Atlantis schöner Wächter

Autor: Aphrodite
veröffentlicht am: 27.09.2009




'Baribo! Warte kurz, bitte.', bat Nick, der dem groß gewachsenen Muskelpaket gefolgt war. Dieser drehte sich um und sah zu Nick herab. 'Was willst du?''Ich möchte mich entschuldigen. Ich wollte wirklich nicht, dass Soyu mit leeren Händen zurückkommt.'
Sie standen am Meer. Der Wind sorgte für die nötige Frische um diese heiße Luft aushalten zu können. Nick fiel auf, dass Baribo ein Muster am rechten Oberarm hatte. Es sah aus wie die Silhouette eines Wolfes, doch verlaufend in geschwungenen Wellen. 'Es war Soyus erste erfolglose Jagd, weißt du das eigentlich? Aber darum geht es gar nicht. Du bringst Soyu in Lebensgefahr, ist dir das bewusst?'
Die Worte trafen Nick wie ein Schlag ins Gesicht. Wie brachte er sie in Gefahr? Das war nie seine Absicht gewesen.
'Wie? Sie wurde begnadigt.'
'Sie hat Schmerzen, Nick.', Baribo sah auf das blaue, glitzernde Wasser.
'Ja, Kopfschmerzen, ist mir aufgefallen. Doch…wieso? Ich? Hat es etwas mit ihrem Anhänger zu tun? Er ändert ab und an die Farbe.'
'Ich weiß nichts, über deine Welt. Das Wissen ist nur dem Ruxus erlaubt, doch ich weiß eines: Ihr seid anders, du wirst sie nie verstehen. Wir sind in dem Sinne keine Menschen, wie ihr sie kennt.', beantwortete er gar nicht Nicks Frage, sondern beförderte ihn in noch größere Verwirrung.
Er lief auf den Ozean zu. Nick tat ihm jeden Schritt gleich, um die Entfernung zu ihm nicht vergrößern zu lassen. Baribo sprach für ihn wahre Rätsel. Nicht gleich? Ja, das war wahr. Wenn nur Yukka über die Welt bescheid wusste, hieß es, dass die Menschen hier wirklich so primitiv wie Ureinwohner waren.
Baribo war mittlerweile bis zur Hüfte im kalten Salz, bis er endlich wieder stehen blieb. 'Sag mir, was ich mit ihren Schmerzen zu tun habe.', flehte Nick verzweifelt, 'wenn ich wirklich daran Schuld bin, dann zeig mir das Tor zurück in meine Welt!', bettelte er weiter.
'Ich kenne es nicht.', gab er zu und sprang komplett ins Wasser. Er tauchte unter. Seine Schwimmtechnik war genau wie die eines Delphines. Nur das Äußere trennte sie voneinander. Nick sprang ebenfalls hinein und schwamm ihm hinterher. Baribo hatte eine unglaubliche Geschwindigkeit. Das Salz brannte in Nicks Augen, doch er zwang sich, sie aufzubehalten, um Soyus Bruder nicht aus den Augen zu verlieren, doch es brachte nichts. Der Abstand zu Baribo wurde immer größer. Als ihm die Luft so weit ausgegangen war, dass ihm ein erstickendes Gefühl überkam, tauchte er wieder an die Oberfläche und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Baribo war immer noch nicht aufgetaucht. Wie viel Luft hatte dieser Mann?! Nick atmete so viel ein, wie seine Lunge transportieren konnte und tauchte erneut unter. Er hatte Baribo verloren. Suchend schwamm er weiter. Eine bunte Wasserwelt bot sich ihm. Rote und grüne Algen wiegten im Wellengang. Fische in allen Farbkombinationen bewohnten diese kunterbunte Landschaft. Nick tauchte erneut auf. Er war mittlerweile so weit raus geschwommen, dass der Boden durch einmal Luftholen nicht mehr zu erreichen war. Doch von Baribo war immer noch keine Spur. Wie konnte er nur so schnell sein? Nick war für gewöhnlich ein sehr guter Schwimmer. Noch nie hatte jemand ihn so abhängen können. Er tauchte ein weiteres Mal unter und suchte die Umgebung ab. Da! Baribo schwamm ganz