There's still something left to save - Teil 13

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 25.07.2011


Milan und Alessa sind mit so ans Herz gewachsen, dass es mir schwer fällt, das hier zu tun. Aber noch länger kann ich es nicht herauszögern. Hier der letzte Teil :(



Milan schlief ganz und gar nicht gut, nach diesem Telefonat. Am nächsten Morgen stand er auf, machte sich fertig und schaute in den Spiegel. Er sah total übernächtigt aus. Das ging ja auch schon Wochen so. Er hatte sich die ganze Zeit überlegt, ob Alessa sich irgendwann noch mal in ihn verlieben würde. Und jetzt hatte sie ihm gesagt, dass sie ihn liebte. War das die Wahrheit? Hatte sie wirklich wieder Gefühle für sie entwickelt? Wenn sie jetzt aufwachte, wusste sie das dann noch? So viele Fragen. So wenig Antworten. Und in einer Stunde musste er an der Arbeit sein. Als ob er sich heute konzentrieren könnte! Sie hatte es gesagt! Nach so langer Zeit!
Sie Sonne stand hoch am Himmel, als Alessa sich stöhnend regte. Oh Scheiße, sie hatte eindeutig zu viel Sekt getrunken. Sie tastet um sich rum und griff nach ihrem Handy. 12:43 Uhr. Okay. Mia war an der Arbeit. Mariella lag nicht mehr neben ihr, also war sie vermutlich irgendwo in dieser Wohnung oder halt auch nicht. War Alessa eigentlich relativ egal. Sie setzte sich auch und hielt sich den Kopf. Wieso konnte sie es nicht einfach lassen? Noch nie hatte sie viel vertragen. Jetzt brauchte sie eine Kopfschmerztablette. Sie angelte nach ihrer Tasche und zog sich eine raus. Wasser. Bloß nicht zu hastig bewegen. Doch irgendwann kam sie in der Küche an und schluckte die Tablette. Mariella saß am Küchentisch und trank Kaffee. Alessa ließ sich neben sie fallen. „Mein Kopf explodiert gleich.“ Mariella grinste. „Ja, meiner auch ..“ Alessa nahm die zweite Tasse, die auf dem Tisch stand und nippt am Inhalt. „Ich hab gestern Abend noch so lange mit Milan telefoniert.“ „Ja, hab ich mitbekommen. Und? Hat er was gesagt?“ „Über uns? Nein. Doch .. keine Ahnung, ich erinnere mich nicht mehr an viel. Ich weiß nur noch, dass wir telefoniert haben.“ Mariella schüttelte den Kopf. „Wir sollten weniger Sekt trinken.“ „Gute Idee.“

Milan erlebte die nächsten Tage als eine sich endlos ziehende Zeit. Er telefonierte jeden Abend mit Alessa und hatte direkt gemerkt, dass sie sich nicht mehr an das erinnerte, was sie gesagt hatte.
Hatte sie es wirklich so gemeint?
Liebte sie ihn?
Doch wieder?
Was sollte er tun?
Er hatte Jacqueline gefragt, aber sie hatte ihm keine Auskunft gegeben. Hatte gesagt, dass sollen sie unter sich ausmachen. An der Arbeit war er das reinste Nervenbündel, seine Kollegen machten sich inzwischen ständig über ihn lustig, weil er ständig etwas vergaß. Seit gestern hatte er Urlaub und das war nur gut so. Alessa würde noch zwei Tage an der Ostsee sein. Er legte sein Gesicht in seine Hände. Bis sie wiederkam würde er doch wahnsinnig werden. Und am Telefon darüber sprechen, das ging gar nicht. Er konnte ja nicht einfach sagen: „Hey, Lessa, du hast mir gesagt, dass du mich liebst, als du betrunken warst. Wir heiraten dann, wenn du wiederkommst, damit uns nichts mehr auseinanderbringt, ja?“ Nee, das ging gar nicht.

