Future Wife - Teil 9

Autor: Lora15
veröffentlicht am: 02.01.2011


Kapitel 9 – Valerie und Ryan

Eine Woche später wachte endlich die Fünfte auf, Valerie. Nun fehlte nur noch einer und das würde wohl wiederrum einige Tage dauern. Valerie war eine sehr hübsche Frau, die Älteste von uns, sie war vierundzwanzig. Ihre Haare waren lang und blond, ihre Lippen malte sie sich meistens rot oder leicht rosa. Sie trug Makeup auf und eine wenig Rouge. Sowie ihre Lippen und ihre Haut waren auch die Augen stark schwarz geschminkt. Auch wenn sie ein Stratege, Taktiker und Gedankenleserin war, hatte sie ihre Seiten. Der erste Eindruck von ihr war nett, dennoch wusste ich das das nicht die echte Valerie war. Ich glaubte sogar dass sie so alt geworden war, weil sie höchstwahrscheinlich in den achtziger Jahren geboren war. Dennoch stand ihr die Lederkleidung ziemlich gut. Nur mich beunruhigte das sie Gedankenlesen konnte. Was ist wenn sie von meinen Gefühlen erfährt oder meiner Vergangenheit. Darüber hatte ich Angst.
Mit dieser Angst lief ich am nächsten Morgen zum Professor und erzählte ihm alles. Er nickte nur kurz und legte auf seinem Schreibtisch den Stift beiseite.
„Ich verstehe dich gut, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen, da sie eure Gedanken nicht lesen kann. Denn genau das was du mir erzählt hattest, hatte ich mir damals auch gedacht. Eure Gedanken sind nämlich das wichtigste Eigentum und die möchte ich euch nicht auch noch von Valerie rauben lassen. Deshalb baute ich in eure Köpfe einen Mikrochip ein, dass diese Gehirnwellen abschirmt. Also besteht auch keine Panik.“, lächelte er am Schluss und ich war wirklich erleichtert. Selbst meine Gedanken waren immer noch mein Eigentum. Ich ging zufrieden wieder hinunter und setzte mich auf mein Bett. JC kam seit langem wieder rein.
„Valerie wird im Moment noch trainiert. Wir versuchen sie so gut wie möglich zu machen. Sag mal, Jim erzählte mir von einem gewissen Jungen den du kennen gelernt hast in Naga.“
Ich erstarrte. Jim! Ich wusste dass er nichts für sich behalten konnte. Aber was ist wenn er ihm auch von dem Kuss erzählte, was würde JC von mir halten. Ich hatte schon sehr lange keine Mädchengespräch mehr über Jungen und ich hatte auch nicht vor eins zu führen. Ich blickte sie mit einem breiten Grinsen an.
„Ach, der… Der hat mir nur geholfen. Mehr nicht!“, stotterte ich.
„Ach und der Kuss?“, drängte sie.
Jim! In mir kochte alles. Wieso erzählt dieser Idiot es ausgerechnet JC. Ich versuchte unbedingt nicht die Beherrschung zu verlieren, aber alles sprudelte hinaus.
„Ah! Jim, wenn ich den in die Finger bekommen, dann kann der ganz schön was erleben. Diese miese Petze, alles muss er weiter erzählen, sogar meine Geheimnisse. Dieser Idiot!“
JC hatte mich noch nie vorher ausflippen gesehen. Deswegen wurde auch aus ihrer neugierigen Mimik ein ängstlicher Gesichtsausdruck.
„Beruhig dich! Ich sehe schon du redest nicht gerne über das Thema, kein Problem. Ich habe sowieso noch andere Themen zur Verfügung.“
Ich seufzte und war immer noch sauer auf Jim.
„Er hat mir das Leben gerettet und alles getan das ich Jim wieder finde. So etwas nennt man einen Helden und außerdem mochte er mich irgendwie und es waren meine Gefühle die mich dazu antrieben.“
„Aber du magst ihn doch auch, oder?“, fragte sie.
„Ja natürlich immer hin war er sehr nett zu mir und rettete mein Leben.“
Doch da machte es bei JC plötzlich Klick.
