Mein Engel... - Teil 25

Autor: Demre
veröffentlicht am: 07.02.2012


*Hey Leute :) Da bin ich wieder mit einem neuen Teil. Ich danke euch für die tollen Kommentare und euch gefällt auch dieser Teil.
Liebe Grüße ♥*




Herzflüsterer


Ich wartete. Wartete darauf, auf dem harten Asphalt aufzukommen, wartete darauf endlich den Tod willkommen zu heißen. Ich hatte es akzeptiert, auch wenn ich eigentlich gar nicht vorgehabt hatte zu sterben. Ich hatte eigentlich vorgehabt, Cian in die Arme zu springen, von der Mauer runter zu gehen und ihn bis zur Besinnungslosigkeit zu Küssen. Ich hatte nicht vorgehabt wirklich den Todesschritt zu machen. Aber jetzt war es anscheinend zu spät. Ich hatte einen kalten Luftzug gespürt, und hatte dann Augenblicklich die Augen geschlossen. Und jetzt wartete ich aufs Ende.
Aber anstatt Schmerzen zu spüren, hüllte mich etwas Warmes ein.
Ich dachte immer der Tod wäre kalt und schmerzvoll. Ich hatte nicht erwartetet das er warm und Wohlig sein würde. Der Gedanke alles verloren zu haben, die jenigen verlassen zu müssen, die mir je etwas bedeutet hatten, schlug mir wie eine harte, eiskalte Faust in den Magen. Ich dachte an meine Mutter, dachte daran, dass ich sie für ihre Selbstlose Tat verachtet hatte, dass ich mir geschworen hatte nie dass selbe zu tun, nie meinen Vater alleine zu lassen. Jetzt zu sterben kam mir lächerlich vor. Es gab Menschen, die hatte das Schicksal schlimmer getroffen als mich. Menschen die trotzdem weiter lebten, die stark waren und an ihre Familie dachten. Und ich? Ich war schwach. Ein Feigling der floh, weil er es nicht mehr ertragen konnte. Was war jedoch mit den anderen Menschen? Würde mein Vater es ertragen können, wenn ich starb? Und Ethan? Oder Jeff? Würden sie damit leben können? Zuerst war meine Mutter Evie gestorben, und jetzt verlor mein Vater auch noch mich? Und was war mit Cian? Würde er mich sehr vermissen?
Gerade als ich dachte, der Tod hätte mich endlich eingeholt, drang mir ein seltsam bekannter Geruch durch die Nase. Ein Gedanke setzte sich in meinem Kopf fest.
Seit wann roch der Tod nach Zigarettenqualm und Leder? Es war kein unangenehmer Duft, aber es kam mir plötzlich so bekannt vor…
„Alles wird gut. Pssscht alles wird wieder gut.“ Abrupt öffnete ich die Augen.
Nein, das war definitiv nicht der Tod. Der Tod würde mir nicht sanft durch die Haare streicheln und beruhigten auf mich ein reden, umso unwahrscheinlicher war es, dass der Tod wundeschönen braunen Augen und sanft geschwungenen Lippen hatte.
Nein, das hier war nicht der Tod, sondern das genaue Gegenteil davon, nämlich ein Engel. Ein wundervoller Engel. Ich blickte in das schöne Gesicht und bemerkte mit gerunzelter Stirn die kleine Narbe an seinen Lippen. War sie schon vorher da gewesen und ich hatte sie einfach nicht bemerkt?
„Pscht, alles wird gut, das Verspreche ich dir.“ Sein Ziegefinger wischte mir über eine Träne. Wann hatte ich angefangen zu weinen?
Die Kälte des Schnees drang mir tief in die Haut, und erst jetzt bemerkte ich, das ich in den Armen eines, mich beruhigenden Jungen lag. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, was geschehen war. Vor nicht mal paar Sekunden hatte ich am Abgrund des Todes gestanden, und jetzt lag ich zusammen gekauert in Cians Armen auf dem kalten Boden. Alles an mir zitterte, angefangen von meinen Fingern bis hin zu meinen klappernden Zähnen. Mein Anorak war aufgeklafft, die Kälter drang mir durch den Pulli und bereitete mir Gänsehaut.
Cians Lederjacke war eisig kalt, doch seine Hände, die mir immer wieder über die Wangen strichen, kurz an meinen Lippen verharrten und dann wieder meine Haare betasteten, waren warm und sanft zugleich.
Ich hob vorsichtig den Kopf, meine Tränen erschwerten mir die klare Sicht, jedoch hinderten sie mich nicht dran, die besorgten, und doch wunderschönen Augen von Cian auf mir ruhen zu sehen.