unten am Meeresgrund und sammelte irgendwelche Meeresfrüchte ein. Er war noch nicht ein Mal aufgetaucht oder? Nick holte noch einmal an der Oberfläche Luft und startete mit unglaublichem Elan einen Tauchgang. Seine Augen konnten ihm nur noch ein schleierhaftes Bild liefern. Sie brannten ungeheuerlich. Unfassbar, wie dieser Mann doch schwimmen konnte! Nick hatte dreiviertel des Weges geschafft, da ging ihm die Luft wieder aus und er kämpfte sich strampelnd nach oben. Er drohte ohnmächtig zu werden, hielt sich jedoch wach und atmete erleichtert die frische Luft ein, als er wieder oben war. Baribo war immer noch dort unten. Es gab keinen Zweifel! Das war unmöglich! Nick hielt sich durch gleichmäßige Beinarbeit an der Oberfläche und erholte sich langsam wieder.Plötzlich tauchte Baribo direkt vor ihm auf. 'Wie hast du das gemacht?', fragte Nick staunend. Er lächelte ihn siegerisch an und tauchte wieder unter, um zurück zum Strand zu schwimmen. Nick tat es ihm gleich, doch dieses Mal brustschwimmend. Als er erst einen kleinen Teil des Weges geschafft hatte, stieg Baribo schon aus dem Wasser mit seiner frisch gesuchten Beute. Doch zu Nicks Glück wartete er am Strand. Nick kam nun endlich auch heraus und war nur noch in der Lage einen fragenden Blick auszusenden. 'Ich hoffe, du hast es verstanden, wir sind keine Menschen. Wir sind Atlanten.', sagte er und warf Nick einen Teil der Meeresfrüchte zu.
'Könnt ihr das alle? Auch Soyu?', fragte Nick, während er locker auffing, was auf ihn zukam.'Ja, das können hier alle und du solltest es auch schleunigst lernen, wenn du wirklich aufgenommen werden willst.'
'Wie soll ich das machen? Ich meine, das ist unmenschlich! Dafür ist der menschliche Körper gar nicht ausgelegt.'
'Dann verstehen wir uns ja endlich.', sagte er gehässig und lief auf die Palmen zu, um wieder zurück ins Dorf zu gelangen. Atlanten sind Fischmenschen, schlussfolgerte Nick. Oder irgendetwas anderes, doch Menschen waren sie in der Tat nicht. Nick sah Soyu vor seinem inneren Auge. Diese wunderschöne Frau kein Mensch? Trauer machte sich breit. Das würde jedoch auch erklären, wie sie es geschafft hatte, Nick und Joy zu retten. Es war für sie eines ihrer leichtesten Übungen gewesen. Nun gut! Gleich morgen Früh würde er den Ältesten suchen. Ganz alleine, ohne Hilfe, um endlich Antwort auf seine Fragen zu bekommen. Er war fest entschlossen und unglaublich sicher, dass er es schaffen würde.
Völlig Gefühlsüberladen ging er zurück ins Dorf. Totenstille herrschte dort. Die Menschen hatten all ihre Tätigkeiten unterbrochen und Jung und Alt beobachteten, wie Ruxus Yukka Soyus Bungalow betrat. Nick ging ebenfalls dahin und verschwand nach kurzer Überlegung auch hinter dem Vorhang. Soyu und Joy hatten sich anscheinend über etwas ernstes oder auch trauriges unterhalten, denn sie machten beide einen überraschten Gesichtsausdruck und Joy hatte sogar Tränen in den Augen, was wirklich gar nicht so oft vorkam. Neid staute sich in ihm auf. Bestimmt hatte Soyu ihr etwas erzählt, was sie vor ihm noch nicht geäußert hatte. Echt bewundernswert, wie Joy hier die Sympathie aller gewann. Kontrastprogramm zu ihrer Heimatstadt. Sogar der König der Insel hatte sich zum Fußvolk herabgelassen, um sie zu sehen.
'Ich bin wirklich enttäuscht, dass du mich einfach so, ohne ein Wort zu sagen, verlassen hast, Jura.', fing er an.
