Es schien alles anders..

Autor: Eyrine
veröffentlicht am: 04.11.2010


Nachdem ich vor einigen Tagen langeweile hatte und mich wieder in dieser sogenannten Community angemeldet hatte, an diesem Tage aber nichts großartiges passierte, vergaß ich die nächsten Tage, dass ich mich dort überhaupt wieder angemeldet hatte. Ich hatte Ferien und vieles viel mir nicht ein, was ich in den Abendstunden unternehmen konnte. Ich surfte im Internet und klickte sinnlos von Seite zu Seite. Nach einiger Zeit beschloss ich meinen E-mail Eingang, in der Hoffnung irgendetwas interessantes zu finden, zu checken. Und das fand ich an diesem Abend auch.
"Sie haben eine neue Nachtricht in ihrem Posteingang" erschien zwischen diverser Werbung. Ich dachte mir, was solls, schaue ich mich dort mal wieder etwas um. Vielleicht findet man mal ein interessantes Thema im Forum worüber man sinnlos mit den Leuten die ebenfalls nichts zu tun hatten diskutieren konnte. Die Nachricht die ich bekam war wie üblich. " Hallo süße, wie gehts dir? Lust kennenzulernen? Ich bin auch ein ganz lieber. Freue mich über neue Kontakte und vielleicht könnte sich ja etwas ergeben? LG .. " Neben der Nachricht erschien ein Bild der Kontaktperson, zwar war es nicht abschreckend oder ähnliches, er sah sogar sehr symphatisch aus aber ich war an neuen Bekanntschaften nicht wirklich interessiert. Ich stöberte auf der Seite herum, bis ich zum bewerten der Bilder kam. Das Prinzip war einfach. Du bekamst zwei Bilder von zwei verschiedenen Personen nebeneinander und über dem jeweiligen Bild war ein Button mit der Aufschrift " Gefällt mir besser" und so konnte man ewig hin und her klicken und die immer neu gemischten Bilder bewerten. Ich klickte sicher einige duzende male hin und her, man weiß gar nicht, wann man aufhören soll, vor allem, wenn man sonst nichts zu tun hat. Ich setzte mir einen Punkt und sagte, noch ein letztes mal und du lässt es sein, denn langsam wurde mein Finger taub vom geklicke. Aber es kam nicht so, wie ich es mir vorgenommen hatte. Auf den letzten zwei Bildern erschienen zwei männliche Personen und ich fragte mich, wo zum Teufel ist der " Gefällt mir ausgesprochen gut, solche Augen habe ich noch nie im Leben gesehen. Button. Gezwungenermaßen musste ich doch noch einmal klicken um dann auf sein Profil gelangen zu können. Es war eigentlich aus reiner Neugier, denn nur weil er schöne Augen hatte, hieß es nicht, dass er mich beeindrucken könnte. Und vor allem deshalb beeindruckt er mich sicher nicht, da ich gar nicht wissen möchte, wie überzeugt man von sich selbst , im normalen Sprachgebrauch nennt man das auch eingebildet und hochnäsig, sein müsste, wenn man so aussieht. Ebenso überlegte ich, wie viele Mädchen schon darauf reingefallen sind und sich auf ihn eingelassen haben. Dieser Typ Mann interessierte mich nun mal gar nicht. Aber sich die Bilder angucken ist ja kein Verbrechen.
"Kein Interesse.." bewegte sich über dem traurigen Zusatandssmiley mit dem Pflaster auf dem Kopf hin und her, der von der Seite angeboten wurde, damit man seinen momentanen Gefühlsstatus deutlicher äußern kann. Aja, sicherlich. So jemand so traurig? Fragte ich mich und überlegte, ob es ernst gemeint war. Aber wie man ja weiß, was man nicht haben kann, wird erst interessant. Dies brachte mich zu seinem Fragebogen. Irgendwas lag in seiner Schreibweise, was ihn auf mich interessant wirken ließ. Er behauptete er würde nicht rauchen und wäre kein typischer Discogänger. Ob ich das wirklich glaubte, ist fragwürdig. Aber schon allein der Versuch sich so darzustellen, gefiel mir. Er liebte seine Familie, liebte Manti und prallte nicht davon, welches Auto er fuhr.
Sagte er wäre klein, pummelig und faltig. Klein glaube ich ja noch und pummelig könnte ja auch sein. Aber mit den Augen würde er dabei eher aussehen wie ein süßer Teddybär. Der Gedanke daran, ließ mich schmunzelnd weiterlesen. Ich verharrte eine längere Zeit auf seinem Profil, was ich selbst schon als sehr merkwürdig empfand. Dies kam mir aber nur kurz im Unterbewusstsein ins Gedächnis und schon klickte ich auf seine Homepage. Es erschien die Facebook Seite von Alexander S. mit einem Video. Der Überschrift zufolge wohl ein gemütlicher Abend bei einer Freundin, dachte ich mir. Ich klickte auf Play und er war darin mit einigen Jungen und Mädchen zu sehen. Er saß mit einem