Zwischen Traum und Wirklichkeit - Teil 14

Autor: Giraffi
veröffentlicht am: 13.01.2011


Auch diese Nacht endete für Donna gegen 5 Uhr morgens, obwohl sie gestern erst gegen halb drei Uhr nachts einschlafen konnte.
Doch kaum war sie eingeschlafen suchten sie wieder die Träume heim. Manche waren sogar ganz nett – doch würde Donna wirklich von einer Hochzeit oder gar von einem Fallschirmsprung träumen? Sie hasste Höhe und heiraten wollte sie auch nicht.
Seufzen richtete sie sich auf und rieb sich die Augen. Konnte ihr wirklich keiner erklären warum sie so absurdes Zeug träumte und warum jede Nacht mit ihrem eigenen Albtraum endete?
Das war doch alles nicht normal. Vielleicht war sie selbst aber auch nicht normal? War das für alles eine Erklärung? Eine Abnormalität in Donnas Gehirn?
Bitter lachte sie auf. Jetzt war sie schon in Gedanken bei einem Gehirnfehler, so verzweifelt suchte sie eine Lösung für dieses zusammenhangslose Geträume. Und wie konnte sie sich diesen Albtraum erklären, der jede Nacht wieder kam – zumindest fast jede Nacht.
So viele Fragen schwirrten ihr im Kopf herum, doch sie wusste auf keine Einzige eine Antwort.
Schnell schlüpfte sie in ihre Hausschuhe und knipste ihre Nachttischlampe an. Hoffentlich würde sie irgendwann mal wieder durchschlafen können.
Wieder rieb sie sich die Augen und gähnte.
Die Sonne ging langsam am Horizont auf und Donna hoffte, dass heute ein schöner und sonniger Sonntag werden würde. Dann würde sie sich in den kleinen Vorgarten des Hauses setzten mit einem Buch und mal wieder versuchen ein paar Zeilen zu lesen. Dazu war sie in letzter Zeit nicht gekommen. Sie war einfach zu ruhelos. Nie konnte sie lang genug stillsitzen. Das war normalerweise so gar nicht Donnas Art.
Und während sie mal wieder versuchen würde zu lesen, könnte sie auch mal wieder etwas braun werden. Ihr Gesicht würde trotzdem blass bleiben, bei dem Schlafmangel kein Wunder.
Ein letztes Mal rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich, dann stand sie auf und begann den Tag, wie jeden anderen auch, mit einer großen Tasse starken Kaffee.

„Wie war’s gestern denn?“ fragte Dirk und stellte sich seinen Liegestuhl neben den ihrer Tochter.
Donna schaute von ihrem Buch auf und schaltete ihren iPod aus. „Was hast du gesagt?“
„Ich fragte dich, wie es gestern war? Im Darkart… du weißt schon. Diese Party“ wiederholte ihr Vater.
Sie zögerte eine Weile dann nickte sie: „War ganz gut. Ich war sogar pünktlich zu Hause“ verkündigte sie dann stolz.
Dirk nickte: „Ich hab’s gehört. Warst sogar ein wenig früher da“ Er streckte sie Beine auf dem Liegestuhl aus und seufzte: „Man sollte den Sommer noch genießen, bevor es wieder kalt wird. Meinst du nicht?“
„Hm…“ murmelte Donna. „Ich habe es längst aufgegeben irgendwann mal braun zu werden“
„Das hast du von deiner Mutter“ meinte Dirk und seine Augen nahmen dabei einen traurigen Ausdruck an. Er schien Donnas Mutter nie ganz vergessen zu haben, auch wenn das Ganze jetzt schon Jahre her war.
Donna dachte kurz nach: Ja, ihre Mutter müsste jetzt schon viele Jahre in Paris leben. Und Karten von der Stadt der Liebe hatte sie wirklich genug mittlerweile.
„Ja, das habe ich von ihr“ wiederholte Donna leise die Worte ihres Vaters.
Dann schwiegen sie beide eine Weile, bis Dirk schließlich sagte: „Sie hat übrigens gestern angerufen“
Donna schaute auf: „Wer?“
„Na, deine Mutter“ erwiderte Dirk, als wäre es das Normalste in Donnas Welt, dass ihre Mutter anrief.