„Hey warte mal! Wie meinst du dein Leben gerettet und wieso musstest du Jim suchen? Du bist mir eine Erklärung schuldig.“
Ich lachte schämend. Es dauerte etwas länger bis ich JC alles erzählte aber sie verstand es und meinte ich könne nichts dafür.
Später ging sie und Valerie betrat das Zimmer.
„Ah! Da bist du ja! Ich suchte nämlich die Schachkönigin.“
Ich war etwas angeschlagen. Die Schachkönigin?
„Also, ich hatte nur mal gesagt dass ich gerne Schach spiele und meistens immer gewinne.“
„Also gut. Los wir spielen eine Runde, alles klar?“, fragte sie mit einem siegessicheren Lachen.
Ich nickte und hinter ihrem Rücken zog sie ein weißes Brett heraus. Sie stellte es auf den Boden und ein Hologramm mit fertig gestellten Schachfiguren war vor meiner Nase. Ich hatte weiß und durfte anfangen.
Mit meinen Gedanken konnte ich die Figuren lenken und dann passierte etwas völlig Unglaubliches. Valerie beendete nach vier Zügen den Zug. Ich war total entsetzt. Noch nie hatte jemand mich in vier Zügen Schachmatt gesetzt. Hatte das etwas mit ihrem Können zu tun?
„Valerie, ich bin wirklich beeindruckt.“
„Tja, das war heute der sechste Sieg, ich habe gegen JC, Alex, Nova, Jim und gegen den Professor gewonnen.“
Ich war immer noch geschockt. Wenn ich starke Gegner hatte, gingen die manchmal bis zu dreißig Züge hinauf, aber dann gewann ich trotzdem meistens. Aber das ich schon nach dem vierten Zug geschlagen worden war, war wirklich schockierend. Das muss man wohl meinen mit Stratege/Taktiker. Valerie hat wirklich eine sehr besondere Fähigkeit, denn wenn ein Krieg ausbrechen würde, müsste Valerie eine super Strategie entwickeln können. Ein meisterhafter Stratege kann jegliche Eventualitäten vorausplanen. Durch ihre Hilfe können wir wirklich nicht besiegt werden, denn sie sieht alle Möglichkeiten die es geben könnte und durch ihr Gedankenlesen, könnte sie einem Feind seine Gedanken rauben, damit würde es noch besser gehen. Ich bin wirklich beeindruckt, was der Professor alles geplant hat und dann noch die ganzen Jahre lang.
Es war wieder ein weiterer Tag vergangen und dann wurde ich mitten in der Nacht durch einen heftigen Knall geweckt. Ich fuhr schnell hoch und rannte in meinem Nachthemd ins Labor. Ich sah Blut auf dem Boden und JC die sich zum Boden kniete.
Schnell rannte ich hin und sah einen jungen Forscher verletzt am Boden liegen.
„Perfektes Timing, Lou! Los hilf ihm bitte!“, rief sie.
Ich kniete mich zu ihm runter und heilte ihn unterhalb von Schlüsselbein, anscheinend wurde ihm etwas dort durchgestochen.
„Was ist passiert?“, fragte ich hastig.
JC schaute verzweifelt zum Professor. Dann senkte er seinen Kopf, als hätten wir ein richtiges Problem am Hals.
„Ryan ist ausgebrochen. Ich dachte wirklich er hätte all das vergessen, aber anscheinend leidet er doch noch sehr darunter.“
Ich schüttelte den Kopf, als könne ich das nicht verstehen.
„Ryans Familie wurde ermordet und als einer meiner Leute bei dem Mord zufälliger Weise dabei war, gab er uns die Schuld. Er hasste uns so sehr und litt unter diesem Schmerz Jahre lang, bis ich eines Tages mit ihm redete. Ich machte ihm einen Vorschlag all den Schmerz vergessen zu können und ein neues Leben anfangen zu dürfen. Es dauerte sehr lange bis er tatsächlich einwilligte und dann kam er mit zu uns. Dennoch war er durch diesen Kummer und den Schmerz zu einem anderen Menschen geworden. Er war gefühlslos. Durch dieses Experiment versprachen wir ihm den Schmerz zu vergessen und doch hatte es anscheinend nicht funktioniert. Als er vor einigen Stunden aufwachte und merkte dass er sich noch an alles erinnerte, wurde er richtig wütend und brach aus. Wir müssen ihn unbedingt finden, er kennt sich hier nicht aus. Deswegen startet ihr alle fünf zu einer Suchaktion. Wach den Rest bitte auf, JC!“, schaute er am Schluss zu ihr. Sie stand schnell auf und in wenigen Minuten standen alle hellwach, aufgeklärt und bereit vor dem Labor.
