Aughley im Land der Liebe

Autor: abendstern
veröffentlicht am: 01.08.2009




1. Kapitel - Die Versammlung

Langsam verschwand die Sonne hinter dem bewaldeten Hügel. Aughley sass an einen alten Baum gelehnt und wartete. Eine Stunde war vergangen und die Dunkelheit raubte Aughley die Sicht. Ein leises Knistern liess sie aufhorchen. Schritte waren zu hören. Aughley schloss ihre Augen und horchte. Dem Schritt nach zu urteilen, musste es entweder Olpery oder Son sein. 'Olpery? Bist du das?', flüsterte Aughley in die Dunkelheit. Als Antwort erhielt sie nur einen kurzen, leisen Pfiff. Erst als Olpery einen Meter vor ihr stand, konnte sie ihn deutlich als ihren Begleiter ausmachen. Olpery schaute Aughley einen Moment fragend an. Lächelnd nickte die junge Frau zurück. Das sollte soviel heissen wie ‚Ja, es geht mir gut'. Nur wenige Minuten später knisterte der Waldboden ein zweites Mal. Und wieder schloss Aughley ihre Augen und erhorchte den, der sich ihnen näherte. Sie sah Olpery an und schüttelte warnend den Kopf. Die zwei Freunde schienen Gedanken austauschen zu können. Olpery legte seine Hand um das Messer, das in einem Gürtel um seine Hüfte hing. Der Unbekannte kam näher, Olpery zog langsam das Messer aus der Hülle und mache sich auf einen Angriff bereit. Doch gerade als Olpery sein Messer hob, legte Aughley ihre Hand um sein Handgelenk und machte mit einem Blick klar, dass es keinen Angriff geben wird. 'Arsh', flüsterte Aughley und lächelte kopfschüttelnd. Es war immer dasselbe mit Arsh, ihre Schritte konnte man einfach nicht zuordnen. Es vergingen weitere zehn Minuten, bis sich sechs Leute um Aughley versammelt hatten. 'Wo ist Syant?', fragte Aughley flüsternd in die Runde. Reol, ein junger, dunkelhäutiger Mann, antwortete leise: 'Sie kommt mit Ghann. Der alte Mann darf nicht mehr alleine unterwegs sein.' Es wurden keine weiteren Worte mehr gewechselt, bis endlich Ghann und Syant vor der Gruppe standen. Man sah dem alten Mann an, dass er keine Kraft mehr hatte noch länger zu stehen. Vorsichtig wurde Ghann auf den Boden gelegt und von seiner Enkelin Syant umsorgt. 'Wir sollten mit der Besprechung beginnen. Je schneller wir verschwunden sind, desto weniger Gefahr lauert', raunte Aughley ihren Freunden zu. Diese stimmten ihr sofort nickend zu. Damit begann Aughley die Besprechung: 'Ich nehme an, ihr erinnert euch noch an den Tag, an dem Unor, Yongo und ich uns von unserem Volk verabschiedet haben, um Swet aufzusuchen und mit ihrem Herrscher Vortur einen Handel zu unterschreiben. Wir haben Swet erreicht. Wir erwarteten in Swet ein Volk, wie wir eines sind, und seinen Herrscher Vortur vorzufinden. Doch wir sahen kein friedliches Volk. Wir haben Vortur viel zu lange unbeaufsichtigt gelassen. Vortur plant schon seit Jahren den Krieg. Nicht irgendeinen Krieg, den Weltkrieg. Sein Ziel ist das Auslöschen der Menschheit und das Aufbauen einer neuen Welt, der Welt der Swet.' Nach diesen Worten herrschte Funkstille. Aughley holte tief Luft um weiter zu reden, doch Son kam ihr zuvor: 'Vor zwei Jahren war ich mit unserem König in Swet. Und nichts, rein gar nichts, zeigte die Vorbereitung auf einen Krieg. Niemand kann innert zwei Jahren den totalen Untergang vorbereiten. Habe ich Recht?' Sechs Augenpaare schauten Aughley hoffnungsvoll an, nur Yongo, Unor und sie selbst wussten die Antwort auf diese Frage. Aughley musste sich räuspern, bevor sie die Antwort sagen konnte. Noch einmal tief Luft holen, dann antwortete sie auf Son's Frage: 'Nein, Son, du hast nicht Recht. Vortur ist voller Hass und Wut. Und genau das gibt er seinem Volk weiter. Er erzählt seinem Volk, dass die Welt einen Angriff auf