Die Stille der Nacht - Teil 3

Autor: chanti95
veröffentlicht am: 30.03.2011


Ich wurde durch das Wiehern eines Pferdes geweckt. Verschlafen öffnete ich meine Augen und war verwirrt. Wo war ich?
Dann viel mir alles wieder ein. Ich erinnerte mich an meine Flucht mit Malik, daran, wie Damian mich hinters Licht geführt hatte und an zwei blaue Augen. Tom. Nein, ich durfte nicht schon wieder an ihn denken.
Die drei Männer waren alle schon mit ihren Arbeiten beschäftigt, denn die Sonne stand schon sehr hoch. Charlie briet gerade Fleisch auf den letzten glühenden Kohlenstücken, Tom versorgte die Pferde und Damian.. Wo war Damian? Ich sah ihn nirgends, also beschloss ich, den beiden anderen zuzuschauen. Charlie war nicht interessant, er beobachtete das Fleisch und kehrte es ab und zu. Ich sah mich nach Tom um, doch der war inzwischen auch weg. Charlie schien das auch bemerkt zu haben, denn er kam auf mich zu.
„Sei froh, dass Tom dich mag! Denn ansonsten wärst du schon längst tot!“, zischte er mir zu. In diesem Moment kam Damian auf die Lichtung. Belustigt rief er nach Charlie, dieser verzog sein Gesicht zu einer hämischen Maske und trottete dann in Damians Richtung davon. Zusammen gingen die beiden zu den Pferden und sattelten eines nach dem anderen. Am Schluss wollte Damian Malik satteln, doch dieser schnaubte wieder verächtlich und bockte, er wollte sich einfach nicht satteln lassen. Fluchend ging Damian davon und beschäftigte sich wieder mit seinem Wallach.
Endlich kreuzte Tom wieder auf. Er warf einen Blick zu mir herüber und ging dann schnurstracks auf Damian zu. Kurz flüsterte er ihm etwas zu, Damian nickte kurz und schaute zu Charlie. Dieser nickte auch kurz und kam zu mir herüber. Verwirrt schaute ich ihn an. Er zog ein Messer hervor und als ich das sah, bildete sich ein Kloss in meinem Hals.
„Nein, nein, nein! Ihr habt gesagt, ihr bringt mich nicht um!“, stammelte ich angstvoll. Doch Charlie sagte nichts und kam immer noch auf mich zu. Er drückte mir das Messer an den Hals, als Tom schrie.
„CHARLIE!“
Charlie besann sich scheinbar, denn das Messer verschwand von meiner Kehle und durchschnitt das Seil. Meine Hände waren nicht mehr gefesselt, allerdings packte Charlie mich an den Armen und zog mich auf die Beine. Auf wackligen Beinen ging ich hinüber zu den Pferden. Inzwischen hatte Tom es geschafft, den schwarzen Hengst zu bändigen und hatte ihm sogar schon den Sattel und das Zaumzeug angelegt.
„Sie wird mit mir reiten“, sagte Damian. Tom wollte schon etwas einwerfen, jedoch schloss er sein Mund wieder, als Damian ihm einen giftigen Blick zuwarf. Charlie lächelte schadenfreudig und liess mich neben Damian stehen. Dieser stieg auf seinen Wallach auf und liess mich nachher aufsteigen. Charlie war mit seinem Schimmel schon vorrausgeritten und Tom stieg gerade auf seine Stute auf. Malik war bei Charlie angebunden, dies gefiel mir allerdings gar nicht. Ich wollte schon etwas sagen, als Damian meine Gedanken unterbrach.
„Halt dich fest und versuch erst gar nicht, zu fliehen! Du wirst deinen Mund halten, oder ich setzte dich mitten auf einem Feld ab. Hast du verstanden?“
Ich gab ihm keine Antwort. Ich mochte es nicht, wenn mich jemand so anschnauzte oder mir Befehle erteilen wollte. Da nützte auch eine Drohung nichts.
„Hast. Du. Mich. Verstanden?“, fragte er mich nochmals. Ich blieb stumm. Charlie war mit seinem Wallach stehen geblieben und verfolge fasziniert das Schauspiel.
„Damian! Lass gut sein“, mischte sich Tom jetzt ein. In diesem Moment war ich dankbar dafür, denn Damian sah wieder nach vorne und liess sein Pferd im Schritt gehen, kurz gefolgt von Tom.