blonden, mir sehr symphatischen Mädchen. Sie lachte und er lachte mit. Sein lächeln und seine Stimme faszinierten mich. Ich sah nichts um ihn herum und schaute mir das Video noch einmal an, als es bis zum Ende gelaufen war. Sein lächeln war bezaubernd, ja so habe ich mich gefühlt, verzaubert. Kann man das so sagen ? Ich weiß es nicht. Ich schüttelte jedoch jegliche Gedanken von mir ab und klickte weiter auf die Startseite. Dort laß ich in seinem Kommentar " Deine Eltern würden mich mögen" Achja, das meinst du also so selbstsicher mein lieber Mann. Na da sei dir mal nicht so sicher, dachte ich mir nur. Trotz meiner negativen Gedanken hatte ich das Bedürfnis ihm zu schreiben. Ich nutze sein Kommentar als Anhaltspunkt und fragte ihn danach, wieso er sich denn so sicher wäre. Nachdem ich abgeschickt hatte, überlegte ich mir nochmal, ob das wirklich richtig war, dass ich ihm geschrieben hatte. Ich dachte nach und erkannte, dass er der erste Mann war, den ich auf dieser Seite überhaupt angeschrieben hatte, ohne dass ich ihn persönlich kannte. Und ich wunderte mich, denn ich spürte dass Interesse in mir aufkam. Natürlich interessierte es mich wieso er so selbstsicher war, aber eigentlich brauchte ich nur etwas, um das Gespräch anzufangen. So schickte ich ab und ging wieder offline. Als ich einige Zeit später wieder in mein Postfach sah, sah ich dass er zurückgeschrieben hatte. Ich öffnete und laß . Eine erklärende Antwort hatte ich nicht bekommen, aber mit damit, dass er überhaupt geschrieben hatte, war ich irgendwie ebenso zufrieden und so kamen wir ins Gespräch. Nach schon einigen längeren Nachrichten von dem kurzen Abend und vom nächsten Tag, wurde es zur Sucht. Und von Zeit zu Zeit und von Mail zu Mail verfiel ich dieser Sucht.
Die Zeit verging wie im Fluge und ich bemerkte gar nicht, dass es schon so spät war als er meinte, eines könne er mir sagen, er habe noch nie so spät so lange und so viel mit jemandem geschrieben. Und als er dann sagte, er wolle nun aber schlafen gehen weil er morgen früh raus müsste war ich zwar sehr enttäuscht aber er fügte hinzu, dass er glaube, er würde an mich bei der Arbeit sicher denken. Das entflammte meine Stimmung wieder enorm und so verabschiedeten wir uns und gingen zu Bett.
Die Nacht war das Paradis sowie ein Albtraum zugleich. Schlaf fand ich nur jede Stunde einige Minuten, die andere Zeit war ich entweder im Halbschlaf und hatte von ihm geträumt oder ich lag putzmunter dar und meine Gedanken kreisten umher. Ist er wirklich so, wie du ihn dir vorstellst? Hat er das alles ernst gemeint? Ist er der für den er sich ausgibt?
Wieder mal die selben Fragen, die ich mir schon so oft stellte, diesmal jedoch antwortete mein Unterbewusstsein mit Ja, ist er. Frag es wieso, ich habe nicht die leiseste Ahnung. Und dachte nicht einen Moment daran, dass es auch in irgendeiner Weise anders sein könnte. Ich schrieb ihm zurück, klickte auf Postausgang und wartete, bis die Nachricht als gelesen markiert wurde, klickte zurück zum Maileingang und aktualisierte auch diesen jede drei Sekunden. Die Zeit, die ich auf eine Antwort wartete, kam mir viel länger vor, als sie eigentlich wirklich war. Das Warten wurde allmählich zur Qual und mein Verstand trieb mich in den Wahnsinn. Seine Antworten auf meine Fragen, gefielen mir immer ausgesprochen gut und es häuften sich immer mehr Gemeinsamkeiten. Solche Gemeinsamkeiten die eigentlich selten zu etwas gutem führten, doch in diesem Falle sah ich sie eher als eine Chance. Vor allem erzählte er mir von seinem Bruder der schon verheiratet war und dass er selbst auch hätte gerne früh geheiratet aber sich die Gegebenheiten eben nicht so ergeben. Dieses wäre das eigentlich Leben, betonte er. Richtig, dachte ich. Da beginnt erst das eigentlich Leben. Dann, wenn du jemanaden gefunden hast und dich für denjenigen entschieden hast, dass du den Rest deines Lebens mit ihm verbringen möchtest. Das Leben beginnt, wenn man ein klares Ziel vor Augen hat. Ein Ziel, die Beziehung weiter zu erhalten, Kinder zu erziehen und zusammen in eine Richtung mit Unterstützung des anderen zu gehen. Warum habe ich auf son eine Antwort immer gewartet und sie nun ausgerechnet von ihm bekommen? Sogar ohne, direkt nach seiner Einstellung zu fragen, was sein Sinn des Lebens ist. Diese Frage ließ mir die nächsten Tage keine Ruhe.