Alessa sah auf das Meer und zog ihre Jacke enger um sich. Es war windig und nass. Die Wellen brachen ziemlich hoch und der Regen peitschte ihr ins Gesicht. Es gefiel ihr irgendwie. Schade, dass sie morgen schon wieder nach Hause fahren würde. Sie ging zu einem Strandkorb, zog ihre Kleidung aus, bis sie da nur noch in Tankini stand, und stopfte sie durch die Gitterstäbe des Korbes. Dann rannte sie Richtung Meer und stürzte sich in die eisigen Fluten. Das Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen und Alessa hielt die Luft an. Das tat gut. Sie hatte es schon immer geliebt im Meer zu schwimmen und verfluchte immer wieder, dass keines in ihrer Nähe war. Sie hätte damals mit Mia hier her ziehen sollen. Dann hätte sie Milan vermutlich nie wieder gesehen .. Milan .. sie vermisste ihn so sehr. Sie hatten sich schon so lange nicht mehr gesehen. Jetzt war sie acht Tage hier und davor waren es auch schon drei Milan-freie Wochen gewesen. Lange würde sie das nicht mehr verkraften, das wusste sie. Denn sie liebte ihn. Das tat sie, ja. Und das musste sie ihm möglichst bald sagen.
Eigentlich liebte sie ihn schon die ganze Zeit. Das hatte langsam wieder angefangen, als sie so fertig wegen David gewesen war. Er war so oft bei ihr gewesen und wenn er das nicht war, hatten sie miteinander telefoniert. Er war für sie da gewesen und wenn sie zum wiederholten Male erzählt hatte, was sie von David hielt, hatte er ihr immer zugehört.
Sie wusste nur nicht, ob sie ihm es sagen soll. Klar, es wäre schön, endlich mit ihm zusammen zu sein. Aber was, wenn er es nicht erwiderte? Oder wenn sie sich irgendwann trennen .. davor hatte sie einfach Angst, nicht nur Angst, nein, regelrecht Panik, ihn nochmal zu verlieren und diesmal vielleicht für immer. Doch wenn er es erwidern würde .. wenn es klappen würde .. sie wäre so verdammt glücklich.
Langsam tauchte sie wieder auf und begab sich zurück ans Ufer. Es war doch ziemlich kalt, hier in der Ostsee. Sie nahm ihr Handtuch und rubbelte sich trocken, zog dann die Kleidung über die nasse Badebekleidung und machte sich auf den Weg zum Auto. Dort würde sie die Heizung und die Musik aufdrehen, dann würde ihr wieder warm werden, bis sie bei Mia war.

Er verbrachte seine Zeit mit fernsehen und Zeitung lesen. Seine Gedanken kreisten nur um Alessa, wieder und wieder. Er hatte inzwischen eine Art Plan. Milan wollte morgen, wenn Alessa wieder daheim war, zu ihr fahren. Unterwegs wollte er irgendwas besorgen, was sie mochte, eine Tafel Marzipan-Schokolade vielleicht. Die mochte sie. Er wollte ihr zeigen, dass er aufmerksam war. Und dann, wenn er dann bei ihr war, würde er sie einfach küssen. Vielleicht war das der einfachste Weg. Und wenn sie ihn wegstoßen würde .. naja, dann würde er ihr sagen, dass er sie liebt .. immer noch .. und sie immer lieben wird. Dass er immer für sie da sein wird, egal, wie sie sich entscheidet. Er wollte absolut ehrlich sein. Einen Song hatte er auch geschrieben. Dieser erzählte über die Freundschaft und die Liebe, die sich daraus entwickelt hat. Er hatte Stunden an diesen Textzeilen gesessen.
Die Nacht schlief er schlecht. Er wachte ständig auf und fand einfach nicht die richtige Schlafposition. Er musste ununterbrochen an Alessa denken, daran, was sie gerade wohl machen würde. Sie hatten heute nicht telefoniert, sie war nicht rangegangen, als er versucht hatte, sie zu erreichen. Ob ihr was passiert war? War sie wieder alleine schwimmen gewesen und ertrunken? Oder .. nein, nein, es ging ihr gut, es musste ihr gut gehen, natürlich ging es ihr gut. Wahrscheinlich waren sie nur essen gewesen oder im Kino oder so. Kein Grund zur Sorge.
Er stand auf und stellte sich unter die Dusche, immerhin wollte er nicht stinken, wenn er zu ihr fuhr. Naja, würde wahrscheinlich nicht viel bringen, heute war es warm draußen. Bestimmt dreißig Grad. Die zweistündige Fahrt würde ihn dann vermutlich zum Schwitzen bringen. Aber hey, wofür gab es Deo? Und sowieso, wenn sie irgendwann mal zusammen leben würden, dann würde sie ihn auch mal ungeduscht erleben.
Worüber machte er sich hier denn eigentlich Gedanken? Er musste jetzt einfach erst mal hinfahren. Und dann würde alles weitere geschehen. Also packte er seine Tasche, die schon seit einer Woche darauf wartete, endlich mitgenommen zu werden, ging hinunter zu seinem Auto, stieg ein und fuhr los.
Je näher er der Stadt kam, in der sie lebte, desto aufgeregter wurde er. Seine Hände waren feucht, er zitterte am ganzen Körper, sein Herz schlug wie wild. Er fühlte sich, als wäre er wieder dreizehn und würde einen Zettel mit der Frage, ob sie mit ihm gehen will, in der Hand halten, zum ankreuzen, als wolle er ihr diesen geben.
Endlich kam er an. Er parkte direkt vor dem Haus, in dem ihre Wohnung war, er hatte Glück gehabt, dass der Parkplatz gerade frei wurde. Langsam stieg er die Stufen hinauf und klingelte dann. Sie musste da sein, sie hatte ihm gesagt, dass sie nachts fahren wollten. Und jetzt war es schon später Mittag. Er lauschte. Niemand öffnete. Mit einem Seufzer ließ er sich vor die Tür fallen. Lange konnte es ja nicht mehr dauern.