Wir ritten lange und es war unbequem hinter Damian. Immer wenn wir das Tempo beschleunigten, schlang ich meine Arme widerwillig um Damian. Ich konnte während des Rittes jeden Muskel fühlen, ich konnte mir vorstellen, wie Damians Oberkörper aussah. Ich stellte ihn mir als einen muskelbepackten Mann vor, mit sonnengebräunter Haut. Schnell verscheuchte ich den Gedanken daran wieder. Wir ritten weg vom Wald, raus auf ein grünes Feld. Die Sonne brannte auf uns nieder und wir rasteten beim nächsten kleinen Wäldchen. Ich hatte extremen Hunger und Durst, schliesslich hatte ich seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen. Mein Körper fühlte sich ausgelaugt an und ich brach fast zusammen, als ich vom Pferd stieg. Keiner der Männer half mir, von Tom erntete ich jedoch einen mitleidigen Blick. Charlie fesselte grob meine Hände, dann kam Tom mit einer Wasserflasche und gab mir zu trinken. Ich trank in Abständen und nicht zu viel auf einmal. Danach erhielt ich noch etwas Brot und ein Stück Fleisch. Tom fütterte mich mit dem Brot, gab mir zwischendurch etwas zu essen und gab mir dann auch das Fleisch zum essen. Dankbar kaute ich auf dem würzigen Fleisch herum und lächelte Tom kurz an. Dieser erwiderte mein Lächeln und ging dann zu den Pferden.
Charlie schaute mich missbilligend an und stapfte dann zu Damian herüber.
Ich konnte mich später auch noch erleichtern, dann ritten wir weiter.
Gegen Abend hatten wir wieder ein anderes Wäldchen erreicht. Die Bäume standen nicht dicht beieinander, deshalb konnten wir an einem Bach kampieren. Wie am vorigen Abend wurde ich wieder an einen Baum gebunden, während die Männer den Lagerplatz errichteten und die Pferde versorgten.
Plötzlich wieherte eines der Pferde laut auf, ich wusste sofort, dass es Malik war. Charlie hatte gerade versucht, ihm den Sattel abzunehmen, doch Malik liess ihn nicht gewähren. Vor lauter Wut schlug Charlie nun auf das Tier mit einem Stock ein.
„NEIN! LASS IHN IN RUHE!“, schrie ich verzweifelt. Ich versuchte mich von meinen Fesseln zu befreien, denn obwohl ich noch nicht viel mit Malik zu tun gehabt hatte, war mir der stürmische Hengst ans Herz gewachsen. Doch dieser kam ganz gut zurecht. Charlie schlug immer noch wie wild auf den Rappen ein, doch dieser schlug jetzt seinerseits nach Charlie. Tom und Damian waren inzwischen bei Charlie angelang und Damian riss den schlanken Mann gerade noch rechtzeitig aus dem Umfeld des tobenden Pferdes. Tom band inzwischen den weissen Wallach los und führe ihn aus der Gefahrenzone. Damian schrie Charlie an, Tom war mit den Pferden beschäftigt, die völlig panisch an ihren Stricken zerrten, während mein schöner schwarzer Hengst immer noch tobte. Ich sah mich verzweifelt um und entdeckte in meiner Reichweite einen scharfen Stein. Mit dem Fuss rollte ich ihn zu meinen Händen, packte den Stein und versuchte das Seil zu durchtrennen. Es klappte, ich konnte meine Hände nach vorne reissen und stürzte schon auf Malik zu. Weder Damian noch Charlie sahen mich, nur Tom hatte mich bemerkt. Er schlug jedoch nicht Alarm, dadurch konnte ich ungehindert um die Pferde herum rennen und mich Malik von vorne nähern. Der Schwarze sah mich und drehte die Ohren in meine Richtung, hörte allerdings nicht auf, zu toben. Ich versuchte mit ihm zu sprechen, doch es nützte nichts.
Früher hatte ich einmal ein störrisches Pferd beruhigt, indem ich gesungen hatte. Wer weiss, vielleicht half es diesmal auch?
Ich summte irgend eine unbestimmte Melodie vor mich hin und tatsächlich: Es funktionierte. Malik hörte mir zu und vergass, dass er eigentlich wütend war. Er schaute mich mit seinen klugen Augen an und beruhigte sich langsam wieder. Ich nahm am Rande wahr, dass Damian und Charlie mich inzwischen bemerkt hatten, doch das war mir völlig egal. Ich summte weiterhin diese beruhigende Melodie und machte kleine Schritte auf Malik zu. Ich streckte meine rechte Hand aus und ging näher auf ihn zu. Langsam streckte er mir seine Nüstern entgegen, bis er meine Hand berührte. Ich summte immer noch und streichelte langsam seine Nüstern. Meine linke Hand wanderte zu dem mächtigen Hals und streifte dort immer wieder darüber. Der Atem des Pferdes beruhigte sich langsam und ich verlor mich in den dunkeln Augen des schwarzen Königs.






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