Du bist mein Retter! - Teil 4

Autor: Calandra
veröffentlicht am: 23.01.2011


„Was machst du denn hier?“, fragte Carmela die keuchende Laura besorgt. „Kann ich eine Weile bei euch bleiben?“, fragte diese leise. „Komm erst mal rein!“, bat Carmela, als sie den Ernst der Lage erkannte. Pedro kam ebenfalls und fragte was passiert sei. Doch Laura hatte den Drang alleine zu sein und fragte die beiden, ob das in Ordnung sei. „Natürlich! Komm, du kannst dich im Gästezimmer ausruhen!“
Laura hörte Carmela und Pedro leise reden, währenddem sie auf dem Bett lag und nachdachte. Sie konnte die beiden zwar nicht verstehen, aber sie war sich sicher, dass sie über sie sprachen. Laura blieb den ganzen Tag und die nächsten ebenfalls im Bett. Carmela brachte ihr zwischendurch etwas zu essen ins Zimmer, ansonsten war sie die ganzen Tage alleine. Erst am vierten Tag gegen Abend, als es allerdings noch keine Gäste in der Bar hatte, liess sie sich wieder blicken. Sie lehnte sich gegen den Tresen und trank ein Glas Wasser. Pedro und Carmela kamen nun auf sie zu und waren froh, dass sie das Bett endlich wieder verlassen hatte. „Nun erzähl uns mal, was passiert ist“, bat Carmela und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Laura schüttelte den Kopf. „Es ist nichts passiert. Wirklich, mir geht es gut. Ich hatte nur ein kleines Problem mit der Lehrerin und meiner Mutter. Darum gehe ich ein paar Tage nicht zur Schule. Aber alles in Ordnung.“ Pedro schüttelte den Kopf und sagte ernst: „Laura, du kannst uns vertrauen. Sag uns doch, was los ist!“ Laura schüttelte den Kopf und lächelte: „Mir geht es gut, siehst du? Mir geht es gut! Mir geht es gut! Glaubt es mir doch!“ Carmela nahm Lauras Hände und sagte schliesslich: „Laura, deine Mutter und deine Lehrerin waren gestern Abend hier und haben uns gefragt, ob du bei uns bist. Ich habe ihnen die Wahrheit gesagt. Und dann haben die beiden mir einen Brief vorgelesen, der mich sehr, sehr geschockt hat. Laura, was ist passiert? Erzähle es uns!“ Na super, nun wussten sie es auch schon. „Das war nichts. Es war nur ein blödes Gedicht, das wir für die Schule schreiben mussten. Es hat rein gar nichts mit mir zu tun!“, beteuerte Laura fest. „Laura, entweder du lässt dir helfen und redest oder Carmela und ich werden dich an professionelle Hilfe übergeben! Glaub mir, wir wollen nur das Beste für dich!“, sagte Pedro und sah Laura ins Gesicht. Als Pedro das gesagt hatte, sah Laura rot. Ihr wurde ganz heiss und sie spürte eine Wut in sich. Wut gegen die Menschen, die ihr das alles hier angetan hatten. Sie stürmte an Carmela und Pedro vorbei und verliess die Bar.

