutig ein Fehler. Ich hatte nicht das Recht dazu.
Sie kam ins Zimmer und lächelte, doch ihre Augen waren mit Trauer erfüllt. Als sie sich neben mich setzte und meine Hand nahm, spürte ich dieses typische Ziehen, wenn man jemanden unbedingt küssen möchte. Aber ich wusste, dass ich es ihr dann noch viel schwerer machen würde. Also ließ ich sie einfach machen.
“Philipp, du weißt, dass es so nicht weiter gehen kann. Ich schaff das nicht. Du weißt, dass ich vor einer schweren Entscheidung stehe ich wäre dir so dankbar, wenn du mir dabei helfen könntest. Ich weiß, dass ich das nicht von dir verlangen kann, aber vielleicht kannst du dich ja trotzdem dazu überwinden. Und ich möchte dass du weißt, dass ich dich liebe.”
“Ich liebe dich. Wenn du deine Entscheidung triffst, denk bitte daran. Ich weiß, dass ich dir nicht vorschreiben kann, für wen du dich entscheidest und ich werde es auch nicht. Ich stehe voll und ganz hinter dir. Egal für mich oder für ihn.”
“Aber das reicht nicht aus Philipp. Es reich nicht aus.”

“Aber es muss. Ich habe noch nie für jemanden so stark empfunden. Du bist die Erste. Ich möchte dich nicht noch einmal verlieren. Ich möchte nicht noch einmal diesen Schmerz durchleben; nicht zu wissen. Es ist einfach unerträglich. Ich weiß, dass ich dich damit bestimmt nicht umstimmen kann.”
“Philipp, ich kann einfach nicht mehr. All die Jahre habe ich versucht dich zu vergessen, habe versucht mich abzulenken und nicht an dich zu denken, weil ich immer gedacht habe, dass du nichts für mich empfindest. Als Max mir diesen Heiratsantrag gemacht hat, musste ich urplötzlich wieder an dich denken. Wie es damals war. Und dann hat Whitney mich angerufen und ich hatte solche Angst um dich; dass du stirbst und ich dich nie wieder sehen kann. Ich hatte Angst. Und jetzt sitzt du vor mir, quicklebendig und sagst mir, dass du mich liebst. Für dich klingt das wahrscheinlich einfach, aber es ist nicht so. Du bedeutest mir viel, sehr viel sogar. Und Max, ich weiß auch nicht, ich liebe ihn auch und das kann ich nicht so einfach abstellen. Diese Entscheidung zwischen dir und ihm habe ich schon gehasst, als ich deinen Blick sah. Wie du im Bett gelegen hast, völlig hilflos und wie deine Augen zu meiner Hand gewandert sind. Der Schmerz und die Wut waren nicht zu übersehen. Du sahst so schlimm aus und ich war so überfordert mit dieser Situation, bei der du es mir auch nicht gerade leicht gemacht hast. Ich kann das einfach nicht. Es tut mir Leid, Philipp.”
Sie sank in meine Arme und ich spürte die feuchte Wärme an meiner Brust.
“Ich wollte nicht, dass du so leidest. Ich hatte keine Ahnung, dass du so leidest. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich Whitney gebeten dich nicht anzurufen, wenn ich es gewusst hätte.”
“Selbst wenn du mich gebeten hättest nicht zu kommen, ich hätte es trotzdem getan. Es ändert nichts, ob du mich darum gebeten hättest oder nicht. Denn du bist mir so wichtig. Das hättest du nicht von mir verlangen können.”
“Ich weiß, aber ich hätte es trotzdem getan!”
Sie nuschelte in das mittlerweile nasse T-Shirt. Ihr Kopf fuhr ruckartig nach oben, sodass sie mir in die Augen sehen konnte und schaute mich an. “Philipp…”
Ich hatte es versucht, doch ich konnte nicht widerstehen. Als meine Lippen sich ihren näherten und ich schließlich kurz vor ihrem Gesicht abstoppte, hatte sie sich nicht gerührt und in diesem Moment wurde mir klar, dass sie schon die ganze Zeit gewollt hatte, dass ich sie küsse. Ihre Augen wurden schon ungeduldig und bevor ich überhaupt handeln konnte, lagen ihre Lippen schon auf meinen und ihre Hände auf meiner Brust. Das wohlbekannte Kribbeln setzte ein und mir wurde ganz warm. Ihre Hände waren mittlerweile meinen Rücken hinabgewandert und zogen sich langsam zurück, nur um meine Haare zu durchwuscheln. Ich spürte die Gänsehaut, als ich meine Hände um ihre Taille schlangen.