Sie machte ein verblüfftes Gesicht und sagte eine Weile gar nichts. Langsam klappte sie das Buch zu: „Warum?“
„Warum was?“
„Warum hat sie angerufen?“
Dirk zuckte mit den Schultern: „Sie wollte wissen, wie es uns – vor allem dir geht“
„Mir geht es gut, danke der Nachfrage“ meinte Donna affektiert und zog eine Grimasse. „Warum hat sie nicht wieder eine Karte geschrieben, wie sonst auch immer? Ich hätte noch einen freien Platz an meiner Pinnwand“
Dirk hob abwehrend die Hände: „Mir brauchst du das nicht zu sagen. Sie hat mich damals genau so hängen lassen, wie dich. Doch sie ist nun mal auch deine Mutter und sie hat ein Recht darauf zu erfahren, wie es dir geht“
„Aber warum gerade jetzt?!“ rief Donna aus und erschreckte sich selber darüber, wie streng ihre Stimme klang.
Ihr Vater zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es nicht. Aber ich bin der Meinung, dass du sie zurückrufen solltest“
Donna murrte noch etwas Unverständliches und fügte dann deutlicher hinzu: „Sie hatte bestimmt nur Langeweile und hat sich gedacht, dass sie ja mal wieder ihre Familie anrufen könnte“
„Du kannst ihr nicht verzeihen, was?“
„Kannst du es denn?“ Sie schüttelte mit dem Kopf und seufzte: „Ein Kind verzeiht seiner Mutter alles“ Damit wiederholte sie die Worte ihrer Großmutter, welche vor drei Jahren verstorben war.
„Ja, wahrscheinlich“ stimmte auch ihr Vater zu, dann lächelte er: „Das sagte Oma immer, oder?“
„Das war ihr Lieblingsspruch“ erwiderte Donna und lächelte auch.
Auch, wenn ihre Mutter ihr fehlte – schrecklich fehlte, so wusste sie doch, dass sie auch mit ihrem Vater allein klar kam. Sie brauchte ihre Mutter nicht. Sie hatte früh genug gelernt ohne sie zu leben.

Mit tiefen Augenringen unter den Augen betrachtete sie am nächste Morgen ihr Spiegelbild. Geist höchstpersönlich lässt grüßen, dachte sie bitter und tuschte sie hastig ihre Wimpern. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie maßlos verschlafen und wurde nicht schon gegen 4 Uhr in der Früh schreiend wach.
Dafür aber um halb acht.
In einer halben Stunde sollte sie im Klassenzimmer sitzen, doch das würde sie unmöglich schaffen. Also würde sie wohl oder übel zu spät kommen.
Und Herr Linz würde das ganz sicher nicht verstehen. Doch darüber machte sich Donna jetzt noch keine Gedanken. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt sich die Wimperntuschebürste nicht ins Auge zu stecken.
Dann klemmte sie sich mit einer Spange die Haare aus dem Gesicht, die ihre ins Gesicht fielen und verließ im Stechschritt das Bad.
Im Flur war die Kiste verschwunden, auf der sie immer ihren Schlüssel gelegt hatte und dieser lag stattdessen auf dem Boden. Genervt stöhnend hob sie ihn auf, warf sich ihre Tasche über die Schulter und rief ein energisches: „Tschüss, Paps!!!“ Dann knallte sie die Tür hinter sich zu und stürmte die Treppe hinunter und aus dem Haus.
Hoffentlich würde sie sich nicht verlaufen. Doch das war so gut wie unmöglich.
Atemlos und keuchend riss sie die Klassenzimmertür auf, murmelte ein undeutliches Entschuldigung und setzte sich auf ihren Platz, neben Juanita.
Herr Linz strafte sie mit einem missbilligenden Blick, sagte jedoch nichts und fuhr mit seinem schwierigem Matheunterricht fort.
Sie spürte noch, wie Christian ihr einen Blick zuwarf, den sie deuten konnte. Er war bestimmt immer noch böse wegen Samstag, obwohl Dorian ja an allem Schuld war.
Donna wandte sich wieder von Christian ab und schaute zu Juanita: „Hier“ Sie reichte ihr die große Papptüte von Engelhorn. „Deine Sachen. Gewaschen und gebügelt“
„Danke. Bügeln hättest du das Ganze aber nicht“ meinte Juanita, während sie die Tüte neben ihren Stuhl abstellte. Dann wandte sie sich wieder an Donna und fragte: „Warum bist du zu spät?“
„Verschlafen“ Donna zuckte mit den Schultern.
„Aha… Wohl…“ Doch weiter kam Juanita nicht.
