Perlenschimmer - Teil 2

Autor: Linn
veröffentlicht am: 14.06.2011


Der Schmerz der meinen Kopf durchzuckte weckte mich auf. Nach einigen Anläufen zwang ich meine schweren Lider sich zu heben. Mein Blick fiel zuerst auf die Holzbalken an der Decke. Auf mir wurde eine weiche Wolldecke gelegt und darunter war ich, wie ich entsetzt feststellte nicht bedeckt. Wo war ich? Was war geschehen? Panik floss geradezu durch meine Adern und mein Herz fing an in schnellem Tempo zu galoppieren. Wieso kann ich mich an nichts festhalten, an keiner Erinnerung? Plötzlich hörte ich langsame Schritte, die sich näherten und mein Atem setzte kurz aus. „Du bist aufgewacht.“, ganz ruhig drehte ich mich nach der rauen und überraschend sanften Stimme um und mein Blick heftete sich an dem Gesicht eines Mannes. Er sah gelassen zu mir rüber und in seinem Blick schwang ein Hauch Erleichterung mit. Er ließ so viel Abstand zwischen uns, wie es der kleine Raum gestattete und versuchte nicht näher zu kommen. Ich merkte, dass er auf etwas wartete. Unbeholfen rappelte ich mich auf, zog die Decke bis über meine Schultern und räusperte mich kurz. „ Wer...was ist...wo bin ich?“ schoss es aus meinem Mund. Wie verloren und jämmerlich ich mich fühlte. Er hatte ein Tablett auf den Händen, darauf zwei Tassen mit dampfender Flüssigkeit. Ehe er sprach, machte er einen vorsichtigen Schritt nach vorn und behielt mich dabei im Augen – er wollte mich nicht beängstigen und nicht nahe kommen, wenn es für mich nicht okay war. Wie...nett. Als ich nicht zurückwich, kam er näher und stellte das Tablett auf den Tisch vor dem Sofa, auf dem ich saß und setzte sich an den Sessel, mir gegenüber. „Ich heiße Paul.Du bist in Sicherheit.“ seine Stimme hüllte mich wie eine warme, sichere Wolke ein. „Hier, ich habe uns Tee gemacht, falls du aufwachen würdest..“, er erhob sich und reichte mir die eine Tasse, die ich mit beiden, immer noch zittrigen Händen umschloss. „Danke“, kam es nur meinerseits. Ich nippte daran und fand kurz Zeit, ihn zu betrachten, während er auf dem Tisch für seine Tasse Platz machte. Er war groß und gut durchtrainiert, dennoch war sein Körper schlank. Er hatte dunkles leicht gewelltes Haar und ein markantes Gesicht mit weichen Zügen - und dann waren da diese Augen, so strahlend blau, die an die Oberfläche eines Ozeans erinnerte, durch welches Sonnenstrahlen durchstrahlen – und diese Augen, die mich in seinen Bann gezogen hatten schauten mich nun an. Peinlich berührt senkte ich meine Lider wieder und sah auf meine Hände, die von dem Kakao warm wurden, verlegen kaute ich auf meiner Unterlippe. „Du lagst da einfach im Wald, auf dem Boden und natürlich kann man niemanden der Wildnis überlassen, also habe ich dich...einfach mitgenommen.“ Als ich aufblickte, ob ich den Ton seiner Stimme richtig gedeutet hatte, wurde mein Gefühl von dem kleinen Lächeln auf seinen Lippen bestätigt. Es wirkte eher entschuldigend? Er hatte sich gedacht, dass ich erschrecken könnte. „Danke.“, was besseres fiel mir nicht ein. Dennoch wusste ich, dass er auf eine Antwort auf seine unausgesprochene Frage wartete. Zu schade nur, dass ich mir diese Antwort auch von irgendwem erhoffte. Also setzte ich zu einer kleinen Erklärung an, nach dem ich seufzte, „Ich habe keine Ahnung. Soll heißen, ich habe keinerlei Erinnerungen an irgendwas. Ich weiß nicht was passiert ist, woher ich herkomme, wie ich in diesen Wald gelangt bin, nur ein großes schwarzes Loch.“ Erschöpft von den vielen Worten lehnte ich mich niedergeschlagen zurück. Sein Blick verriet mir seine Verwirrung und Mitleid. Ich wollte aber nicht, dass er Mitleid mit mir hat. „Wie heißt du?“, fragte er, „Lynelle.“, bevor ich den Namen ausgesprochen hatte, hatte ich befürchtet, dass ich mich nicht an ihn erinnern würde. „Sieh mal, das mit..deiner Situation. Ich werde dir helfen und wir werden rauskriegen was passiert ist, wir können zur Polizei und schauen ob eine Vermisstenanzeige dir nahe kommt. Ich...“ Ich zuckte kurz zusammen, als ein Handy klingelte. „Entschuldigung“ murmelte Paul. „Ja? Oh hey, Lucy. Ehm.. die Eröffnung, nein..nein natürlich hab ich sie nicht vergessen. Mir ist nur.. etwas dazwischen gekommen, ich weiß nicht ob ich kommen kann.“ darauf folgte eine lange Rede von Lucy und Paul konnte nichts anderes, als die Augen zu verdrehen und immer wieder abschätzend mich anzusehen. Widerwillig dachte ich daran, ob Lucy seine Freundin war, bei dem Aussehen, das er hatte würde jede Frau dahinschmelzen. „Ist gut, ich versuche zu kommen. Ja, halb 9. Bis dann.“, er seufzte und hielt das Handy noch in der Hand, er dachte nach, bevor er seinen Blick auf mich richtete, „Das war meine Schwester. Heute gibt es ein Cocktail, die Eröffnung ihrer Galerie und es ist ihr ziemlich wichtig, dass ich dabei bin.“ Angst überkam mich, würde er mich hier allein und ohne Schutz mitten in einem verlassenen Wald lassen? Als habe er meine Angst gewittert, sprach er schnell weiter,“Natürlich, kann ich dich hier nicht allein lassen... also vielleicht.. willst du mitkommen?“ Seine Augen schauten mich fragend an, „Ich würde doch nur im Weg stehen und ich würde dich doch am Spaß hindern.. ich..“ Er unterbrach mich abrupt und stand auf, „Also kommst du mit. Wie schön.“, ergeben nickte ich dann doch nur, es würde ja nicht schaden. Dann fiel sein Blick auf meine nackten Schultern, welche als einzige nicht von der Decke bedeckt wurden und schaute kurz zur Seite, „Ich kann dir was von mir zum anziehen geben und dort kannst du dir sicher was Hübsches von Lucy leihen.“ Ich nickte nur. Plötzlich wurde meine Hand von meinem Unterbewusstsein geführt und sie fand den Anhänger der Kette, die ich die ganze Zeit trug. Überrascht und aufgeregt zugleich sah ich runter. Zwischen meinen Fingern hielt ich einen Edelstein – nein, einen Kristall, sie war nur erbsengroß und sah einer Perle ähnlich, nur durchsichtiger und zauberhafter. Blinzelnd sah ich zu Paul, der nicht groß verwundert aussah, „Habe ich auch schon entdeckt.“ gestand er, „Und noch was.“ er kam zu mir rüber, nahm meinen Arm ganz ruhig und milde und drehte ihn leicht, so dass ich die Unterseite sah, verdutzt starrte ich es an. Es war ein Tattoo. Man konnte es schwer beschreiben. Viele ineinander geflochtene geschwungene Linien bildeten eine einzige Blüte. Es sah so kompliziert aus und verbarg feine Details. In der Mitte erkannte ich eine Schrift, doch als ich näher sah, bemerkte ich, dass es eine fremde Sprache war – ich konnte sie nicht entschlüsseln. „Was bedeutet das alles?“, doch Paul konnte nur mit den Schultern zucken, „Wir werden es rausfinden.“. Ich spürte Hoffnung und umklammerte den Kettenanhänger fest, es war, als lebte es zwischen meinen Fingern auf.
Wenig später saßen wir in seinem Sportwagen und rasten durch den einsamen weg, dicht umrahmt von Bäumen. Ich hatte eine zu lange Hose und ein zu großes T-Shirt von Paul an. Ich sah lächerlich aus. Einen Augenblick ruhte sein Blick noch auf mir, dann richtete er ihn wieder auf die Straße. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster. Wie kam es, dass ich so ruhig war? Ich war in einem völlig unbekannten Ort aufgewacht und in meinem Kopf herrschte gähnende Leere, was irgendwelche Erinnerungen anging. Als...als hätte ich gar nicht gelebt. Ich kämpfte gegen das Brennen in meinen Augen an und versuchte unauffällig durchzuatmen. Es war großes Glück gewesen, dass Paul mich fand, ich wollte mir nicht ausmalen, was hätte passieren können. Paul, der im Moment einfach die einzige Seele war, der ich vielleicht vertrauen konnte. Aber auch er würde mich wahrscheinlich nach 1-2 Tagen irgendwo absetzen, niemand konnte so nett sein eine völlig verstörte bei sich länger aufzunehmen. Die vorbeiziehenden Bäume brachten mich ein wenig zur Ruhe. Doch tief im Inneren wusste ich, dass mir noch vieles bevorstand.

