Emma - Teil 12

Autor: Anna :)
veröffentlicht am: 26.04.2011


Wieder brach Emma in Tränen aus. Diego sagte nichts, er umarmte sie nur. Erst nachdem sie ihm erzählt hatte, was passiert war, sagte er verächtlich: „Der hat dich doch gar nicht verdient, wenn ihn so etwas stört.“ Emma war erstaunt. Diego hatte auch nichts von der Prothese gewusst, aber ihn schien das nicht wirklich zu stören.
Emma war ihm dafür unendlich dankbar.

„Basketball? Bist du sicher, dass du da mitspielen kannst, Emma?“, fragte Rosie skeptisch, als die Klasse in der Sporthalle versammelt war.
Emma sah den harten Ball an, als wäre er eine Schlange, doch dann sah sie zu Daryl hinüber und ihre ganze Wut lies sie nur nicken.
„Alles klar“, sagte Mr. Miller laut. „Heute ist Basketball dran.“ Er teilte die Mannschaften ein. Zwei Mädchen und zwei Jungenmannschaften. Emma war bei Laurie im Team, Rosie bei Isabelle.
Eine Zeit lang spielten sie ziemlich gut, und Emma schaffte es sogar, einige Körbe zu werfen. Das passte Isabelle wohl gar nicht. Sie hatte nicht erwartet, dass Emma, gerade Emma mit der Prothese, besser spielte als sie selbst.
Ihre Wut traf Emma mit wortwörtlich voller Wucht. Als Emma gerade die Position für einen perfekten Wurf einnahm, sah sie nur aus den Augenwinkeln einen weißen Blitz auf sich zukommen und fiel dann extrem hart auf den Boden. Auf ihr Bein. Isabelle hatte nicht nachgedacht, sich nur von der Wut leiten lassen. Die anderen Mädchen hatten extra Rücksicht auf Emma genommen, doch Isabelle hatte gar nicht daran gedacht. Aber für Reue war es zu spät. Emma lag am Boden, von Laurie und Rosie umringt und Mr. Miller kam auch schon angerannt.
Als Laurie sah, dass Miller sich schon um Emma kümmerte, sprang sie wütend auf und ging auf Isabelle zu. Diese stand ziemlich geschockt da, doch als sie Laurie kommen sah, baute sie wider ihre Zicken – Fassade auf.
„Sag mal, bist du bescheuert?“, fuhr Laurie sie wutentbrannt an. Diesmal kamen Isabelle weder Jessica noch Stacy zur Hilfe. Die beiden waren, wie alle anderen auch, zu Emma gerannt.
„Was willst du denn jetzt?“, entgegnete Isabelle schnippisch. „Wenn dieses Holzbein zu blöd ist, um auszuweichen, ist sie doch selbst schuld.“ Isabelle stockte. Was hatte sie da gesagt? War das wirklich aus ihrem Mund gekommen? Das dachte Laurie wohl auch, denn ihr fiel prompt die Kinnlade herunter. So viel Gemeinheit und Gleichgültigkeit hatte sie noch nie erlebt, abgesehen von dieser unglaublichen Beleidigung. Doch Laurie erholte sich schnell und ihre Entsetztheit wurde zu Wut. Sie wusste, dass das, was sie jetzt tun würde, viel Ärger bedeutete, doch das war ihr egal. Niemand beleidigte ihre Freundin, schon mal gar nicht so eine Schnepfe wie Isabelle. Sie ballte die Hand zur Faust, holte weit aus und lies sie auf Isabelles Gesicht niedersausen. Sie legte ihre ganze Wut in den Schlag und dementsprechend schnell fiel Isabelle mit einem lauten Klatschen auf den harten Turnhallenboden. Laurie stieß geräuschvoll die Luft aus. Dafür, dass dieses Mädchen so große Sprüche über Emma bringen konnte, ging sie aber schnell zu Boden. Laurie tat sie noch nicht einmal leid.
Der Schmerz in ihrem Bein raubte Emma fast den Verstand. Er kroch durch den ganzen Körper und lähmte sie völlig. Emma war zu geschockt um zu weinen. Sie hörte nur noch, wie Miller einen Schüler beauftragte, einen Krankenwagen zu rufen, dann wurde ihr schwarz vor Augen.