„Es sind allerdings Einzelmissionen. JC wird euch kleine Mikrostöpsel geben, mit denen ihr uns kontaktieren könnt. Alles soweit verstanden?“
Wir nickten alle und begaben uns zum Aufzug. JC fuhr noch mit uns.
„Die Empfangsdaten sind ziemlich schwach, aber er befindet sich im Westside-Park. Er ist wirklich enorm groß, fast wie ein großer Wald, also verlauft euch nicht.“
Wir liefen alle auf Autos zu und ich konnte ein automatisiertes Auto fahren, weil ich nicht lenken musste. Also gab ich Koordinaten ein und war in wenigen Minuten auch schon dort. Es war dunkel und ein wenig kalt und es war wirklich ein Wald. Der Boden war aus richtigem Gras, sehr gepflegt und die Bäume riesen groß, sowie auch dicht.
Ich lief erstmals durch und schaute immer rechts, wie links. In meinem Ohr drückte ich auf den Mikrostöpsel und fragte ob sie noch genauere Daten wissen, wo er sich möglicherweise befinden könnte. Die Antwort war negativ.
Irgendwann war ich sehr erschöpft vom ganzen Laufen und lehnte mich an den Baum. Durch diese ganzen Bäume sah ich fast nichts, aber verspürte dauernd ein merkwürdiges Gefühl. Ich schaute hoch, nach vorne, rechts, links und versuchte auch auf Geräusche zu achten. Doch dann tauchte wie aus dem Nichts jemand hinter mir auf. Ich spürte seine Anwesenheit deutlich und mich durchstieß eine eisige Gänsehaut. Mein Körper bebte und mein Atem wurde immer langsamer. Ich hörte ihn atmen und als er auf einen Ast trat, wollte ich mich in diesem Augenblick umdrehen, aber er hielt ein Messer an meine Kehle. Es war aus Metall. Ich müsste nur meine Hände aneinander reiben und dann könnte ich ein Magnetfeld aufbauen, aber meine Arme weigerten sich. Ich wartete gespannt auf ein Wort von ihm.
„Wer bist du?“
Seine Stimme war so kalt und tatsächlich gefühlslos. Sie war weder noch laut noch leise und jung. Es war Ryan.
„Du kannst mich nicht töten, also leg am besten gleich das Messer weg.“, fauchte ich. Dann hielt er es noch fester an meinen Hals und ich rieb meine Hände aneinander. Das Magnetfeld war aktiviert und stärker denn je. Sein Messer flog ihm aus der Hand durch die abstoßende Kraft. Blitzschnell drehte ich mich um, doch er war weg. Wie war das möglich? Es war innerhalb von einer Sekunde passiert, als ich noch seine Anwesenheit spürte. Dennoch wusste ich dass er noch in meiner Nähe war.
„Ryan, bitte, ich will dir nichts tun, ich schwöre es. Bitte lass uns nur reden.“, rief ich um mich herum, dass es auch jede Ecke mitbekam.
„Was willst du? Hat dich der Professor geschickt? Sag ihm ich werde nicht mehr zurückkommen. Er hat sein Versprechen nicht halten können und so werde ich auch nicht meins halten.“
Ich hörte ihn sehr deutlich und suchte ihn auf Bodenlänge, doch dann schaute ich hoch zu den Bäumen. Gelassen und ruhig lehnte er seinen Rücken gegen den Baumstamm und seine Füße standen auf einem Ast. Wie war er dort hochgekommen?
„Er hat alles versucht, aber er schaffte es einfach nicht. Er hat es nicht gebrochen, sondern alles gegeben um es erfüllen zu können. Ich verstehe ja deinen Zorn, aber bitte komm mit mir.“
Er sah dass ich ihn entdeckt hatte und im nächsten Moment war er wieder weg.
