Mein bester Freund und ich

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 27.02.2010




Ich gähnte. Mal wieder hatte ich bis tief in die Nacht mit meiner besten Freundin gechattet. In letzter Zeit passierte das öfter, langsam sollte ich das mal wieder ändern. Aber es gab eh morgen Ferien und die letzten zwei Tage würde ich auch in einem Zustand als lebende Tote überstehen.
Ich duschte, putzte mir die Zähne, trug ein bisschen Wimperntusche auf, zog mich an und rannte dann los, denn wie jeden Tag war ich schon wieder fünf Minuten zu spät. Ich schickte ein Stoßgebet in den Himmel, ich wollte nicht schon wieder den Bus verpassen.Glück gehabt. Auf der Fahrt in die Schule ignorierte ich eine Freundin aus meinem Dorf und setzte meine Kopfhörer auf. Dann auf voller Lautstärke mein momentanes Lieblingslied: Beatsteaks - Hand in Hand.
In der Schule angekommen setzte ich mich auf meinen Platz und fragte meinen Sitznachbar und besten Freund nach den Mathehausaufgaben. Er war ein Ass in Mathe. Jede Aufgabe die man ihm stellte konnte er in Sekunden lösen. Und wie immer gab er mir sein Heft und wie immer fragte ich ihn, nachdem ich zwei Minuten angestrengt seine Schrift angestarrt hatte, was da denn stand. Lachend erklärte er es mir und beugte sich dabei zu mir rüber. Kurz stieg mir der Duft seines Deos in die Nase. 'Hm', dachte ich. Dann stutze ich. Wieso dachte ich das?
'Hörst du mir überhaupt zu?', fragte er mit einem Blick, der wohl böse sein sollte.
'Nö!', antwortete ich einfach. 'Ich hab heute Nacht schon wieder kaum geschlafen.'
'Wieso? Also ich schon. Einfach wunderbar!'
'Bist ja auch 'ne Lusche.'
'Ach, fick dich.'
'Nur Sonntags.'
'Films mal.'
Ich lachte und boxte ihm so fest ich konnte in die Rippen.
'Das soll weh tun?'
Er strich mir locker mit seiner Hand über den Rücken. Er wusste, dass ich dort extrem kitzelig war und nutze das nun voll aus. Ich schlug ihn erneut und es hätte fast, wie immer, in einer kleinen Schlägerei geendet, wenn nicht unser Klassenlehrer mit einem Stapel voller Hefte reingekommen wäre. Mathearbeitshefte. Die, in die wir letzte Woche unsre Arbeit geschrieben hatten. Ich stöhnte. Verdammt, ich konnte mir meine Freizeit in den Ferien abschminken.
'Ach, so schlecht wird' s bei dir nicht gelaufen sein', flüsterte mein bester Freund.
'Hast du 'ne Ahnung!', gab ich nur als Antwort.
'Ruhe jetzt! Die Mathearbeit ist absolut schlecht ausgefallen, ihr seid alle so schlecht, ihr würdet auf eine Hauptschule gehören! Ich musste fünfzehn Punkte streichen, damit die Arbeit über dem Strich bleibt!', donnerte der Lehrer. Dann lief er los und verteilte die Hefte. Mein bester Freund schlug sein Heft auf und meinte. 'Oh, volle Punktzahl. Was hast du denn?'Schulterzucken. In diesem Augenblick knallte mein Klassenlehrer: 'Steffie! Du warst die einzige, die eine drei bekommen hätte, wenn ich keine Punkte gestrichen hätte. 2+! Klasse!'Ich konnte es nicht fassen.
'Super!', freute sich mein bester Freund, 'da hat sich das Lernen ja doch gelohnt!''Die zehn Minuten?', feixte ich, 'nein, das liegt an meiner Megaintelligenz, die ich bisher versteckt gehalten hab.'
'Daran zweifel ich.'
Schlag in den Bauch.
'Steffie, David, hört auf! Nur weil ihr gute Noten geschrieben habt heißt das noch lange nicht, dass ihr nicht mehr aufpassen müsst!'
Also brachten wir eine, wie immer, langweilige Mathestunde hinter uns. Danach hatten wir, wie jeden Mittwoch, eine Freistunde. David und ich setzten uns in die Mensa, tranken einen Kakao und redeten (beziehungsweise lästerten) über die neuen Paare.
Irgendwann kamen wir darauf zu sprechen, dass wir zwei niemals zusammenkommen würden. Beide waren wir fest überzeugt davon. Dann machte er wieder einen dummen Witz und schon ging von neuem eine kleine Schlägerei los.

