Music is the Key

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 07.07.2011


Music has always been healing, some people just sometimes and others again and again and again.

Sarah Connor feat. Naturally 7 - Music is the Key



Ich ließ meinen Blick über das Schulgelände streifen und hielt den Griff meines Koffers fest umklammert. Das war es also – mein neues Zuhause für die nächsten sechs Wochen. Irgendwo in diesem Gebäude wartete ein Zimmer auf mich, mit einem anderen Mädchen, das auch hierher gekommen war, um einen Sommer lang zu versuchen, ein Stipendium zu bekommen. Das war bei mir nicht der Fall, mein Vater hatte genug Geld, um das Schulgeld auftreiben zu können. Er wollte mich schon lange hierher schicken, aber ich hatte mich bisher immer geweigert. Was, wenn ich nicht so gut war, wie alle sagten? Mich hier zum Affen machen würde? Nein, nein. Ich würde das hier jetzt den Sommer über ausprobieren und wenn es mir gefiel, würde ich blieben. Wenn nicht .. nun ja, ich hatte ja immer noch meine alte Schule. Dann würde ich die Oberstufe da machen und nicht hier.
Mich umschauend betrat ich das kleine Schloss und stieß gleich auf eine Menschenmenge, die vor einer Flügeltür stand und wartete. Selbstverständlich war ich mal wieder zu spät gewesen, wie sollte es auch anders sein. Wenn mein Bruder mich irgendwo hinfuhr, dann war es immer so. Er war einer der unpünktlichsten Menschen, die ich kannte. Wenigstens musste ich nicht in die Versammlung platzen, das war doch schon mal ein Fortschritt. War mir auch schon einige Male passiert.
Ich sah mich um und stieß dann einem kleinen, blonden Mädchen neben mir in die Seite.
„Hey.“
Sie drehte sich zu mir und ließ ihre weißen Zähne in ihrem ebenmäßigen Gesicht aufblitzen.
„Hi! Du kommst ziemlich spät!“
„Ja, ich weiß. Wo kann ich meinen Koffer hinstellen? Weißt du das?“
„Klar, ich komme seit zwei Jahren her. Da du wirklich spät bist und die Versammlung gleich anfangen wird, stell ihn doch einfach dahinten in die Ecke.“
Ich nickte ihr zu und brachte meinen Koffer weg. Seit zwei Jahren also. Dann gehörte sie wahrscheinlich zu denen, die hier eh zur Schule gingen und im Sommer hierblieben, damit sie mehr lernen konnten, damit sie besser waren, als die anderen aus der Klasse. Aber nun ja, soll mir egal sein. Als ich zurückging, blieb ich am Rand der Menge stehen. Ich konnte das nicht leiden, schwitzende Körper um einen herum und .. bah, die ganzen Gerüche. Trotzdem musterte ich die Leute, vor allem die Kerle und es waren ein paar echt heiße Nummern dabei. Aber eindeutig so welche, an die man eh nicht ran kam, wenn man nicht klein und zierlich war. Was ich definitiv nicht war. Ich war ziemlich groß, ich überragte die meisten hier über mindestens einen Kopf. Ich war nicht zierlich, ich war sogar ziemlich trainiert. Ich machte Kickboxen. Meine Haut hatte die Farbe von Milchkaffee, was daran lag, dass meine Mutter eher wie Schokolade ausgesehen hatte. Auch mein korallenroter Haarschopf (von meinem Papa geerbt) stach deutlich aus der Menge hervor. Garantiert war ich schon von jedem bemerkt worden – was mir eigentlich überhaupt nicht gefiel. Ich war ein Mensch, der es gern ruhig hatte, ich saß gern in meinem Zimmer und las ein Buch oder kritzelte ein paar Noten auf ein Blatt Papier.
Naja. Was konnte man noch zu den Leuten hier sagen? Es gab viele verschiedene Typen. Dicke, dünne, große, kleine, helle, dunkle und so weiter. Manche sahen ziemlich locker aus, andere, als hätten sie einen Stock im Arsch. Es gab welche mit Brillen, welche ohne, welche mit Piercings, welche mit Tattoos. Hier war halt einfach jeder vertreten. Die Nachbarstochter von nebenan, der coole Typ aus der Klasse über einem.