„Ryan, bitte bleib doch mal stehen.“, rief ich.
Es kam keine Antwort zurück. Als ich mich dann umdrehen wollte, um weiter zu gehen, stand er vor mir. Wir blickten uns direkt in die Augen und ich konnte wiedermal keine Gefühle entdecken. Sie waren kalt und leer.
Seine Haare waren schwarz-silbrig und etwas lang, sodass nur eine Hälfte der Stirn nicht mehr zu sehen war. Der obere Teil des Kopfes war hochgestylt. Seine Ohren schauten heraus und oben waren ein wenig kürzer geschnitten als vorne. Sein Oberkörper war komplett nackt und ich sah seine starken Bauchmuskeln. Er hatte nur eine schwarze lockere Jeanshose an und Schuhe die die Jungs früher immer trugen, schwarze Basketballschuhe aus Stoff mit weißen Schnürsenkeln und die Hose stopfte er in die Schuhe. Es erinnerte mich noch ein wenig an früher, sind es vielleicht noch seine damaligen Sachen?
„Wo ist dein Oberteil?“, dachte ich laut.
„Das sind meine alten Sachen und was ich an habe, hat dich nicht zu interessieren.“
Er ging an mir vorbei und wollte einfach dreist weitergehen.
„Ryan?“, fragte ich entgeistert.
Es kam keine Antwort zurück. Ich lief ihm nach und hielt seinen Arm fest, damit er nicht weglief, doch plötzlich spürte ich nichts mehr und das nur von einer Sekunde in die andere. Dann stand ich auf einem Ast und er war sehr dünn. Ryan blickte auf mich und ich merkte wie der Ast zu brechen begann. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel hinunter. Ryan sprang mir nach und ich wusste dass es trotzdem zu spät war. Dennoch griff er nach meiner Hand und wieder landete ich heil auf dem Boden. Was war denn das? Ich hatte wieder dasselbe Gefühl wie gerade eben. Es schien mir, als könne er teleportieren. Deswegen entkam er auch so schnell aus dem Gebäude. Aber wie machte er das?
Mein Herz fing an sich zu beruhigen, sowie auch mein starker Puls.
„Alles in Ordnung?“, fragte er. Seine Stimme war zwar nicht mehr so gelassen, sondern besorgter, aber an seiner Mimik änderte sich nichts.
„Ja, danke.“, seufzte ich.
Sobald ich ihn also berühre teleportiere ich mit ihm. In meiner Tasche hatte ich ein Seil dabei, das sich automatisch schließ, es in Berührung mit einem Gelenk kommt. In schnellen Bewegungen zog ich heraus und schlag es um sein Gelenk. Dann machte ich es an meiner Hand fest.
„Tja, jetzt hast du wohl keine andere Wahl, als mit mir mitzukommen.“
Er teleportierte sich wieder und nahm mich mit. Wir landeten auf einem weiteren Baum, aber dieses Mal klammerte ich mich an ihm fest vor Angst wieder in die Tiefe zu stürzen.
„Wenn du mich wieder losbindest, dann lasse ich dich runter.“
Ich hatte ein wenig Höhenangst, aber nur dann wenn ich wusste dass ich runter fallen könnte.
„Nein!“, erwiderte ich trotz der schwierigen Lage.
„Dann bleiben wir hier oben.“
So ein Dickkopf! Er muss doch wissen dass er ohne den Professor nicht zurecht kommen wird. Er ist in der Zukunft gelandet, genau wie ich und eine Wahl hatte niemand. Etwa man verhungert hier draußen oder man bleibt im Zentrum um als Werkzeug benutzt zu werden.
Mir taten die Beine sehr weh, weil ich ziemlich verkrampft stand. Ryan lehnte sich gemütlich gegen den Baum und wartete geduldig bis ich aufgab. Hätte er ein T-Shirt angehabt, hätte ich mich daran festgehalten, aber ich hatte keine andere Wahl als mich um seinen Bauch zu klammern. Der Ast war schon dünn genug und würde brechen sobald ich mich nach vorne bewegen würde.
Dennoch fragte er nach fünfzehn Minuten wieder: „Gibst du auf?“
Ich warf ihm einen trotzigen Blick zu.
