Es könnte alles so einfach sein... - Teil 7

Autor: josie
veröffentlicht am: 08.08.2011


So nun der nächste Teil. Ich hoffe er gefällt euch genauso gut wie der letzte :) Für Rechtschreibfehler entschuldige ich mich jetzt schon mal, ich habe den größten Teil spät abends geschriebn, weshalb meine Konzentration etwas gelitten hat ;)
So und nun viel spaß beim lesen und vergesst nicht einen Kommentar zu hinterlassen. Ich freue mich über jeden :)

S-C-H-W-U-L!
Das Wort hallte in meinem Kopf wieder, ohne dass ich recht begriff, was es bedeutete.
„WAS?“ der grelle Schrei von Marie drang an meine Ohren. „Du bist schwul? Echt jetzt? Das hätte ich wirklich nie gedacht. Aber hey, mir macht das wirklich nichts aus. Das ist doch vollkommen egal.“
„Wirklich? Danke Marie.“ Tom sah sie erleichtert an. Er blickte weiter zu Jan, der sofort kundtat, dass es ihm auch nichts ausmachen würde. Schließlich sah er zu mir. Ich versuchte schnell meine Fassung wieder zu bekommen und lächelte ihn etwas gequält an. „Wow. Das kommt wirklich überraschend. Aber ich hab natürlich auch nichts dagegen.“ Ha. Und wie ich was dagegen hatte. Oh mein Gott. Wie unglaublich peinlich! Warum musste so was ausgerechnet mir passieren? Ich kam mir so dumm vor. Ich hatte mir ernsthafte Hoffnungen gemacht, ich hatte mir eingebildet, dass Tom mir Anlass dazu gegeben hatte. Oh Gott. Und ich mach mir auch noch den ganzen Tag Gedanken über seine T-Shirt Farbe und ahne einfach gar nichts. Wie kann man nur so blöd sein. Ich hätte es wissen müssen. Er war einfach zu perfekt für einen Heteromann. Immer höflich, zuvorkommend, charmant… War ja klar, dass ausgerechnet der perfekte Mann schwul sein muss!
Na wenigstens hatte ich es jetzt erfahren und nicht erst in ein paar Wochen, wo alles zu spät gewesen wäre.
„Ich glaube wir sollten langsam zurück.“, meinte Jan. Wir standen auf und machten uns auf den Weg. „Oh Gott. Ich kann es gar nicht glauben“, Marie sah Tom unverwandt an. „All die Jahre hab ich einfach nichts gemerkt. Seit wann weißt du es denn?“
„Also angefangen hat es wohl vor einem Jahr, da hab ich gemerkt, dass mir Männer einfach mehr gefallen, als Frauen. Aber damals wollte ich es nicht wahr haben. Ich dachte ich täusche mich und hab es einfach ignoriert. Aber vor ein paar Monaten wollte ich es dann genau wissen und habe, naja ein paar Experimente gemacht und festgestellt: Ich bin Schwul. Und heute hab ich endlich den Mut gefunden es euch zu sagen. Ihr seid die ersten die es wissen. Das Gespräch mit meinen Eltern steht mir noch bevor.“ Er sah etwas sorgenvoll drein. Die drei unterhielten sich weiter darüber. Vor allem Marie war Feuer und Flamme.
Doch ich wollte es nicht hören. Ich wollte nicht wissen, wie er es gemerkt hatte oder ob er einen Freund hatte. Ich wollte einfach allein sein, damit ich in Ruhe weinen konnte.