'Ich bin nicht dein Eigentum und ich hab keine Lust in deinem dreckigen Steinklumpen zu verrotten. Da schlaf ich doch lieber hier bei Soyu in einem winzigen Bungalow.', erzählte Joy, wodurch bei Nick der Groschen gefallen war. Yukka musste sie enttäuscht oder verletzt haben, wodurch sie abgehauen war. Dann war aber auch die Möglichkeit, dass Joy Soyu alles erzählt hatte, von ihrer Vergangenheit und so, und Joy sich an Gedenken an ihre Vergangenheit selbst traurig gemacht hatte. Diese Möglichkeit war Nick um einiges lieber.'Ich bin extra hierher gekommen, um dich zu holen.', sagte der König. 'Du hast dich tragen lassen, also tu nicht so feierlich. Das ist doch kein Opfer.', feixte Joy wütend.'Soyu, hast du so was schon mal erlebt? Wie sie mit mir redet ist unfassbar oder?'
Soyu lächelte Joy zu. 'Joy eben was Besonderes sein.'
'Da hast du auch wieder Recht.', Yukka ging auf Joy zu, die mittlerweile vor Erregung aufgestanden war, 'es tut mir wirklich sehr Leid, Joy.'
Für Joy hörte es sich irgendwie ganz merkwürdig an, wenn er sie bei ihrem Namen nannte. 'Er sich nie entschuldigen.', stellte Soyu fest und zwinkerte ihrer neuen Freundin zu.Joy drehte sich jedoch weg: 'Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Wenn Nick endlich eine Möglichkeit gefunden hat, werden wir von hier verschwinden.'
Ruxus Yukka machte einen weiteren Schritt auf sie zu: 'Nein.'
'Doch', Joy hatte die Arme verschränkt und starrte stur auf die Bambuswände. Plötzlich spürte sie Hände an ihren Schultern: 'Nein! Ihr bleibt hier!', der König klang nicht erfreut über ihre Aussage und machte Joy damit umso wütender. Sie drehte sich um, um ihrem Gegenüber fest in die Augen zu sehen. 'DU hast kein Recht darüber zu entscheiden, Großmaul. Ich bin froh, wenn ich hier weg bin! Du hast doch keine Ahnung, wie schön es bei mir zu Hause ist.'
'Oh, doch! Das habe ich sehr wohl. Man hat alles und doch nichts! So sieht es nämlich aus!''Pfff…', da fiel Joy so schnell nichts drauf ein. Stimmte ja eigentlich. Sie hatte in ihrem Zimmer den neuesten Schnick Schnack und auch sonst hatte man alles, wonach sich so ein dummer Atlant die Finger lecken würde…und doch war sie nicht glücklich.
'Nagel auf den Kopf getroffen.', freute sich der König, der Joy immer noch fest hielt. Sein Gesichtsausdruck jedoch wurde wieder weicher und sein Griff lockerer. 'Joy, ich möchte wirklich, dass du hier bleibst.'
Sie sah in seine Augen. Sein Blick war fest. Meinte er das ernst? Hatte er wirklich Interesse daran, dass sie bei ihm blieb?!
Sie atmete einmal ganz tief durch und ließ die Schultern hängen: 'Mal sehen'
Yukka ergriff ihre Hand und legte sie auf seine Brust. Erschrocken sah Joy zu ihm auf, genoss jedoch seine Wärme an ihrer Handinnenfläche. 'Du wirst die Entscheidung nicht bereuen.''Hast du Watte in den Ohren? Noch hab ich doch gar nicht zugesagt!', versuchte Joy ihren forschen Ton beizubehalten, damit niemand ihre Schamesröte bemerkte. Es machte sie schier wuschig, wenn der König sie berührte und nun hatte sie ihre Hand auf seiner muskulösen, immerhin nackigen Brust liegen! Hach, war das herrlich.
'Joy, gib dieser Insel noch eine einzige Chance. Enttäuscht sie dich ein letztes Mal, werde ich höchst persönlich den Ältesten ausfindig machen und dir die Flucht ermöglichen.''Du meinst wohl, wenn du mich noch einmal enttäuschst!', bestand Joy spitzfindig auf die Verbesserung seines Satzes. Zu ihrer Überraschung nickte er sachte. 'Gut, abgemacht.', entschied sich Joy, worauf Yukka ihre Hand los ließ und sie anlächelte.
