Lieben ohne Worte - Teil 15

Autor: Noa
veröffentlicht am: 19.11.2011


Ich spürte wie seine Muskeln sich anspannten. Es beunruhigte mich das er nichts sagte, vielleicht dachte er, er hätte Halluzinationen gehabt oder sich verhört durch sein Schluchzen. Aber dann löste er sich von mir und blickte mich zielstrebig an. Sein Blick wanderte von meinen Augen zu meinen Lippen. „Kannst du das bitte wiederholen?“, fragte er vorsichtig. Ich lachte laut und erst jetzt realisierte er. Es war keine Einbildung. Er hatte tatsächlich die drei kleinen Worte aus meinem Mund gehört. Ein sanftes Lächeln verbreitete sich in seinem Gesicht und er versuchte es zu akzeptieren. Zum ersten Mal hörte er eine völlig fremde Stimme die von einer Person kam, die er liebte. Ein ziemlich merkwürdiges Gefühl. Ihm steckten die Worte im Hals fest, er wusste nicht was er darauf antworten sollte. „Deine Stimme…sie…du…“, stammelte er. Er räusperte sich und lief einige Male im Raum auf und ab. Er ließ den Klang auf sich einwirken und gewöhnte sich daran. „Liam, tut mir leid. Ich hätte es schon viel eher sagen sollen, aber ich hatte Angst.“, entschuldigte ich mich. Er starrte zu mir, als ich erneut Worte von mir gab. „Wie lange kannst du schon sprechen?“ „Eine Weile. Ab dem Tag, als du fast von einem Auto erfahren wurdest.“ Er schüttelte missverstanden den Kopf. „Warte! Das heißt, du konntest doch sprechen und hast mich belogen?“, erschrak er. Ich senkte beschämend den Kopf und stand aus dem Krankenbett auf. Ich hielt mich jedoch noch daran fest, da ich das eine Bein komplett eingegipst hatte. Er lief einige Schritte auf mich zu, da er Angst hatte ich könnte mich verletzten. Ich hob meine Hand hoch und drückte seinen muskulösen Bauch von mir. Verblüfft schaute er mich an. „Ich hatte Angst, das die Leute denken ich hätte sie die ganze Zeit belogen, denn welches stumme Kind erlangt schon seine Stimme wieder? Auf mich wären alle sauer gewesen und das wollte ich einfach nicht riskieren, später allein da zu stehen. Liam, ich habe dich angelogen, weil ich dich liebe und es mir wichtig war dich nicht zu verlieren.“ Seine zusammengezogenen Augenbrauen entspannten sich jedoch nicht und er starrte mich weiterhin an. Meine Mimik wurde trübselig und ich setzte mich wieder aufs Bett. Er war sauer und verstand mein Handeln nicht. Natürlich hätte ich es ihm irgendwann gesagt. Er war mir ja sehr wichtig. Da umfassten mich wieder seine Arme und Wärme umgab mich. „Tut mir leid.“, murmelte er leise. Ich spürte wie er sanft seinen Kopf auf meinem niederließ und seine linke Hand mein Kinn umfasste. Er zog es zu sich hoch und glitt mit seinen Lippen hinunter zu meinen. Dann berührte er sie zärtlich. Ein warmgesonnenes Gefühl durchfloss meinen Körper, als ob Hitze in mir aufstieg. Ich war ziemlich glücklich darüber, dass er so verständnisvoll seine Meinung äußerte. Immerhin hatte ich ihn angelogen und er hatte gedacht ich hätte den Sturz nicht überlebt. Ich musste mit sehr viel Mühe meine Freudentränen unterdrücken.
Später musste er gehen, da am nächsten Morgen in die Berufsschule musste. Am liebsten wäre er noch bis zum Morgen geblieben, aber ich riet ihm davon ab. Es dauerte noch ganze drei Tage bis ich endlich das Krankenhaus verlassen durfte. Die Krücken nervten und ich lernte den ganzen Tag damit zu gehen. Ich musste zweimal in der Woche zur Untersuchung und natürlich erhielten wir vom Staatsanwalt einen Brief, dass wir vor Gericht mussten. Eine Woche später war dann die Verhandlung und es lief alles wie vorhergesehen. Der schaurigste Moment war, als der Richter mir in die Augen schaute und mich befragte: „Frau Braun! Wir haben mitbekommen von der Angeklagten Frau Séeran, das sie angeblich die Angeklagte provoziert haben sollten.