Er schloss seine Augen und versuchte im Stehen zu Dösen. Ich konnte es nicht fassen. Ich stand völlig verkrampft und mit voller Angst auf einem dünnen Ast und er versuchte bei so einer Situation zu dösen.
Doch dann hörte ich Stimmen und tupfte Ryan an. Zwei maskierte bewaffnete Männer kamen auf uns zu. Sie unterhielten sie kurz über Männerthemen und als ich mich dann an einem etwas weiterliegenden kleinen Ast festhalten wollte, brach er ab und fiel hinunter. Die Geräusche hatten ihre Sinne geweckt.
„Hast du das auch gehört?“, fragte der Linke, dem seine Stimme mir piepsig vorkam.
Sie schauten sich konzentriert um und blickten ein Glück nicht nach oben. Dennoch wollte Ryan es wagen nach unten zu springen. Ich hielt ihn zurück.
„Diese Männer verfolgen mich.“, flüsterte ich ihm zu.
„Ich weiß dass hier einer ist, ich kann ich schon fast spüren.“, lachte der Rechte mit einer spöttischen Stimme.
Sie schauten sich immer wieder um und ich hatte solche Angst dass sie uns entdeckten. Als die dann genau an dem Baum waren, wo wir oben standen, zog sich mein Magen zusammen.
Aber dann passierte der Fehler. Ryan wollte mir ein wenig Platz machen und dabei riss er ein Stück Baumrinde ab, die auf den Kopf einer der Männer fiel. Beide schauten hoch und erblickten uns. Als sie schossen, standen wir schon längst hinter ihnen und Ryan trat ihnen mit einem geschickten Tritt die Waffen aus der Hand. Das sah gar nicht mal so übel aus, also verteidigen kann er sich offensichtlich. Dann versuchten sie ihn mit bloßen Händen anzugreifen, aber wieder wehrte er ihre Schläge mit begabten Zügen ab. Nach ein paar Sekunden lagen sie schon wehrlos auf dem Boden. Einfach faszinierend.
„Jetzt hab ich dir schon das zweite Mal das Leben gerettet.“, dröhnte er. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schaute verärgert drein.
„Das heißt dass du mir einen Gefallen schuldest.“, grinste er und ich wusste schon gleich was er verlangte.
„Auf keinen Fall, du kannst mir auch zehnmal das Leben retten und ich werde meine Aufgabe erfüllen. Ich will nicht scheitern.“
„Wieso willst du unbedingt bei ihm die Sklavin spielen, wo du doch frei sein kannst?“, wechselte er das Thema.
„Weil ich sonst sterben würde.“
„Wie meinst du das?“
„Na ich kenne mich hier überhaupt nicht aus, ich kenne nichts und niemanden und wie soll ich dort überleben?“
Er dachte kurz nach.
„Manche Dinge muss man eben lernen.“, entgegnete er. „Bitte lass mich frei. Du weißt nicht wie das ist. Ich bin voller Schmerz und Hass, das ich nicht zurück kann. Es fällt mir zu sehr schwer ihm in die Augen schauen zu können, bitte.“, drängte er und ich konnte ihn nicht unter meine Gewalt bringen. Er würde solange den Dickkopf machen bis ich endlich losließ. Es brachte nichts, denn dafür war sein Zorn zu groß. Vielleicht finden ihn die anderen und machten es besser als ich. Ich konnte ihn einfach nicht festhalten, dafür war ich zu schwach.
Ich nahm sein Handgelenk und machte es los.
„Danke.“, lächelte er zum ersten Mal. Er packte mich an der Hüfte und wir teleportierten uns hinunter. Dann blickte er mich noch kurz an und schon war er wieder verschwunden. Ich seufzte.
„Oh ja, ich habe alles nur noch schlimmer gemacht. Ich bin wirklich nicht zu gebrauchen. Das liegt wohl an meiner Schwäche.“
Ich setzte mich an einen Baum und blickte durch die Bäume. Wieso kann ich nicht so mutig und stark sein wie die anderen? Ich denke selbst Nova hätte ihn dazu zwingen können.
Als ich in Gedanken war, hielt jemand seine Hand vor meinen Mund. Ich gab einen erschreckten Schrei von mir, der leider nicht zu hören war.