Wir waren am Ausgang des Parks angekommen, wo bereits der Bus auf uns wartete. Die meisten der anderen waren auch schon da und so beeilten wir uns, schnell einzusteigen. Ich setzte mich gleich vorne in die erste Zweierreihe und hoffte inständig, dass sich nicht Tom neben mich setzen würde. Ich wurde nicht erhört. Er sah mich nachdenklich an und meinte: „ alles in Ordnung mit dir? Du bist so still. Weißt du, wenn es dir was ausmacht, dann sag es mir ruhig. Ich werde dir nicht böse sein.“ Dabei lächelte er mal wieder umwerfend. „Nein, nein. Es macht mir wirklich nichts aus, Tom. Ich bin einfach nur etwas müde, das ist alles.“ Ich versuchte ein aufmunterndes Lächeln, das eher einer Grimasse ähnelt, Tom aber zufriedenstellte. „Na dann ist ja gut. Ich habe mir nämlich große Sorgen gemacht, was ihr davon haltet. Aber, “ er dämpfte seine Stimme, „Sag es bitte nicht weiter. Es müssen ja nicht gleich alle wissen. Für ein richtiges Comingout bin ich noch nicht bereit.“ Er zwinkerte mir verschwörerisch zu. Oh da brauchte er sich keine Sorgen machen. Ich werde diese Geschichte wohl mit ins Grab nehmen. –Mensch Jo. Jetzt hab dich doch nicht so. Ist doch eigentlich ganz lustig. Und Tom kann doch wirklich nichts dafür. Ist doch nicht so schlimm. Du wirst schon irgendwann jemanden kennen lernen, der genauso toll und noch dazu hetero ist.-
Nicht so schlimm? Wie bitte? Ich habe gerade erfahren, dass der Junge, für den ich geschwärmt hatte (von verliebt sein kann man nicht reden, dass wäre wohl zu weit gegangen) schwul ist und du sagst mir, dass ich mich nicht so anstellen soll? Na da möchte ich dich mal erleben!
Das hatte wohl gesessen, denn nun hielt meine innere Stimme beleidigt die Klappe. Na endlich.
„Und? Hast du Lust?“, Tom blickte mich fragend an. „Wie? Was hat du gesagt?“ „Ob wir heute wieder zusammen spazieren gehen sollen?“
Spazieren? Ich? Mit Tom? Alleine? Never ever! Ok. Jo. Du brauchst eine Ausrede. Eine gute Ausrede…Eine glaubwürdige Ausr… „Ich würde ja wirklich gerne, aber heute kommt mein Bruder wieder nach Hause und da möchte ich da sein, verstehst du?“ Das war noch nicht einmal gelogen. Chris kam wirklich heute zu uns. Das war der größte Vorteil daran, dass wir nach München gezogen sind. Chris studierte auch hier und so konnte ich ihn wieder öfters sehen. Von all meinen Geschwistern kam ich mit ihm am besten aus. Das war schon immer so gewesen und hatte sich in den letzten drei Jahren, seit meine Mutter gestorben war, noch verstärkt. Trotz, oder gerade wegen des großen Altersunterschiedes verstanden wir uns blendend. Er war 25 und würde in einer Woche heiraten. Ich freute mich riesig für ihn.
„Kein Problem“, meinte Tom.
Den Rest der Fahrt verbrachte ich größtenteils damit, aus dem Fenster zu schauen und meine Dummheit zu verfluchen.

