Insel des Vergessens - Teil 6

Autor: Jana
veröffentlicht am: 17.06.2011


Tut mir leid, dass der Teil etwas kurz geworden ist. Ich verspreche, der nächste wird länger!
Und vielen Dank für die lieben Kommentare, sie haben mich richtig motiviert weiter zu schreiben!:)


Sechstes Kapitel
Freddy bekam das kleine Gästezimmer im untersten Stock rechts vor der Küche. Catherine wollte ihm als Bett einen Art Korb mit Decken und Kissen richten. Daraufhin jedoch sagte er, dass er sich wie ein Hund fühlen würde und bestand darauf, in dem großen, breiten Bett zu schlafen, das bereits im Zimmer stand. Catherine zuckte nur mit den Schultern und ließ ihn gewähren. Es war ihr relativ egal, wo und wie er schlief, solange genug Abstand zu ihr bestand.
Nachdem sie ihm sogar das Bett bezogen und das Zimmer geputzt hatte, war es bereits halb sieben.
„Ich werde nun frühstücken. Ich nehme an du bist müde? Ruh dich einfach eine Weile aus“, sagte sie zu dem kleinen Zwerg. Dieser gähnte nur ohne die Hand vor den Mund zu nehmen und versuchte in das viel zu hohe Bett zu krabbeln. Als er es auch beim dritten Anlauf nicht schaffte, erbarmte sich Catherine und hob ihn hinauf. „Ich werde dir später einen Hocker holen, sodass du auch alleine hinauf kommst.“ Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Einen kurzen Moment zögerte sie und überlegte, ob sie den Schlüssel im Schloss umdrehen sollte, entschied sich dann allerdings anders. Was sollte der Zwerg hier schon klauen wollen? Sie hatten nichts von besonderen Wert oder Bedeutung hier.
Also wandte sie sich von der Tür ab und trat in die Küche ein. Ihr Bruder saß bereits am Frühstückstisch und las Zeitung. Vor ihm stand ein Körbchen mit frischen dunklen Brötchen, zwei Tassen mit dampfendem Kaffee, Wurst, Käse, Nougatcreme und frischer Gelee aus Äpfeln vom Garten. Wobei Garten zu viel gesagt war. Er bestand aus einer Siebenquadratmeter großen Rasenfläche, die von einem halbem Meter hohen Holzzaun umrahmt war. Darin befanden sich zwei Apfelbäume und ein Strauch, der im späten Frühjahr anfing, in vielen verschiedenen Farben zu blühen. Das war alles.
„Hey“, sagte Catherine und ließ sich ihm gegenüber auf einen Stuhl sinken.
„Ich würde dir jetzt gerne einen guten Morgen wünschen“, begann Jason und hob seinen Blick von der Zeitung, um sie ausführlich zu mustern. „Doch du warst die ganze Nacht unterwegs, hast nicht geschlafen. Ich bezweifle, dass da der Morgen besonders schön sein kann. Meine Wünsche werden daran wahrscheinlich nicht einmal etwas ändern. Also lasse ich es.“ Catherine senkte schlechten Gewissens des Blick und spielte angespannt mit dem Besteck vor ihr herum. Ihr war der vorwurfsvolle Unterton in der Stimme ihres Bruders nicht entgangen. Er machte sich Sorgen um sie. Wahnsinnige Sorgen. Und statt ihm den Gefallen zu tun, nachts wie alle anderen in diesem Haus zu schlafen, streunte sie in der Gestalt eines Wolfes durch die Gegend.
Und dabei machte er sich nicht nur darum Sorgen, sie könne den Wolf bald nicht mehr halten, sondern auch aufgrund der Gefahren, die dort draußen in der Nacht lauerten.
Statt auf Jason einzugehen, antwortete sie: „Ich habe den Zwerg in einem Zimmer von uns untergebracht. Falls er Schwierigkeiten macht, während ich in der Schule bin, droh ihm mit einem Rauswurf. Ich hoffe das ist in Ordnung für dich.“
„Als ob es dich zur Zeit kümmern würde, ob etwas für mich in Ordnung ist, oder nicht“, entgegnete er mit fester, ruhiger Stimme und taxierte sie mit zugekniffenen Augen. „Aber du bist kein Kind mehr. Du musst wissen was du tust.“ Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Zeitung zu und nahm einen Schluck Kaffee. Einen kurzen Augenblick musterte Catherine ihren älteren Bruder, dann griff sie nach einem Brötchen und beschmierte es zentnerdick mit der Nougatcreme. Schlecht gelaunt, weil sie verärgert über die – zugegeben gerechtfertigte – Vorwürfe ihres Bruders und ihrer Schwäche, dem Biest in ihr immer nachzugeben, biss sie hinein, kaute ausführlich und knallte nochmals eine Messerladung der dunklen Schokolade auf ihr Brötchen.
„Wenn du ab sofort jeden Tag so viel Nutella auf dein Brot schmierst, wirst du fett“, ertönte eine amüsierte Stimme von der Tür. Catherine musste sich nicht umwenden, um zu wissen wer dort stand. Sie überlegte, ob sie William das Brötchen gewissenlos ins süffisant grinsende Gesicht schmieren oder besser noch, das gesamte Glas nach ihm werfen sollte. Doch dann stellte sie fest, dass das süße Zeug viel zu Schade war, um es als Waffe gegen einen nervigen Mitbewohner anzuwenden. Also bewahrte sie die Ruhe, setzte ein falsches Lächeln auf und sagte: „Eine schöne Frau entstellt nichts. Ich kann\'s mir erlauben.“
Daraufhin lachte er kurz auf und setzte sich zu ihr und Jason an den Tisch. „Da bin ich mir nicht so sicher.“ Er wollte nach dem letztem Brötchen im Korb greifen, doch Catherine war schneller. Mit einer eleganten, fixen Bewegung hielt sie es in der Hand und lächelte William zu. „Ich glaube das überlässt du lieber mir. Wenn du noch dicker wirst, machst du mir am Ende Konkurrenz. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn es dich nicht noch mehr entstellen würde“, geschmeidig erhob sie sich, schnappte einen Apfel, warf ihn William zu und sagte: „Iss lieber das hier. Vielleicht hilft es dir ein paar Pfunde abzunehmen. Würde dir sicherlich besser stehen“, sie lächelte breit, zwinkerte ihm zu und ging auf die Küchentür zu. Als sie an ihm vorbei ging, kniff sie ihm in die Backe. „Weniger Speck im Gesicht und du siehst bestimmt... gesünder aus. Nicht besser, aber immerhin gesünder.“
Jason hauchte sie noch einen Abschiedskuss auf die Wange seines entsetzt verzogenen Gesichts und verließ schließlich die Küche. Arroganter, aufgeblasener Mistkerl. Solche Kommentare sollte er sich in Zukunft und vor allem am frühen Morgen sparen, sonst würde sie irgendwann nicht mehr mit kindischen Sticheleien antworten, sondern würde ihm an die Gurgel gehen.
Bevor sie das Haus verließ, hörte sie noch, wie Jason sich bei William für ihr Verhalten entschuldigte. Was er darauf antwortete, bekam sie allerdings nicht mehr mit, denn sie schloss die Tür mit einem lauten Knall.





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