Take me anywhere - Teil 7

Autor: Kathrin
veröffentlicht am: 01.08.2011


„Das ist gar nicht gut“ keuchte ich schließlich und wich zurück. „Gar nicht gut…“
Auch Moritz trat zurück, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und lachte leise: „Du hast Recht. Tut mir Leid“
„Versteh’ mich nicht falsch, aber wir wohnen zusammen und…“ begann ich und tappte unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Seine besorgte Miene wechselte und es trat wieder das belustigte Funkeln in seine Augen: „Kein Problem – wird nicht noch mal vorkommen“ Freundschaftlich wuschelte er mir durch die Haare, worauf ich nur das Gesicht verzog. Als hätten meine Locken nicht schon schlimm genug ausgesehen.
Er drehte sich um und ging wieder in Richtung Bar, als er sich noch mal umdrehte, mir zuzwinkerte und sagte: „Aber der Kuss war gut“ Es keine Frage, auch keine unsichere Bemerkung. Es war einfach eine Feststellung – eine einfache Feststellung.
Dieser junge Mann war sich wirklich seiner sicher – zu sicher. Und das machte mir Angst.

Es war kurz bevor mein Studium anfing, als Dorothea anrief. „Oh mein Gott! Mila… Das ist alles sooooo Wahnsinn!“
Ich lachte herzhaft und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich war froh, dass sie anrief: „Was ist los?“
„Mein Studium macht so Spaß!“ plapperte sie weiter. Ich glaubte ihr sofort. Mediendesign war wie gemacht für Dorothea. Ihre Bilder beeindruckten mich schon immer.
„Das freut mich für dich“ erwiderte ich und drehte mich vom Bauch auf den Rücken.
„Hast du schon begonnen?“
„Mit was?“ fragte ich dümmlich.
„Ach, du Nuss!“ lachte sie. „Mit deinem Medizinstudium natürlich“
„Ne, wir in Hamburg haben noch Semesterferien. Ich beginne erst in einer Woche“
„Uhhh – und? Hosen voll?“
„Und wie!“ Das war keine Lüge. Ich hatte wirklich wahnsinnige Angst vor meinem Studium; ob ich das alles schaffen würde? Wie die Leute dort wohl seid würden? Allein wenn ich nur daran dachte, überkam mich ein kalter Schauer.
„Sobald ich hier etwas Ruhe habe und der letzte Umzugskarton ausgepackt ist, komme ich dich besuchen. Das verspreche ich dir“
„Das will ich auch hoffen. Phillip kannst du auch mitbringen“ bot ich an. Ich griff nach meinem Kalender, der auf dem Boden neben meinem Bett lag.
„Ach, der! Der kann in München bleiben“ Sie lachte wieder, fügte dann aber hinzu: „Aber ich werde Karo und Klara mitnehmen“
„Das würde mich freuen“
„Wie gesagt, sobald wir Zeit haben – und es für dich in Ordnung geht“
„Wir könnten ein kleines Platzproblem bekommen, aber sonst spricht nichts dagegen“ antwortete ich und blätterte meinen Kalender durch, ohne so wirklich zu lesen, was ich notiert hatte.
„Ach, das kriegen wir schon hin. Du, ich muss jetzt aber auch auflegen. Phillip will mit mir Essen gehen. In irgendeinem super-schicken Restaurant“ Sie betonte vor allem das Wort super-schick.
„Tu’ dir keinen Zwang an. Danke für deinen Anruf. Hat mich sehr gefreut“
„Bis bald, Milalein. Ich hab dich lieb“
„Ja, ja“ lachte ich und legte auf und ließ mein Handy auf den Boden fallen. Ich blätterte weiter durch meinen Kalender, als ich am Samstag den 17. Oktober hängen blieb. Mit rotem Stift wurde „Squashen üben“ hinein geschrieben – und die Schrift war ganz sicher nicht meine.
Ich verdrehte die Augen und murmelte: „Moritz“, doch ich würde nicht weiter darauf eingehen. Seit dem Kuss in der Bar, ging ich ihm so gut es mir möglich war aus dem Weg. Ich weiß, dass mein Verhalten albern war. Ich meine, es war ja nur ein Kuss. Und das auch noch im angetrunkenen Zustand. Trotzdem war es mir unangenehm.