„Du bist doch einer von Professors kleinen Lieblingen, oder? Das dein Beschützer nicht mehr da ist, ist wirklich zu Schade, aber jetzt kommst du mit mir, Kleine!“, lachte einer der zwei Männer, die Ryan zusammenschlug. Ich griff nach den herausstehenden Wurzeln und der Mann rüttelte an mir. Als er die Hand von meinem Mund lösen musste, um mich loszureißen, schrie ich los. Ich hoffte das Ryan mich vielleicht noch hören könnte, aber dann müsste er doch nach einigen Sekunden hier sein, oder? Als er mich ohrfeigte gab ich Ruhe, weil mir zunächst meine Wange wehtat. Hinter ihm war sein Partner und sie banden mir meine Hände hinten zusammen. Der Eine griff nach meinem Kinn und drückte es zu sich nach oben. Sein Auge war blau von Ryans Schlag.
„Also Puppe, wo sind deine anderen Freunde?“, wollte er aus mir alles herausquetschen. Ich riss mich von seiner Kinnklammer los und senkte den Kopf. Einige Sekunden schwieg ich und er holte die Hand zum Schlagen aus, doch da griff jemand nach seinem Handgelenk.
„Was zum…?“, stammelte er als er sich umdrehte.
„Der da schon wieder!“, rief der andere.
Ich petzte die Augen zu und hielt den Kopf nach unten. Nur einige Schreie und Wehklagen waren zu hören und das Raufen der Drei.
Plötzlich war es still und jemand band mich los. Als ich wieder die Augen öffnete war es Ryan der vor mir stand.
„Alles klar?“, fragte er.
Ich seufzte schwer und ließ mich dann zu Boden fallen. Ich hatte wirklich gedacht es wäre aus. Immer wenn man mich gerettet hatte, sah ich noch Auswege und Hoffnung, aber hier hatte ich keine.
Erstmals blieb ich einige Minuten dort liegen, um mich beruhigen zu können. Ryan hockte sich zu mir runter und schaute mich an, wie immer mit demselben Ausdruck.
Ich stand auf und fegte den Dreck von meinen Kleidern herunter.
„Ich habe mich entschieden doch mitzukommen.“, meinte er und endlich hörte ich mal eine gute Nachricht.
„Grund?“
„Ich hatte über deine Worte nachgedacht, dass ich nicht überleben würde, wenn der Professor nicht wäre und ich hab außerdem einen riesigen Hunger.“
„Wieso sagst du das nicht gleich? Nein, zuerst musste ich ja von einem Baum stürzen und dann noch fast von Männern entführt werden.“
Er kratzte sich schämend am Kopf.
„Nun ja, ich komme ja jetzt mit.“
Ich schaute ihn grimmig an.
Dann fasste ich an meinen Mikrostöpsel und verband mich mit dem Professor.
„Ich habe ihn!“
„Gut gemacht, Lou.“, kam eine unbekannte Stimme zurück.
Gemütlich gingen wir aus dem Wald hinaus, stillschweigend. Aber schon bald unterbrach ich die Stille.
„Das tut mir wirklich sehr Leid mit deinen Eltern.“, sprach ich ihm mein Beileid zu.
„Das muss es nicht.“, entgegnete er.
Als wir schon die riesigen Häuser sahen, teleportierte er uns in den Fahrstuhl. Er fuhr gerade in das richtige Stockwerk hoch.
„Was wirst du sagen?“, fragte ich neugierig.
„Keine Ahnung, am liebsten würde ich schweigen, aber ich glaube kaum, dass das möglich sein wird.“
Irgendwie spürte ich dass er Angst hatte dem Professor gegenüber zu stehen, da er einen Angestellten verletzte und weglief. Ich denke wenn mir so etwas zustoßen würde, wäre ich bestimmt auch froh, wenn mir jemand beistehen könnte. Ryan fiele es um einiges leichter, wenn ich ihn unterstütze, denn immerhin kann ich seinen Schmerz verstehen.
Ich tupfte ihn vorsichtig an und er schaute zu mir runter.
„Keine Sorge, ich bin bei dir. Außerdem bin ich dir noch etwas schuldig.“, grinste ich.
Er drehte den Kopf von mir weg und verschränkte die Arme vor sich.