Noch nie hatte mich so viel Liebe, so viel Sehnsucht durchflutet wie in diesem Moment.
Ich blickte in sein Gesicht, versuchte all das Leid, dass mir in den letzten Tagen passiert war auszublenden.
Ich hob meine taub gewordenen Finger, berührte seine Wangen seine Lippen. Um Beherrschung war es binnen drei Sekunden geschehen. Ein schluchzen stieg mir die Kehle hoch. „Ich…ich hab…hab mir solche Sorgen gemacht.“ Hastig schüttelte Cian den Kopf, strich mir über de Augenlider. Dann verhaarten seine Augen auf meinen Lippen, wie eine stumme Bitte blickte er mir dann kurze Zeit später in die Augen. Noch einmal schluchzte ich, bevor ich meine Hände hochriss und mich wie eine ertrinkende an seinen Pulloverkragen festhielt. Meine Lippen drückten sich auf seine, ich presste mich hilfesuchend an seinen Körper und küsste sehnsüchtig diese kalten, jedoch wundervoll weichen Lippen. Wie eine hungrige, eine verdurstende erkundigte ich seine Lippe und auch er küsste mich nicht zärtlich. Nein, dafür war viel zu viel Zeit vergangen. Mit rauen Bewegungen strich er mir durchs Haar, erkundigte seinerseits die Wärme meiner Lippen. Wild und Leidenschaftlich war dieser Kuss. Noch nie hatte sich etwas so vollkommen, so atemberaubend angefühlt. Zeit, Ort alles hatte ich vergessen und mein Inneres brannte wie Feuer, obwohl es draußen Minus 10° C sein mussten. Wenn es nach mir ginge, würden wir Stunden- Tagelang so sitzen, uns festhalten und verzweifelt küssen. Nur Gott alleine wusste, wie sehr ich diese Lippen, diese Wärme seines Körpers vermisst hatte. Nur Gott alleine wusste, wie viel er mir wirklich bedeutete.
Nach schier unendlichen Minuten, als ich glaubte Ohnmächtig zu werden, weil diese Lippen mir schier den Verstand raubten, löste Cian sich von mir und lehnte seine Stirn an meine, unsere Augen geschlossen. Wir atmeten beide hektisch und völlig unkontrolliert aus, und unter meinen Händen, die auf seiner Brust ruhten, spürte ich sein rasendes Herz. Selbst mein Herz hämmerte mir ständig in den Ohren, fand seinen normalen Rhythmus nicht wieder.
„Du bleibst jetzt wirklich hier…bei mir?“, flüsterte ich mit rauer Stimme und mein Hals brannte bei den Worten. Mir rauschte immer noch das Blut in den Ohren. Meine Finger zitterten immer noch heftig als ich ihm über die Wangen fuhr.
Die Kälte setzte einem aber auch wirklich zu!
Als er schließlich sprach, spürte ich seinen Warmen Atem an meinem Ohr.
„Immer mein Engel. Immer.“ Ich spürte wie seine Lippen die kleine Kuhle hinter meinem Ohr berührten. Ich schmiegte mich in seine Arme, dachte, dass jetzt alles perfekt wäre. Doch ein Räuspern hinter uns, ließ uns beide herum fahren.
Der Polizist, der herauf auf das Dach des Hochhauses gekommen war um mich herunter zu holen, stand mit einem ungeduldigen Blick vor der Stahltür. Und hinter ihm stand mein Vater, die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen gepresst. Ich spürte wie meine Wangen rot wurden, als mir klar wurde, dass beide uns die ganze Zeit beobachtet hatten, ohne ein Wort zu sagen. Ich wusste nicht was schlimmer war, die Tatsache, das mein Vater diesen intimen Moment zwischen Cian und mir gesehen hatte, oder die Tatsache das ich ihm jetzt unter die Augen treten musste, nach allem was ich getan hatte, nach dem ich ihn kaltblütig alleine gelassen hatte, obwohl ich versprochen hatte immer für ihn da zu sein. Doch mein Vater sagte nichts. Schweigend, und mit vor Wut funkelnden Augen trat er einige Schritte auf uns zu.
„Miss.“, sagte der Polizist an mich gewandt und zeigte auf die offene Tür. „Der Krankenwagen wartet bereits unten auf sie, also wenn sie jetzt bereit sind…“ Energisch und nur noch heftiger zitternd schüttelte ich den Kopf. Nein, nein, nein! Kein Krankenhaus niemals!