Nick traute seinen Augen und Ohren nicht. Hatte Joy wirklich beschlossen hier zu bleiben? Er sah zu Soyu. Er würde sie sicher vermissen. Wobei vermissen nicht das richtige Wort war. Er würde sich ewig fragen, welche Geheimnisse diese Frau so verbarg und was ihre Kette zu bedeuten hatte.
Das allein war gleichzeitig Grund genug den Ältesten selbst aufzusuchen. Er wollte endlich Antwort auf seine tausend Fragen.

~*~

Nick wachte in aller Frühe auf. Die Sonne war gerade erst am Horizont erschienen. Doch er hatte etwas durchzusetzen. Er wollte den Ältesten finden! Er wusste nicht, was diese Insel zu bieten hatte, was für ein Abendteuer auf ihn wartete, doch seine Fragen suchten nach einer realistischen Antwort. Er würde diesen Mann finden, falls er tatsächlich existierte. Im Krater, allein, erinnerte sich Nick an Ruxus Yukkas Worte. Er schnappte sich einen der Speere, die Soyu selbst hergestellt hatte und sah zu ihr. Sie war eingerollt wie eine Katze. Ihre saftigen Lippen ein paar Millimeter voneinander getrennt, das lockige Haar fiel über ihre Schulter und verdeckte ein wenig ihr schönes Gesicht. Ihre langen, schönen Wimpern ruhten friedlich auf ihren Wangen. Sie sah unglaublich süß aus. So unvergleichlich schön.
Nick löste sich wieder von diesem einzigartigen Anblick und verließ den Bungalow. Das ganze Dorf schlief noch. Jung und Alt.
Nick jedoch machte sich mutig auf eine Reise, von der er keine Ahnung hatte, ob sie zu einem Ziel führte. Mit vorsichtigen Schritten trat er zwischen die einige Meter hohen Bäume. Immer darauf bedacht auf nichts zu treten, was ihm den Marsch erschweren könnte. Er hatte sofort alle Sinne geschärft und achtete auf jedes Geräusch. Wenn Soyu nicht mit ihrer naiven Souveränität dabei war, hatte dieser Urwald etwas gruselig Gefährliches. Die Sonne hatte dazu den Weg noch nicht komplett durch den Wald gefunden. Er kämpfte sich ohne jedes Zeitgefühl hindurch, durch die ungewisse, unbekannte Landschaft. Nur seine Neugierde ließ ihn diesen Versuch wagen.

***

Joy konnte es kaum glauben! Sie war tatsächlich mit Ruxus Yukka mitgekommen und hatte sich nicht einmal von Nick verabschiedet. Warum tat sie nur das, was sie tat? Was machte sie so durcheinander? Sie stand von dem Bett auf, auf dem sie schon die Nacht zuvor geschlafen hatte und sah aus dem Fenster.
Sie konnte einen Berg erblicken, von dem ein rauschender Wasserfall hinunterbrauste. Welch entzückender Anblick! Leider verlor sich das Gefälle im Wald, sodass sie den angrenzenden See nicht sehen konnte. Die Sonne ging bereits am Horizont auf. Was sich alles in so kurzer Zeit ereignet hatte, war unglaublich! Sie war mittlerweile fest davon überzeugt, dass sie sich wirklich auf dem bereits verloren geglaubten Atlantis befand. Nick würde bestimmt immer noch zweifeln und versuchen herauszufinden, auf welcher Insel sie waren. Vielleicht sollte er einfach mal sein logisch denkendes Köpfchen ausschalten und offen für Unerklärliches sein. 'Molonda rivandi kame?', fragte Mina, die Yukka ihr gestern Abend als ihre eigene Dienerin vorgestellt hatte, und blickte Joy auffordernd an. 'Ich versteh doch kein Wort von dem was du sagst.', erklärte diese etwas verwundert, obwohl Mina sie ja genauso wenig verstehen konnte. Mina überlegte kurz machte dann eine umfassende Bewegung, womit sie den ganzen Raum einzufangen versuchte und zeigte dann einen Daumen nach oben. 'Was willst du?!', schoss Joy los, die natürlich mal wieder kein Wort verstand. Mina blieb ruhig und zuckte einfach mit den Achseln, während sie sich daran machte das Bett zu machen und mit frischen Laken abzudecken.
