Winternachtstraum - Teil 10

Autor: Addielein
veröffentlicht am: 10.06.2011


Genervt greife ich um mich, als ich vom Lied "I like the Girls who drink with me" geweckt werde. Ramon stöhnt entnervt auf und nimmt den Arm von meiner Taille, als ich fauche: „Gehst du mal an dein beschissenes Handy!“
„Ist ja gut“ meint er beschwichtigend und greift nach seinem iPhone und geht ran: „Was ist?!“ Er runzelt die Stirn. „Was? Wer ist da? – Oh, achso“
Er reicht mir das Handy und sagt leise: „Nina – mal wieder“
Ich blinzele verschlafen, bis das, was er gesagt hat zu mir durchdringt. „Oh mein Gott! Ich glaube sie sind hier!“ Ich reiße Ramon das iPhone aus der Hand und springe aus dem Bett. „Nina?!“
„Addie! Ob du’s glaubst oder nicht, Tom hat’s geschafft! Als es aufgehört hat zu schneien, ging’s wieder vorwärts“ erklärt sie.
„Oh man, ihr wisst gar nicht, wie mich das freut“ Ich lasse mich wieder auf das Bett sinken. „Wo seid ihr im Moment?“
„Keine Ahnung, wo wir genau sind, aber bis nach Hérémence sind’s nur noch acht Kilometer oder so“
„Dann seid ihr bald da“ schlussfolgere ich.
„Ja, wir sind bald da. Mach dich schon mal fertig, wo du da auch immer bist“ antwortet Nina. Es entsteht eine kurze Pause, dann fragt sie sichtlich verwirrt: „Wo bist du eigentlich?!“
Ich höre Tom im Hintergrund hupen, dann: „So ein Idiot! – Wo ist Addie?“
„Ich bin bei einem Freund“ Ich werfe einen Blick zu Ramon, welcher aber schon wieder eingeschlafen ist. Um 5:18 Uhr ist ihm das nicht zu verübeln.
„Du hast Freunde in Hérémence?“ Ninas Stimme wird total überrascht.
„Sie hat keine Freunde in diesem Kaff!“ mischt sich Tom mit ein.
Lachend schüttele ich mit dem Kopf: „Ich erklär’ euch alles später, okay?“
„Das will ich auch hoffen, meine Liebe“ erwidert Nina. „Denn du hast viel zu erklären!“
„Ich weiß. Bis gleich“ Ich lächele und drücke Nina weg. Das Handy lege ich auf den schwarzen Nachttisch neben dem Bett.
Hastig sammele ich meine Sache zusammen, ziehe mich an und packe alles Restliche in meine Tasche. Leise, um weder Lennard noch Ramon zu wecken, schleiche ich durch die Wohnung und schaue, ob ich auch nichts vergessen habe.
Schließlich ziehe ich meine Jacke und meine Stiefel an und gehe zurück in Ramons Zimmer. Er liegt immer noch auf dem Bauch und schläft.
Sanft rüttele ich ihn an der Schulter, sodass er wach wird und verschlafen die Augen öffnet.
„Ich gehe“ flüstere ich. „Nina und Tom werden gleich da sein“
Sofort richtet er sich auf und fährt sich mit der Hand durch die zersausten Haare. „Du gehst?“ hakt er nach und ich nicke.
„Ich fahre zurück“
„Wohin?“ Es ist das erste Mal, dass er mich nach meiner Herkunft fragt. Er weiß zwar, dass ich nicht aus Hérémence komme, doch er hat mich nie gefragt, woher ich eigentlich komme.
„Nach Magdeburg“
„Du wohnst in Magdeburg?!“ Auf einmal scheint er hellwach zu sein.
„Es fällt dir aber früh ein, das zu fragen“
„Davor hat es mich nicht interessiert“ Ist seine ehrliche Antwort. Dann schweigen wir beide, bis er schließlich die Stille durchbricht: „Magdeburg ist weit weg“
„Ich weiß“ sage ich leise und küsse ihn. „Danke, Ramon. Für alles“
Er sagt daraufhin nichts, sondern grinst nur und zuckt mit den Schultern.
„Und sag’ Lennard und Melanie lieb Grüße von mir und ein ganz, ganz dickes Dankeschön“
„Mach’ ich“ sagt er und steht dann schließlich auf. „Ich komm noch mit runter“ Er greift schon zu seiner schwarzer Jeans, als ich ihn am Oberarm festhalten: „Nein, bitte! Abschiednehmen fällt mir so schon immer schwer genug“ Ich lächele bitter und küsse ihn noch einmal – ein letztes Mal.
Ich kann nicht behaupten, dass ich ihn liebe, oder mich überhaupt in ihn verliebt hätte und dennoch ist er mir wichtig geworden. So wichtig, dass es mir weh tut, wenn ich daran denke, dass ich ihn nie wieder sehen werde.
Er lächelt wieder, aber es ist nicht sein typisches Lächeln. Es wirkt irgendwie… trauriger. Doch dann taucht es wieder auf – das spöttische Grinsen und das amüsierte Blitzen in den Augen. „Falls du deinen Phillip noch mal sehen solltest: Brech’ ihm die Nase“
„Mit dem größten Vergnügen. Und du rufst Tabea an. Vielleicht wird das ja was zwischen euch“
„Du kennst Tabea nicht“
„Und du kennst Phillip nicht“ Ich zwinkere ihm zu, schultere dann meine Handtasche und verlasse das Zimmer.
Das war’s also. Leb’ wohl Lennard, leb’ wohl Melanie, leb’ wohl Hérémence, aber vor allem leb’ wohl Ramon.
Auf nimmer wieder sehen!






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