„Nein ich möchte nicht. Cian bitte, kein Krankenhaus.“ Ich schluchzte leise, konnte bei dem Gedanken an die weißen Wände und den Geruch des Todes der mir in einem Krankenhaus immer in die Nase drang, nicht mehr klar denken.
„Ist ja gut. Komm wir bringen dich nach Hause.“ Cian, der sich gesammelt hatte und aufstand, versuchte mich hochzuziehen. Doch dann, als ich den verletzten Fuß aufstellte, war ich auf diesen Schmerz nicht gefasst gewesen. Mit einem lauten Aufschrei stürzte ich zu Boden, und mein Fuß knickte und mir ein.
Mein Vater, der mit besorgter Miene auf mich zu gerannt kommen wollte, wurde von Cians knapper Handbewegung aufgehalten.
„Ich mach das schon Mrs. Collister.“, sagte er mit freundlicher Stimme, handelte sich trotzdem einen giftigen Blick von meinem Vater ein.
Meinen überraschten Blick ignorierend griff mir Cian unter die Knie und stützte eine Hand an meine Rücken ab. Dann hob er mich mit einer fließenden Bewegung vom Boden auf. Ich stieß einen kleinen erschrockenen Laut aus, als ich so, auf Cians Armen, und meinen Kopf an seiner Brust gelehnt, Richtung Tür getragen wurde. Obwohl ich seine Wärme und den Geruch seines Körpers genoss, trampelte ich protestierend mit den Beinen.
„Cian bist du verrückt?“, stieß ich hervor. „Ich kann selber gehen, lass mich runter!“ Cian grinste spöttisch auf mich herunter, seine Lippen berührten kurz meine Stirn.
„Ach wirklich? Das haben wir ja eben gesehen.“, erwiderte er knapp. Das ist er, dachte ich seufzend. Selbstgefällig und sicher in dem was er tut. Und nichts liebte ich mehr an ihm, auch wenn er mich mit seinem selbstsicheren Grinsen in den Wahnsinn treiben konnte.
Dicht gefolgt von meinem Vater standen wir schließlich vor dem Aufzug. Weil wir nicht alle drei, inklusive mich auf Cians Armen hereinpassten, trat mein Held zuerst herein und handelte sich einen weiteren zornigen Blick von meinem Vater ein. Dann schlossen sich die Türen und ich war alleine mit Cian im Aufzug. 9. Stock.
„Weißt du.“, hörte ich Cian sagen, doch ich blickte ihn nicht an. Ich hatte das Gesicht in dem Leder seiner Jacke vergraben und sog genussvoll den Geruch ein.
„Ich verstehe nicht wie du so was Dummes machen konntest.“ Ruckartig wandte ich das Gesicht zu ihm. 6. Stock. Ich wusste sofort was er damit meinte, jedoch hatte ich gehofft, dass er es nicht ansprechen würde.
„Es ging um dein Leben Ava!“, wies er mich zurecht. „Hätte ich dich in letzter Sekunde nicht noch an deinem strauchelnden Handgelenk zu fassen bekommen, wärst du jetzt auf dem Asphalt zu Kartoffelbrei zermatscht worden. Also warum?“ Seine Augen ruhten ernst auf meinen. Ich spürte die aufkommenden Tränen, konnte sie aber glücklicherweise verdrängen.
„Ich weiß es nicht.“, flüsterte ich. 4. Stock. „Es tut mir leid.“, fügte ich hinzu und betrachtete ihn entschuldigend. Er seufzte jedoch nur und lächelte mich dann schwach an.
„Küsst du mich?“, fragte ich kleinlaut. Sein Lächeln wurde noch bereiter als er sich zu mir herunter beugte. Und es wunderte mich, dass mein Gewicht ihm das überhaupt zuließ. Ein Fliegengewicht hatte ich schließlich nicht.
Seine Lippen drückten sich zärtlich an meine. “Liebend gerne.“, flüsterte er dann an meinem Mundwinkel. Ich hatte die Arme um seinen Nacken geschlungen und nun drückte ich mich ein Stück hoch, um seinen Lippen entgegen wirken zu können. Doch lange dauerte es leider nicht. Der Fahrstuhl machte „Pling.“ Und nur widerwillig löste sich Cian von mir. Die Türen glitten auf und Cian trug mich hinaus in die Kälte, die jedoch angenehmer als dort oben war. Draußen begrüßten uns dutzende von Menschen, sodass ich nur gequält die Augen schließen konnte. Konnten sie nicht einfach alle gehen? Okey, es tat gut zu sehen, dass sich diese Menschen sich um mich gesorgt hatten. Aber ich lebte ja noch, also warum standen sie immer noch hier?