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Eigentlich war ich nicht der Typ, der mit irgendwelchen Jungs im Internet schrieb und irgendwen dort kennenlernte. Ich war eher die, die einfach nur auf der Seite herumsurfte, sich die Mails mit den Komplimenten und Versuchungen durchlaß, die die Männerwelt unternahm und sie dann ohne zu antworten löschte. Egal wie nett sie alle seien mögen und was sie mir erzählten, sie logen ja doch alle und wollten nur imponieren. Wofür auch immer. Ich glaubte niemandem mehr. Alle Männer sind doch gleich. Sie erzählen dir das eine, aber sind doch das andere und noch viel schlimmer als man sich dachte. Sie logen mir ins Gesicht, obwohl ich die Wahrheit schon selbst mit eigenen Augen gesehen und gehört habe. Und trotzdem halten sie einen für blöd und erzählen dir ihre Version. Ja, so lernte ich sie kennen. Auch Papa war nicht anders. Er sagte früher auch immer als er wiedermal besoffen gewalttätig geworden ist,dass es nie wieder vorkommt. Mama wollte es ihm glauben und ihm verzeihen , immer wieder. Uns zuliebe. Keiner meiner fünf Geschwister hatte es am eigenen leibe erfahren müssen, worüber ich äußert glücklich war. Aber sie mussten sich so einiges ansehen, was er mit mir und Mama getan hatte. Ich hatte da gar nichts mitzureden, ich musste es über mich ergehen lassen, egal ob ich ihm verziehen hatte oder nicht und dazu noch all die Verwantwortung üder meine Geschwister übernehmen. Mama aber hätte schon gehen können, wären da nicht wir und die "heile" Familie, welche sie erhalten bleiben lassen wollte. Von Jahr zu Jahr wurde es nur immer schlimmer und irgendwann eskalierte die Situation so sehr, dass ich den Glauben daran, dass alle lebend aus dem Haus kommen würden schon verloren hatte. Nachdem wir es aber alle halbwegs unversehrt überstanden hatten, außer Möbel, Wände, Schränke, Telefonleitungen und Handys, gab es kein zurück für ihn. In dem Moment war alles entschieden. Wir zogen von ihm. Ohne ihn, änderte sich alles. Zwar hatten wir nichts mit uns genommen.Mama, da sie nie gearbeitete hatte weil sie immer zuhause war und das Haus in Ordnung gehalten hatte, musste sich erstmal neu in die Arbeitswelt integrieren und wir mussten uns in der neuen Großstadt zurechfinden. Aber alles wurde besser. Vor allem das Verhältnis zu unserer Mutter, die vorher unter seinem Druck stand und nicht viel zu sagen hatte und uns dadurch nicht richtig kannte. Vor allem mich nicht. Meine Kindheit war keine, an die ich mich gerne erinnerte, aber ich war froh, dass es endlich vorbei war. Zwar haben wir alle uns einige male Gedanken darüber gemacht, ob er seine Lektion nicht doch gelernt hatte nach längerer Zeit und gemerkt hat, was er verloren hatte, doch immer wenn wir wieder seine Anrufe mit Drohungen bekamen, beschlossen wir, entgültig die Vergangenheit ruhen zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, weit weg von ihm. Nun waren aber schon einige Jahre vergangen und das meiste war überwunden, dass einzige was blieb, ist die Meinung über die Männerwelt.
Doch nun sollte es anders kommen? Ein Teil meines Bewusstseins sagte, lass dieses Gefühl auf dich wirken. Glaube ihm einfach. Wieso sollte er lügen. Der andere Teil, der Teil, welcher eigentlich immer mein treuer Begleiter in den letzten Jahren war und hervorragendes Schutzschild, sagte mir. Er ist nicht wie du denkst. Er wird dieses Gefühl nicht zu schätzen wissen. Lass es erst gar nicht wachsen. Wofür sollte ich mich nun entscheiden? Ich entschied mich fürs erstere, denn wenn ich es nicht versuchen würde, würde ich immer darüber nachdenken, wie es denn gewesen sein könnte, wenn ich es doch getan hätte.