„Donna!“ hallte die Stimme von Herr Linz durch das gesamte Klassezimmer und Donna zuckte zusammen. Mit schuldbewusster Miene schaute sie zu ihrem Klassenlehrer.
„Wenn du schon zu spät bist, dann könntest du ja wenigstens so nett sein und aufpassen!“ wies er sie zurecht und Donna brachte nur ein klägliches Nicken zustanden.
Als Herr Linz sich wieder zur Tafel zuwandte, flüsterte Juanita ihr noch zu: „Wir reden später“
Donna lächelte matt und nickte. Sie wusste schon, dass Juanita ihr Löcher in den Bauch fragen würde. Sie war einfach zu aufgedreht und neugierig, um sie nicht mit Fragen zu erschießen.
„Wer ist Dorian???!!!“ zischte Juanita ihr nur wenig später zu. Anscheinend konnte sie doch nicht bis zum Ende der Stunde warten.
Donna seufzte innerlich und wisperte zurück, ohne die Augen von der Tafel zu wenden: „Später“
Juanita schnalzte missbilligenden mit der Zunge und wandte sich von Donna ab. Hoffentlich war sie jetzt nicht beleidigt. Das war das Letzte, was sie gebrauchen konnte.
Erst vergraulte sie Christian – was ja eigentlich Dorian war, dann stieß sie Dorian vor den Kopf und wenn jetzt noch Juanita auf sie sauer wäre, dann hätte Donna ja wohl ganze Arbeit geleistet.

Als die Schulklingel die erste große Pause ankündigte und Donna eigentlich schnell den anderen folgen sollte um den Chemiesaal zu finden, blieb sie trotzdem neben Juanita sitzen und wartete, bis alle den Raum verlassen hatten.
Tim warf den beiden noch einen fragenden Blick zu, doch Juanita gab ihm mit einer energischen Handbewegung zu verstehen, dass er verschwinden sollte.
Er zog eine Grimasse und verließ das Klassenzimmer. Herr Linz folgte ihm, ohne den beiden Mädchen auch nur einen einzigen Blick zu schenken.
„Alsoooo“ Juanita zog das Wort unnötig in die Länge. „Wer ist Dorian“
Donna zögerte eine Weile, dann zuckte sie mit den Schultern: „Ein Junge, würde ich sagen“ Sie lächelte hilflos, doch Juanita verdrehte nur die Augen, und Donna wusste, dass ihre Freundin sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben würde.
„Das ist alles etwas kompliziert“ meinte Donna weiterhin ausweichend.
Juanita zuckte mit den Schultern und begann ihr Brot auszupacken: „Ich habe Zeit“
Donna seufzte und nickte: „Dorian ist der Kerl, der letztens auch an der Schule war“
„Das weiß ich auch. Es geht mir mehr darum: Wer ist dieser Dorian für dich?“
Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. Donna stockte und schaute eine Weile nachdenklich aus dem Fenster. Dann meinte sie leise: „Das weiß ich nicht. Ich meine er weiß ja selber noch nicht einmal so wirklich wer er ist“
„Okay, das ist seltsam“ murmelte Juanita mit vollem Mund und kniff die Augen zusammen. „Ist er drogenabhängig oder so?“
Donna verzog das Gesicht zu einer Grimasse: „Quatsch! Das Ganze ist einfach nur kompliziert – sehr kompliziert. Und ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie ich dir das alles erklären soll“
„Hm“ Juanita zuckte wieder nur mit den Schultern und biss nochmals von ihrem Brot ab. „Vielleicht erklärst du’s mir, wenn du mehr weißt. Vielleicht lerne ich ihn aber auch kennen“
Donna stöhnte innerlich auf. Normalerweise mochte sie Juanita und ihre Art. Doch im Moment ging sie ihr reichlich auf die Nerven.
Sie wusste ja selber noch nicht einmal, ob sie Dorian noch mal wieder sehen würde. Und jetzt mischte sich Juanita auch noch mit ein.
„Ja, mal sehen“ meinte Donna, um ihre Freundin nicht vor den Kopf stoßen zu wollen.
Langsam begann sie ihre Sachen in ihre Tasche zu packen. „Ich denke, ich werde dann mal langsam zum Chemiesaal gehen. Ich habe keine Lust wieder zu spät zu kommen“ Sie erhob sich und lächelte.