Er sah wieder auf die Uhr. Jetzt war es bereits Abend. Den ganzen Tag hier gesessen .. für nichts. Keine Alessa. Hatte er sich im Datum vertan?
Gerade zog er sein Handy raus, als es klingelte. Alessa. Müde nahm er ab. „Hallo?“ „Milan?“ „Ja ..“ Misstrauisch verzog er das Gesicht. Das war nicht Alessa. Das war ein Mann. Ein Mann. Alessas neuer Freund. Bestimmt. Sie hatte ihn an der Ostsee kennengelernt. Sie würde da oben bleiben. Der Mann sprach weiter. „Hier ist Alex. Wir sind uns nie vorgestellt worden.“ Bei dem Namen klingelte was. War das nicht Mariellas Freund? Was wollte er? Wieso telefonierte er mit Alessas Handy? Warum rief er ihn an? War ihr .. war .. war ihr doch was passiert? „..Unfall.“ „Was? Unfall?“ Milan sprang auf und klammerte sich an das Handy. „Wer, wer?!“ „Alessa und Mariella. Auf der Rückfahrt .. ein .. Lastwagen ist auf die Mittelspur gezogen, als Alessa und Mariella gerade neben ihm waren.“ Milan keuchte und ließ sich wieder zu Boden fallen. „Wie .. wie geht es ihr? Geht es ihr gut?“ Alex schwieg und für Milan war das Antwort genug. „Welches ..“ „Sie sind im Klinikum Kassel.“ „Eine Stunde.“ Milan stopfte das Handy in die Hosentasche und rannte zu seinem Auto.
Die nächste Stunde war der reinste Horror. Er fuhr so schnell er konnte. Er hielt sich an keine Geschwindigkeitsbegrenzung und hatte nur Glück, dass ihn die Polizei nicht anhielt. Die schrecklichsten Bilder und Gedanken kreisten in seinem Kopf. Alessa, halb verblutet. Tot, bis er kam. Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel kreideweiß waren. Wenn Alessa sterben würde .. was hätte dann noch einen Sinn .. was .. sollte er dann noch machen .. außer ihr zu folgen? Er musste dem Drang widerstehen, das Auto direkt gegen einen Baum zu lenken. Vielleicht ging es Alessa ja gut! Vielleicht ging es nur Mariella so schlecht, das Alex nichts hatte sagen können! Es würde alles gut werden, ja, das würde es! Nie die Hoffnung verlieren, nie, Milan! Alessa geht es gut!
Irgendwann kam er an. Er ließ das Auto irgendwo am Straßenrand stehen, war doch egal, ob es abgeschleppt werden würde. Er musste zu Alessa, er musste zu ihr, unbedingt.
Er lief auf den Eingang zu, hinein und stieß alle Leute vor der Information weg. Tränen rannen über sein Gesicht und er brachte nicht mehr als Alessas Namen hervor. Die Frau sah ihn mitleidig an und nannte ganz leise eine Zimmernummer. Milan beachtete die Menschen, die sich hinter ihm beschwerten nicht. Er stieß sie nur erneut zur Seite, wenn sie ihm im Weg waren und suchte dann panisch das Zimmer. Der Blick von der Frau an der Information hatte ihm den Rest gegeben.
Er lief durch die Gänge und hörte nichts als seinen Atem und seinen Herzschlag.
Bumm. Bumm. Bumm.
Szenarien spielten sich in seinem Kopf ab. Alessa, wie sie ihren letzten Atemzug tat.
Bumm. Bumm. Bumm.
Alessa, wie Blut spuckte.
Bumm. Bumm. Bumm.
Sie und er. Eine Wiese, ein weißes Kleid.
Bumm. Bumm. Bumm.
Die Zukunft.
Bumm. Bumm. Bumm.
Er stieß die Tür auf und rief verzweifelt: „Alessa!“