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Ich hatte Ferien und da hatte ich verdammt Glück gehabt. Auto fahren? Reinste Katastrophe, hätte ich nicht so einen verdammt guten, geduldigen und zuverlässigen Schutzengel hätte ich so einigen die Vorfahrt genommen, was für mich schlecht enden würde oder es wären so einige in mich reingefahren die gerade grün hatten, als ich über rote Ampeln Gedankenverlohren raste. Meine sonstige Miene bei der Arbeit gab ich niemandem zu erkennen, stattdessen ging ich verwirrt durch die Lobby und sammelte die Tabletts ein. Heute störte mich nichts an den Gästen was mich sonst zum rasen brachte. Das verschmierte Ketchup mit mindestens fünf offenen nicht gebrauchten Päckchen Salz, die Servietten auf dem Boden mit Reststücken, der Zucker in den Kerzen, welchen manche Witzbolde ins Wachs einmischen wonach man den Teelichthalter wegschmeisen konnte, nichts davon veränderte meine Laune nur Ansatzweise. Nicht einmal die unverschämte unfreundlichkeit eines Gastes konnte mir den Tag vermiesen. Das Dauergrinsen hielt den ganzen Tag, ganzen Abend,den nächsten Tag, den Übernächsten und die weiter darauf folgenden Tage ebenfalls, an. Ich tat nichts anderes in meiner freien Zeit als vor dem Laptop zu sitzen und auf ihn zu warten, zu warten auf eine Nachricht. Ich bekam viele Nachrichten, doch nach einer Zeit laß ich diese schon gar nicht mehr, sondern aktualisierte und suchte nur noch den einen Namen. So häufte es sich in meinem Postfach und irgendwann löschte ich die übrigen Nachrichten sofort, immer noch ohne zu lesen, um einen besseren Überblick über die neu eingegangenen zu behalten. Bei meiner Frage nach einem Treffen lehnte er zwar unmittelbar ab, aber ich wollte nicht aufgeben. Ich musste ihn treffen. Ich musste ihn sehen. Real. Es fühlte sich an, als könnte ich keinen Tag länger aushalten, ohne ihn gesehen zu haben. Was wenn ich morgen vom Lastwagen überrollt werde? Nein, ich musste ihn sehen. Schon bald.

[..]