Juanita nickte und packte ihr Brot wieder weg, dann stand auch sie auf. „Ja, mach das. Ich muss auch in einen anderen Raum“
Sie verließen das Klassenzimmer und mussten dann in unterschiedliche Richtungen. Bevor Donna sich umdrehen konnte, rief Juanita schnell noch: „Aber halt’ mich auf dem Laufenden, ja?“
Donna ließ die Schultern hängen, lächelte matt und nickte schließlich: „Alles klar“ Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zum Chemiesaal.
Sie glaubte eher nicht, dass sie Juanita auf dem Laufenden halten würde. Zwischen Dorian und ihr war irgendetwas Besonderes. Das konnte man nicht einfach so unter einer einfachen Beziehung abstempeln. Das zwischen ihr und Dorian war etwas ganz, ganz anderes. Donna wusste nur noch nicht was.
Und was das alles mit seiner gegebenen Identität zu tun hatte, wusste sie auch nicht. Doch sie würde einfach nur gerne wissen, wer er wirklich war.
Vielleicht sollte sie einfach bei ihm anrufen… Nein, das traute sie sich nicht. Außerdem hatte sie seine Nummer ja gar nicht. Sie hatte ihm ja nur ihre gegeben. Und jetzt?! Ach, er würde schon anrufen.
Mit gesenktem Blick ließ sie sich neben Christian fallen, welcher demonstrativ den Blick von ihr abwandte. Musste jetzt auch der einen auf Kindergarten machen?
Heute war definitiv nicht Donnas Tag…

Die zweite Sitzung bei Dr. Erlinger empfand Donna genau so schlimm, wie die Erste. Er fragte sie über ihre Träume aus und was sie dabei empfand und nicht selten wusste Donna nicht, was sie antworten sollte.
Sollte sie ihm wirklich ihr ganzes Herz ausschütten: Davon erzählen, dass Dorian sie förmlich anzog, dass Christian wegen ihm sauer war und dass sie sogar Juanita verschwieg, was mit Dorian war. Und dass sie sowieso allen verschwieg, wie seltsam ihre Träume waren, dass sie so gar nichts mit ihr zu tun hatten und dass immer mit demselben furchtbaren Albtraum endeten, in dem nur ein schwarzes Nichts war, und sie und Dorian, welcher aber immer verschwand. Und das genauso plötzlich, wie er gekommen war.
Konnte Dr. Erlinger darauf überhaupt eine Antwort wissen? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem, er war ihr Psychologe: Sie konnte ihm vertrauen, sie konnte ihm alles erzählen. Und dann würde er ihr auch helfen können.
„Die Schlaftabletten haben nichts genützt“ brachte Donna schließlich hervor und Dr. Erlinger zog verwundert die Brauen nach oben: „Nicht?“
Donna schüttelte hastig mit dem Kopf: „Ich war plötzlich in meinen eigenen Träumen gefangen. Ich konnte nicht aufwachen, ich konnte nur schreien. Dabei wollte ich so gerne aufwachen“
„Gut, dann lass dich Schlaftabletten weg“ nickte der Doktor und kritzelte etwas in sein kleines Notizbuch.
„Habe ich schon“ erwiderte Donna leise.
„Gut…“ Jetzt schaute Dr. Erlinger wieder auf und schob seine Brille wieder nach oben zur Nasenwurzel: „Sie sagten, sie wären gefangen gewesen in ihren eigenen Träumen. Haben sie mehrere Sachen geträumt?“
„Ich träume immer wild durcheinander. Jede Nacht. Es scheint mir, als würde ich von Traum zu Traum springen, um dann schließlich bei meinem Albtraum ins Ziel zu laufen…“
„Das heißt sie träumen immer noch von diesem… schwarzen Nichts, und von diesem Jungen“ fragte Dr. Erlinger nach und schrieb wieder etwas in sein Notizbuch.
Wieder nickte Donna: „Ja, dieser Traum lässt mich nicht in Ruhe“
„Kennen Sie den Jungen“
„Am Anfang nicht, aber mittlerweile, ja“ Donna schluckte und dachte an Dorian. Hatte sie ihn wirklich schon in ihrem Traum gesehen, als sie noch nicht einmal wusste, dass es einen Dorian Atwood in der Welt gab. Konnte das wirklich möglich sein? Eigentlich nicht. Und schon gar nicht, wenn man es logisch betrachten wollte.
„Was heißt mittlerweile ja?“ hakte der Doktor nach und beugte sich vor.