sie plane. Er hat Menschen seines Volkes auf grausamste Weise umbringen lassen und seinem Volk erzählt, das sei die USA gewesen oder ein anderes Mal war es Russland, oder China. Vortur ist voller Hass, sein Volk ist voller Hass. Vortur will den Krieg, sein Volk will den Krieg. Son hat erzählt, er wäre vor zwei Jahren in Swet gewesen. Das stimmt, denn ich war auch dabei. Damals war seine Insel halb so gross wie unsere und die Einwohnerzahl war vielleicht ein Viertel von der unserer. Doch heute gehört Vortur nicht mehr nur diese eine kleine Insel. Denn Vortur hat mindestens zehn weitere Inseln gewaltsam übernommen. Seine Fläche ist nun mindestens zehn Mal so gross wie unsere Fläche. Ich weiss nicht, wie er es angestellt hat, aber heute ist seine Einwohnerzahl mindestens 20 Mal so gross wie unsere. Unsere Einwohnerzahl beträgt ungefähr fünfhundert. Ihr könnt nun ausrechnen, wie viele Swet es gibt, mindestens zwanzigtausend. Sie leben unter dem Boden, darum haben wir den riesigen Zuwachs auch nicht bemerkt. Aber vor allem macht mir etwas Sorgen. Denn Vortur hat seine Fläche noch mehr ausgebaut. In Grönland, an einem Ort, wo keine Menschenseele hingeht, hat er Land gekauft. Eine einzige, riesige Farm steht auf diesem eisigen Gelände. Niemand weiss, was Vortur hinter den dicken Mauern versteckt hält. Die Mauern sind aus einer zwanzig Zentimeter dicken Metallschicht und darum herum schliesslich noch eine ein Meter dicke Betonmauer. Ich weiss nicht genau, was hinter diesen Mauern lebt. Ich weiss nur, dass, wenn diese Tiere, oder was es auch immer ist, wenn diese Geschöpfe aus diesen Mauern heraus gelassen werden, es für die Menschheit kein Überleben gibt.' Arsh versuchte den Kloss in ihrem Hals runterzuschlucken, doch es ging nicht. Sie sagte mit rauer Stimme: 'Wir haben keine Chance. Rein theoretisch sind wir schon tot.' 'Arsh', begann Aughley, 'du hast Recht, rein theoretisch sind wir schon tot. Aber ich lege keinen Wert auf Theorie, ich lebe die Praktik. Und in der Praktik gibt es immer Chancen. Und eine einzige Chance werden wir auch durchführen. Die Chancen, dass meine Berechnungen aufgehen, stehen sehr tief. Aber es ist eine Chance und wir müssen es versuchen! Jeder von euch wird eine Aufgabe zu erledigen haben und bevor ich euch meinen Plan erläutere, müsst ihr schwören, dass ihr eure Aufgabe durchführen werdet. Ihr müsst schwören, dass ihr bis zum Schluss kämpfen werdet, egal was für Opfer es fordert. Unser Volk, das Volk der Egaras, wird nicht umsonst das Volk der Liebe genannt. Wir werden nicht egoistisch sein und unser Land verteidigen. Wir werden für die ganze Welt kämpfen. Wir, das Volk der Egaras, werden so viele Menschen wie nur möglich vor dem Tod bewahren und sollte dies unser eigenes Ende sein. Schwört ihr das?'Aughley schaute ruhig in die Runde. Man spürte das Zögern der acht Egaras. Doch dann brach Ghann den Bann und streckte seinen Arm in die Mitte des Kreises. Syant, seine Neffin, tat es ihm gleich und nach wenigen Sekunden waren neun Hände in die Mitte gestreckt. Dankbar küsste Aughley ihre Fingerspitzen und legte ihre Handflächen aufeinander. In Gedanken betete sie zu Gott, dass er sie, ihr Volk und die Menschheit beschütze. In diesem Moment knisterte es hinter ihnen. 'Spione', flüsterte Reol und zückte sein langes Messer. Unor, Yongo, Son und Olpery taten es ihm gleich und auf Reols Kommando standen sie auf und stürzten sich ins Gebüsch neben dem alten Baum. Arsh zückte nun ebenfalls ihr Messer, doch Aughley schüttelte lächelnd den Kopf. 'Das wird nicht nötig sein', erklärte sie etwas geheimnisvoll.







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