Eine Friedhofsgeschichte

Autor: Tim
veröffentlicht am: 12.01.2006




'Hallo, ich habe die folgende Geschichte vor etwa 5 Jahren geschrieben, Sie passt nicht wirklich zu den anderen Geschichten die ich auf eurer Seite gelesen habe, dennoch glaube ich das Sie einigen Lesern gefallen wird. Viele liebe Grüße, Tim PS: Zuschriften via Email an unten angegebene Email Adresse sind erwünscht'

Friedhöfe verbindet man fast immer mit Trauer und deswegen ist es nicht eigenartig, dass man in schweren Zeiten dann auch oft seinen Weg dorthin findet, um sich über einiges klar zu werden, so war's jedenfalls bei mir.<bR>
Eine genaue Zeitangabe kann ich nicht machen, da ich früher sehr oft nachts auf dem Friedhof war, um Ruhe zu finden- Aber ich denke dieses Ereignis war im Winter 1995, es lag noch Schnee und es war kalt, so dass ich in der Dunkelheit zum Friedhof ging und nur noch die brennenden Kerzen erblickte, die Angehörige am Tage für die Verstorbenen angezündet hatten-

In der Mitte des Friedhofes war eine alte Bank auf der ich diese Nacht saß und auf die vielen stummen Gräber und sich bewegenden großen Bäume sah, die mich im hellen Mondlicht umgaben, bis ich dann eine trauernde Lichtgestalt am Boden erblickte, die vor einem Grab betete. Ich erkannte nur die Umrisse einer jungen Frau, die etwa dreißig Meter von mir entfernt kniete und mich anscheinend nicht bemerkte. Da ich wusste, dass es ein Geist sein muss und ich keine Angst hatte, beschloss ich zu ihr hin zu gehen, um Kontakt aufzunehmen. Als ich dann etwa fünf Meter vor der Erscheinung stand, fragte ich zögernd aber doch sehr bestimmt mit etwas wispernder Stimme nach ihrem Namen- Ich bekam vorerst keine Reaktion oder Antwort darauf, aber als ich dann meine Hilfe anbot auf egal welches Problem es auch sein mag, drehte sie sich zu mir um und lächelte aus ganzer Freude. Ich hatte in meinem Leben noch nie eine so schöne und wundervolle junge Frau gesehen.<bR><bR>Sie saß immer noch auf ihren Knien. Alles um mich herum war Nacht, doch konnte ich noch das flackernde Kerzenfeuer im Wind hören, das langsam aus allen Richtungen erlosch, und auch den Wind, der ganz sanft den Schnee aus den Bäumen blies und mich in Trance versetzte- Sie lächelte mich nur an und streckte dann ihre rechte Hand aus, ich weiß nicht ob Minuten oder Stunden vergingen, ich stand nur noch wie gelähmt da und sah ihr in die Augen, wo ich Trauer und Hoffnung in einer unendlichen Leere erkannte. Ich müsste lügen, wenn ich sage, dass ich mich nicht unsterblich in sie verliebt hätte. Irgendwann streckte ich dann auch meine Hand aus und wir berührten uns ganz vorsichtig, doch konnte mein Blick nicht von diesen Augen weichen, die mich durchdrangen. In dem Augenblick der Berührung verspürte ich ein Gefühl der Harmonie, ein Gefühl, dass ich alles mit Ihr teilte, ein Gefühl, das mich an Ihrem Schmerz und der Hoffnungslosigkeit teilhaben ließ, etwas Unbeschreibliches. Sie hatte goldblonde Haare, große hellblaue Augen, die im Mondlicht funkelten und einen fesselten, einen ganz roten Mund und ein weißes, helles und ganz reines Seidengewand, das mich als einziges daran erinnerte, dass es nur ein Geist war. Aber wer dieses Gefühl kennt, der weiß, dass dies dann keine Rolle mehr spielt. Sie war das einzige Licht in dieser, ach, noch so dunklen Nacht. Wie ein Engel, den mir der Himmel gesandt hat oder ein Stern der sich verlief und dem ich helfen musste.

Ich ging dann auch in die Knie und hab sie geküsst und meine Augen geschlossen, ich konnte nicht mehr weg, jeder Teil von mir gehörte ihr und liebte sie mit der Liebe Macht. Sie wich unschätzbare Zeit später langsam von mir ab, so dass ich erkannte, dass ihr eine Träne über die Wange floss. Ihre Freude hatte sich inzwischen in einen traurigen Blick verwandelt, der mich genauso verliebt ansah wie ich sie. Mein logisches Denken war dahin. Sie erhob sich dann langsam, ohne ihren Blick von mir zu wenden und ich ebenso mit ihr. Sie küsste mich noch mal ganz sanft und ging dann rückwärts mit ausgestreckten Händen zurück zum Grabstein und sagte mir in einer himmlischen Stimme, dass sie mich liebt und niemals vergessen wird. Doch noch bevor sie diesen Satz mit Tränen im Gesicht zuende sprach, verschwand sie in einem hellem Licht am Grabstein.
Zurück blieb ich, ein verstörter Mann, der weinend auf dem Boden kniete, genau wie meine Liebste vor langer Zeit und zu Gott betete. Nichts außer meinem Glauben hielt mich jetzt noch am Leben, um diesen Schmerz zu ertragen, der wie eine Folter für mich war. Was ich als nächstes wahrnahm, war die Kälte und der kalte Wind, den ich für lange Zeit vergaß. Alles war wie ein Traum, der sich in einen Alptraum verwandelt hat und mich zerstört.

Auf dem Grabstein stand der Name eines Mädchens das 1986 im Alter von 19 Jahren verstorben war. Das Grab war heruntergekommen und hat anscheinend bis zu diesem Tage niemals jemand besucht oder beachtet. Ich war der einzige, der die nächsten Wochen jede Nacht vergeblich auf sie wartete, auch der einzige der seither regelmäßig Blumen auf ihr Grab legt und mit ihr redet ohne eine Antwort zu bekommen. Niemand wusste wem das Grab gehört oder dass es überhaupt existiert. Ich hab Sie nie wieder gesehen.

Einige Wochen später zog ich weit weg von diesem Dorf, weg von den Erinnerungen, die ich aber nie rückgängig gemacht hätte, denn sie haben mir Aufschluss gegeben und die schönsten Stunden eines Lebens. Seither weiß ich, dass mich jemand liebt, jemand der mich versteht so wie ich ihn, egal ob Mensch oder Geist, ich hab sie niemals vergessen.

cayman-islands@web.de









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