Ich wusste, es wird schwierig den Navi von meiner besten Freundin zu bekommen, da ihr Vater eigentlich dagegen ist, dass sie es an andere verleiht, und ich wusste sie würde sich Gedanken darüber machen. Vor allem weil man die letzteres eingegebenen Routen nicht löschen konnte und er fragen würde, wohin sie gefahren sei. Aber im inneren wusste ich auch , dass sie mich nicht Hoffnungslos dar sitzen lässt. Sie wusste, dass ich ihn um jeden Preis treffen wollte und sie wollte es mit mir. So rief ich sie um drei Uhr nachts an und fragte nach dem Navi und machte mich sofort auf den Weg zu ihr um es abzuholen.Sie war die beste Freundin die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Egal in welcher Situation auch immer ich war und egal welche peinlichen und unvorstellbaren Geschichten ich ihr auch erzählt habe, sie stand immer zu mir. Ich könnte ihr erzählen, ich hätte schon 20 feste Freunde gehabt, würde sie sagen, geil und wie wars? Ich will auch. Sie verurteilt mich nicht, sondern steht zu mir. Wie sagt man so schön: "Gute Freunde lassen dich keine dummen Sachen anstellen. - Nicht allein. " Genauso fühle ich mich mit ihr an meiner Seite. Sie fragt nicht, wieso die Person die gerade so unfreundlich zu mir gewesen ist, sondern findet diese direkt scheiße, auch wenn ich vielleicht selbst Schuld bin. Sie tanzt mit mir als erstes in der Mitte der Tanzfläche wo noch kein Mensch drauf ist in die Nacht hinein und durch die Nacht hindurch. Wenn ich schreibe, ich habe Schluss gemacht, kommen keine weiteren fragen, sondern sie sitzt schon mit den Gedanken im Auto auf dem Weg zu mir und schreibt in der Zeit, " Schätzchen ich bin gleich bei dir". Ich muss ihr nicht sagen wann es mir schlecht geht. Das spürt sie auch ohne Worte. Wir brauchen uns nur anzusehen und wissen beide woran der andere gerade denkt. Wie oft haben wir schon genau das selbe gedacht und fast auf die Sekunde genau ausgesprochen. Nur irgendwer ist immer einen Tick
schneller und dann sehen wir uns nur noch an und sagen: " Wieso sagen wir überhaupt noch irgendwas? Wir brauchen ja gar nicht mehr miteinander zu reden, wenn wir schon alles wissen was der Moment uns beiden gerade durch den Kopf jagt."
Stellt euch ein Leben ohne Schokolade vor. Schokolade ist unverzichtbar und absolut notwendig und immer da wenns einem schlecht geht. Das Leben wäre einfach nur scheiße.
Mit Navi und seelischer Unterstützung meiner besten fuhr ich los. Hundertfünfzig Kilometer in Richtung Marsberg. Mit passender Musik verging die Zeit unheimlich schnell und schon war ich nur noch einige Kilometer von meinem Bestimmungsort entfernt. Langsam merkte ich, dass die Nervosität in mir stieg. Aber eigentlich nur deshalb, weil ich immer näher kam und um mich herum nur noch dunkler wurde und ich erkannte den trüben Schein der Lichter nur noch in meinem Rückspiegel. Eine dunkle Landstraße lag vor mir und weit und breit sah ich kein einziges Haus. Die Adresse hatte ich mir aus dem Telefonbuch herrausgesucht und kurz nachdem er gegen 21 Uhr zur Arbeit gegangen war, rief ich bei ihm zu Hause an um mich angeblich zu erkundigen ob er denn noch da wäre. Seine Mutter ging ran und ich fand sie auf Anhieb sehr symphatisch, sie fragte mich nachdem sie mir vergewisserte, dass Alexander schon zur Arbeit gefahren sei ob sie ihm etwas ausrichten könnte doch ich sagte, dass es nicht wichtig wäre und ich noch bis Morgen warten könne. Sie erkundigte sich noch nach meinem Namen und wir verabschiedeten uns und legten den Hörer auf. Die Adresse müsste eigentlich stimmen doch nun blieben nur noch zwei Kilometer vor mir bis zum Ziel und ich sah immer noch kein einziges Flackern. Die Unsicherheit stand mir ins Gesicht geschrieben und ich dachte darüber nach, was ich hier eigentlich machte. Ich fuhr mitten in der Nacht um 3 Uhr aus dem Haus um einen wildfremden ahnungslosen Jungen vor seiner Haustür von der Arbeit zu erwarten. Ich war mir noch nicht mal ganz sicher ob es die richtige Adresse war. Vielleicht sind sie ja umgezogen aber haben die Telefonnummer noch behalten und sind noch nicht dazu gekommen es zu ändern? Das könnte doch gut möglich sein. Bei dem Pech welches mir immer wiederfährt, ist es sogar sehr Wahrscheinlich.

[...]

