SILBERNE FÜHRUNG

Autor: Kimberly B.
veröffentlicht am: 21.08.2009




1. Kapitel - Der Anfang

Es duftete herrlich nach Tulpen, Rosen und anderen Blumenarten, die auf der Wiese wuchsen. Sie beruhigten mich, wenn ich mal eine kleine Pause brauchte. Mein blondes Haar schob ich mit meinem silbernen Diadem zurück, denn es rutschte mir die ganze Zeit wieder runter. Meinen Kopf legte ich in die Blumen hinein und seufzte zufrieden. Doch ehe ich mich nach Entspannung sehnte, lief meine Freundin Karin zu mir und rief: 'Sharon, ich habe dich überall gesucht, musst du immer weglaufen.'
Sie war aus der Puste, ihr Keuchen konnte man schon von weitem hören.
'Was gibt's denn?', murmelte ich und legte mich auf die Seite.
'Deine Brüder Florian und Samuel sind von ihrer langen Reise zurück.', keuchte sie immer noch.
'Meine Brüder?', rief ich und stand schnell auf. An Karin lief ich vorbei und hob mein Kleid etwas an, damit ich nicht stolperte. Das ist toll. Meine Brüder habe ich über ein Jahr lang nicht mehr gesehen, ob sie sich verändert haben? Der Älteste heißt Florian, er ist der Burgherr von Hildyen, unserer Stadt. Vor fünf Jahren starb mein Vater und Florian musste seinen Platz mit fünfundzwanzig Jahren einnehmen. Damals war ich zu tiefst geschockt. Doch mittlerweile bin ich ja schon achtzehn Jahre alt und volljährig. Mein anderer Bruder Samuel ist zweiundzwanzig und ist meines Bruders rechte Hand.
Ich befand mich im Moment hinter der Burg, das heißt, dort rannte ich in einen kleinen Innenhof durch die Tür, die zur Burg führte. Im großen Saal, wo wir speisten und Versammlungen statt fanden, riss ich die Tür auf. Mein Bruder Florian sah ich zuerst er stützte sich mit den Händen am Tisch ab und schaute auf eine Schriftrolle. Er hatte sich kein bisschen verändert. Seine kurzen brauchen Haare und den kleinen Bart um den Mund hatte er immer noch. Samuel stand neben ihm und schaute schnell zu mir rüber. Auch er hatte sich fast nicht verändert, nur sein blondes Haar war etwas länger als Florian seins.
'Nein, das gibt's ja nicht. Sharon, meine kleine Schwester.', rief er und Florian lächelte zu mir rüber.
Ich sprang Samuel in den Arm und drückte ihn ganz feste.
'Mein Gott, du wirst von Jahr zu Jahr schöner, Sharon.', sagte Florian mit Freude. Auch ihn nahm ich in den Arm und wollte ihn am liebsten nicht loslassen.
'Hast du uns vermisst?', fragte er, als ich ihn losließ.
'Ja, sicher.', lächelte ich.
'Hast du auch deine Pflichten gemacht.'
Mein Kopf zog sich zurück und ich blieb still.
'Sharon, das Thema hatten wir doch schon.', meckerte Samuel.
'Ja, ich weiß, aber darauf hatte ich nun mal keine Lust.', murmelte ich.
'Du weißt doch wie wichtig das ist. Wir waren jetzt ein ganzes Jahr lang weg und wir haben und auf dich verlassen.'
'Ach, macht euch mal da keine Sorgen. Karin hat das alles für mich gemacht, ich bin ständig davor weggelaufen.', lächelte ich wieder und Florians Lächeln verging.
'Ach, Sharon. Immer muss das alles Karin für dich machen, du wirst nie selbstständig. Hast du dich überhaupt mal bedankt?', meckerte Florin und zog seine Augenbrauen zusammen.'Also, ja schon. Können wir mal von was anderem reden? Ich meine ihr habt mir doch was mitgebracht, oder?', fragte ich aufgeregt und schaute an Samuel vorbei, ob da irgendetwas lag. Aber der Boden war leer, fast so wie der Saal hier.
'Ja, aber die Sachen liegen alle unten, ein paar Diener bringen sie gerade rein. Sharon, wir haben dir ein wunderschönes Kleid mitgebracht, aus dieser Stadt.', lächelte wieder Florian.'Toll, wo ist es?', fragte ich aufgeregt.
'Ein Diener müsste es gerade in dein Zimmer bringen.'
'Ich geh gleich gucken, okay?'
'Ja, mach ruhig, wir haben hier sowieso zu tun.', rief Samuel mir noch nach, doch da war ich schon aus der Tür draußen, die rauf zu meinem Zimmer führte. Eifrig stieg ich die Treppen hoch und hob mein gelbes Kleid ein wenig an, damit ich nicht falle. Oben kam ich an und auf dem großen Bett lag ein wunderschönes weißes Kleid. Es war mit vielen Spitzen verziert und an der Brust war ein weißes Garn Band das durch gefädelt wurde. Es war langärmlig und dazu bekam ich auch noch weiße Stöckelschuhe. Da viel mir gerade ein das ich mich dafür gar nicht bedankt habe. Das war aber gemein von mir. Ich vergesse solche wichtigen Dinge immer. Also, lief ich aus der Tür und rannte runter zu meinen Brüdern, doch sie waren nicht mehr im Saal. Wo sind sie jetzt schon wieder? Gerade kam dann Karin durch eine andere Tür rein und blickte mich an.
'Ach, Sharon. Hast du schon deine Brüder gesehen?', fragte sie und kam auf mich zu.'Ja, doch ich suche sie gerade wieder.', kicherte ich leise.
'Nun, wenn du sie gesehen hast, richte ihnen aus, das der Gärtner die Blumen gießen muss und der große Baum muss behandelt werden. Ach ja und unten soll sich jemand um die Tiere kümmern.', rief sie und drehte sich wieder weg, um zum Hof zu gehen.
'Danke.', rief ich.
Sie blieb schockiert stehen und drehte sich langsam um. Ihre Augen waren weit offen und ihre kurzen schwarzen Haare fielen nach vorn.
'Hast du da grad Danke gesagt?', fragte sie entgeistert.
Ich lächelte ihr zu. Sie musste lachen und öffnete die Tür.
'Das freut mich das du so schnell lernst.', sagte sie noch mit viel Freude und ging.
'Ich weiß.', murmelte ich stolz.
Hmmm, doch wo sind meine Brüder bloß hingegangen?
Auf der andreren Seite des Raumes gab es eine Tür die runter zur Halle. Vielleicht sind sie dort runtergegangen, um die restlichen Sachen zu holen. Eifrig stieg ich die Treppen hinter der Tür runter und landete unten im riesigen Saal.
Tatsächlich stand dort nur einer meiner Brüder, Florian.
'Florian!', rief ich.
Er drehte sich um und schaute zu mir. Mit offenen Armen lief ich ihm entgegen und dann drückte ich ihn feste.
'Danke, für das tolle Geschenk.'
'Hab ich doch gern gemacht.', lächelte er.
Plötzlich zuckte er zusammen und faste sich an seinen Arm.
'Was hast du?', fragte ich besorgt und schob seinen Ärmel hoch. Am Unterarm hatte er eine lange tiefe Wunde.
'Was ist passiert?', fragte ich und war kurz vorm Durchdrehen. Diese Wunde war richtig übel. Es sah so aus, als hätte ein gefährliches Tier ihn gekratzt.
'Das ist gar nichts.', erwiderte er und wollte den Ärmel wieder runterziehen. Doch ich drückte ihn wieder nach oben und legte meine Hand auf die Wunde.
'Was machst du da Sharon?', fragte er trotzig und schaute zu mir. Doch ich konzentrierte mich nur auf die Wunde. Ich habe eine besondere Fähigkeit, die nicht einmal meine Brüder kennen. Sobald ich eine Wunde oder eine bedeutsame Sache anfasse, erscheint mir im Kopf alles was darum passiert ist. Das heißt dadurch kann ich sehen wie diese Wunde zu Stande gekommen ist. Meine Mutter konnte früher heilen. Das das meine Brüder nicht können liegt wohl daran, das sie Männer sind und ich eine Frau. Mit vier Jahren brachte mir meine Mutter das heilen bei und als sie nach fünf Jahren starb machte ich jede Bewegung und Übungen immer wieder nach. Jetzt kann ich es so gut, das das für mich ein Kinderspiel ist Menschen zu heilen.
Schon spielte sich alles in meinem Kopf ab. Es war dunkel und sie waren im Wald. Florian saß auf seinem Pferd und Samuels Stimme konnte man auch hören. Doch dann blieben sie stehen, weil Florian dachte er hätte etwas gehört. Schnell sprang auch aus einem Busch ein Wolf und kratzte Florian am Arm. Er schrie vor Schmerzen, doch Samuel zog einen Pfeil raus und schoss mit dem Bogen auf den Wolf ein. Der wollte sich noch retten, aber nach ein paar Metern kippte er um. Da war auch schon die Vision weg.
Da ging ganz langsam die Wunde zu und die Kruste löste sich auf. Daraus wurde dann wieder normale Haut.
Florian staunte. Er konnte einfach nichts mehr sagen, ihm fielen die Worte.
'Na, hat es dir die Sprache verschlagen, wie sagt man?', lächelte ich und zeigte keine Erschöpfung der Bemühungen dafür.
Immer noch blieb er still und starrte auf seine geheilte Stelle.
'Sharon, du hast die gleiche Gabe wie Mutter.', stammelte er ein wenig.
'Ja, schon lang. Mit vier Jahren hatte ich damit angefangen es zu lernen.', lächelte ich.
'Das ist ein Wunder, nein, ein Segen.'
Da kam auch grad Samuel aus der Küche die hinten vom Saal war.
'Was steht ihr hier so wie angewurzelt rum?', fragte er und schaute zu mir.
'Samuel.', rief ich.
'Ach ja, danke meine Brüder für die tollen Geschenke. Und natürlich für das bezaubernde Kleid. Die Sachen sind einfach großartig.'
Als Samuel neben mir stand, verfolgte er Florians Blick und starrte ebenfalls auf die geheilte Haut.
'Wo ist deine Wunde?', fragte er entgeistert.
'Die ist geheilt.', lächelte ich wieder.
'Wer war das?', fragte Samuel.
Doch Florian zog seinen Ärmel wieder runter und fasste an meine Schulter.
'Ich bin stolz auf dich, Sharon. Ich danke dir.', murmelte er.
Ab dem Moment war ich glücklich. Zum ersten Mal sind meine Brüder von mir begeistert. Sonst war ich für sie keine große Hilfe. Alles was ich bisher konnte war auf mich selber aufzupassen und keine Dummheiten an zu stellen. Es stärkte sogar mein Selbstvertrauen das zu hören.
'Das du die Erbin von Mutters können hattest, wusste ich gar nicht. Warum hast du uns nie was davon erzählt?', fragte Florian und starrte mich ernst an.
'Nun. Eigentlich weiß ich es nicht. Wenn ihr Verletzungen oder schwere Wunden hattet, hat Mutter euch immer geheilt. Ich wurde danach nie gefragt. Außerdem hatte Mutter gesagt, nur wenn es nötig ist, denn es kostet auch Energie.', erläuterte ich ihnen.'Jetzt wissen wir es ja und dann kommen wir ganz bestimmt zu dir.', sprach Samuel und ging, durch eine kleine Tür auf der rechten Seite des Raumes, nach draußen.
'Sharon, da ich und dein Bruder wieder da sind, kannst du heute schauen wie du dich beschäftigst. Reite doch mit Karin aus. Sie wird sich bestimmt freuen mal wieder etwas anderes zu machen außer in der Burg die ganze Zeit zu sitzen.', lächelte er mich an und verschwand nach oben in sein Schlafgemach.
Doch wo ist sie? Karin saß sonst immer in ihrem Gemach oder unten im Hof und redete mit dem Bauer. Schnell huschte ich durch die Tür, lief die kleine Treppe runter zum Hof.'Karin! Karin, wo bist du?', rief ich.
Von hinten packte mich jemand an den Schultern und ich zuckte kurz zusammen, doch dann hörte ich ihre Stimme.
'Ja, euer Hoheit?', fragte sie.
'Ach ich hatte dich gesucht, Karin. Und bitte nenn mich nicht immer Hoheit, du sollst das doch nicht machen, ich bin deine Freundin und du nennst mich Sharon.'
Sie nickte und ihre Haare vielen ihr ein wenig ins Gesicht.
'Ich weiß Sharon. Nur zu deinen Brüdern muss ich immer so höflich sein, deswegen nenn ich dich auch immer Hoheit. Doch was wollest du von mir Sharon?', fragte sie.
'Nun, meine Brüder haben mir erlaubt mich zu beschäftigen, deswegen wollte ich das nicht allein tun. Würdest du mich zum Reiten begleiten, Karin?'
Ihr Gesicht blickte zu mir. Sie musste ihn ein wenig ins Genick werfen, da ich ein wenig größer als sie bin. Ihre goldenen Augen funkelten mich an. In der Sonne erhellte ihre blasse Haut.
'Ach Sharon. Ich würde natürlich sehr gerne gehen. Doch, der Bauer ist komischerweise etwas krank ich muss einen neuen finden. Die Tiere dürfen nicht erkranken.'
'Heute morgen war er doch noch da.', fiel mir auf.
'Ja, doch ihm ging´s schon den ganzen morgen nicht gut.'
'Also gut, dann schnappen wir uns zwei Pferde reiten in die Stadt und fragen nach einem freien Bauer.'
'Ich weiß nicht so recht, wir…', stoppte sie, weil ich Karin am Arm packte und mit nach oben rannte.
Einem Diener sagte ich bescheid, dass er die Pferde satteln und bereit machen soll. Der lief dann schnell runter zum Hof.
'Wir werden uns jetzt fertig machen und ich will kein nein hören, Karin.', entschied ich.Nach einer Weile kamen wir beide gleichzeitig aus unseren Gemächern und standen uns gegenüber vom Saal.
'Bereit?', fragte ich und meine Stimme schallerte durch den ganzen Raum.
'Sicher.', erklang es zurück.
Unten im Hof wartete der Diener mit den zwei Pferden. Mein Pferd war weiß und ich ritt immer auf ihr. Sie war eine Stute und einmal hatte ich sie auf den Namen Lilli getauft.Karin ritt immer ein braunes Pferd, das einmal meiner Mutter gehörten sollte. Es war damals noch ein kleines Fohlen, doch jetzt ist es groß und schon neun Jahre alt.
Mein Pferd ist noch nicht so alt, erst sechs Jahre oder so. Damals war es auch noch ein kleines Fohlen, als ich es zum ersten Mal erblickte.
Karin und ich stiegen auf und ritten durch das Tor, das den Hof und den Wald trennte. Das Gatter wurde hochgezogen und als wir durch war zog es sich wieder zu. Im Wald war eine herrliche Luft und ich genoss richtig diesen freien Moment. Ein ganzes Jahr wurde ich in der Burg festgehalten und keiner ließ mich raus. Karin meinte es wäre zu gefährlich. Da dann noch meine Brüder nicht da waren und auf mich kein Auge werfen konnten war sie sogar verpflichtet mich in der Burg für ein Jahr zu lassen. Karin wusste dass mir nichts passieren würde und auch sie war die einzige die mich am Besten kannte.
'Sag mal Sharon, was ist dein innerster Wunsch?', fragte mich Karin.
'Naja, ich würde einmal gerne die Welt erkunden. Ein Abenteuer erleben, das ich nie in meinem Leben vergessen werde. Verstehst du? Diese Spannung und Abenteuerlust hätte ich gerne.'
'Ja, ich kann dich gut verstehen. Nun, in meinem Leben habe ich schon viel durch machen müssen, doch das war nicht so atemberaubend wie du es dir wünscht. Ganz bestimmt wird einmal in deinem Leben so etwas passieren. Denn ich glaub an Wünsche und fast jeder ist bei mir in Erfüllung gegangen.'
Ihr Augen funkelten plötzlich, als die Sonne ihr einen Augenblick ins Gesicht fiel. Sie träumte etwas, das sie wahrscheinlich nie ergreifen wird. Doch mich interessierte auch besonders was sie sich wünschte.
'Karin, was wünscht du dir?', fragte ich und blickte zu ihr rüber.
Ihr Kopf senkte sich und jetzt konnte ich ihr wunderschönes Gesicht nicht mehr sehen, da ihre Haare nach vorne fielen.
'Ich möchte heiraten.', gab sie mir leise eine Antwort.
'Das kann man sich doch erfüllen.', sprach ich sicher.
'Ja, doch ich will den Richtigen. Mir ist es egal ob er ein Bauer oder ein Prinz ist. Ich will ihn so haben wie er für mich empfindet. So werde ich auch ihn empfinden. Du hast bestimmt noch nie geliebt. All die Jahre die ich dich beobachtet habe, hast du die Pflanzen, die Tiere, deine Eltern, deine Brüder, einfach jeden geliebt, doch eher wie einen Freund. Liebe ist etwas Schönes, Sharon. Ich habe schon oft geliebt und wurde doch immer wieder hart getroffen.'Es klang so als wolle sie mir gleich ihr schlimmstes Erlebnis erzählen. An ihrer Wange kullerte eine Träne hinunter und sie wusch sich die auch gleich wieder weg. Schon beim Zusehen konnte ich mir denken was sie erlebt haben musste.
'Naja, aber heiraten doch eher weniger, oder?', murmelte ich.
'Das stimmt nicht Sharon. Man kann auf verschiedene Weise heiraten. Etwas aus Pflichtaufgaben oder der Liebe. Ich wollte einmal heiraten, da es mir befohlen wurde von meiner Mutter aus, es sei die Pflicht. Doch eins kann ich dir sagen, beides ist wichtig. Wenn du für dein Land da sein willst Sharon musst du dich deinen Aufgaben stellen auch wenn du es nicht willst. Stell dich deiner Sache und gehe es an. Dann werden die auch viele Leute akzeptieren.'
Wahrscheinich hat sie sogar recht. Denn meine Brüder schimpfen immer mit mir, wenn ich meinen Pflichten nicht nach gehe. Manchmal ist es echt anstrengend ein Burgfräulein zu sein, doch auch ziemlich toll.
Na einiger Zeit ritten wir hoch an eine Spitze, wo man von dort aus die ganze Burg erblicken kann. Die Sonne ging hinter ihr unter und sie strahle zu mir rüber. Dieser Ausblick war herrlich.
'Hierher komme ich immer wenn ich Sorgen oder Kummer habe.', erläuterte mir Karin.'Reiten wir nun zur Stadt?', fragte sie und blickte mich mit einem breiten Grinsen an.'Alles klar.'
In der Stadt fanden wir jemanden der Arbeit suchte und es war glücklicherweise ein Bauer. Wir sagten ihm, morgen solle er in die Burg kommen und hinten im Hof die Tiere verpflegen. Gerade als wir aus der Stadt raus ritten wollten, zupfte Karin an meinem Ärmeln.
'Was ist?', fragte ich sie.
'Sollen wir mal ein zusammen einen Trinken gehen? Ich meine wenn wir schon in der Stadt sind, dann können wir auch mal etwas plaudern. Nicht auf dem Pferd sondern hier in der Kneipe.'
Zuerst schluckte ich einmal, weil das ganze mir nicht gefiel. Karin musste das schon oft gemacht haben. Aber ich bin ein Burgfräulein und was machte die dann in einer Bar mit Säufern und anderen Männern, die nichts Besseres zu tun haben, als hübsche Frauen anzuschauen.
Ich nickte bedenklich.
Die Pferde banden wir hinter dem Haus fest, dort konnte es keiner finden, abseilen und damit wegreiten.
Drinnen wagte ich mich fast keinen Schritt mehr weiter, denn keiner hatte zuvor ein Burgfräulein in einer Bar gesehen. Sie starrten mich alle an, manche robust oder doppelsinnig an.
Das machte mir Angst. Diese schmutzigen und armen Menschen die da saßen und nichts Besseres zu tun hätten sich in einer Bar den Alkohol rein zu pumpen.
An der Bar saßen wir uns auf den Hocker und ich blickte dem Mann der vor mir stand in die Augen.
'Sie ist hier nicht willkommen.', brummte der kräftige Kerl und spuckte dabei in ein Bierglas, um es dann mit einem dreckigen Tuch sauber zu machen.
'Doch, das ist sie.', lächelte Karin und legte den Arm auf die Bar und schaute im dann ernst in die Augen.
'Hmpf! Was wünschen sich den die Damen.', murrte er wieder und schnappte sich schon mal zwei Gläser, die neben ihm standen.
'Das beste was du hast.'