Doch als plötzlich die Tür aufging, wurden sie alle gleich. Sie begannen sich nach vorne zu drängen, jeder wollte als erstes auf einem Stuhl sitzen und auf das Podium starren, wo die Schulleiterin ihre Rede halten würde. Alle wollten nur eines – bemerkt werden, damit sie für ein Stipendium in Frage kamen. Naja, zumindest die meisten. Die, bei denen man schon erkannte, dass sie eine Menge Geld hatte, allein an der Kleidung, die hielten sich ein wenig zurück. Sie setzen sich in die letzte Reihe und begannen zu reden, immerhin kannten sie sich schon ein paar Jahre. Ich fand einen Platz ziemlich mittig, zwischen zwei Jungen. Der eine war ziemlich klein und hatte eine Nerd-Brille auf der Nase, der andere war sogar noch einen Kopf größer als ich und ziemlich schlaksig. Er stellte sich mir gleich vor.
„Hi, ich bin Xaver.“
Ich lächelte und nahm die Hand, die er mir darbot.
„Ich bin Anna.“
„So ein gewöhnlicher Name“, grinste er. „Bei deinen Haare hätt ich was ausgefalleneres erwartet.“
Ich lachte.
„Ja, aber leider hat mein Vater ein Vorbild. Nämlich Johann Sebastian Bach. Und dem seine zweite Frau, eine sehr begabte Sopranistin, die hieß Anna Magdalena .. also ..“
„Also heißt du auch Anna Magdalena?“
„Bitte nur Anna.“
„Man könnte soviel aus deinem Namen machen. Anni, Magda, Meggi, Lena, Lene, Elena.“
Ich musste grinsen.
„Einfach Anna.“
„Okay, einfach Anna. Was spielst du für ein Instrument? Oder kommst du nach deiner Namensvetterin?“
„Klavier ist mein Hauptinstrument. Schon ewig. Außerdem Blockflöte. Und Violine. Kann ich aber nicht sonderlich gut. Und seit kurzem auch Gitarre. Was spielst du?“
„Kontrabass. Cool, was?“
„Wie, das wars?“
„Nein. Ich bin ein begnadeter Tenor“, grinste er. „Sagen zumindest die anderen. Also singst du nicht?“
„Doch, aber ..“
Unser Gespräch wurde von einer herrischen Stimme unterbrochen, die zu einer schlanken, hochgewachsenen, sehr komisch angezogenen Frau gehörte.
„Ich heiße Sie alle herzlich Willkommen auf unserer Schule für Musik. Sie alle sind hier, weil Ihnen ein besonderes Talent im Bezug auf Musikinstrumente nachgesagt wird. Ich hoffe, dass Sie das alles unter Beweis stellen können. Mein Name ist Frau Clemens, ich bin hier die musikalische Leiterin und Direktorin der Schule. Wenn Sie irgendwelche Probleme haben, zögern Sie nicht zu mir oder zu unserem Vertrauenslehrer, Herr Schmitt, zu kommen. Wir haben in offenes Ohr für Sie. Frühstück gibt es um halb neun, Mittagessen um dreizehn Uhr und Abendessen um achtzehn Uhr dreißig. Spätestens um 23 Uhr sind die Lichter aus und Sie liegen in Ihren Betten. Auf Ihren Betten finden Sie die Schulordnung. Sollten Sie diese missachten, so werden Sie nach einer Verwarnung nach Hause geschickt. Sie haben jetzt eine Stunde, nachdem Sie diesen Saal verlassen haben, Zeit, Ihre Koffer auszupacken. Dann schauen Sie bitte auf die Tafeln in der Eingangshalle, suchen Ihren Namen und finden sich in dem Ihnen zugeteilten Raum ein. Ich wünsche Ihnen einen musikalischen Aufenthalt.“
Sie verließ die Bühne und ein Mann mit schütterndem Haar trat vor.
„Ja, ehm, hallo, ich bin Herr Schmitt. Ehm .. ich wollte mich .. vorstellen .. Vertrauenslehrer. Der bin ich. Okay. Wenns keine Fragen mehr gibt ..“
Gabs anscheinend nicht, denn alle sprangen auf und begannen ihre Zimmer zu suchen. Auch ich erhob mich und sah zu Xaver. Der fuhr sich mit der Hand durchs Haar und grinste.
„Dann sehen wir uns später?“
„Klar.“
Ich boxte ihm locker in die Schulter und verließ den Versammlungssaal. Ich ging zu meinem Koffer, zog einen Brief raus, in dem stand, dass ich hier angenommen war, aber auch meine Zimmernummer, packte den Koffer und begab mich dorthin. Vorsichtig, gespannt, wer wohl meine Mitbewohnerin sein würde, öffnete ich die Tür und steckte meinen Kopf rein.





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