„Wo ist der Krankenwagen?“, fragte Cian eine altere Dame, die mich besorgt musterte. Mein Kopf fuhr herum zu Cian. Ich hatte kein Krankenhaus gesagt! Verdammt wollte auch er mich zu Weißglut treiben!
Als er meinen erschrockenen Blick bemerkte wies er mich mit einem bösen Blick zurecht. „Ava, ich bin bei dir und du wirst dich jetzt untersuchen lassen. Dein Fuß ist so dick wie ein Walross geworden.“ Empört öffnete ich den Mund und wollte etwas erwidern, besann mich dann doch einem besseren und schloss meine Lippen wieder. Es brachte mir nichts zu protestieren. Vielleicht konnten die Ärzte mir ja schmerzmittel geben und ich würde den Aufenthalt in dieser Hölle etwas ertragen.
Die Frau, die Cian nach dem Krankenwagen gefragt hatte deutete nach links. Dann warf sie mir noch einen letzten bemitleidenswerten Blick zu und machte sich dann mit eiligen Schritten aus dem Staub. Wahrscheinlich dachte sie, ich hätte sie nicht mehr alle. Zuerst hatte ich am Abgrund des Todes gestanden, und jetzt lag ich in den Armen eines fantastischen Jungen.
Als Cian den weißen Krankenwagen sah, trug er mich in die Richtung.
„Ava!“ Gerade als ich Cian etwas sagen wollte tauchte mein Bruder vor uns auf. Zuerst warf er mir einen besorgten Blick zu, bevor er Cian erblickte und seine Augen sich verdüsterten. „Du schon wieder du Mistkerl.“ Ich stieß ein Empörtes schnauben aus. Wie konnte er es wagen Mistkerl zu ihm zu sagen!
„Hör zu Ethan...“, setzte Cian an, wurde aber unterbrochen.
„Nein Penner, du hörst mir jetzt zu. Setzt meine Schwester ab und verschwinde von hier.“ Seine Stimme war kalt vor Wut und auch seine Hände waren an seinen Seiten zu Fäusten geballt. Ich spürte wie Cian sich anspannte, wie sich Wut in seinem Gesicht ausbreitete und sein Atem schneller aus ihm wisch. Aber er verlor nicht die Fassung. „Sie kann nicht laufen. Also werde ich sie jetzt zum Krankenwagen bringen.“ Ich liebte es, wie ruhig seine Stimme klang, obwohl mein Bruder sich gerade wie ein Volltrottel benahm.
„Hey ihr zwei.“ Ein blondhaariger, etwa dreißig-jähriger Polizist tauchte plötzlich links von Ethan auf und beäugte die beiden Jungs misstrauisch. „Bringt eure Angelegenheit woanders zu ende, jetzt ist nicht der Zeitpunkt dafür.“ An Cian gewandt sagte er. „Bring das Mädchen zum Wagen.“ Cian nickte und wandte sich ab. Als ich einen Blick nach hinten warf, konnte ich meinen Vater erkennen, der gerade auf uns zu kam.
Cian brachte mich zum Krankenwagen und übergab mich einem großen, kahlköpfigen Mann, der eine Trage für mich vorgebreitet hatte. Dann wurde ich auf den weißen Stoff gelegt und in das innere des Wagens gebracht. Gerade als Cian sich abwenden wollte ergriff ich sein Handgelenk und blickte ihn flehend an.
„Bleib ihr.“, flüsterte ich. Erst jetzt spürte ich wieder den Schmerz in meine Fuß, pochend und heiß zu gleich.
„Dein Vater wartet unten.“, erwiderte er ruhig, doch als ich protestieren wollte legte er mir einen Finger auf die Lippen. „Ich komme mit zum Krankenhaus, ich lasse dich nicht alleine.“ Ich war alles andere als einverstanden, doch ohne ein weiteres Wort von mir abzuwarten, drückte er mir einen sanften Kuss auf die Stirn und stieg dann aus dem Hinteren teil des Krankenwagens aus. Kurz darauf erschien der Kopf meines Vaters.
Ein Arzt war mit uns in dem Innenraum und holte gerade irgendwelche Salben und Scheren heraus. Mein Vater setzte sich links von der Trage, in der ich lag hin, und betrachtete mich aus müden Augen. Der Arzt kam mit der Salbe an meine Seite, und zu meinem Widerwillen schnitt er mir die Hose auf. Ich sagte jedoch nichts, sondern nagte an meiner Unterlippe.