Sie hatte einen seelischen Schmerz in sich, der sich nicht bändigen liess. Sie schlug mit ihrem Schienbein dreimal voller Wucht gegen eine Strassenlaterne, bis sie vor Schmerz nicht mehr fähig war mit beiden Beinen zu laufen. Nun war sie hilflos und den Gefahren der Nacht ausgeliefert. Es war ihr egal, sollte sie doch vergewaltigt, verprügelt oder überfahren werden, es kam nicht mehr drauf an. Sie humpelte auf ihrem gesunden Bein über eine Strasse und ging in eine beliebige Richtung. ‚Es regnet’, dachte sie, als sie etwas Nasses auf ihrem Gesicht spürte, doch als das Nasse in ihren Mund gelangte, merkte sie, dass es kein Regen war, sondern ihre Tränen. Um sich davon zu überzeugen, fasste sie ihr Gesicht an und tatsächlich, es war ganz nass. Wie lange war es her, dass sie das letzte Mal geweint hatte? Immer hatte sie ihre Tränen zurückgehalten. Doch nun liess sie ihren Tränen freien Lauf und es tat gut. Sie humpelte weiter und sah nach oben. Der Mond leuchtete und die Sterne glitzerten, wie jede Nacht, egal ob ein Mensch auf den Abgrund hin humpelte oder nicht. Plötzlich klirrte etwas vor Laura. Eine fast volle Flasche Vodka lag vor ihrem Fuss. Ohne zu zögern, nahm sie sie auf, öffnete sie und trank. Vielleicht würde sie morgen nicht mehr aufwachen, na und? ‚Wer würde wohl an meinem Grab stehen? Vielleicht gibt es ja auch gar kein Grab, vielleicht werde ich von Füchsen und Insekten gefressen. Wie viele Tage würden vergehen, bis kein einziger Mensch sich mehr an mich erinnert?’, während sie so ihren Gedanken nachhing, weinte, auf einem Bein versuchte vorwärtszukommen und dabei die Flasche Vodka trank, merkte sie nicht, wie auf der anderen Seite der Strasse eine Gruppe Jugendliche stand und sie beobachtete. „Hey, Süsse. Du kannst meine Beine haben, wenn du mir für fünf Minuten deine Titten gibst“, rief ihr einer der Jungen zu. Laura hatte Angst. Sie hatte immer gekämpft und nun heute liess sie sich wegen eines Gedichts dazu hinleiten, ihr Bein zu demolieren. ‚Einfach ignorieren. Einfach weitergehen. Nicht schneller werden, sonst zeigst du deine Angst. Ganz langsam und cool’, sagte sie sich innerlich. Sie wusste, welche Gruppe das war. Eine Gruppe Jugendlicher, die nichts Besseres zu tun hatte, als mitten in der Nacht jungen Mädchen Angst zu machen und sie, wenn man Pech hatte, gefügig machten. Obwohl es dunkel war, konnte sie durch einen Seitenblick ganz genau erkennen, wer heute bei der Gruppe mit dabei war: Dave und sein Kumpel vom Spielplatz, den sie zusammen gestaucht hatte. Und sie war sich sicher, dass dieser Kumpel sich bei ihr rächen wollte. Es musste ein Wunder geschehen, falls sie hier heil raus kommen wollte. Aber sie wunderte sich, dass Dave dabei war. War er wirklich ein solcher Typ? Sie hatte ihn anders in Erinnerung. „Bleib doch mal stehen, Kleine!“, hörte sie eine Stimme hinter sich und sie hörte bereits seine Schritte und wie er näher kam. Lauras Herz schlug ihr nun schon bis zum Hals. Die Jungs waren zu dritt und sie waren alle ungefähr zwanzig Jahre alt. Laura begann zu zittern und dann plötzlich wurde sie grob an der Hand gepackt und an die Mauer gedrückt. „Wieso läuft ein so hübsches Ding denn weg?“, fragte der Typ vom Spielplatz mit dunkler Stimme und Laura konnte den Alkohol riechen. Nun kamen auch die anderen zwei Jungs bei ihr an. „Du zitterst ja richtig. Hast du etwa Angst? Auf dem Spielplatz hattest du allerdings keine Angst. Du weißt schon was ich meine“, raunte er ihr zu und grinste sie böse an. „Lass mich in Ruhe!“, stiess ich möglichst laut hervor, doch das war leichter gesagt als getan, wenn man Angst um sein Leben haben musste. Egal wie sehr sie sich vor ein paar Minuten einen Moment lang den Tod gewünscht hatte, sie wollte nicht sterben.

„Schau mich an, du Luder! Ich zeige dir nun, was wir mit bösen Mädchen machen!“, sagte der Typ und nur schon seine Stimme liess Laura das Schlimmste erahnen. Voller Wucht knallte der Typ ihr seine Hand ins Gesicht. Diesmal schmeckte das Nasse auf ihrem Gesicht nicht nach Salzwasser, sondern nach Blut. Dann packte er ihre Sweatjacke und riss daran, sodass sie am Reissverschluss entlang aufsprang. Laura sah ihn entsetzt an und all ihre Erinnerungen kehrten zurück, es war als würde sie dasselbe nochmals erleben. Gerade wollte er mich an meinem Top packen, als Dave ihm sagte: „Hör auf damit!“ Die zwei anderen Jungen sahen ihn verdutzt an. Der Mann, der sich an Laura zu schaffen gemacht hatte, sagte zum dritten: „Schnapp dir die Kleine und gib’s ihr mal wie ein richtiger Mann! Ich muss da was mit Dave regeln“, befahl der Mann dem Dritten und ging auf Dave zu. Sofort eskalierte eine Schlägerei, bevor noch irgendein Wort fallen konnte. Dave war dem kleineren Kumpel allerdings überlegen und schnell lag der andere erledigt auf dem Boden. Laura war in eine Art Trance gefallen und durchlebte die früher erlebte Erinnerung nochmals. Ihre Augen waren geöffnet und sie schaute starr in eine Richtung. Ihr Körper war total angespannt und sie zitterte am ganzen Körper wie verrückt. Als Dave sie so sah, tat es ihm beinahe selbst weh. Der dritte der kleinen Gruppe machte es sich gerade am Reissverschluss von Lauras Hose zu schaffen. Mit voller Kraft schlug Dave ihm von der Seite an den Kopf. Er wusste selbst nicht, wieso er das Mädchen, das ihn zweimal heftig geschlagen hatte, rettete, aber er tat es. Gerade, als er Laura aufheben wollte, erschlaffte ihr Körper und sie fiel bewusstlos zu Boden.




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