Ich legte meinen Kalender weg und stand von meinem Bett auf und ging in die Küche, wo Fabi vor dem Kühlschrank hockte und sich bestimmt wieder an meinen Lebensmitteln vergriff. Max saß am Küchentisch und lernte für sein nächstes Staatsexamen, für das er aber noch endlos Zeit hatte.
„Hey, ihr beiden“ grüßte ich sie und schob Fabi vom Kühlschrank weg.
Max schaute von seinem Buch auf und gab ein unverständliches Brummen von sich. Mit fragender Miene warf ich ihm einen Blick zu, doch ich bekam keine Antwort, was mich nicht weiter wunderte.
Fabi schaute mich gespielt empört an. „Ich habe auch Hunger!“
„Dann geh einkaufen!“ fuhr ich ihn gereizter an, als beabsichtigt.
„Oh, oh… da hat aber jemand Angst vor’m ersten Wintersemester“
„Ach, was! Gar nicht“ widersprach ich energisch und knallte meinen Fertigsalat auf den Tisch, sodass Max zusammenzuckte und aufschaute. Ehrlich gesagt, rechnete ich damit, dass er mich anbrüllte. Oder mich zumindest mit dem bösesten Blick, den die Welt zu bieten hat, strafte. Doch er hatte nicht von beidem getan.
Stattdessen nickte er verständnisvoll und meinte: „Mir ging’s ganz genauso. Ganz ehrlich, ich hatte richtig Angst. Vor allem durch den immensen Leistungsdruck, den mir mein Vater dauernd aufgebärdet, und…“ Max unterbrach sich selber, schüttelte ungläubig mit dem Kopf und stand dann auf. „Tut mir Leid! Das ging zu weit“ Er packte seine Bücher zusammen und verließ ohne ein weiteres Wort die Küche.
Überrascht und auch ein wenig ungläubig schaute ich ihm hinterher.
„Wow, soviel habe ich ihn nicht mehr reden hören, seit er mal kurz was mit Helena hatte. Und das ist zwei Semester her“ staunte Fabi und setzte sich an den Küchentisch.
Auch ich setzte mich hin, öffnete meinen Salat und schaute Fabi fragend an: „Max war mal mit Helena zusammen?“
„Ja, für 5 Monate oder so. Aber ich glaube, Max ist nicht so der Beziehungsmensch, wie Helena. Er hat Schluss gemacht“
„Autsch…“ Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
„Hier hing auch ewig der Haussegen schief. Hat Jürgen damals tierisch genervt…“
„Warum hat sich Helena nicht was Neues zum Wohnen gesucht?“
„Find’ in Hamburg mal `nen gutes WG-Zimmer“ Fabi verdrehte die Augen und biss in sein Brötchen, das er sich gerade nachlässig geschmiert hatte.
Ich antwortete nicht auf seinen Kommentar, sondern dachte nur daran, dass es gut war, dass ich mich auf die Sache mit Moritz nicht eingelassen hatte. Ich hatte keine Lust schon wieder umzuziehen.
„Hat Lukas dich noch mal angerufen?“ fragte Fabi neugierig. Ich schaute auf und erwartete in seinem Gesicht ein bubenhaftes Grinsen zu entdecken, doch er blickte mich mit ernsthaftem Interesse an.
Ich zögerte eine Weile, da ich nicht mit vollem Mund sprechen wollte und antwortete dann: „Es hätte mich sehr gewundert, wenn er es getan hätte. Er hat meine Nummer gar nicht“
Fabi macht ein erstauntes Gesicht: „Wie bitte?!“
„Er ist nicht mein Typ“
„Wer ist denn dein Typ?“ Fabi war wirklich der neugierigste Mann, den ich kannte.
Ich wollte gerade antworten, als Moritz mit Helena in die Küche kam. „Ihr esst was… gut“ meinte Moritz und setzte sich neben mich.
Misstrauisch seiner ungezwungenen Art und meinen Gefühlen gegenüber musterte ich ihn und dachte an Fabis eben gestellte Frage. Und das erste was mir durch den Kopf schoss, war: Nein, ich will mich nicht verlieben! Nicht in ihn!






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25 Teil 26 Teil 27 Teil 28 Teil 29 Teil 30 Teil 31 Teil 32


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz