Aus Abneigung kann Liebe werden - Teil 9

Autor: emma1990
veröffentlicht am: 02.06.2012


„Wieso so nachdenklich, Schätzchen?“
Scarlett schreckte aus ihren Gedanken auf. Ben starrte ihr entgegen, während er den Dienstplan auffaltete. Den ganzen Vormittag war sie schon schweigsam gewesen. Immer wieder schweifte sie mit ihren Gedanken ab. Sie fragte sich immer noch, warum sich Danny so merkwürdig ihr gegenüber verhielt. Alles daran erschien ihr so absurd.
„Scarlett? In welcher Welt bist du gerade??“, wieder versuchte Ben sie aus ihren Tagträumen zu wecken.
„Das willst du nicht wissen, glaub mir.“, rutschte es ihr heraus und bereute es sofort. Auf keinen Fall wollte sie dieses Thema bei ihrem Verlobten anschneiden. Zudem hatte er sich sowieso schon öfters abfällig über Danny geäußert. Ihm gefiel dieser Mann nicht. Er war ihm nicht geheuer. Außerdem hatte er schon das ein oder andere Mal mitbekommen, wie Danny seine Scarlett angestarrt hatte.
„Meinst du unser Team wird für den nächsten Kosovo-Einsatz eingeteilt?“, fragte Ben seine Freundin. Doch diese war schon wieder in Gedanken versunken.
„Was ist los mit dir?“
„Hm, nichts, was sollte denn mit mir sein?“. Scarlett lächelte Ben verlegen entgegen.
„Du bist in letzter Zeit ein wenig in dich gekehrt. Du schweigst viel und ich habe manchmal das Gefühl, dass du dich langsam von mir entfernst.“ Scarlett erschrak. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.
„Wenn dir die Sache mit der Verlobung zu schnell ging, dann musst du mir das sagen...“
„Nein, Ben, ich... es ist doch nichts... wie kommst du nur darauf?“, versuchte Scarlett sich zu erklären.
„Naja, ich kenne dich. Wir verbringen viel Zeit miteinander und es ist nun mal nicht zu übersehen, dass du dich verändert hast. Ich will dir doch nichts vorwerfen. Ich liebe dich. Über alles. Deswegen mache ich mir doch auch Sorgen.“, Ben nahm Scarletts Hand in seine.
Sie wusste nicht wieso, aber sie fühlte sich plötzlich schlecht. Als hätte sie etwas verbrochen.
„Tut mir leid Ben, ich bin heute einfach nicht gut drauf. Wärst du mir böse, wenn ich zu Katy gehe? Ich brauch gerade ein bisschen Ruhe, aber nicht von dir... wirklich nicht. Ich bin nur etwas müde. Von dem ganzen Training. Du verstehst das doch oder??“, Scarlett plagte schon jetzt das schlechte Gewissen.
„Natürlich verstehe ich das,... geh ruhig. Ich muss sowieso noch zum Ausdauer-Training, das wird einige Stunden in Anspruch nehmen.“, er lächelte ihr entgegen. Scarlett küsste ihn und machte sich auf den Weg zu Katy. Sie brauchte jetzt eine vertrauliche Person, mit der sie über die letzten Wochen reden konnte.


General Evans saß an seinem Schreibtisch und lehnte über einem Stapel Unterlagen. Er war gerade dabei die Truppeneinteilung für den nächsten Einsatz zu überfliegen und einige Abänderungen daran zu machen, als es an seiner Bürotür klopfte. Ohne aufzuschauen bat er seinen Besuch herein.
„Guten Morgen, General.“
„Setzen sie sich Daniel.“ Danny setzte sich auf den ihm angebotenen Stuhl, der auf der anderen Seite des Tisches stand.
„Was kann ich für sie tun?“
„Ich bin hier wegen eines persönlichen Anliegens“, sagte Danny beinahe zaghaft. Es fiel ihm schwer die folgenden Worte auszusprechen.
„Nun gut, um was für ein Anliegen geht es denn?“, fragte der General in einem strengen Ton.
„Es ist...Ich...ich bitte um eine Versetzung in ein anderes Truppenlager...“, es fiel ihm schwer den strengen Blick des Generals standzuhalten. Dieser lachte auf.
„Habe ich sie richtig verstanden? Sie bitten tatsächlich um eine Versetzung? Jetzt? Kurz vor den nächsten Einsätzen? Ich würde gern um die Beweggründe wissen. Ich höre, Daniel.“
„Es sind äußerst persönliche Gründe. Ich sehe mich zur Zeit nicht im Stande, meine Arbeit in vollkommenen Maße auszuführen.“, versuchte Danny sich zu erklären.
„Und diese Beweggründe. Was sind das für welche?“, hakte der General nach.
„Muss ich diese denn nennen, damit sie mich versetzen?“
„Nein keinesfalls, mich hätte es nur sehr interessiert, wieso einer meiner besten Männer den Schwanz einzieht und das kurz vor den Einsätzen. Ich bin wirklich sehr enttäuscht.“
„Es tut mit sehr leid, ich bitte um Entschuldigung. Es ist nur so, dass...“, noch bevor er aussprechen konnte, unterbrach ihn der General.
„Ganz egal, was für persönliche Gründe es haben mag, ich werde sie natürlich nicht versetzen. Nicht jetzt und ob ich es in den Monaten danach tun werde, weiß ich nicht. Ich gebe ungern ein so gut eingespieltes Team auf. Es tut mir für sie Leid, aber damit kann ich nicht dienen. Mit ihrem Eid haben sie geschworen, dass gerade so etwas niemals dem Wohle der Nation und des Teams zu schaden kommt. Und jetzt lassen sie mich meine Arbeit weiter machen. Einen schönen Tag wünsche ich ihnen.“, mit einer Handbewegung machte er Danny deutlich, dass er nun den Raum zu verlassen hatte. Für einen kurzen Moment wollte er Gegenworte erbringen, aber dann verließ er doch entmutigt das Büro.