Joy drehte sich im Kreis, um nach einem Spiegel zu gucken, den sie eventuell übersehen haben könnte. Sie wusste gar nicht, wie sie momentan herumlief! Schließlich war ihre Dusche schon eine ganze Weile her. Sie sah an sich herab. Wenn sie ganz ehrlich, so ehrlich wie nur möglich, zu sich selbst war, hatte sie wirklich ein paar Kilos zu viel, doch bei ihr war das schon seit Jahren so und eigentlich fühlte sie sich wohl. Ob es Yukka auch gefiel?! Obwohl, musste sie das interessieren? Entweder man mochte sie so, wie sie war oder man ließ es eben bleiben. Sie würde garantiert niemandem nachweinen, der sich für Letzteres entscheiden würde. 'Ruxus Yukka erwartet Sie.', verbeugte sich ein männlicher Diener.
'Im Thronsaal?'
'Nein, ich muss Sie hinführen.', siezte der Diener, der sie gestern noch unüberlegt geduzt hatte. 'Gut auf geht's! Kann ich so gehen?'
Der Diener sah an ihr herunter, wartete einen Moment und blickte fragend zu Mina. 'Monalo kirsto mol Jura?'
Mina nickte bestimmt. 'Ja, Sie können natürlich so gehen.'
'Wollte ich hören!!'
Der Diener brachte Joy heraus und führte sie zu einem der tragbaren Throne. 'Was? Wohin gehen wir?', Mina lächelte und legte einen Finger auf ihre Lippen. 'Shhh, Ruxus Yukka.'Alles klar…was wollte sie?! Kaum hatte Joy sich auf den Sitz hinaufgekämpft, wurde sie bereits von vier starken Männern hochgehoben und durch die Wiesen getragen. Die Luft war bereits sehr abgekühlt und dadurch zum ersten Mal wirklich angenehm. Doch noch viel angenehmer war, dass sie ihre Füße endlich einmal schonen konnte.
Die Männer brachten Joy zu dem See, in dem der Wasserfall mündete. Joy freute sich tierisch, dass sie nun das sehen konnte, was dem Ausblick vom Palast vergönnt war. Es war wunderschön. Die frühe Morgensonne schien durch ein paar Baumkronen hindurch und spiegelte sich im klaren Wasser. Genauso wie die leicht im Wind wiegenden Fackeln. Ein ungewöhnlich romantischer Anblick. Yukka begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln und kam auf sie zu. 'Schön, dass du gekommen bist.', sprach er sanft.
'Blieb mir ja nichts anderes übrig.', entgegnete sie gewohnt bissig, obwohl sie eigentlich zu Tiefs gerührt war. Die gesamten Diener gingen ab, nur zwei Frauen mit Speeren bewaffnet blieben als Wachen stehen. Wow, hier waren Frauen wirklich nicht als schwaches Geschlecht bekannt.
Sie setzten sich an einen Felsen und ließen ihre Füße ins Wasser baumeln. Ruxus Yukka reichte Joy saftige Trauben.
'Was willst du jetzt von mir?!', fragte sie neugierig und nahm ihm die Trauben weg.'Ich wollte mich noch einmal bei dir entschuldigen. Ich muss dich gestern sehr hart getroffen haben.', sprach Yukka und Joy spürte förmlich eine merkwürdige Atmosphäre. Dieser Mann führte etwas im Schilde. Joy vermutete sofort eine Verführung!
'Es hat mich nur sehr gewundert, dass du noch Jungfrau bist. Gibt es bei euch etwa keine Männer mehr oder was?', er lehnte sich mit den Handgelenken am Fels ab und legte seinen Kopf in den Nacken. Joy begann zu schwitzen bei diesem Anblick.
'Doch! Sehr viele sogar, aber sie stehen eher auf andere Frauen. Auf so Frauen wie Soyu oder Botanika.', gestand sie stirnrunzelnd, 'Sag mal, Mister König, findest du mich eigentlich attraktiv?', fragte sie plötzlich aus einem Impuls heraus, hatte jedoch gleich wieder Angst von ihm erneut verletzt zu werden.