Ich konnte keinen Ton herausbringen, denn die Schuld an diesen erschöpften, und leblosen Augen meines Papas, lastete schwer auf meiner Brust. Ich hatte meinem Vater nur Leid hinzugefügt, nie hatte ich ihm etwas anderes außer Sorgen bereitet. Ich war die schrecklichste Tochter überhaupt. Mit Mühe schaffte ich es, meinen Kopf zu ihm zu drehen und ihn mit Tränen in den Augen anzugucken.
„Es tut mir leid.“, flüsterte ich mit heisere Stimme und stöhnte laut auf, als der Arzt meinen Knöchel betastete. Zu meiner Überraschung spürte ich die Hand meines Vater, und kurz darauf drückte er sie feste und beruhigten zu gleich. „Nein.“, sagte er dann nach einigen Minuten. „Nein mir tut es leid. Es tut mir leid, dass ich solch ein elender, erbärmlicher Vater bin.“ Seine Stimme hörte sich erschöpft, und traurig zu gleich an. Meinen überraschten Laut bemerkte er nicht mal, denn seine Augen hingen gedankenverloren an unseren zusammen geschlungenen Händen.
Ich schüttelte hastig den Kopf. Nein, nein so dürfte er nicht denken! „Du bist der beste Papa überhaupt!“, entgegnete ich und ignorierte die Träne, die mir die Wange hinunterlief. Mein Vater jedoch antwortete nicht. Bis wir schließlich vor dem Thomas Jefferson ankamen und die hinteren Türen des Wagens aufgeschlagen wurden, schwieg er. Doch ich konnte in seinen Augen lesen, dass die letzten paar Stunden, für ihn die schlimmste Zeit überhaupt gewesen war.

*~*

Wieder schien es, als würden die weißen Wände mich erdrücken. Die Luft war zwar kühl, jedoch löste es nicht den Kloß in meinem Hals, als ich in diesem blöden weißen Bett lag und auf den Arzt wartete. Mein Fuß lag eingecremt und eingewickelt in einem Verband, und pochte immer noch. Der Arzt, der meinen Fuß gesehen hatte, hatte erschrocken die Hand vor den Mund geschlagen. Dann hatte er irgendwelche Schwestern Anweisungen gegeben, und ich wurde in ein Krankenzimmer verlegt. Immer noch nagte die Angst an mir. Immer noch spürte ich wie die Luft immer weiter auf mich zu kam, immer weiter meine Kehle zudrückte. Meine Mutter hatte in diesem Krankenhaus gelegen, nur damit die Ärzte feststellen konnten, dass sie wirklich tot war. Ertrunken in dem Fluss, den ich schon öfter in meinen Träumen gesehen hatte. Aber jetzt wollte ich nicht daran denken. Ich wollte nicht wieder diese beklemmende Angst spüren.
Kurze Zeit später tauchte der Arzt auf. Er schimpfte mit mir, weil ich meinen Fuß überhaupt nicht geschont hatte, dass ich seit meinem Unfall überhaupt nicht darauf geachtet hatte. Doch ich hörte nur halb zu. Er zeigte mir Röntgen Bilder, informierte mich das ich ein Bänderriss hatte, und nun wirklich meinen Fuß schonen musste. In einem dicken Verband sollte ich mehr als vier Wochen herumlaufen. Tja Ava, dachte ich spöttisch, das hast du jetzt davon. Mein Vater war nicht lange geblieben, er meinte er müsste sich einen Kaffee holen. Ich war froh, dass er nicht da war. Immer noch lastete die Schuld auf meiner Brust.
Gerade als der Arzt den Verband, den ich im Krankenwagen verpasst bekommen hatte, lösen wollte, trat Cian ins Zimmer. Augenblicklich hellte sich meine Miene auf als ich in seine schönen braunen Augen blickte.
Er begrüßte den Arzt kurz und stellte sich dann an die linke Seite von dem Bett.
„Hey.“, flüsterte er und umfasste meine Hand.
Ich lächelte ihn an.
„So jetzt lösen wir mal den Verband und machen Ihnen ein festes, schützendes dran.“ Auf den aufkommenden Schmerz war ich nicht vorbereitet gewesen, sodass ich ein Zischen von mir gab und Cians Hand ganz fest drückte. Dieser strich mir sanft mit der anderen Hand durch die Haare und redete leise auf mich ein. „Alles wird gut.“, murmelte er. Und in diesem Moment glaubte ich es ihm. Ich war unendlich froh ihn bei mir zu haben. Doch als der nächste Schmerz durch meinen Fuß schoss stieß ich einen heiseren Schrei aus. Wieder drückte Cian mir beruhigend die Hand.






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