Er schnappte sich eine Flasche die hinter ihm in einem Regal stand. Darin war rot orangenes Zeug drinnen. Ich hielt das nicht für eine gute Idee, aber wieso sollte ich Karin enttäuschen, sie musste schon so vieles durchmachen.
Besonders, weil sie meine Arbeit machen muss, nur wenn ich keine Lust dazu habe.
Als beide Gläser vor uns standen drehte der Kerl sich wieder um und polierte wieder das für immer bleibende dreckige Glas.
Karin zögerte überhaupt nicht und schluckte das alles gleich runter. Bei mir dauerte es eher länger, denn ich hatte Angst das Glas zu trinken. Es ist zwar nicht verboten, dass ich mal Alkohol trinke, aber was passiert wenn ich das nicht vertrage. Ich bin ein Burgfräulein und keine Trinkerin. Wenn es nur einmal in meinem Leben ist, das ich ein unbekanntes Getränk trinke, dann tue ich es für mich, als Erinnerung, es nie wieder zu tun.
Karin schaute mich entgeistert an.
'Was ist? Nun trink schon, das Zeug ist ungiftig, glaub mir.', lächelte sie.
Meine Hände zitterten. Langsam begann ich meine Hand zum Glas zu bewegen. Es war genau so dreckig wie alle anderen Gläser, aber das war hier ja nicht ungewöhnlich. Zu Hause trinke ich an alkoholischen Sachen Wein oder anderes Zeug. Aber etwas das eine andere Farbe hat und für mich total unbekannt ist, machte mir Schwierigkeiten es zu probieren.
Kurz atmete ich tief durch und hob das Glas an. Ich schob es in mich rein und der Geschmack war süßlich, fast schon auch säuerlich und hatte den Geschmack von Äpfeln und Trauben.Eigentlich hatte es verdammt ekelhaft geschmeckt. Es war widerwärtig. Das jemanden so was schmecken kann.
Karin bezahlte das Getränk und ich ging zügig aus der Bar. Sie musste mir hinterher rennen.'Sharon, was ist los?', fragte sie besorgt.
'Das Zeug war furchtbar. Den Geschmack wird ich nie los.', nörgelte ich.
Sie verschwand mit mir hinter dem Garten und wir stiegen auf unsere Pferde. Gemütlich ritten wir nach Hause und schon war ein ganzer Tag verflogen. Bei dem ich wieder was gelernt habe. Ein Burgfräulein sollte niemals ein unbekanntes alkoholisches Getränk trinken, wo die Gläser noch dreckiger sind als die Menschen dort selbst.
In der Burg kam mir Florian entgegen und Karin ging hoch in ihr Gemach.
'Florian.', lächelte ich.
'Sharon. Ich muss mit dir reden.', murmelte er, nahm mich bei der Hand und führte mich zum Stuhl.
'Du kennst doch sicher noch den Herzog Karl von Gutberg oder?', fragte er.
Natürlich kannte ich ihn. Er war ein guter Freund meiner Eltern. Seit Jahren haben wir nichts mehr von ihm gehört. Er sei wie verschwunden gewesen. Das letzte Mal als ich ihn sah, war er ziemlich kräftig und hatte immer einen goldenen Stock dabei. Damit stützte er sich ab. Seine Haare waren etwas lang und lockig, das Gesicht kam mir immer mürrisch und muffig vor.
Ich nickte zu ihm.
'So, es hat sich da so etwas breit gemacht. Da du jetzt achtzehn bist. Eine reife Frau, will er dich wieder besuchen kommen, doch bis jetzt hat sich kein Bote bei uns gemeldet. Doch ich hab von einem Gerücht gehört, das er dich sogar heiraten will.'
Mir stockte der Atem. Der Herzog möchte mich zur Frau. Das geht nicht, ausgeschlossen. Zuerst ein Freund und jetzt schon ein Teil der Familie? Warum?
'Das könnte uns zu gute kommen. Denn der Herzog ist reich, sehr reich sogar und sein Land und unser Land, wenn es vereinigt ist, dann haben wir mehr macht, mehr Reichtum.', erläuterte mir Florian.
Jetzt kam mir das Gespräch mit Karin in den Sinn. Das man heiraten kann auf verschiedene zwei Arten, der Pflicht und der Liebe. Das was ich tun muss, war wohl die Pflicht eines Burgfräuleins.









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