Ich schloss die Haustür auf und trat in den Flur. Es war ungewöhnlich still. Normalerweise war immer jemand da, der Lärm machte. Ich ging in die Küche um mir etwas Essbares zu suchen und fand eine Tiefkühlpizza, die ich mir auch sofort in den Ofen schob.
Plötzlich spürte ich, wie jemand hinter mich trat und mir die Augen zuhielt. Ich erkannte sofort den Geruch. „Chris!“, rief ich begeistert. „Hey, kleines.“ Er ließ mich los und ich drehte mich zu ihm um. „Ich dachte du kommst erst später.“, meinte ich, als ich mich ihm an den Hals warf. „Die letzte Vorlesung ist ausgefallen. Ach kleines, es ist schön dich wieder zu sehen. Wie geht es dir? Was macht die Schule? Hast du schon neue Leute kennen gelernt?“ Er drückte mich noch mal kurz an seine Brust, bevor er mich los ließ und mich musterte. „Hey, was ist los? Du siehst bedrückt aus.“ Ich versuchte erst gar nicht es zu leugnen. Ich konnte ihm einfach nichts verheimlichen. Dafür kannte er mich zu gut. Ich seufzte einmal tief: „Ich erzähl es dir später, o.k.?“ „Wieso nicht jetzt?“ Ich sah ihn einen Moment nachdenklich an. Ja, warum nicht jetzt? Es sprach nichts dagegen. Also ging ich, gefolgt von Chris ins Wohnzimmer, wo wir uns auf die Couch setzten und ich begann zu erzählen. Angefangen von der Begegnung im Bus bis hin zum legendären „Ich bin Schwul“ von vorhin. Als ich geendet hatte sah er mich einen Moment mitleidig an und sagte dann: „Also ehrlich gesagt, ich wusste es schon beim rosa T-Shirt.“ „Na toll. Das hilft mir jetzt auch nicht weiter.“, schnaubte ich und stand auf, um meine Pizza aus dem Ofen zu holen. Chris folgte mir, setzte sich an den Küchentisch und sah mir zu, wie ich meine Pizza zubereitete. „Ach komm schon Jo. Denk doch mal an das positive. Ich mein, es ist doch gut, dass er es jetzt erzählt hat und nicht erst, wenn du dich richtig in ihn verliebt hättest. Und das hättest du Jo, das hättest du.“
„Ach, du hast ja Recht. Natürlich ist es gut, dass er es jetzt gesagt hat. Aber trotzdem. Ich komm mir so unglaublich dumm vor.“ „Aber du kannst doch nichts dafür. Es steht ihm ja nicht dick und fett „schwul“ auf der Stirn geschrieben. Du konntest es doch nicht wissen. Du hast doch gesagt, dass selbst seine ältesten Freunde es nicht gemerkt haben.“
„Ja schon. Aber es ist trotzdem alles eine riesen große Scheiße.“
Chris lachte einmal kurz auf. „Da hast du wohl Recht. Aber nimm es dir jetzt bitte nicht so zu Herzen. Versuch einfach in ihm nichts Weiteres als einen Freund zu sehen.“ Er stand auf. „Ich muss dann leider wieder los, kleines. Ich komm heute Abend wieder.“ Er kam auf mich zu, nahm mich noch einmal kurz in den Arm und ging dann zur Tür. „Tu mir den Gefallen und denk nicht mehr darüber nach. Alles andere würde es nur schlimmer machen.“ Und somit verschwand er und ließ ein Häufchen Elend zurück. Der hatte gut reden. Er hatte seine Traumfrau ja schon gefunden und musste sich nicht mehr mit solchen Problemen herumschlagen. Ich hingegen hatte bisher noch nie einen Freund gehabt. Ich weiß mit 17 ist das doch etwas erstaunlich aber es hatte sich einfach nie ergeben. Es war nicht so, dass ich nicht wollte, eher wollten die Jungs nicht. Die meisten sahen in mir immer nur den Kumpel, mit dem man Spaß haben kann. Deshalb hatte ich mich ja auch so über Toms Aufmerksamkeit mir gegenüber gefreut. Ich hatte gedacht, dass er mich als Frau wahrnimmt. Aber anscheinend hatte ich mir das alles nur eingebildet.

Am Abend lag ich in meinem Bett und schaute aus dem Fenster. Es war eine klare Nacht, so dass die Sterne gut zu sehen waren. In meinen Gedanken herrschte immer noch das gleiche Thema. Vor allem aber dachte ich an den morgigen Tag. Marie, Jan und Tom hatten mich zu einer Stadtrundfahrt eingeladen. Schon vor dem Comingout. Und ich hatte mich nicht getraut abzusagen. Erstens wollte ich wirklich endlich mal was von der Stadt sehen und zweitens wollte ich nicht, dass die anderen dachten, ich hätte wegen Toms Geständnis abgesagt. Das würde zwar der Wahrheit entsprechen, aber es würde der Eindruck entstehen, dass ich Schwule nicht leiden kann, was absolut nicht der Fall ist. Nur die Kombination aus „Tom“ und „Schwul“ wiederstrebte mir etwas.
Also stand mir morgen ein kompletter Tag mit Tom bevor, an dem ich jede Sekunde an mein
Leid erinnert werden würde. Womit hatte ich das nur verdient?





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