Ich schaute jede halbe Minute seid dem sein Vater schon aus der Einfahrt zur Arbeit gefahren war, auf die Uhr vor mir auf dem kleinen Display. Ich hatte die Adresse seiner Arbeit ebenfalls vorher schon rausgefunden und gab diese nun in den Navi ein, um zu sehen, wie lange er von dort bis hier hin brauchte. Fünfzehn Minuten gab er an, also blieben nur noch fünf, bis er da sein sollte, wenn ich mich nicht verrechnet hatte und er sich nicht noch irgendwo aufhielt. Bei jedem vorbeifahrenden Auto bekam ich Herzrasen und doch hörte es wieder auf, wenn dieses im Rückspiegel in der Ferne zu beobachten war. Was würde er sagen, fragte ich mich. Wie würde er reagieren? Wie sollte ich auf mich aufmerksam machen?
Ich beschloss mich so hinzustellen, dass wenn er in seine Einfahrt fährt, ich mit der Lichthupe auf mich aufmerksam machen könnte. Bei dem Gedanken daran, wie dies alles ablaufen könnte, kam ein weiteres Auto von vielen an mir vorbei. Dieses fuhr aber etwas langsamer, als es in der Höhe von meinem angekommen war und dieses blieb nun auch auf der anderen Straßenseite hinter mir stehen, der Motor erlosch und einen kurzen Moment später kam auch der Fahrer auf das Haus zu vor dem ich stand. All die Vorstellungen und Ideen wie ich ihn ansprechen könnte, bzw. wie ich seine Aufmerksamkeit auf mich leiten könnte gingen den Bach unter. Ich musste spontan sein und eigentlich habe ich damit ja überhaupt keine Probleme. Es setzt sich ja nicht jede mitten in der Nacht ins Auto und fährt mal 150 km hin und zurück, nur um eine Person, sei es denn auch nur 10 Minuten zu sehen. Auch wenn es nur die paar Sekunden wären, wo wir Hallo gesagt hätten und ich wieder fahren müsste, wäre es mir nicht zu schade gewesen. Er stand schon auf dem Eingangstreppchen am suchen seiner Hausschlüssel und ich musste mir blitzartig überlege wie ich es am geschicktesten anstellen könnte. Alles schien mir sinnlos und nur noch nach ihm rufen, war die einzige Möglichkeit. Aber mache ich die Tür auf oder öffne ich das Fenster? Ich entschied mich fürs letztere, was eine schlechte Entscheidung war.
Die Wegfahrsprerre die in meinem Auto eingebaut war musste erst entriegelt werden, damit man das Fenster öffnen konnte und dies nahm einige Sekunden länger in Anspruch. Als das Fenster endlich das tat, was ich wollte stand er schon mit einem Bein im Haus, als ich seinen Namen rief . Er drehte sich um und starrte eine Weile in meine Richtung. Sein Gesicht lag im Schatten und war nicht zu erkennen, auch als die dunkle Gestalt auf mich zuging und vor mir stand, konnte ich nicht viel erkennen. "Hey, kennen wir uns?" fragte er und die neugier erfüllte seine Stimme.
Ich lächelte nur, streckte meine Hand raus und begrüßte ihn. Ich ließ seine Hand sofort wieder los und schaute ihn noch eine Weile lächelnd an als er plötzlich drauf kam wer ich bin und fragte, was ich hier machen würde. Ich fragte, ob wir einen Moment reden könnten und sah ihn erwartungsvoll an.
" Gib mir fünf Minuten okay?"
" Fünf Minuten.. " antwortete ich ihm ohne meinen Blick auch nur einen Zentimeter von ihm zu richten. Er lächelte mir noch kurz zu, bevor er sich umdrehte, sich von meiner Autotür auf die gegenüberliegende Straßenseite entfernte und ins Haus ging. Ich atmete langsam aus, und erst da wurde mir bewusst, dass ich die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte als er gesprochen hatte.
Der Klang seiner Stimme raubte mir den Atem noch mehr, als das Gefühl wenn man unvorbereiten ins eiskalte Wasser geworfen wird.

[...]

