Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt - Teil 8

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 04.08.2011


Sorry Leute, dass dieser Teil etwas nichtssagend ist und auch keine Liebe darin vorkommt... ich hoffe ihr könnt darüber hinwegsehen :)
________________________


Abigail konnte nicht fassen, dass Moses gegangen war. Ließ dieser Faulpelz sie hier einfach zurück. Sie hatte nie die Toleranz und Freundschaft ihrer Familie gegenüber den Negern verstanden. Verstand sie immer noch nicht. Immerhin hatte sie wegen denen ihr Haus und ihre Eltern verloren.
Sie setzte sich auf den Stuhl und lauschte dem sich unheilvoll anhörenden Gewitter draußen. Die Hütte war dunkel und schmuddelig und sie wäre lieber tausend Meilen weit weg gewesen. Doch das einzige, was ihr geblieben war, war die Kette ihrer Mutter, die sie immer noch in der Tasche hatte.
Nach einiger Zeit kam Moses wieder. Er war völlig durchnässt, doch er sah zufrieden aus.
„Was für eine Wetter!“, grinste er.
„Du bist nass“, stellte Abigail fest.
Moses lachte. „Ja, Miss, das ist bei Regen so üblich.“
Er zog unter seiner Jacke ein paar dicke Holzscheite hervor und legte sie in den Kamin.
„Die haben ich im Wald gefunden. Hoffentlich brennen sie gut.“
Er suchte eine Zeit lang in einer Kiste neben dem Kamin und zog schließlich eine alte verbeulte Pfanne und zwei Feuersteine heraus.
„Ahh“, machte er zufrieden. „Die netten Leute denken aber auch an alles!“
Abigail rümpfte die Nase, als sie die Pfanne erblickte und sah, wie der junge Mann begann, die Steine aneinander zu schlagen. „Was für eine primitive Art, Feuer zu machen.“
Moses schaute nicht auf, doch das Mädchen sah sein verschmitztes Grinsen.
„Machst du dich etwa über mich lustig?“, fragte sie gereizt.
Moses hob kurz die Hände. „Niemals im Traum würden ich darauf kommen, Miss.“ Er schlug weiter, bis die ersten Funken auf das feine Sägemehl übersprangen, welches er davor von einem Holzscheit abgerieben hatte.
„Und was hast du zum essen dabei?“, fragte Abigail nach einiger Zeit. Die Hölzer hatten bereits Feuer gefangen und die kleinen Flammen leckten an der trockenen Rinde.
Moses griff in seine weiten Taschen und holte etwa zwei handvoll kleiner Nüsse heraus. Er gab eine davon Abigail. „Das sind Bucheckern. In einer Pfanne geröstet schmecken sie wirklich sehr gut. Wir haben oft in Afrika das gegessen.“
Abigail betrachtete das runde, braune Etwas argwöhnisch. Sie hatte noch nie so etwas gegessen. Zu Hause hatte es immer besseres Essen gegeben. „Sie sind schmutzig“, sagte sie schließlich und warf das runde Ding Moses zu. „Das esse ich nicht.“
Moses grinste. Wenn er das tat, hätte das Mädchen ihn am liebsten ins Gesicht geschlagen. „Sie haben auch gelegen, auf dem Waldboden. Natürlich ist Erde dran. Ich werde sie sauber machen.“
Er stand auf und ging in den strömenden Regen hinaus, aus dem er nach einer Weile wiederkam. Anscheinend hatte er die Bucheckern im Regenwasser abgewaschen.
„Besser so, Miss?“, fragte er Abigail freundlich.
Das Mädchen rümpfte wiederholt die Nase. „Regenwasser ist dreckig, voller Bakterien. Ich esse das nicht.“
Moses seufzte und legte die braunen Nüsse in die Pfanne, die er dann übers Feuer hielt. „Von Afrika ich bin Schlechteres gewöhnt“, sagte er. Bei der Erinnerung an sein Heimatland erschien ein Glanz in seinen Augen.
„Dort bekamen wir oft nur das, was die Masters und Misses uns übrig ließen.“ Er senkte den Kopf. „Und das war sehr wenig. Aber Ihre Eltern“ er wandte sich zu Abigail, die ihn mit verschränkten Armen durchdringend musterte. „waren ganz anders gewesen. Die Missus und der Master waren freundlich. Bei ihnen durfte ich sogar manchmal am Tisch essen.“
Das junge Mädchen erinnerte sich ungern. Manchmal, wenn Mammi zu viel gemacht hatte, war es den Sklaven erlaubt gewesen, im Haus mit ihnen zu essen. Abigail war dann meistens mit ihrem Teller auf ihr Zimmer gegangen.
Moses wandte sich wieder den Bucheckern zu. Das Erinnern an alte Zeiten war vorüber. Jetzt galt seine Aufmerksamkeit den Nüssen. Er nahm eine davon und steckte sie in den Mund.
„Hmm! Das ist wirklich gut“, sagte er und grinste Abigail dabei an. „Schmecken fast wie Mandeln. Wollen Sie sicher keine, Miss?“
Abigail machte sich nicht die Mühe, den Kopf, der ihr auf die Brust gesunken war, zu heben. „Ich hasse Mandeln“, sagte sie lediglich. Sie war todmüde und wollte nichts sehnlicher, als endlich einschlafen zu können.
Nach einiger Zeit, die von den Schmatzgeräuschen Moses begleitet wurde, gelang es ihr schließlich, in einen tiefen traumlosen Schlaf hinüber zu gleiten.