Seine Hände schlangen sich um meine Taille und seine Lippen wanderten an meinem Hals entlang. Mir wurde heiß und kalt zugleich.
“Hmm, hmm.” Jemand räusperte sich und die Tür wurde aufgezogen.
“Tschuldigung, dass ich euch störe, aber hier möchte dich jemand sprechen, Philipp.” Whitney verließ mit Philipp das Zimmer.
“Bin gleich wieder da.” Die Tür wurde zugezogen und ich hörte Stimmengemurmel von draußen.
Das erste Mal schaute ich mich richtig in seinem Zimmer um. Das riesige Holzbett mit der dunkelroten Bettwäsche stand in einem abgetrennten Winkel mit Türbogen. Ich stand auf und trat ins Zimmer. Gegenüber von der Tür war eine Glaswand, durch die ich den Mond sehen konnte. Rechts neben mir stand ein riesiger dunkler Kleiderschrank und ein kleiner Tisch auf dem eine helle Lampe und ein Foto standen. Ich nahm das Bild in die Hand und sah einen kleinen Jungen mit zerzausten braunen Locken, der eine blaue Latzhose und ein grünes T-Shirt trug. Die blauen Augen hoben sich von seiner braunen Haut ab. Obwohl ich keine Narbe entdeckte, wusste ich, dass dieser Junge Philipp war. Er hatte den Arm um ein Mädchen geschlungen. Ich schaute mir das Foto lieber nicht weiter an, weil ich wusste, dass dieses Mädchen seine beste Freundin war.
Ich stellte das Bild zurück und betrachtete weiter sein Zimmer. An der beigefarbenen Wand hing ein weiteres Foto. Wieder zeigte es Philipp, diesmal jedoch älter und ohne Locken. Er trug dunkelblaue Shorts und ein weißes ausgeschnittenes Dreiviertelarm-Shirt. Außerdem zeigte das schwarz-weiß Foto mich. Gott, mein Gesicht war verpickelt und meine Haare stumpf. Wie konnte er mich damals nur mögen? Meine Klamotten-Stil hatte sich aber nicht zusehends verändert. Ich trug ein grünes Sommerkleid das mit Blumen bedruckt war. Auf meinen nackten Zehen konnte ich aufgemalte Schmetterlinge erkennen. Die Schaukel, auf der wir zu zweit saßen, sah aus, als ob sie jeden Moment abreißen würde. Und so war es auch gewesen. Er hatte mich auf seinem Schoß gehabt und als das Seil riss, war ich zum Glück auf ihm gelandet. Wir hatten uns unter viel Gelächter wieder hochgehievt, die Schaukel war jedoch nie repariert worden. Ich sah aus dem Fenster und entdeckte die kaputte Schaukel wieder. Philipp’s Mutter, Diane, hatte darauf bestanden, die Schaukel reparieren zu lassen, Whitney und Philipp jedoch hatten verneint. Ich hörte ein Klicken und zwei Sekunden später spürte ich seinen Körper hinter meinem. Seine Hand wanderte zu meiner und als er sah wohin ich schaute, umarmte er mich von hinten. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und ergriff ebenfalls seine Hand. Seine Lippen waren so dicht an meinen und für kurze Zeit verlor ich die Beherrschung, als ich in seinen Augen versank. Ich riss mich jedoch los und setzte mich vor die Glaswand. Er wich zurück, war jedoch im nächsten Moment wieder bei mir.
“Lea war gerade eben unten an der Tür. Sie hat gesagt, dass sie nach New York zieht, weil sie dort einen Job angeboten bekommen hat und ihre ganzen Freundinnen dort sind.” Seine Stimme klang brüchig. “Sie …sie hat mich geküsst. Ich weiß nicht, was das sollte. Ich war so überwältigt und ich weiß auch nicht.”



Es blieb still. Ich hörte nur, wie ihr Atem auf einmal schneller ging. Doch ich wagte nicht den kopf zu drehen und ihr in die Augen zu schauen.
“Du sollst wissen, dass ich dich wirklich liebe. Lea ist meine beste Freundin. Ich liebe sie natürlich auch, aber für dich empfinde ich etwas ganz anderes. Ich gebe dir ein Beispiel. Hast du schon mal richtig schlimme Zahnschmerzen gehabt? So schlimm, dass es wie Strom in deinem Kopf und deinen Ohren ist und dass man es fast sehen kann? Also, wenn du dieses Gefühl in Liebe umwandelst, dann weißt du, wie es ist. Bei Lea ist es, als hätte ich mir den Kopf an einer niedrigen Decke gestoßen. Schlimm, aber nicht unerträglich.”
“Ich kann nachvollziehen, wieso sie dich geküsst hat. Für dich war Lea immer nur deine beste Freundin, die kleine Schwester, auf die du aufpasst. Für sie warst du der, der sie immer gerettet hat. Sie hat sich nach und nach in dich verliebt und konnte dich nicht bekommen. Und du hast es nie bemerkt, weil ich die ganze Zeit in deinem Kopf war. Ich hab deine Sinne vernebelt, ich hab dich geschwächt, ich bin dir die ganze Zeit im Kopf rumgeschwirrt. Ich wünschte es wäre nicht so gewesen. Dann hättest du bemerkt, dass sie dich liebt. Das wäre alles viel einfach ohne mich gewesen. Ich hab nur Verwirrung, Enttäuschung und Verzweiflung in dein Leben gebracht. Ich habe dir Schlechtes getan. Und das alles, weil ich es nicht besser wusste. Weil ich nicht genug bekommen konnte. Ich habe dein ganzes Leben in Trümmer zerlegt. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Weil es unverzeihlich ist. Ich…”
“Arianna, ICH LIEBE DICH. Und soweit ich weiß, du mich auch. Egal, was du getan hast, wie du reagiert hast, ich stehe hinter dir. Ich steh das zusammen mit dir durch, egal was du dazu sagst. Du hast mein Leben nicht zerstört, sondern wieder zusammengeflickt. Ihm endlich einen Sinn gegeben. Und ich gebe dich nicht noch einmal auf, egal was passiert.”






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