'Ja, sehr sogar.', kam wie aus der Pistole geschossen von ihm zurück, sodass Joy es ihm sofort glaubte, 'Hier sehen doch alle Frauen ähnlich aus. Sie sind so perfekt, dass sie schon wieder langweilig sind. Aber du bist in nahezu jedem Punkt anders, das hat mich von der ersten Sekunde an scharf gemacht. Und deine feurige Art hat mir dann den Rest gegeben.'Joy rötete an vor Glück und Scharm. Sie konnte kein Wort mehr sagen, so sehr freute sie sich. Ihr kleines Männchen in der Bauchgegend hüpfte auf und ab. Yukka hob sanft ihr Gesicht an und küsste sie auf die Lippen. Eine Explosion jagte durch ihren gesamten Körper. Das war er, der perfekte erste Kuss! Und dann mit solch einem Mann, der den Eindruck machte, beruflich zu küssen, so unglaublich explosiv war es! Er beugte sich über sie, wodurch sie sich hörig auf den Rücken legte. Joy war sich sicher, in solch einem Moment, konnte er alles mit ihr machen. Er lächelte sie jedoch fröhlich an und küsste sie erneut, bevor er ihr durchs Gesicht strich und wieder aufsetzte.
'Du brauchst mehr Selbstvertrauen, Joy.'
Enttäuscht darüber, dass er schon wieder aufgehört hatte, dachte sie über seine Worte nach. Eigentlich hatte sie doch Selbstvertrauen. Ihr Selbstwertgefühl hatte nur durch die Frauen hier einen kleinen Knacks bekommen. Wer wollte schon sie, wenn er Soyu haben konnte?!'Warum hast du das gemacht?!', fragte sie aus genau diesem Gedankengang heraus.'Ich möchte dir etwas erzählen. Dazu wollte ich, dass wir alleine sind. Ich kenne deine Welt.'Joy blickte ihn gespannt an. Eigentlich ging ihr die Sache doch ein klein wenig zu schnell. Sie kannten sich erst ein paar Tage. Warum küsste er sie?! Es fiel ihr schwer, sich auf seine Worte zu konzentrieren.
'Ich war schon mal da. Um genau zu sein achtzehn Jahre.'
Jetzt wurde Joy doch hellhörig.
'Oder besser gesagt die ersten achtzehn Jahre meines Lebens, zumindest in eurer Zeitrechnung.'
'Ich verstehe nicht.', Joy holte ihre nassen Füße aus dem Wasser und setzte sich in den Schneidersitz.
Ruxus Yukka starrte ins Wasser: 'Meine Mutter fühlte sich hier nie wohl. Sie kam nicht klar mit ihrer Aufgabe. Sie wollte nicht länger die Mörderin sein. Ja, sie hatte Soyus Aufgabe. Doch sie ist geflohen. Als Wächterin kannte sie natürlich das Tor zur anderen Welt. Nachts, als das ganze Dorf schlief, floh sie. Sie verschwand durch das Bermuda Dreieck in eure Welt.'
Er holte einmal tief Luft. Warum fiel es ihm so schwer, davon zu erzählen?! Was war so schlimm daran, dass seine Mutter geflohen ist?! Joy versuchte feinfühlig zu sein und legte ihre Hand auf seine. Er lächelte sie sachte an und erzählte weiter.
'Sie ging nach Amerika. Natürlich dauerte es lange, bis sie die Bräuche und das Leben, das ihr führt, verstand. Doch sie schaffte es. Sie lernte einen jungen Mann namens Ronaldo kennen. Er nahm sie auf und bot ihr ein reiches Leben, da er als Ingenieur Großverdiener war. Sie verliebten sich ineinander, heirateten und neun Monate später kam ich zur Welt. Ich ging dort in die Schule, lernte Menschen kennen, hatte eine Freundin. Doch ich war irgendwie immer anders als alle anderen. Die Gesellschaft beschimpfte mich als Bastard und meine Mutter als Wilde, obwohl sie doch gar nicht wussten, wo sie herkam! Sie konnten es doch gar nicht verstehen. Meine Mutter sehnte sich zurück nach Atlantis, doch sie wusste, dass sie Ronaldo nicht mitnehmen konnte, da er die Reise nicht überleben würde und genauso wusste sie, dass sie nicht ohne ihn weiterleben konnte. Als ich fünfzehn Jahre alt war, erzählte sie mir diese Geschichte. Ich erklärte sie für verrückt, doch dann gab sie mir einen Anhänger. Einen Rosenanhänger, der rot leuchtete. Sie legte ihn mir um. Nichts geschah. ‚Tut dir nichts weh?', fragte sie entsetzt. Ich schüttelte den Kopf, worauf sie auf den Knien zusammensank. ‚Warum sollte mir etwas weh tun?'
