Fernbeziehung

Autor: MusicJunkie91
veröffentlicht am: 09.01.2010




Traurig schaute ich dem Umzugswagen hinterher. In ihm saß er, er, mein bester Freund. Wie konnten seine Eltern mir so etwas antun? Das war nicht fair, es war einfach nicht fair!
Noch vor zwei Monaten schien mein Leben perfekt, ich hatte tolle Freunde, meine Eltern hatten nach ihrer Scheidung gemerkt, dass sie sich doch lieben. Und dann, an einem regnerischen Samstag, während einer kleinen Jamsession bei ihm, kamen seine Eltern in sein Zimmer und setzten sich auf sein Bett. 'Stefan, wir müssen mit dir reden.', sagten sie. 'Soll ich gehen?', fragte ich vorsichtig. Ich war erstaut, als sie den Kopf schüttelten. 'Nein, es dauert nicht lange. Du wärst noch nicht einmal zu Hause wenn er versuchen würde dich anzurufen.. Stefan.. wir werden nach Berlin ziehen.' 'Aha', sagte Stefan 'Und wo werde ich dann wohnen?' 'Du wirst mitkommen.' 'Und jetzt im Ernst, wo soll ich dann wohnen?!' 'Stefan.. In zwei Monaten ziehen wir um. Fang zeitig mit dem Packen an.' Mit diesen Worten verließen sie das Zimmer. Stefan und ich schauten uns einen Moment an, dann prusteten wir los. Als ob die uns auseinander reißen könnten! Eher würden wir beide sterben und das wussten sie genau.
Einen Monat später sahen wir dann, als seine Mutter begann zu packen, ein, dass es alles ernst gemeint war. Und Entsetzten machte sich breit. Nein, das taten sie uns nicht wirklich an!An all diese Momente dachte ich, als ich dem Wagen hinterher schaute. Er drehte sich noch nicht einmal um. Aber auch an die glücklichen Momente musste ich denken. Vor ein paar Nächten haben wir uns gemeinsam auf mein Dach gelegt und Sterne geschaut. Er hatte seine Gitarre dabei und hat ein paar Lieder mit seiner rauen Stimme angestimmt. Traurige Liebeslieder, in denen es darum ging, dass einer der Partner den anderen verlassen musste. Liebeslieder, weil es so Lieder nicht über Freunde gibt, die eine so innige Beziehung führen wie wir. Weil mehr als Freunde sind wir nicht - oder?! Bei diesem Gedanken erschrak ich. Sollte da etwa mehr zwischen uns sein als ich annahm? Schnell schüttelte ich den Kopf. Nie im Leben, nein. Er war mein Bruder, aber gewiss nicht meine große Liebe. Niemals. Das durfte nicht sein! Klar, er sah ganz gut aus und seine Stimme brachte mich jedes Mal aufs neue zu schmelzen aber ..

Immer noch entsetzt über diesen Gedanken, ging ich zu meiner besten Freundin, Sarah. Sie nahm mich zur Begrüßung fest in die Arme, das hatte sie noch nie getan. 'Mile.. Oh je, meine Süße, alles wird gut!' Meine Süße?! Ich befreite mich. Interessant.. jetzt war ich also ihre Süße? Das heißt, irgendetwas verheimlicht sie mir? Aber ich wollte es gar nicht wissen. Ich wollte weinen.
'Sarah! Ich kann nicht mehr.. ich.. ich vermisse ihn jetzt schon..' 'Oh, du, Mile, ich würde dir ja gerne helfen, aber was soll ich denn dazu sagen? Er vermisst dich sicherlich auch schon. Aber jetzt mal grad eine Frage: Hatten wir uns für heute verabredet? Wenn nicht dann muss ich dich jetzt leider rausschmeißen, ich habe eine andere Verabredung und bin ziemlich im Stress..'
Zwei Sekunden später stand ich auf der Straße. Was sollte das denn? Wollten mich jetzt alle verlassen? Eine letzte Person gab es aber noch. So rief ich Marcel, meinen anderen besten Freund an. Mailbox. Ich zuckte mit den Schultern und lief nach Hause. Dort legte ich mich auf mein Bett und schwelgte in Erinnerungen. Stefan kannte ich jetzt schon mein ganzes Leben, sechzehn Jahre also. Wir hatten gemeinsam soviel erlebt. Einmal zum Beispiel gingen unsere Eltern zusammen einkaufen, in einem Möbelgeschäft. Stefan und mir war das zu langweilig, also sind wir nebenan in ein Spielzeuggeschäft gegangen. Unsere Eltern haben das ganze Möbelhaus auf den Kopf gestellt, natürlich ohne uns zu finden . Ja, das war lustig. Später haben wir zwar Ärger bekommen, aber der Tag war wirklich schön. Wie als müssen wir damals gewesen sein? Fünf? Sechs? Wahrscheinlich. Vier Jahre später haben sich meine Eltern scheiden lassen und ich hab mich bei ihm versteckt, in der Hoffnung dass sie es sich bei der Suche nach mir anders überlegen. Aber dadurch haben sie nur noch mehr gestritten.Vor zwei Jahren, als ich vierzehn war und Stefan sechzehn hat er mir küssen beigebracht. Das war vielleicht eine Aktion, ich wollte es unbedingt lernen, weil ich die Einzige in meiner Klasse war die noch keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich hatte. Bis ich ihn überredet hatte..
Als ich gerade daran dacht durchfuhr es mich wie ein Blitz. War ich nicht damals schon in ihn verliebt gewesen und wollte deshalb meinen ersten Kuss unbedingt von ihm? Was, wenn diese Gefühle nie wieder verschwunden waren?
Nein! Das durfte nicht sein! Um mich abzulenken schnappte ich mir den Bass und spielte einen komplizierten Lauf. Aber ohne ihn machte das keinen Spaß, also drehte ich meine Lieblingsband ´Children of Bodom` voll auf. Während ich die Gedanken aus meinem Kopf weg headbangte klingelte mein Handy.

Fortsetzung folgt ..







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