Donna zögerte eine Weile, doch dann zwang sie schließlich dazu etwas zu sagen: „Ich habe ihn erst vor ein paar Wochen kennen gelernt. Davor kannte ich ihn nicht. Ich wusste noch nicht einmal, dass es ihn gibt“
„Aber du hast ihn schon mal gesehen… In deinem Traum meine ich“
Donna nickte: „Aber nur von hinten“
„Also könnte es auch einfach nur irgendein Junge sein, den du von hinten gesehen hattest… in deinem Traum, und dieser Junge, den du jetzt kennst, sieht ihm einfach nur verdammt ähnlich“ meinte Dr. Erlinger.
Doch Donna schüttelte heftig mit dem Kopf: „Nein. Das kann nicht sein. Er kam mir gleich so bekannt vor, als ich ihn das erste Mal sah. Ich habe Dorian schon in meinem Traum sehen können, bevor ich ihn kannte“ War sie sich da so sicher, oder belog sie sich gerade selber?
Dr. Erlinger stockte plötzlich und sah aus, als würde er erstarren. Er schaute sie nur mit großen Augen an und schwieg. Selbst den Stift ließ er mitten in der Bewegung inne halten.
„Doktor?“ fragte Donna vorsichtig. „Geht es Ihnen gut?“
Erst jetzt löste sich Dr. Erlinger aus seiner Starre und schaute Donna wieder an. „Ja, mir geht es gut“ antwortete schnell, dann zog er prüfend die Brauen zusammen: „Du hattest den Jungen beim Namen genannt: Könntest du das bitte noch mal wiederholen?“
Donna verstand nicht ganz und schaute ihn fragend und verständnislos zugleich an: „Ich weiß nicht, wozu das wichtig sein sollte“ stotterte sie.
„Oh, doch!“ widersprach Dr. Erlinger ungewohnt energisch und Donna zuckte unwillkürlich zusammen. „Das ist wichtig für’s Protokoll“ fügte er wesentlich ruhiger hinzu.
Donna nickte gehorsam: „Dorian, so heißt er“
Dr. Erlinger nickte und schrieb sich den Namen anscheinend auf, dann fragte er weiter: „Nun aber mal zu den anderen Träumen, die du hast“
Donna nickte und wartete darauf, dass Dr. Erlinger ihr eine Frage stellen würde, die sie dann wieder brav beantworten würde. Doch der Doktor schwieg und schaute sie geduldig an.
„Ich träume dauernd wirres Zeug. Von Dingen, die rein gar nichts mit meinem eigenen Leben gemein haben. Es könnten genauso gut Träume von anderen Leuten sein“ redete Donna schließlich leise.
„Was träumst du denn zum Beispiel, wenn ich fragen darf?“ Jetzt stellte Dr. Erlinger also doch wieder seine Fragen.
„Von einer berühmten Kunstausstellung in New York, in der mein Vater seine Bilder ausstellt und berühmt wird. Von einer alten Frau, die ihre Enkelkinder in die Arme schließt. Von Hundeknochen. Von Monstern, die sie im Wandschrank eines Mädchens befinden – davor hatte ich nicht mal als kleines Kind Angst. Es ist also unmöglich, dass ich mir darüber Gedanken machen muss und dass ich dieses Themen in meinen Träumen verarbeiten müsste“
„Es ist ungewöhnlich, aber nicht unmöglich“ murmelte Dr. Erlinger, während er sich mehr Notizen machte, als Donna geredet hatte.
Heute benahm er sich wirklich seltsam…
„Ich versteh’ es einfach nicht… Wissen Sie, ich will doch einfach nur schlafen“ begann sie plötzlich zu jammern und der Doktor schaute von seinem Notizbuch auf und lächelte sie aufmunternd an: „Ja, das kann ich verstehen. Und ich bin sicher, dass sie bald wieder schlafen können. Und wir heute schon ein ganzes Stück vorangekommen“
„Wirklich?“ hakte Donna ungläubig nach. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie in dieser Nacht mal durchschlafen würde. Und wenn noch nicht einmal Schlaftabletten halfen…
„Ja, wirklich. Zumindest ich habe langsam einen ziemlich guten Einblick in deine jetzige Situation bekommen, und ich bin mir sicher, dass ich dir schon sehr bald helfen kann“ versicherte er ihr immer noch lächelnd und stand langsam auf.
„Das freut mich“ meinte Donna, während auch sie sich erhob und ihm die Hand schüttelte. Bevor sie die Tür hinter sich schließen konnte, rief er noch: „Bis nächste Woche“
Und Donna hob als Gruß nur die Hand und verließ wieder schnellen Schrittes und mit gesenktem Kopf die Praxis von Dr. Erlinger.




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