Niedereichenbach - und ich mittendrin - Teil 7

Autor: Sternchen
veröffentlicht am: 28.01.2011


Dann war Maciek auch noch weg. Na Klasse. Ich verstand gar nicht, was ich falsch gemacht haben sollte. Ich habe viel von Maciek gesprochen, das gab ich ja zu. Aber die ganze Zeit über habe ich ihn nur als guten Freund gesehen. Wäre er ein Mädchen gewesen, also eine FreundIN, hätte es Andreas doch auch nichts ausgemacht.
Der Tag war also gelaufen. Ich nahm meine Krücken und stakste zum Haus zurück. In meinem Zimmer begutachtete ich noch einmal meinen Gips. Simon, Anne, mein Vater, Michael und Kai hatten darauf unterschrieben Auf dem Fußstück stand, mit schwarzem Edding geschrieben: Get well soon, your friends from Poland: Maciek, Olek, Milka.
Andreas hatte ein Stück weiter oben, in der Mitte des Gipses ein Herz gemalt mit unseren Initialen darin. Ich fing an zu weinen, als ich es sah und wollte mir das blöde Teil vom Fuß reißen. Hätte ich wenigstens etwas wirklich Schlimmes gemacht, wie zum Beispiel Maciek geküsst. Ich hatte lediglich mit ihm gesprochen. Na gut, ich war ihm gegenüber offener gewesen als Andreas gegenüber. Aber das war doch nicht etwa au böser Absicht oder ähnlichem geschehen. Ich hatte einfach jemanden zum reden gebraucht und als ich einmal mit erzählen angefangen hatte, hatte ich einfach gleich alles gesagt.
Und ja, ich hatte Andreas viel über Maciek erzählt, aber das bewies doch nur, dass wir beide nur Freunde waren. Hätte ich mich in ihn verknallt, wäre ich doch wohl nicht so dumm gewesen, meinem Freund von ihm zu erzählen, oder?
Obwohl, vielleicht hätte ich wirklich, bei dem was ich erzählt hatte, besser darauf achten sollen, dass man es nicht falsch deuten hätten können.
Ein zaghaftes Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken.
“Was ist?”, schrie ich, zwischen zwei Schluchzern. Die Türklinke wurde langsam heruntergedrückt. Pech gehabt, abgeschlossen.
“Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht. Du klingst nicht gerade fröhlich.”, drang Simons Stimme durch die Tür. Ich schwieg, und hörte, wie sich seine Schritte nach einiger Zeit wieder entfernen. Ich wollte einfach niemanden sehen. Weder Simon, noch Maciek, der sicher gleich auftauchen würde, noch sonst irgendwen.
Ich blieb den Rest des Tages in meinem Zimmer und kam auch zum Mittagessen nicht heraus. Gegen Abend klopfte mein Vater an die Tür.
“Sara? Willst du nicht mal rauskommen? Es gibt bald Abendbrot!”, forderte er mich indirekt auf, mein Zimmer zu verlassen.
“Lass sie. Morgen kommt sie bestimmt, sie bekommt ja irgendwann mal Hunger. Ihr geht es im Moment nicht so gut., hörte ich Simon leise sagen.
“Aber ich muss doch wissen, dass sie überhaupt da ist und dass sie nicht krank ist oder was auch immer!”, erwiderte mein Vater.
“Glaub mir, das beste wird sein, wenn wir sie in Ruhe lassen und warten, bis sie von selbst wieder herauskommt. Mädchen sind so.”, redete Simon auf unseren Vater ein.
“Na du musst es ja wissen…”, grummelte dieser, was mir tatsächlich ein kleines Lächeln entlockte.
Am nächsten Morgen wollte ich ursprünglich die polnische Schulklasse zum Zug begleiten, lies es dann aber doch bleiben. Ich hörte den Lehrer, der schon seit 09:00Uhr in schnellem Polnisch auf dem Gang herumschrie.
“Poschpiäch, Poschpiäch, Poschpiäch!”, rief er.
Wieder liefen mir, ohne Auslöser die Tränen über die Wangen. Ich zog mir die Decke über den Kopf und blieb eine dreiviertel Stunde so liegen. Dann verlies ich meine “Höhle”, zog mich an und wusch mich. Ich musste heute mit meinem Vater Mittag essen, damit er sah, dass ich noch existierte und noch nicht verrückt geworden war.
Mit ein bisschen Wimperntusche und Liedschatten sah man mir gar nicht an, dass ich die letzten 24 stunden heulend im Bett verbracht hatte. Bevor ich das Zimmer verlies, entdeckte ich einen Zettel, der im Fensterrahmen steckte.
“Hallo Sara.
Ich bin in großer Entschuldigung.
Ich willte zu dein Freund sagen das Wahrheit, aber er will nicht hören.
Also ich gegangen.
Hoffentlich wieder sehen. Wenn du Kontakt willst, also du schreibst e-mail.
Wenn nicht e-mail, also ich weiß, du willst nicht.
Jetzt muss ich in Autobus gehen.
Herzlicher Gruß,
Maciek”

Nach dem Essen verschwand ich wieder in mein Zimmer. Ich spielte mit Ataïr, was ich als äußerst beruhigend empfand und schob alle Gedanken beiseite. Später klopfte jemand an mein Fenster. Ich zog die Vorhänge zurück. Dort stand Andreas. So wie er aussah, war der letzte Tag auch nicht spurlos an ihm vorübergegangen, der Schlafmangel hatte dunkle Schatten unter seinen Augen hinterlassen.
Ich öffnete vorsichtig und er reichte mir ein einzelnes Blatt Papier durch das Fenster. Sofort erkannte ich Macieks schräge Schrift.
“Es tut mir leid! Du hast da was falsch verstanden!”, versuchte ich zu erklären.
“Lies.”, forderte Andreas mich auf.

“Hallo Andrea,
Bitte lese dieses Brief!
Wenn du willst machen es in Müll, machen später, erst lesen bitte!
Du denkst, Sara mag mich und dich nicht, weil hat viel sprechen von mich.
Das ist falsch. Sara mag mich und ich mag Sara. Aber wir sind Freunde.
Ihr seid Liebe. Liebe ist mehr gut als Freunde, also sie mag dich mehr als mich.
Bitte Entschuldigung.
Ich willte nicht machen kaputt das Liebe von dir und Sara.
Ich willte dir sagen, aber du willtest nicht zuhören. Also ich gehe, willte das sagen zu Sara.
Aber Sara weint, weil du denkst Falsches. Weil sie liebt dich.
Bitte, du gehst zu ihr, sonst ich schuldhaft und sie traurig und du auch.
Herzlicher Gruß
Maciek
P.S.: Wenn deine Name ist nicht Andrea, Entschuldigung. Das Brief ist für die Jungen mit gelbe Haaren, die ist Saras Freund.”

“Also, ich habe zwar nicht ganz verstanden, was er damit sagen wollte.”, sagte Andreas. “Aber ich habe verstanden, dass ich ziemlich blöd war.”
Schuldbewusst sah er mich an.
Und ich beugte mich einfach durch das Fenster und küsste ihn.
“Du bist nicht so für große Worte, oder?”, murmelte er atemlos, als wir uns wieder voneinander lösten. Ich lachte nur, schnappte mir die Krückstöcke und kam zu ihm hinaus…

_____ENDE_____________________
So, das war erst mal der letzte Teil. Eine Fortsetzung ist bis jetzt eigentlich nicht geplant.
Ich hoffe, es hat euch gefallen.





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