Später an dem Tag gingen wir gemeinsam Mittagessen. Donnerstags hatten wir immer Nachmittagsunterricht. Kunst. Ich hasste Kunst schon immer und tu es auch immer noch. Aber das tut jetzt hier nichts zur Sache. Auf jeden Fall aßen wir Mittag, danach gingen wir in die Stadt, weil er noch ein Parfüm kaufen wollte. Er sagte mir nicht für wen, dieser Frage wich er aus. Ich akzeptierte das. Ich erzählte ihm ja auch nicht alles.
Im Kunstunterricht, in den wir mit reichlich Verspätung kamen, musste wir Bilder malen, mit Wasserfarbe. Mir wurde das bald so langweilig, dass ich begann David anzumalen. Er wehrte sich natürlich und so entstand in Sekundenschnelle ein wahrer Wettkampf. Unsere Mitschüler konnten nur den Kopf über uns schütteln.
Wir zwei lachten. Und lachten. Und weinten vor Lachen. Unsere Lehrerin kam und ermahnte uns. Wir musste uns waschen und die Tische putzen. Dabei konnten wir gar nicht mehr aufhören zu lachen.

An diesem Tag hatten wir uns viel öfter geprügelt als sonst. Das heißt wir waren uns körperlich viel näher gekommen als sonst und diese Nähe hatte was in mir ausgelöst. Was genau wusste ich anfangs nicht, aber Mitte der zweiwöchigen Osterferien wurde es mir klar. Ich hatte mich ihn verliebt.

Ich wusste nicht was ich tun sollte. Es ihm sagen? Es ihm verschweigen?

Er fragte mich wieso ich mich nicht mehr so oft meldete oder einfach komisch und zurückhalten war. Ich konnte es ihm nicht sagen. Es ging nicht.

Ich sprach mit meinen drei besten Freundinnen darüber. Alle empfohlen sie mir es ihm zu erklären. Also entschloss ich mich an meiner alljährlichen Osterfeuerparty es ihm zu sagen.Wir gingen ein Stück hinter den anderen, auf dem Weg zum Feuer. Ich begann zu reden.

'Du hast mich doch gefragt, wieso ich so komisch bin.'
'Ja.'
'Erinnerst du dich an dem Tag, als wir uns in Kunst angemalt haben? Als wir darüber geredet haben, dass wir zwei niemals aufeinander stehen könnten?'
'Du ..'
'Ja.'
'Das ist .. Steffie, es hat nichts mit dir zu tun. Aber du weißt, dass ich immer noch Laura liebe.'
'Ich .. ja klar. Aber ich wollte, dass du es weißt. Damit du den Grund kennst, wenn ich mal komisch bin.'

Er umarmte mich.

'Wir werden immer Freunde bleiben.'

Heute sitze ich vor meinem Computer und denke zurück an diesen Satz. Das ganze ist zwei Jahre her. Zwei Jahre, von denen wir eineinhalb nicht miteinander gesprochen haben.Nachdem ich es ihm gestanden hatte, redeten wir immer weniger miteinander. Er fand in den Sommerferien eine Freundin, er lernte sie im Internet kennen und auf einmal brauchte er den Kontakt zu mir nicht mehr. Irgendwann schrieb ich ihm eine Nachricht. Ich schrieb, dass ich so nicht mehr weitermachen könnte. Ich vermisste ihn zu sehr. Die Nachricht endete mit Beleidigungen und heute tut es mir leid. Ich wechselte die Schule, wir sahen uns nicht mehr.Ich vermisse ihn und ich liebe ihn, so wie man seinen besten Freund halt liebt. Nicht mehr so wie damals.
Aber es ist sicher, dass diese Freundschaft nie, nie, nie wieder so werden kann, wie damals. Das ist traurig. Vielleicht ruf ich ihn in naher Zukunft mal an. Ich muss mich entschuldigen, ich will nicht noch länger ohne eine der wichtigsten Personen in meinem Leben existieren.









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