“, sagte der Richter. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, es lief eigentlich ganz anders ab. Ich war allein in meinem Zimmer und da klopfte es an meiner Zimmertür. Chantal stand davor, allein, und schubste mich gegen die Wand. Anschließend drängte sie mich bis zum Balkon zurück und schlug dort mehrmals auf mich ein. Irgendwann wehrte ich mich, da sie nicht aufhörte und alles eskaliert und sie schubste mich absichtlich vom Balkon. Danach landete ich im Krankenhaus.“ „Also, sie behaupten, sie hätten überhaupt nichts gemacht? Aber dann frage ich mich wie Frau Séeran zu so einem Gewaltakt kommt. Irgendetwas muss sie ja wütend gemacht haben.“ „Ja, die Eifersucht.“ „Das ist lächerlich!“, schrie Chantal ins Gespräch. Ich blickte tödlich zu ihr. „Was genau meinen Sie damit?“, fragte der Richter weiter. „Sie konnte es nicht leiden, dass ich ein Verhältnis mit Liam habe.“ „Ihren jetzigen Freund nehme ich mal an.“ Ich nickte. „Das ist doch absoluter Blödsinn, Richter! Die lügt doch wie gedruckt! Die haben so ätzendes Wasser über mich geschüttet und sich hinter meinen Rücken lustig gemacht.“ „Frau Séeran Sie halten sich jetzt endlich mal zurück. Ich rede mit der Zeugin und nicht mit Ihnen.“ Chantal nickte nur entschuldigend. „Frau Braun, Frau Séeran meinte sie hätten Wasser über sie geschüttet, stimmt das?“ „Ich habe es nicht über sie geschüttet. Das waren ihre eigenen Freundinnen.“ „Stimmt das? Frau Séeran?“ Chantal nickte und biss wütend auf die Zähne. „Also, ich gehe mal davon aus, das das Geschehen folgendermaßen ablief: Frau Séerans Freundinnen schütteten Wasser über sie und daraufhin wurde sie wütend. Sie missachtete Frau Braun schon vor dem Geschehnis und lief hoch zu ihrer Zimmertür, wo sich Frau Braun allein aufhielt. Daraufhin schlug Frau Séeran mehrmals auf das Opfer ein und der Kampf verlief auf dem Balkon weiter, wo sich auch Frau Braun dann zur Wehr setzte. Frau Séeran stieß mit Absicht Frau Braun anschließend vom Balkon, die daraufhin zwei Stockwerke hinunter auf eine Wiese stürzte. Frau Braun erlitt innere Verletzungen, wie ein Schädeltrauma, eine Platzwunde am Kopf und ein gebrochenes Bein. Gibt es noch Fragen vom Staatsanwalt oder Verteidigern?“ Beide schüttelten den Kopf. „Frau Séeran möchten sie sich dazu noch äußern?“ Chantal atmete tief ein, um noch einen Gegensatz loszulassen, ihr fiel jedoch nichts Passendes ein. Der Richter beschloss schließlich, das Chantal wegen schwerer Körperverletzung zu vier Wochen Jugendhaft verurteilt wurde. Daneben tauchten noch einige Kosten auf, wie Schmerzensgeld und der Rest. Nach schmerzhaften fünf Wochen bekam ich den Gips ab und übte wieder mit dem linken Bein zu gehen. Nach weiteren zwei Wochen konnte ich mich normal bewegen, aber Sport ließ ich dann doch noch aus. Liam blieb die ganze Zeit über bei mir und ich absolvierte mein letztes Schuljahr, auch wenn ich nicht mehr behindert war. Schließlich wandte sich alles zum Guten und nach einem Jahr begann ich eine Ausbildung. Der Arzt erklärte mich für einen normalen Menschen und ich könnte sogar mit Abitur nun jede Ausbildung anfangen die mir zur Verfügung stand. Mein Dad stieg in seiner Karriere wieder weit nach oben, sodass wir umziehen konnten in unser altes Haus, als Mom noch lebte. Tja und Liam und ich blieben noch sehr lange zusammen. Ich hoffte natürlich für immer.


ENDE





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