Geduldig wartete er im Wohnzimmer und spielte mit den Autoschlüsseln in seiner Hand. Sie waren bei Lucy angekommen und nach einer kurzen Erklärung hatte sie Lynelle bereitwillig in Beschlag genommen um sie passend einzukleiden. Er stellte sich schon das Schlimmste vor, denn seine Schwester war so besessen von Mode und hier hatte sie nun etwas Goldwertes – eine Puppe, die sie beliebig anziehen und stylen konnte. Er seufzte und hatte Mitleid mit Lynelle. Als er nach einer halben Stunde endlich die Schritte der beiden Hörte stand er auf und wollte Lucy gerade tadeln, dass sie zu spät kommen würden, dass sie nicht so viel hätte brauchen müssen - als die beiden erschienen. Ihre Vollkommenheit raubte ihm den Atem. Noch nie hatte er etwas so Schönes gesehen. Sie hatte ein enganliegendes trägerloses Kleid an, die Farbe stand ihr wunderbar – Königsblau. Das Kleid betonte all ihre Weiblichen Vorzüge. Sie bemerkte seinen Blick und trat verlegen von einem Fuß auf den Anderen. „Jaja, danken kannst du mir später, Bruderherz. Jetzt sammle deinen Sabber auf und bewege deinen hübschen Arsch, wir kommen zu spät.“ Er fing sich schnell und dann machten sie sich alle auf den Weg zur Galerie. Lucy setzte sich auf den Rücksitz und Paul hielt Lynelle die Tür auf, „Das Kleid steht dir.“ flüsterte er ihr beim Einsteigen mit einem Zwinkern und einem weichen Lächeln.






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