„Schau dir den an“, flüsterte Archie seinem neuen Begleiter ins Ohr, und deutete unauffällig auf einen großen hageren Mann, der gerade im Begriff war, an ihnen vorbeizulaufen. In dieser Stadt erkannte man auf den ersten Blick, wer wohlhabend oder auch nur besser betucht, und wer dem Wohlstand noch fern war. Archie hatte ein gutes Auge dafür entwickelt und erkannte besagten hageren Mann als einen „besser betuchten“.
„Sieh zu, und lerne“, grinste er und schlenderte dem Mann entgegen. Cillian schaute gespannt zu, wie Archie ihn anrempelte- sehr geschickt tat er das- und sich unterwürfig entschuldigte. Der große Mann entgegnete nichts darauf sondern ging unbeirrt weiter. Anscheinend hielt er es nicht für nötig, Archie zu antworten. Doch das störte den Jungen nicht weiter. Er bedachte den Mann, der, ihm den Rücken zugekehrt weiterging, noch mit einem frechen Grinsen, dann kam er zu Cillian zurück.
„Und?“, fragte dieser neugierig. Archies Grinsen wurde breiter, als Cillians Augen sich bei dem Anblick der goldenen Taschenuhr in seiner Hand weiteten. Sie war mit meisterhaften Gravuren durchsetzt und das Gold schimmerte wunderschön und rein. Die Zeiger waren kunstvoll verschnörkelt, die Kette bestand aus goldenen, feinen Ösen.
„Wie hast du das gemacht?“, brachte Cillian hervor und drehte die Uhr ehrfürchtig in seinen Händen. Archie nahm sie energisch an sich.
„Zeig sie doch nicht so offen! Komm mit.“ Er packte Cillians Hand und führte ihn in die Gasse, in der immer noch die abgenagten Maiskolben lagen. Dort schaute er sich kurz um, ob niemand sie beobachtete, und zog einen unscheinbaren Ziegelstein aus dem unteren Teil der maroden Häuserwand. „Das ist mein Geheimversteck“, erklärte er und legte den Stein vorsichtig auf den Boden. „Ich habe eine ganze Woche gebraucht, um überhaupt den Stein zu lockern.“ Cillian schaute ihn bewundernd an.
„Was ist denn da drin?“
Archie griff mit der Hand in das Loch und zog etwas Langes, Glitzerndes heraus. Erst beim zweiten Hinschauen erkannte Cillian die Silberkette.
„Sie ist zwar nicht so wertvoll wie die Uhr, aber sie war leicht zu haben“, grinste Archie. „Wenn du auch nur ein bisschen Fingerfertigkeit und Gewitztheit besitzt, lernst du das auch ganz schnell.“
Cillian grinste zurück, aber eine Frage beschäftigte ihn doch.
„Wenn du solche wertvollen Dinge besitzt, warum wohnst du dann immer noch hier in diesem…“ Er deutete auf die schmutzige Gosse, ohne ein passendes Wort zu finden. Archie lachte kurz.
„Meinst du denn, irgendwer würde mir glauben, dass mir diese Dinge wirklich gehören?“, sagte er. „Wenn sie meine dreckigen Klamotten sehen, sperren die mich doch sofort ein.“
Cillian verstand und nickte. „Da hast du recht.“
Archies Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz und ein breites Lächeln entstand auf seinem Gesicht. „Aber wenn ich genug zusammen habe, gehe ich dorthin, wo es für jeden Platz gibt, wo die Menschen einen mit offenen Armen empfangen und die Freiheit einem nur so entgegenfliegt.“ Cillian machte große Augen. „Was ist das für ein Ort?“, fragte er neugierig. Archie hielt ihn mit einer kurzen Kunstpause hin, dann sagte er: „Texas, Kleiner! Texas ist die Heimat der Freiheit und Unabhängigkeit.“
„Texas“, murmelte der andere. „Ich war noch nie dort…“
Archie klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Dann wird es aber höchste Zeit.“




Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz