Lieben ohne Worte - Teil 5

Autor: Noa
veröffentlicht am: 30.08.2011


Kapitel 5

„Endlich gehe ich mal mit meiner besten Freundin in eine Disco. Ich glaube diesen Abend wirst du nicht so schnell vergessen.“, grinste Selena von hinten und war vollkommen in Partylaune. Bei mir baute sich eher das Gegenteil auf. Meine Hände zitterten und umso näher wir uns dem Ziel näherten, umso fester kribbelte mein Bauch. Ob diese Ängste völlig natürlich sind?
Die Dämmerung verschwand und ich hatte das Gefühl das der Tag zur Nacht wurde. Am Eingang tummelten sich eine Menge Leute herum und versuchten so schnell wie möglich herein zu kommen. Eine wasserstofffarbige Blondine schubsten jeden nahgelegenen Mensch neben sich, damit sie nach vorne konnte. Die drohenden Rufe und fauchenden Mädchen hinter ihr, ließen sie kalt. Liam parkte in der Nähe und wir stiegen aus dem Auto heraus. Es machte mich vollkommen nervös, dass ich von allen Seiten angestarrt wurde und einige Kerle grinsten mich erregbar an. Manchmal riefen sie mir sogar zu, aber ich versuchte mich auf die Schlange vor uns zu konzentrieren.
„Da stehen wir ja eine Stunde an!“, meckerte Selena.
„Nein, stehen wir nicht. Dort vorne ist ein enger Kumpel von mir, der lässt uns als erstes durch.“, antwortete Liam und nahm mich bei der Hand. Ich fühlte mich so sicher und ruhig wenn er mich berührte. Aber durch meinen harten Händedruck, merkte er wie viel Angst in mir war. Liam ließ sie deshalb schon gar nicht los.
„Hey Charlie!“, rief er von weitem und ein rothaariger, käsiger und dürrer Kerl kam ihm entgegen. Seine Augen waren dunkelbraun und er trug dunkle Klamotten. Er hatte schwere Tränensäcke in seinem Gesicht. „Lässt du uns durch?“
„Ich bin dir doch noch was schuldig, oder? Außerdem tue ich alles für meine Freunde.“, schmunzelte er übertrieben und klang schon fast so, als hätte er Drogen zu sich genommen. Sein Blick wanderte zu mir und dann reichte er mir seine Hand.
„Mein Name ist Charlie, Süße.“, grüßte er mich und versuchte verlockend zu klingen, was ihm dennoch absolut misslingt.
„Ihr Name ist Emma und sie ist für heute Abend meine Begleitperson mit Selena zusammen.“
„Da hast du aber einen verdammt guten Treffer gelandet. Die Kleine ist Goldwert.“, lachte er und Liams Blick verdüsterte sich.
„Du kennst sie überhaupt nicht. Du lässt dich wie immer nur von das leiten, was du vor deinen Augen siehst.“
„Schwafle kein Bullshit! Falls du später jemand anderen findest, bring die Kleine zu mir. Ich würde sie gerne besser kennen lernen.“
Aus Angst schmiegte ich mich an ihn und er umfasste meine Taille. Er petzte mir leicht in die Haut, wodurch ich seine Wut spüren konnte.
„Hör auf zu Kiffen, Charlie! Du wirst nur noch schlimmer dadurch und siehst aus wie eine Leiche. Lass uns einfach hinein!“, rief Liam und versuchte dabei nicht allzu aggressiv zu klingen. Er biss sich bei den Sätzen ab und zu auf die Zähne um sich abzuregen. Charlie drehte sich lässig um und öffnete einen Notausgang an der Seite, wo wir durchgehen konnten. Er hatte es nicht einmal nötig sich zu verabschieden und schloss gleich danach die Tür. Es war ziemlich dunkel im Gang und von oben konnte man das Beben der springenden und tanzenden Leute hören. Liam zeigte mit dem Finger an die Decke.
„Wir müssen nach oben.“
Konzentriert suchten wir eine Treppe und liefen durch die vielen Gänge die jedes Mal aneinander verzweigt waren. Jedoch hörten wir erneute Schritte an uns vorbeischallen. Liam schnappte sich meine Hand und ich zog Selena mit. Er führte uns hinter die nächste Ecke und drückte sich gegen die Wand.
„Wenn die uns hier sehen, werden wir sofort raus geschmissen!“, warnte er.
„Liam, ich habe die Treppe gefunden.“, flüsterte sie und entwich neben mir. Ich schaute ihr nach und sie verschwand rechts hinter der nächsten Wand.