„Nein danke. Ich glaube ich stehe das schon allein durch. Ich brauche keine Hilfe.“
In mir baute sich Wut auf. So ein Trottel, natürlich bräuchte er meine Hilfe, aber anscheinend gab er es nur ungern zu. Ob er es will oder nicht, ich helfe ihm trotzdem. Der Fahrstuhl ging auf und tatsächlich stand der Professor vor uns mit einigen seiner Leute. Wütend und enttäuscht starrte er Ryan an. Ryan blieb immer noch gelassen und ruhig, dieses Mal fand ich es gut, dass er so bedachtsam blieb, denn das unterdrückte seine Gefühle und vielleicht käme es dann auch nicht zum Streit.
„Sag mal spinnst du? Der Tod deiner Eltern war nicht unsere Schuld und das weißt du. Ich habe dir damals ein Versprechen gegeben, aber ich hatte auch wirklich das Gefühl, das es funktionieren würde deine Erinnerungen zu löschen. Aber als du dann aufwachtest und gleich schon den Schmerz wieder in dir spürtest, wüsste ich es dass ich versagt habe, was mir sehr Leid tat. Dennoch habe ich dir einen Auftrag gegeben und ein neues Leben und du bist auch nicht der einzige der in seiner Vergangenheit Schmerzen erleiden musste. Alex zum Beispiel kommt wahrscheinlich nie über den Unfall hinweg, Nova niemals über den Tod ihres Vaters und der Mutter, Jim sein Gesicht ist furchtbar entstellt worden durch ein Unfall, Valerie hatte ihren Geliebten verloren und Lou…“
Ich wusste dass das irgendwann kommen würde. Ich war die Einzige die nie wirklich etwas bereute oder sodass es sich wirklich für immer in mein Herz brannte. Schon als der Professor über Schmerzen sprach und alle Namen aufzählte, fiele ihm nichts bei mir ein. Er dachte nach für einige Minuten und dann seufzte er nur.
„Lou hatte anscheinend noch nie wirkliche Schmerzen gespürt. Ihr Leben verlief ohne einen verbleibenden Kratzer.
„Ja Professor ich habe es verstanden, könnte ich vielleicht in meinem Zimmer allein sein?“
„Du wirst für dein Benehmen aber Konsequenzen tragen müssen und das wird nicht leicht.“
„Nehmen Sie ihn nicht so hart ran, er musste erstmals alles verstehen und vielleicht ist er deshalb weggerannt. Seien sie nicht so böse mit ihm.“, setzte ich mein bravstes Lächeln auf.
Der Professor lächelte dann und meinte: „Na wenn das schon von dir kommt Lou…Ich werde mal darüber nachdenken.“
Er drehte sich um und ließ uns allein.
„Das hättest du nicht tun müssen.“
„Soll ich das so verstehen, dass du mir danken möchtest dafür?“, fragte ich und stichelte ihn mit meinem Ellenboden in seine Seite.
„Ganz und gar nicht. Ich wäre auch ohne dich zurecht gekommen.“
„So was Undankbares muss ich mir wirklich nicht anhören!“, schrie ich und kehrte ihm den Rücken zu.
„Gut.“, entgegnete er und ging auf den Flur zu indem alle Zimmern waren.
Wie kann man wirklich nur so undankbar sein? Dieser egozentrische Trottel denkt nur an sich, Hauptsache ihm geht´s gut. Am liebsten hätte ich meine Klappe gehalten und ihm die härtere Strafe machen lassen. Ich überholte ihn und ging wütend in mein Zimmer. Dort legte ich mich weiter schlafen und wachte erst morgens um ein Uhr nachmittags auf. Die lange Nacht hatte mich wirklich müde gemacht.
Als ich aufwachte zog ich mich an und wartete bis JC ins Zimmer sprang. Nach einigen Minuten geschah es dann auch. Sie schmiss mir Kleidung auf den Schoß.
„Das sind eure neuen Uniformen.“
„Jetzt haben wir auch noch eigene Anzüge, ich hoffe meine Kleidung ist nichts Weites oder Dickes.“
Aber als ich die schwarze Hose in der Hand hatte, merkte ich dass das Linke Hosenbein kurz war. Das andere ging bis zum Fußknöchel hinunter. Es war noch eine kurze schwarze Hotpants aus Baumwolle dabei.