Er kam wieder und wir fuhren mit seinem Auto zu einem stillgelegenen Sportplatz wo es sehr leer und ruhig war, umgeben von lauter Bäumen. Wir fingen an zu reden und redeten über ein Thema nach dem anderen und vor allem lachten wir unheimlich viel. Ich liebe Menschen mit Humor. Menschen die mich zum lachen bringen konnten und ebenso welche, die selbst viel lachen konnten.
Jedesmal wenn er vom Thema abschweifte, mich anlächelte und fragte, wieso ich plötzlich so still geworden bin, konnte ich ihm keine genaue Antwort geben. Keine direkte, ehrliche die gerade in meinem Kopf herumschwirrte. Der regen prasselte auf die Scheiben und zeichnete Muster. Ich sah dem Geschehen hinter ihm zu und sah wie er sich bewegte wenn er mit mir sprach. Mein Bewusstsein ging auf jedes seiner Bewegungen ein und ich hoffte, er würde gar nicht mehr aufhören zu reden, weil ich ihm so gern zuhörte. Die Scheibe war inzwischen schon beschlagen, sodass man nicht mehr erkennen konnte, was draußen passierte. Nichts konnte mich mehr von ihm ablenken und ich sah wie sich seine Lippen bewegten und empfand dabei ein wohltuendes Gefühl. Er redete und redete.. und plötzlich hörte er mitten im Satz auf, sah mir intensiv in die Augen und sprach seinen Satz auch nicht mehr weiter zu Ende, sondern kam immer näher zu mir und ich merkte, was er vorhatte.. Die Gedanken die ich gerade vor einigen Sekunden hatte, als ich zusah wie sich seine Lippen bewegten und sich ab und zu ein Lächeln daraus formte und i das Bedürfnis was ich hatte ihn zu küssen, aber mich nicht regen konnte und es sicher auch nicht weiter gekonnt hätte, wurden nun zur Realität. Doch plötzlich überkamen mich Gedanken wie, aber was ist danach? Was ist, wenn er mich küsst und dann nie wieder sehen will? Was ist, wenn ich mich danach nur noch mehr nach seiner Nähe sehne und diese nicht bekomme, weil er nicht das selbe fühlt wie ich? So viele Fragen häuften sich und ich drückte ihn von mir und ging ein Stück zurück und fragte dann, was danach sein würde. Er konnte es mir nicht beantworten. Er sagte, er könne mir nichts versprechen, aber ignorieren würde er mich ganz sicher nicht mehr wieder. Ich wandte mich noch einmal kurz ab aber spürte ganz deutlich, dass ich mich damit wohl auch von der Möglichkeit abgewandt hatte, ein Stück von dem Glück zu finden, dass in meinem Leben schon all die Jahre fehlte. Und als ob er es merkte, dass ich meine Meinung gerade in der Sekunde doch wieder geändert hatte, rückte er näher, schloss die Augen und seine Lippen berührten die meine. In dem Moment überkam mich ein noch nie gekanntes Gefühl und ich vergass die ganze Welt um mich herum. Es gab nichts mehr außer ihn und mich und diesen Kuss. Unsere Lippen bewegten sich gleichmäßig als wenn wir die Gewohnheiten des anderen schon ewig kennen würden. Sein Duft stand mir in der Nase und dies war besser als die natürliche Luft die ich sonst atmete. Es gab mir das Gefühl, mehr in mich einzuatmen, als sonst. Es war nicht nur die Luft die ich gezwungenermaßen benötigte zum Atmen, es war als hätte sich alles verändert, es war als wäre ich in Trance.
Er nah meine Hand und sein Daumen glitt langsam über meine Handoberfläche. Ich beugte meinen Kopf und sah dieser Bewegung zu und verspührte ein unfassbar friedliches Gefühl. Er nahm meine Hand in beide Hände und küsste sie genauso sanft wie er sie auch gestreichelt und mich kurz zuvor geküsst hatte. Noch immer starrte ich auf seine Hände und konnte meinen Blick nicht abwenden. Ich schaute sie mir an und stellte fest, wie gut sie ineinader passten. Es fühlte sich so natürlich an, als würde er sie schon seid Jahren halten. Ich wollte, dass er sie nie wieder loslässt und sie real gefühlte weitere Jahre genauso weiter hält. Meine innere Leere wurde durch seinen Blick unterbrochen und er fragte mich, ob alles in Ordnung wäre und wieso ich plötzlich so still geworden war. Ich konnte nicht sofort antworten aber sagte irgendwann, dass es mir gut gehe und ich im Moment einfach nichts zu sagen hätte. Er lächelte mich an und küsste mich ein zweites Mal und das Gefühl schien immer vertrauter zu werden. Er strich mir mit seinen Fingern durch die Haare und seine Finger glitten über meine Wange. Ich gewöhnte mich an seine Augen und an seine Lippen. Alles schien mir so nah und es entfremdete sich. Mein Herz schreite nach mehr, es schrie so laut, ich wollte dass es still ist und wieder runterkommen. Aber dies passierte nicht. Nachdem er wieder aufgehört hatte und ich einige Sekunden still da saß, begonn er als erstes sich wieder sich mit mir zu unterhalten. Zwar saß ich noch dar wie angewurzelt und war völlig aus der Rolle aber konnte wenigstens wieder sprechen. Oder vielleicht sollte man das eher brabbeln nennen, so hatte sich das sicher eher angehört.
So verharrten wir noch den Rest des Morgens im Auto und fuhren dann wieder zu seinem Haus, da die Zeit schneller vorbei ging als wir uns gedacht hatten und er am Nachmittag noch etwas bei der Arbeit zu erledigen hatte.


[...]

