Die Stille der Nacht - Teil 7

Autor: chanti95
veröffentlicht am: 12.04.2011


Nachdem wir gegessen hatten, schlug Tom vor, nach den Pferden zu sehen. Also versorgten wir die Lebensmittel und gingen hinunter in die Stallungen. Die Sonne schien immer noch, dennoch war es in dem Stall angenehm warm und nicht zu heiss. Bevor wir eintraten, blieb Tom wie angewurzelt stehen und horchte. Auch ich spitzte meine Ohren und hörte Kevins Stimme. Ich hörte die wüstesten Fluchwörter in meinem Leben und als ich ein Wiehern vernahm, dass sich ganz nach Malik anhörte, stiess ich die Tür auf. Ich bekam ein unglaubliches Bild zu Gesicht: Der verdutze Kevin stand mit einem Brenneisen in der Hand neben dem schönen schwarzen Hengst und versuchte anscheinend gerade, ihm ein Brandzeichen zu machen.
„HEY!“, rief ich wütend aus, „was tun sie da?!“
Malik wehrte sich, ebenfalls wütend, gegen die Seile, die sein Halfter an einem Haken anbanden. Er stand zwischen zwei Holzbalken, an denen noch mehr Seile angemacht waren, diese umspannten seinen Bauch, seine Beine und seinen Hals. Verzweifelt versuchte sich der Rappe zu befreien, fügte sich jedoch selbst Schmerzen zu. Ich hatte nur noch Augen für mein Pferd und sah deshalb nicht, wie Tom auf den grauhaarigen Stallburschen zuging, ihm das Brenneisen aus der Hand riss und ihn nieder schlug. Wie schon einmal versuchte ich den Schwarzen zu beruhigen, indem ich eine beruhigende Melodie summte, auch diesmal klappte es. Wie schon das eine Mal zuvor wurde er immer ruhiger, hörte auf zu zappeln und blickte mich mit seinen dunkelbraunen Augen treu an. Ich streichelte ihn sanft und fuhr dann mit den Händen seinen Körper entlang, wo ich die vielen Seile nacheinander löste. Vorsichtig führte ich ihn weg von den Holzstangen und band ihn an einen weiteren Haken an. Immer noch summend tastete ich seinen Körper ab und suchte nach Verletzungen, fand glücklicherweise jedoch nichts. Das schwarze Fell glänzte seiden und unverletzt.
‚Ich muss hier weg!’, dachte ich mir und fasste in diesem Moment einen Entschluss. Ich wollte nicht länger gefesselt und eingesperrt sein, ich wollte weg, wollte mit Malik über die Weiten des Landes reiten! Ich wollte Landschaften erkunden, kurz, ich wollte einfach frei sein. Innerhalb von wenigen Sekunden bildete ich einen Plan und ich wusste, dass ich mich nicht von meinem Ziel abbringen lassen würde!
Ich brachte Malik in seine Box, Tom schleifte hinter sich den bewusstlosen Kevin mit und zusammen gingen wir an die Rezeption. Tom schilderte das Problem, worauf hin der Besitzer der Herberge kam. Tom wiederholte die ganze Geschichte nochmals, während ich stumm hinter ihm stand.
„Nun, wenn das wirklich so geschehen ist, wird Kevin natürlich gefeuert. Wegen der Umstände gibt es auch noch eine kleine Entschädigung: Wir schenken ihnen einen Gutschein für eine weitere Übernachtung hier in der Herberge!“, sagte der Besitzer. Ich traute ihm nicht, denn in seinen grauen Augen sah ich immer wieder ein gehässiges Funkeln aufblitzen und wusste, dass dies nicht wegen Kevin war.
Tom und ich gingen wortlos in das Zimmer, wo Damian immer noch schlief.
„Sammy?“
„Ja?“, fragte ich zögerlich.
„Was denkst du?“
„Ich denke... dass dieser Kevin ein hinterlistiger Arsch ist.“
Tom amüsierte meine Wortwahl, denn er lächelte mich an. Dann verblasste sein Lächeln so schnell, wie es gekommen war.
„Das meine ich nicht.“
„Was meinst du dann?“, fragte ich.
„Du willst abhauen, stimmt’s?“
Er hatte seine Stimme gesenkt und war mit seinem Gesicht näher gekommen. Er schaute mir durchdringend in meine Augen und ich wusste sofort, dass er mich ertappt hatte. Ich sagte nichts mehr, denn ich wollte nicht, dass Damian etwas davon mitbekam.
„Wann willst du gehen?“, fragte Tom nach einer Weile wieder mit der gesenkten Stimme. Obwohl er wusste, dass ich gehen wollte, verriet er mich nicht, dennoch wusste ich nicht, ob ich ihm vertrauen konnte. Ich blickte ihn nur entschuldigend an.

Tom hatte den ganzen Tag lang nicht mehr mit mir geredet. Die ganze Zeit über sassen wir im Zimmer und schwiegen uns an. Damian war kurz nach unserem Gespräch aufgewacht und war dann gegangen, so blieben nur noch Tom und ich in dem Zimmer. Der Tag verging schnell, ich dachte über jedes einzelne Detail meines Fluchtplanes nach.
Am Mittag und am Abend nahmen wir wieder eine kleine Mahlzeit ein, zusammen mit Charlie und Damian. Nach dem Abendessen verschwand Charlie und Tom, Damian und ich blieben zurück. Draussen hatte die Dämmerung schon eingesetzt, und da wir morgen abreisen wollten, entschieden sich Tom und Damian dazu, sich jetzt schon schlafen zu legen.
„Damian, du kannst ruhig schlafen gehen. Ich übernehme diese Nacht die Schicht. Ich passe schon auf, dass unser Gast nicht abhaut“, sagte Tom, griff sich seine Waffe und setzte sich an die Türe. Nachdem Damian mich an das Bett gefesselt hatte, legte er sich ebenfalls hin und schnarchte kurz darauf. Auch ich schlief schnell ein.






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