Er kam zu spät. Die Betten in dem Zimmer waren gemacht. Er war wie gelähmt. Alles begann sich zu drehen. Er bekam noch mit, wie ein paar Leute zu ihm kamen. Ihn festhielten, irgendwas riefen. Aber es war zu spät. Das wusste er. Sie war weg. Samtige Dunkelheit umgab ihm. Er würde ihr folgen.



Als er aufwachte, kam ihm das als erstes wieder in den Sinn. Er würde ihr folgen. Er musste ihr folgen. Langsam versuchte er sich aufzusetzen, aber er wurde zurück aufs Bett gedrückt. Sein Blick wanderte in die Richtung, aus der die Hand gekommen war und er sah Mille. Sie hatte rotgeränderte Augen und war weiß im Gesicht. „Sie ist ..“ Ein Schluchzer entwich. Milan schloss die Augen und begann dann, an dem Kabel zu ziehen, das in seiner Hand steckte, aber Mille hielt ihn erneut fest. „Ihre Beerdigung ist in einer Woche.“
Dann ging sie und er war allein.

Die nächste Zeit verging in einem Wirbel aus Farben und Gefühlen. Das meiste ging einfach so an ihm vorüber, Seine Mutter, Jacqueline .. sie waren für ihn da .. sie hielten ihn, wenn er Weinkrämpfe hatte, sie halfen ihm dabei, wieder Luft zu kriegen, wenn das nicht mehr ging. Er fühlte nichts und wiederum alles. Es tat so weh. Es fühlte sich an, als ob wieder und wieder ein Dolch in seine Brust gerammt wurde. Als ob jemand nach und nach seine Haut verbrannte. Er übergab sich häufig. Keine Speise blieb länger als eine viertel Stunde in ihm. Irgendwann durfte er nach Hause.
Er saß auf dem Bett und starrte an den Schrank. Jacqueline war in seiner Wohnung gewesen und hatte ihm seinen Anzug geholt, der jetzt dort hing. Heute war es soweit. Alessa sollte zum Grab getragen werden .. er wusste nicht .. ob er das konnte .. dahin gehen konnte .. alle rieten ihm dazu .. wie er sie sonst richtig verabschieden will, fragten sie ..
Er zog sich an. Mariella, die überlebt hatte, nur weil sie gefahren war, hatte ihn gestern angerufen. Ihm gesagt, wie leid es ihr täte. Dabei gab er ihr gar nicht die Schuld, nein.

Seine Mutter schob ihn ins Auto. Sie fuhren. Sie kamen an.

Der Sarg. Offen. Die kleine Kirche war überfüllt. Niemand, der Alessa kannte, hatte ihr den Tod gewünscht.

Er ging zu ihr.

Sah in ihr kaltes Gesicht.
Ein Zittern durchfuhr seinen Körper.

Vorsichtig legte er die Hand an ihre Wange.

Ein erstickter Laut entrann seiner Kehle.

Er taumelte zurück.

Fiel.

Dunkelheit.





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