‚Weil du ein Atlant bist!' Diese Erklärung konnte ich natürlich nicht verstehen. Sie schenkte mir den Anhänger und wünschte sich von mir, ihn immer zu tragen. Seit dem veränderte sich viel. Als ich achtzehn Jahre alt war, sah ich zum ersten Mal etwas, was uns von ihnen unterschied. Ihre Gestalt als Wächterin von Atlantis. Eine wunderschöne Gestalt und dennoch die Gestalt eines Mörders. Die Menschen beschimpften sie als Missgeburt und verurteilten sie zu Tode. Und dabei hatte sie doch keiner Menschenseele etwas getan. Sie hatte doch den Schmerzen widerstanden!
Mein Vater gab mir eine Karte mit deren Hilfe ich nach Atlantis kommen sollte. Er wusste von Anfang an, wer meine Mutter gewesen war und wollte nun, dass ich zurückgehe, damit ich nicht auch noch umgebracht werde. Er gab mir eine Waffe mit und schickte mich fort. Ich war sauer, ich hasste ihn dafür, dass er mich rausschmiss. Ich gehorchte jedoch und gelangte ebenfalls durch das Bermuda Dreieck hierher. Wie auch euch, zog mich Soyu aus dem Wasser. Sie begrüßte mich freundlich, doch ich zeigte sofort mit meiner Pistole, da ich sie nicht einschätzen konnte. Natürlich konnte sie nichts damit anfangen. Sie nahm mich am Handgelenk und zog mich hinter sich her ins Dorf. Sie wollte mich aufnehmen, doch als sie mit mir im Schlepptau hier ankam, ging der damalige König auf Soyu los und schlug sie ins Gesicht, da sie eine der wichtigsten Gesetze gebrochen hatte. Ich drückte ab….
Ich weiß nicht, warum die Pistole noch funktionierte, obwohl sie ja auch im Wasser gewesen war.
Die Menschen drehten sich zu mir um und begannen sich zu verbeugen, nur Soyu lief fort. Ich lief ihr nach. Sie weinte schrecklich und hatte solch eine Angst in den Augen. Der damalige Ruxus war ihr Vater gewesen. Ich hatte ihren Vater ermordet und wurde somit der neue König. Das Volk verehrte mich und nannten mich den 'magischen König'. Es ist wie bei den Tieren, der Mörder des Königs ist der neue König. Dabei wollte ich das gar nicht sein. Ich wollte nur alles wieder gut machen. Also schenkte ich Soyu meine Kette. Das ich ihr damit noch etwas Schlimmeres antat, konnte ich doch nicht ahnen. Sie wurde die neue Wächterin! Doch sie hat mich nie dafür verurteilt. NIE! Sie half mir, mich hier einzufinden und mit meinen neuen Rechten und Pflichten klar zu kommen. Nur Baribo verachtet mich bis Heute noch. Soyu und Baribo sind die Einzigen der alten Madi-Familie. Was mit ihrer Mutter geschehen ist, weiß ich nicht.'
Joy schaute Ruxus Yukka noch eine ganze Weile fassungslos an. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte. Das konnte einfach nicht wahr sein! Warum hasste Soyu ihn nicht? Dafür musste es einen Grund geben.
'Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du halb Mensch, Amerikaner. Gibt es etwas, was dich von den Atlanten unterscheidet?'
Yukka nickte groß.
'Ja, es gibt etwas ganz Entscheidendes.', er blickte in das Wasser, dass von dem Berg herunterbrauste, 'das ich heute hier leben kann…Joy, du musst eine Entscheidung treffen und diese Entscheidung wird dein ganzes Leben verändern.'







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