„Haben die da etwas vergessen?“, verkniff ich mir das Lachen.
„Nein, glaub mir, die Hose ist wirklich sehr bequem.“
Ihr Stoff war auch sehr angenehm und bestand aus ähnlichem Material wie Nylon. Es war absolut reißfest, etwas dehnbar und fühlte sich auch teilweise an wie Baumwolle. Dennoch probierte ich sie an mit einer grauen Hotpants zum Überziehen. und JC wartete draußen. Das Oberteil bestand aus mehreren Teilen. Zuerst zog ich ein weißes, etwas längeres Top mit Spagetti-Trägern an. Dann noch rote Weste, wo ich nur einen Knopf zuknöpfte. Nur hatte ich noch keine Schuhe an und bat JC noch einmal kurz wieder herein. Als sie merkte dass sie wieder etwas vergessen hatte, rannte sie gleich los und brachte mir hohe Stiefel, die mir noch bis über die Knie gingen und dieselben Schuhe wie Ryan nur in Weiß.
„Also sagen wir mal die Schuhe die ich dir geben wollte, hatte sich schon Nova geschnappt. Sorry.“
„In den hohen Absätzen hier werde ich mir noch ein Bein brechen. Also nehme ich lieber die Flachen, ich denke die werden mir sowieso besser stehen.“ Ich zog sie an und eigentlich gefiel mir die neue Uniform ganz gut.
„Muss ich die jeden Tag tragen?“, fragte ich und dachte an einen widerartigen Gedanken. Denn irgendwann muss ich andere tragen, damit die dreckige Wäsche gewaschen werden kann.
JC ging zum Schrank und dort lag jedes Teil zehn oder fünfzehn Mal drinnen.
„Und die Schuhe?“
„Die geben wir dir noch. Ach ja, dreh dich mal um.“
Ein Spiegel schob sich vor die Schranktür. Als ich im Spiegel versuchte meinen Rücken zu betrachten, sah ich ein handgroßes Zeichen unter dem Nackenbereich auf der Weste. Es war kreisförmig und innendrinn teilten drei Striche den Kreis in sechs Stücke. In jedem war dann eines unserer Symbole drinnen. Es war bunt abgemalt und es war eingenäht.
„Man das ist echt der Hammer!“, jubelte ich.
„Ist das dem Professor seine Idee gewesen?“
„Nein, meine.“, zwinkerte sie mir zu und gab ein Lächeln preis.
„Was machen wir heute?“, fragte ich wild und wollte unbedingt mit den neuen Kleidern nach draußen gehen.
„Du und Ryan müssen nach Naga. Es gibt Aufträge zu erfüllen, der Professor möchte wieder einige Gegenstände haben.“
„Ryan?“, erschrak ich.
„Ja ich!“, platzte er ins Zimmer rein.
Er trug ein blaues T-Shirt mit einer blauen Weste, die er bis zur Elle hoch krempelte und demselben Zeichen hinten drauf. Die Hose war tatsächlich die gleiche wie gestern, sowie die Schuhe.
„Also mein Zimmer ist im Schnee.“
„Passt zu dir, du bist ja auch eiskalt.“, gab ich zu.
Er schaute mich mit seinem gefühlslosen Blick an, der mir auch ein wenig Angst einjagte.
„Was ist mit Jim und Valerie?“, fragte ich.
„Die müssen dem Professor beim Ausräumen helfen, dabei werden ihre Kräfte beansprucht. Außerdem meinte der Professor ihr würdet euch so gut verstehen, dass er es für das Beste hielt, wenn ihr zusammen arbeitet, weil er dachte das Ryan dir eher vertraut, als den anderen.“
So hatte ich die Sache noch gar nicht gesehen. Es stimmte schon, das Ryan mir zwei Mal das Leben gerettet hatte und sogar auf meine Worte hörte, aber das er mir vielleicht wirklich mehr vertraute, als den anderen war mir nicht bewusst. Vielleicht lag es auch daran, dass er die anderen noch nicht kannte.
„Los, geht! Ihr braucht dafür mindestens einen ganzen Tag.“




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