Ich gab ihm meine Handynummer, da wir vorher nur im Internet geschrieben hatten und er küsste mich noch zum Abschied. Ich setzte mich in mein Auto und schlug die Tür zu. Noch einmal trefen unsere Blicke aufeinander bevor meinen Navi auf "Home" stellte und losfuhr, wobei ich noch in den Spiegel sah und beobachtete wie er ins Haus ging.

[...] und als meine Gedanken gerade nochmal wieder beim Kuss vorbeischweiften hörte ich dieses Lied, wovon ich nicht ahnte, dass es mir noch Wochenlang in meinem Kopf verharren würde.

HiFi – Sedmoj lepestop..
А дождь на окнах рисует. Напоминая о твоих поцелуях. Всё дело в том, что дождь ничем не рискует. А я боюсь, что потерялa тебя.Я невозможно скучаю. Я очень боленa, я почти умираю. А где-то ты и ничего не узнаешь. И я боюсь, что потерялa тебя... "

[...] ich hätte mir vorher überlegen müssen was weiter geschehen könnte, wenn ich mich darauf einlasse. Nun ist es schon zu spät dafür. Nun kann ich nichts mehr rückgängig machen. Wenn ich recht überlege habe ich es getan, aber hatte mich eigentlich schon gegen die Mödlichkeit meine Gefühle zu stoppen entschieden, als ich mich ins Auto setzte und mich auf den Weg machte.
Es verging keine weiterer Tag an dem die Gedanken an ihn auch nur etwas verblassten. Ich erinnerte mich an jede einzelne Minute und an jeden Moment an diesem einen Morgen. An jedes Gefühl, welches bei dem Gedanken wieder in mir aufkam. Es waren nur wenige Stunden, die wir miteinander verbracht hatten, aber diese Stunden haben für die Zeit, mein Leben verändert. Vielleicht veränderte es mein Leben auch für immer. Ich dachte an dieses Gefühl welches ich empfand und überlegte, ob man je eine Beziehung anfangen sollte, ohne vorher dieses Gefühl empfunden zu haben. Es schien mir, als wäre dies die Vorraussetzung, die vorher nie erfüllt wurde. Dieses Gefühl veränderte alles von Grund auf. Es veränderte alles in einem so kurzen Zeitraum, wie ich es mir vorher nie vorstellen konnte, dass es soetwas geben könnte. Ich dachte ich würde mich nie richtig verlieben können, sodass ich so aus der Rolle bin, aber nun kam er. Nun war er da in meinem Leben. Eingetreten ohne jegliche Vorwarnung und stellte alles auf den Kopf. Dieser Blick , diese Berührungen das alles ließ mich wissen, dass er für mich bestimmt war. Für mich war er nicht wie irgendein anderer und egal wer mir sagte, dass ich mich täuscht, ob meine beste oder auch meine eigenen Gedanken, ich wusste genau was ich wollte. Neunzehn Jahre lang habe ich noch nie von mir behaupten können, in einer Sache so sicher zu sein dass ich es wollte, wie ich es nun konnte. Das war schon immer meine Schwäche gewesen. Ich wusste nie was ich wollte. In der einen Sekunde wünschte ich mir Regen der auf mein Fenster prasselte und mit der frische in der Luft Akzente setze und in der nächsten strahlenden Sonnenschein der auf meine Haut schien und sie erwärmte. Er war anders, nicht wie die, die ich kannte. Sicher tat er ebenfalls Dinge, die einem nicht gefallen könnten und sicher hat er auch einige Macken aber all diese die ich erkennen konnte waren nichts im Vergleich zu dem, was er sein könnte mit dem Verstand und Gewissen einer Frau an seiner Seite.
Er machte etwas ganz besonderes mit mir, was die anderen nie geschafft hatten. Er brachte mich dazu, niemand anderen mehr zu wollen als ihn. Wie hatte er das geschaft? Er hatte es geschaft, ohne dass er sich überhaupt angestrengt hatte. Ja, es gibt auch Männer, die mir die Welt zu Füßen legen und mir alles geben, wonach ich frage. Sie behandeln mich gut und bemühen sich unheimlich. Nur zu keinem von dennen haben sich solche Gefühle entwickelt und vor allem nicht in so kurzer Zeit. Eine innere Leere plagte mich den nächste Tag sowie die weiteren Tage ebenfalls. Alles intensivierte sich nur noch mehr und ich wartete noch viel ungeduldiger auf einen Anruf oder eine Antwort auf meine Mail, doch nichts kam...






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