„Selena, komm zurück!“, rief Liam ihr leise hinterher, aber ich schnappte ihn mir und folgte Selena. Zwei Stockwerke höher stieg die Party. Oben schmuggelten wir uns unauffällig durch die Menge und gaben unsere Jacken bei der Garderobe ab. Drinnen bebte mein ganzer Körper durch die laute Musik. Wenn ich meine Tasche in der Hand hielt, hatte ich das Gefühl mein Handy würde vibrieren oder jeden Moment stürzte der Boden ein. Der Raum war prall gefüllt mit tanzenden Leuten, Pärchen und begabten Tänzern, die ihre “Battles“ in der Mitte der Tanzfläche ausübten. Zuerst begaben wir uns an die Bar, als Selena schon das erste bekannte Gesicht entdeckte. Es war ein ehemaliger Klassenkamerad von ihr, der ebenfalls wie sie nur Partys schmiss. Sie umarmten sich und gerieten ins Gespräch. Neidisch beobachtete ich die beiden, wie sehr ich mich jetzt auch mit Liam alleine unterhalten hätte. In letzter Zeit war mir einiges klar geworden. Die Gefühle, die ich für Liam empfand waren stärker geworden und so langsam glaubte ich mich bei ihm verguckt zu haben. Schon als ich ihn das erste Mal sah, wurde mir es bewusst. In letzter Zeit kümmerte er sich so sorgsam und liebevoll um mich, dass jedes Mal ein unangenehmes und zugleich wichtiges Kribbeln in mir breit machte. Anscheinend hatte ich mich in den gut aussehenden Liam verliebt. Es passte alles zusammen. Meine häufigsten Gedanken drehten sich nur um ihn, meine Hände wurden feucht bei seiner Berührung, sein Lächeln versetzte mich in Trance und sein Lachen war wie Musik in meinen Ohren. In mir erweckten Gefühle die ich vorher noch nie so intensiv spürte. Ich schwebte auf Wolke Sieben.
Als Selena sich ständig bei ihrem ehemaligen Klassenkameraden aufhielt, packte mich Liam bei der Hand un zog mich zur Tanzfläche. Stocksteif und schockiert blickte ich ihn an. Ich konnte doch gar nicht tanzen! Hilflos schaute ich den anderen Mädchen zu, wie sie tanzten und bewegte wackelig ein wenig meine Beine. Ich sackte leicht in die Knie und stellte meine Beine hüftbreit auf. Als dann auch noch mein Lieblingslied gespielt wurde, drehten bei mir völlig die Sicherungen durch. Nach noch wenigen Abgucken anderer Mädchen hatte ich tatsächlich den Dreh raus und tanzte erstaunlich gut. Anderen Jungs fiel ich ins Auge und fühlte mich dabei glücklich, wenn ich meine schlanke Figur bewegte. Liam war ein ebenfalls ein guter Tänzer und am liebsten hätte ich nicht aufgehört mit ihm den Körper zu schwingen. Zumal grinste ich auch überraschend glücklich und hatte an dem Abend richtigen Spaß. Selena schaute uns von einer höheren Ebene aus zu. Sie streckte den Daumen hoch und dann sah ich dass sie auf dem Schoss des jungen Mannes saß und ihn leidenschaftlich umarmte. Ein wenig später, ließen sogar ihre Lippen nicht voneinander. Wenn ich bloß so etwas hätte. Traurig sank ich meine Arme und stoppte mit meinen Beinen. Liam drehte mich zu sich um und blickte mich an.
„Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.
Ich nickte leicht und wollte von der Tanzfläche verschwinden, als er mich am Arm festhielt. Gerade wollte er mir mit seinen aufmunternden Worten kommen, als dürre gebrechliche Arme ihn umschlangen. Erschrocken fuhr er herum und hinter ihm stand eine große hübsche Blondine. Die Haare waren gefärbt, lockig um die Schulter hängend und ihre Augen waren perfekt geschminkt. Sie hatte lang gezogene Wimpern und etwas rot bemalte Lippen. Ihre Fingernägel passten sich ihrem beigen Kleid an, das knapp über ihren Hintern verlief. In den High Heels konnte sie wunderbar stehen und sie hielt eine kleine Tasche in der Hand. Sie schaute mich an und eine weitere Freundin tauchte hinter ihr auf. Doch auf den ersten Blick konnte ich erkennen, dass es nur ihr “Dackel“ war, der dauernd hinter ihr her lief. Sie sah so unschuldig und schüchtern aus, dass sie mir fast Leid tat, da sie sich nur durch so eine hochnäsige, künstliche Person versuchte beliebt zu machen. An ihrer Hose und dem glitzernden T-Shirt, das ich letzte Woche noch in einer kleinen Boutique im Schaufenster als Rabatt sah, erkannte ich, dass sie wenig Geld hatte und neben ihrer Freundin eher arm aussah. Das Kleid der Blondine musste ein Vermögen wert sein, denn es war mit Seide überzogen. Liam kam ins Gespräch mit den Zwei und vergaß dabei völlig meine Wenigkeit. Kopfschüttelnd drehte ich mich um und setzte mich an die Bar, um von dort aus den anscheinend beglückten Liam zu beobachten. Die Blondine nahm ständig seine Hand und der Idiot ließ das auch noch zu. Als sie dann auch noch begann zu tanzen, baute