In einem neuen Leben - Teil 4

Autor: sternschnuppe (2)
veröffentlicht am: 01.11.2010


Ein Film?! Was hab ich mir nur dabei gedacht?! Einen Film. Sehen. Mit einem Jungen zusammen. Einem hübschen Jungen. Okay, einem sehr hübschen Jungen. Na, da hab ich mir ja mal wieder was eingebrockt.

Noch immer ein wenig schockiert laufe ich Stephan hinterher.
Er führt mich durchs Haus und irgendwie landen wir in einem total kuschelig und gemütlich eingerichteten Filmraum. Ein riesiger Fernseher dominiert das Zimmer. Dann fällt mir die Deckenlandschaft ins Auge und mir wird bewusst, dass das ziemlich zu einem romantischem Filmschauen mit anschließendem Nachmachen einiger der heißeren Szenen einlädt. Natürlich werde ich wieder rot. Was auch sonst?!

Sie ist schon wieder rot geworden. Warum? Ich versuche, den Raum mit ihren Augen zu sehen und erkenne, dass man das ganze Arrangement auch ein wenig fehlinterpretieren kann. Flauschige Decken. Eine Deckenlandschaft. Ein riesiger Fernseher. Ein paar Kerzen. Das schreit ja geradezu nach einem gemütlichen Schäferstündchen. Auch meine Wangen beginnen, sich bisschen zu verfärben. Um die Verlegenheit zu überspielen, gehe ich zu dem Regal mit den DVDs. "Was möchtest du denn gerne schauen?" Sie sieht mich überrascht an, als ob ich sie aus ihren Gedanken gerissen hätte. Die Farbe auf ihren Wangen vertieft sich. Mann, sieht das süß aus! "Ähm..." Und sie stottert schon wieder. "Keine Ahnung, was habt ihr denn so?" "Hmm... mal sehen, wir haben diese Twilight Serie..." Sie rümpft verächtlich die Nase. Ein Mädchen das diese Filme nicht mag? Das klingt für mich verdächtig nach einem neuen Weltwunder. (Die Filme waren übrigens nicht meine Idee, sondern die meiner Mutter. Sie ist gerade auf so einem Vampirtrip.) "...dann haben wir noch Harry Potter..." "Ihr habt Harry Potter? Oh, ich liebe diese Filme. Können wir den ersten Teil schauen? Der ist so schön... Bitte..." Wow, da habe ich wohl richtig gegriffen. "Ja, klar. Ich mag den Film auch. Ich meine, ich hab ihn schon so ungefähr eine Million mal gesehen..., aber bei dem Film macht das nichts." Das meine ich sogar Ernst. Der Film ist cool.

Ich lege den Film ein und schnappe mir die Fernbedienung. Währenddessen hat sie es sich schon gemütlich gemacht. Ich werfe mich neben sie und schalte den Fernseher ein.
Ungefähr zwei Minuten später schlage ich mir mit der Hand an den Kopf. "Scheiße! Ich hab das wichtigste vergessen! Die Süßigkeiten!!" Ich springe auf und laufe zum Süßigkeitenschrank. Ich nehme ein paar Schüsseln und fülle sie mit allem, was mir in die Hände kommt. Chips, Gummibärchen, Schokolade, .... Voll beladen gehe ich wieder zu ihr und drapiere die Schüsseln um uns herum. Sie starrt mich entgeistert an. "Wir haben vor ungefähr 12 Minuten zu Abend gegessen und du hast schon wieder Hunger?!" "Naja, ich bin ein Junge und noch im Wachstum", rechtfertige ich mich. "Aber das ist doch kein Grund, eine Fressorgie zu veranstalten!" "Fressorgie würde ich das nicht gerade nennen. Eher einen kleinen Snack zum Filmschauen", zufrieden sehe ich mir die Schüsseln an. Mein Werk!
Sie schüttelt den Kopf und schaut auf meine Bauchmitte. "Und immer noch so schlank", murmelt sie vor sich hin. "Das sind die Gene", erwidere ich und lächle ein bisschen vor mich hin. "Jaja, Glück muss man haben." "Das ist echt gemein", meint sie gespielt entrüstet. Aber das Zucken ihrer Mundwinkel verrät sie. "Ich würde aufgehen wie... wie... wie". Sie sucht nach Worten. "...wie ein Kuchenteig, wenn er geht?", helfe ich aus. "Ja, wahrscheinlich. Ich würde aussehen wie eine Teigrolle!" Ich grinse. "Das sähe bestimmt witzig aus... Aber genug geplaudert. Der Film fängt an..."

Irgendwann, gegen Ende des Films, spüre ich, wie etwas Schweres auf meine Schulter sinkt. Ihr Kopf. Sie muss wohl eingeschlafen sein.
Ich mache den Fernseher aus und lehne mich ein bisschen zurück. Eigentlich müsste ich ja auf Toilette, aber ich will nicht aufstehen und sie wecken. Sie sieht so süß aus, wenn sie schläft. Und den Auf-Toilette-Geh-Drang kann ich noch eine Weile bekämpfen. Und irgendwie ist es hier ja doch sehr gemütlich. So warm und kuschelig... langsam gleite ich in meine Traumwelt ab.
Plötzlich bewegt sie sich und ich schrecke auf. Sie hat ihr Gesicht verzogen und murmelt etwas Unverständliches vor sich hin. Dann fängt sie an, sich hin und her zu werfen. Anscheinend träumt sie schlecht. Mit Schrecken sehe ich eine Träne ihre Wange hinunterkullern. Und dann schreit sie. Ganz laut. "Neeeeeiiiiiinn!" Sie schluchzt. Ich schüttle sie, um sie aus diesem Traum zu reißen. Aber sie wacht nicht auf. "Kathleen! Wach auf!" Ich schüttle sie ein zweites Mal. Gott sei Dank! Sie öffnet die Augen und schaut sich ein wenig benommen um. Dann fällt ihr Blick auf mich. "Stephan? Was ist los?" "Du hast geträumt", sage ich, "und du hast geweint". Sie seufzt. "Ja, das passiert in letzter Zeit häufiger". Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber es sieht so aus, als verschließe sich ihr Gesicht bei diesen Worten.
Sie gähnt. "Oh Mann, ich bin hundemüde. Räumen wir schnell das alles auf und dann nicht wie ins Bett." "Okay, dann lass uns mal anfangen!"
Da wir zu zweit sind, verschwindet das kleine Durcheinander, was wir fabriziert haben, auch wie von Zauberhand. Schließlich sind wir fertig. "Ich geh dann mal ins Bett", sagt Kathleen "Gute Nacht und schlaf schön". "Ja, du auch. Ich gehe noch ein bisschen in die Bibliothek. Was lesen." Müde schlurft sie zur Tür hinaus. Oh Mann! Sie muss echt fertig sein. Ich bewege mich Richtung Bibliothek. Ich habe vorhin ein ganz schönes Buch entdeckt. Eine Reihe von Rainer M. Schröder. Irgendetwas mit einem Falken. Ahhh... es heißt "Der Flug des Falken". Ich schlage das Buch auf und beginne zu lesen. Als ich auf der dritten Seite bin, merke ich jedoch, dass ich mich nicht konzentrieren kann. Ich lese den Absatz bestimmt schon zum fünften Mal, ohne dass ich irgendetwas vom Inhalt mitbekommen hätte. Ich seufze. Das hat keinen Zweck. Also gehe ich ins Bett. Zuviel Schlaf schadet nie.





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