Scarlett saß mit Katy und Sarah in der Kantine, sie tranken Kaffe und unterhielten sich angeregt.
„Ich muss mit euch reden...“, begann Scarlett. Die beiden Frauen unterbrachen ihr Gespräch und blickten Scarlett überrascht an. Katy war die erste, die ihre Worte wiederfand.
„Was ist los Liebes? Ist etwas passiert?“, sie blickte Scarlett besorgt an.
„Ich muss euch da mal einiges berichten. Ihr müsst mir unbedingt sagen, ob ich einfach nur übertreibe oder ob ich einen Grund habe, so verwirrt zu sein.“ Die beiden Freundinnen guckten erst sich und dann wieder Scarlett an. Scarlett begann ihre Gedanken preiszugeben. All die Dinge, die in den letzten Wochen passiert waren, brachen aus ihr heraus. Sie erzählte von Danny und dem Zusammentreffen am Gartenhaus, wie er versucht hatte sie zu küssen, wie er sich am Tag der Verlobung verhalten hatte, als die beiden alleine schwimmen waren, die Nacht, in der sie den Alptraum hatte und er zu ihr ins Zimmer gekommen war und vor allem, wie er darauf reagiert hatte, als sie ihm ihren Wunsch von einer Freundschaft geäußert hatte.
„Und... was meint ihr?“, beendete Scarlett ihren Vortrag. „ Was soll ich davon halten, was ist sein Problem?“.
„Das ist wirklich schwierig...“, begann Katy, da Sarah nur ins Leere starrte. „...ich würde mich wahrscheinlich genauso fühlen, genauso verwirrt sein. Ich meine es ist Danny. Ich kenne ihn schon ein paar Jahre und bisher gab es immer mal komische Phasen. Im Endeffekt hat er aber immer nur seine Spielchen mit den Frauen gespielt. Sie reingelegt und verletzt. Ich weiß nicht ob es sich lohnt, da etwas hineinzuinterpretieren, du bist verlobt. Ich glaube das wäre es nicht wert.“, beendete Katy ihren Gedanken.
„Das werde ich sowieso nicht tun. Ich empfinde ihm gegenüber doch auch nichts. Es verwirrt mich nur so sehr. Ich hätte es gern gewusst..., aber vielleicht sollte ich auch einfach aufhören darüber nachzudenken. Irgendwie fällt es mir nur so schwer...“, Scarlett senkte ihren Kopf und starrte ihre Kaffeetasse an.
„Er ist in dich verliebt...“.
Katy und Scarlett guckten Sarah entgeistert an.
„...wie...wie meinst du das?“
„Wie soll ich das meinen, es ist so, wie ich es sagte. Er ist in dich verliebt. Nicht nur ein bisschen, sondern wirklich schlimm verliebt.“
„Warum bist du dir da so sicher??“, übernahm Katy nun das Wort. Sarah sprach weiter und sah Scarlett dabei mit ernsten Blick an
„Nun, es ist ganz einfach. Er hat es mir gesagt.“
„Er hat es dir gesagt?“, fragte Katy.
„Ja, wir sind wirklich enge Freunde geworden. Wir haben in den letzten Wochen viel unternommen.
Es war nicht schwer zu übersehen, dass er wahrlich Gefühle für dich empfindet. Irgendwann habe ich ihn darauf angesprochen und er hat es mir erzählt. Das ist alles ziemlich hart für ihn. Zumal du und Ben euch mittlerweile verlobt habt. Du glaubst nicht, wie schlecht es ihm ging, als wir dieses Spektakel mitbekommen haben.“
„Oh Gott, der arme Kerl...“, sprach Katy aus, was alle drei dachten.
„Er ist in mich verliebt?? Wieso ist er in mich verliebt? Ich kann das nicht fassen. Ich hatte etwas ganz anderes vermutet, dass er mich ins Bett kriegen will, mehr nicht. Aber nicht das. Oh nein... das verändert alles. Einfach alles.“
„Ich glaube er war noch nie verliebt. Vor allem nicht so extrem, wie in dich.“, sagte Sarah.
„Sag das nicht, hör bitte auf...ich darf das nicht hören.“, Scarletts Augen wurden feucht.
„Wieso denn nicht?Du musst kein Mitleid haben. Du kannst doch nichts dafür. Er wird sich damit abfinden müssen. So ist das nun mal im Leben.“
„Aber,so einfach ist das nicht. Diese ganzen Dinge, die mir mit ihm passiert sind. Er geht mir doch seit dem nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe Angst.“,sprach Scarlett zu den beiden.
„Wovor hast du Angst?“
„Dass ich auch etwas für ihn empfinden könnte...“, Scarlett glaubte kaum, was sie da gerade gesagt hatte, aber es war nicht zu leugnen. Sie wollte einfach nur noch weinen. Vor Verzweiflung, aber noch ein anderes Gefühl machte sich in ihrem Bauch bemerkbar. Und dieses fühlte sich nicht schlimm, sondern gut an.

Ein lauter Knall riss Scarlett aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um und erschrak.





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