sich Eifersucht und Wut in mir auf. Sie machte sich voller Absicht vor meinen Augen an ihn heran. Wieso ließ Liam das auch noch zu? Wollte er mir den Abend so ruinieren? Die Blondine stellte für mich ein ernstes Problem dar und am liebsten würde ich zu ihr hingehen und ihre gekünstelten Haare einzeln vom Kopf reißen. Ich umfasste den Rahmen meines Stuhls und konnte nicht die Augen von den Beiden lassen. Irgendwann begann sich die Blondine mit dem Rücken zu ihm zu wenden und wackelte mit ihrem Hintern an ihm. So hatten Liam und ich beinahe getanzt. Doch der mächtige Tritt kam erst, als er begann seine Arme um sie zu legen. Da war das Spiel vorbei. Ich verlor und zog mich sofort in die Toilette zurück. Das tat so furchtbar weh. Schon unterwegs hielt ich mir Tränen zurück und suchte dabei Selena, aber sie war verschwunden. In einer Kabine setzte ich mich auf den Klodeckel und begann leise zu weinen. Es schmerzte sehr so etwas zu sehen, vor allen Dingen, wenn man so schwer verliebt wie ich war. Bestimmt hatte er kein Interesse an mir, wegen meiner fehlenden Stimme. Der Blondine ihre Stimme erfreute ihn bestimmt und verführte ihn scheinbar. Wie sollte ich sie da toppen? Noch bevor Tränen über mein Make-up quollen, trocknete ich sie mit einem Tuch und schlug mir zart auf die Wangen. Mit einem kräftigen Seufzer verließ ich die Kabine und stellte mich vor den Spiegel und zu sehen, ob alles beim alten war. Mit ein paar neuen Nachzügen wusch ich mir die Hände und es kamen zwei Mädchen herein. Die eine war die Freundin von der Blondine.
„Ich hasse diese billige kleine Schlampe!“, fauchte sie energisch.
„Ich kann dich ja verstehen, aber er ist nun mal ein heißbegehrter Kerl.“, versuchte die andere sie zu beruhigen.
„Kim, hast du jemals irgendwann einmal erlebt, das Chantal mir beiseite stand, geschweige denn mir half? Sie ist einfach nur billig, mehr nicht!“
„Wieso hängst du dann noch mit ihr ab?“, fragte Kim und strich ihre naturblonden, gewellten Haare zurück.
Die Braunhaarige umfasste das Becken voller Wut und wusch sich wütend die Hände.
„Keine Ahnung.“, murmelte sie und biss auf ihre Zähne.
Ich putzte mir absichtlich die Hände langsam ab, um den beiden zuzuhören.
„Page,…“, seufzte Kim und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Am besten wir gehen wieder raus und setzten uns an die Bar, ok? Ich gebe dir auch einen aus.“, lächelte sie und führte sie aus der Toilette. Chantal hieß also die Blondine, klang auch völlig schlampig. Ich war so wütend und gleichzeitig immer noch verletzt, das ich doch beschloss Selena im Gedränge zu suchen. Jedoch gab ich nach zehn Minuten auf und setzte mich in der Nähe der anderen beiden Mädchen, die mich offensichtlich schon bemerkten. Wahrscheinlich dachten sie ich würde ihnen nach spionieren, doch dabei wollte ich nur an Informationen heran kommen.
Es war viel zu laut, als das hätte ich das Gespräch mitbekommen können und machte mich auf den Weg, um einen stilleren Platz zu suchen. Es ging mir schon sehr auf die Nerven, allein herum zu rennen, aber dann sah ich von weitem Liam, der allein auf einem Sofa saß. Erleichtert ihn ohne die Blondine zu sehen, ging ich lächelnd auf ihn zu. Durch die Leute, die noch vor mir standen, waren nur Stücke seiner Gestalt zu erkennen. Aber im nächsten Moment, als ich vor dem Sofa stand und zu Liam blickte, befanden sich seine Lippen auf einer anderen Person. Er genoss den Kuss und scheute sich nicht damit aufzuhören. Aber all meine Befürchtungen wurden tatsächlich wahr. Der Abend war für mich gelaufen und dieses Mal konnten sich meine Tränen nicht zurück halten. Sie liefen über mein Gesicht und wie angewurzelt blieb ich vor den beiden stehen. Liam öffnete seine Augen kurz und sah mich weinend vor ihm stehen. Er wusste sofort was los war und sprang vom Sofa auf.
„Emma, ich…“, stammelte er hektisch und wollte meine Hand nehmen, aber ich zog sie ihm weg. Völlig aufgelöst suchte ich den Ausgang, um aus dieser Hölle zu verschwinden. Die Leute riefen mir nach, wenn ich mich schnell an ihnen vorbeischlang und Liam dann nicht durchließen. Draußen kam ich endlich zur Ruhe und setzte mich neben Liams Auto. Dieses Mal war mein Make-Up völlig hinüber und die Tusche klebte nun unter meinen Augen. Ich band meine Haare zurück und zog mein Handy heraus. Sofort schrieb ich Selena eine SMS, das sie so schnell wie möglich herkommen sollte. Aber anstatt das ich Liam und Selena erwartete, leistete mir eine andere unerwartete Person Gesellschaft.






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