Im Krankenhaus wurde Emma oft besucht. Obwohl die Schwester mehrmals auf Ruhe für die Patientin hinwies, beharrten Emmas Eltern stur darauf, sie sehen zu dürfen. Doch sie bekam ihren Besuch nur schemenhaft wahr. Sooft sie auch versuchte, wach zu bleiben, ihr fielen immer wieder die Augen zu. Sie war gerade wieder im Halbschlaf versunken, als sich die Tür öffnete und zwei Gestalten hereinkamen. Die Tür wurde mit einem leisen Klicken geschlossen und Emma vernahm Stimmen. Männliche Stimmen. Sie beschloss, die Augen zuzulassen und so zu tun, als ob sie schliefe. Einer war Diego, der andere Daryl.
„Sie zu besuchen, ist ja wohl das mindeste was du tun kannst!“, hörte Emma Diego sagen. Nein…er fuhr Daryl regelrecht an und diesem war es anscheinend unangenehm, sie zu besuchen. Na vielen Dank auch, dachte sie. Ich habe Mitleid ja auch so nötig.
Sie fühlte eine Hand auf ihrer.
Augenblicklich Daryls etwas aggressive Stimme: „Lass das, Diego.“ Etwas halbherzig. Und prompt kam auch Diegos sarkastische Stimme.
„Das willst gerade du mir verbieten?“
Die Frage blieb im Raum stehen und obwohl Emma die beiden nicht sah, konnte sie sich gut vorstellen, wie Daryl, der Daryl, den sie so verehrt und geliebt hatte, beschämt den Kopf senkte. Emma empfand nichts mehr für diesen Jungen. Überhaupt nichts.
„Ich habe sie wirklich gemocht, Diego.“ Daryls geknickte Stimme. Ach, wie gütig!, dachte Emma ironisch.
„Ach ja? Wann denn?“ Ein Moment Stille, dann redete Diego weiter.
„Daryl, du mochtest sie doch nur bevor du davon erfahren hattest…“ er deutete auf die Prothese. “…mach dir selbst doch nichts vor.“
Wieder wusste Emma genau, was jetzt gerade in dem Zimmer passierte. Sie nahm die Spannung zwischen den beiden wahr. Diese fast schon animalische Rivalität wie bei Tigern, die sich um die Beute stritten.
Diego war vernünftiger. Er hatte eindeutig die Kontrolle über dieses Gespräch.
„Ich…ich war nur so…geschockt, weißt du, ich-“
„Spar dir solche Lügen, Daryl!“
Emma zuckte zusammen. Doch sie beherrschte sich.
Sie war so müde. So müde….Und sie hatte keine Lust, noch länger diesem Gespräch zuzuhören.
„Es ist- abstoßend“, sagte Daryl gefühllos. So eiskalt, dass Emma die Augen aufriss und auch schon in sein erschrockenes Gesicht schaute.
„Raus hier“, hauchte sie, leise und doch entschlossen.
„Aber Emma, ich meinte doch nur-“
„RAUS HIER!“ Emma schrie so laut, wie sie konnte und Daryl wich einen Schritt zurück. „Ich will dich nie wieder sehen. Nie - wieder!“
Die Kälte in ihrer Stimme kam zwar nicht der seinen gleich, doch Daryl wich unwillkürlich noch einen Schritt zurück. Dann ergriff er den Türknauf, öffnete die Tür und ging hinaus. Die Tür knallte laut zu.
Emma liefen die Tränen über die Wange. Wie hatte sie sich nur in diesem Mistkerl so täuschen können?
Diego umarmte sie, doch diesmal durchfuhr sie nicht die Wärme, die sie an dem Tag empfunden hatte, an dem Daryl sie hatte stehen lassen.
Sie hatte sich einmal täuschen lassen, und das würde ihr bestimmt nicht noch einmal passieren. Obwohl Diego ein ziemlich netter Kerl war.
Sie löste sich aus der Umarmung.
„Danke“, schniefte sie und versuchte zu lächeln.
Diego lächelte zurück und Emma wusste, was er tun würde, wenn sie jetzt nichts sagte.
„Ich finde dich sehr nett“, sagte sie und senkte den Kopf. Dann schaute sie wieder auf. „Aber nur als Freund…als Kumpel, verstehst du?“
Auf Diegos Gesicht breitete sich Traurigkeit und Enttäuschung aus. Emma durchzuckte kurz der Gedanke, dass er einfach aufstehen und hinausgehen würde. Wie Daryl.
Doch Diego umarmte sie nur und ließ ihre Hand los.
Er nickte traurig, aber verständnisvoll.
„Ja“, sagte er nur und ging zur Tür. „Gute Besserung, Emma.“
Dann war er weg.
Emma weinte. Er war so gut zu ihr gewesen und jetzt hatte sie ihn einfach weggeschickt. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er jemals darüber hinwegkommen würde. Er war anders als Daryl. Ganz anders. Doch Emma wusste, dass es richtig war, was sie getan hatte. Sie kam auch ganz gut ohne Freund aus. Sie hatte sechzehn Jahre lang keinen gehabt.
Und es hatte ihr nicht schlecht getan.
Emma lächelte. Das mit Daryl war eine gute Erfahrung. Aber die einzige, beschloss sie.
Erst jetzt fiel ihr der Zettel auf dem Tisch auf. Daneben stand eine Tafel Schokolade. Ihre Lieblingssorte.
Emma nahm den Zettel und las.

Es tut mir leid, dass ich so gemein zu dir war, Schatz. Ich weiß jetzt, du bist schon groß genug um selbst Entscheidungen zu treffen. Hoffentlich verzeihst du mir. Mom.

Emma drückte den Zettel an ihre Brust.
Sie drehte sich auf die Seite. Während die helle Sonne durch das Fenster auf ihr Gesicht schien, und es wärmte, schlief sie ein…mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

-ENDE-

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So Leute das war der letzte Teil. War sicher nicht meine beste Geschichte, aber ich hoffe, sie hat euch gefallen :)
LG Anna




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