Im Schutz der Dunkelheit

Autor: Zeilenschreiber.
veröffentlicht am: 23.10.2009




Endlich endete die Pause und ich schlurfte alleine zur Sporthalle. Super, jetzt auch noch Sport. Doch als ich die Tür zur Umkleide öffnen wollte, bemerkte ich einen Zettel.

Sport fällt aus. Vertretung in Raum 108.

Erleichtert atmete ich aus. Zum Glück kein Sport. Chemie war auch nicht gerade mein Lieblingsfach, aber ich mochte Experimente. Wenn es schön laut krachte und irgendetwas brannte.
Also ging ich die ganzen Treppen hinauf, in das 3. Stockwerk. Nach mir folgten auch die anderen Schüler und betraten den Raum. Er lag ganz am Ende des großen Flures, gegenüber von dem Lagerraum der Chemikalien.
Lange saßen wir alleine in der Klasse, bis ein Lehrer den Raum betrat, den ich nicht kannte.'Guten Tag, Kinder.', stellte er sich vor. KINDER. Wir waren alle siebzehn, fast achtzehn und er bezeichnete uns als Kinder. ,,Ich bin Herr Berrier.'
Fast alle begrüßten ihn, bis auf ein paar, wie mich. Er machte keinen besonders guten Eindruck.
,,Ja, wie ihr bestimmt schon wisst, vertrete ich euren Sportlehrer.' Warum sagte er und das? Das war doch total überflüssig.
,,Ich habe leider erst eben erfahren, dass ich ihn vertrete, deshalb habe ich gar nichts vorbereitet... Wie wäre es, wenn ich euch ein Experiment zeige.', schlug er vor. Alle jubelten und selbst ich war zufrieden. Geht doch.
Bevor er die Sachen zusammensuchen konnte, fragte ich ihn, ob ich auf die Toilette gehen durfte. Er nickte und zog sich zurück.
Ich beeilte mich, denn das Experiment wollte ich nicht verpassen.
Schnell wusch ich mir die Hände und rannte den Gang zurück zu unserem Raum.
Aus dem Nichts stieg mir plötzlich ein merkwürdiger Geruch in die Nase. Es roch ein wenig nach etwas Verbranntem. Vielleicht hatten sie schon mit dem Experiment begonnen und ich beeilte mich noch mehr, in die Klasse zu kommen.
Je näher ich unserem Raum kam, desto stärker wurde der Geruch. Er brannte in der Nase und ich musste husten, um irgendwie atmen zu können. Schließlich war es so unerträglich, dass ich mir meinen Ärmel vor die Nase hielt.
Plötzlich stieg Rauch auf. Es brannte fürchterlich in den Augen. Ich duckte mich ein wenig und ging es schon viel besser.
Durch Zufall bemerkte ich, dass der Rauch aus dem Lagerraum kam. Als ich die Tür öffnete kamen mir Flammen entgegen und ich hörte jemanden in der Ferne schreien.
Geschickt pellte ich mich aus meiner Lederjacke und benutzte sie als 'Schutzschild'. Ich kämpfte mich durch die Flammen die immer heißer und schlimmer wurden.
Die Flammen reichten inzwischen bis zur Decke, die sich schwarz färbte. Endlich entdeckte ich den Feuerlöscher hinter einem Schrank, der auch niedergebrannt war. Hustend löste ich den Schlauch und sprühte den Schaum auf die Flammen.
Nach einiger Zeit waren die schlimmsten Flammen erloschen und ich ging vorsichtig durch die andere Tür, wo die Schreie herkamen. Dort waren die Flammen noch schlimmer und ich hatte das Gefühl, dass ich an dem Rauch ersticke. Verzweifelt versuchte ich die Flammen zu löschen und nicht in Panik zu geraten. Als die meisten Flammen gelöscht waren, entdeckte ich den bewusstlosen Berrier.
,,Hallo? Sind sie wach?', fragte ich ihn hysterisch.
Als er nicht antwortete, rief ich 'Wachen sie doch auf!' und gab ihm leichte Backpfeifen. Jedoch reagierte er immer noch nicht. Aus der Ecke stiegen immer neue Flammen auf, die ich nicht gelöscht hatte.
In meiner Hektik packte ich ihn an den Armen und schleifte ihn über den Boden aus dem Lagerraum.
Als ich unseren Klassenraum betrat, bekam ich einen Schock. Wann kam denn endlich die Feuerwehr und ein Krankenwagen?

Noch nicht einmal der Feueralarm ertönte. Der Qualm verbreitete sich immer weiter im Raum und die meisten Schüler lagen bewusstlos auf dem Tisch oder auf der Erde. Den Berrier schleifte ich wieder aus dem Klassenraum und suchte verzweifelt nach einem Feueralarms Knopf. Als ich ihn endlich fand, schlug ich mit aller Kraft mit dem Hammer auf die Scheibe und drückte den Knopf. Hoffentlich würde jetzt die Feuerwehr kommen. Alleine konnte ich unmöglich alle Schüler aus der Klasse retten. Wenig später hörte ich einen schrillen Ton und alle Schüler strömten aus den Klassenräumen und die Treppe hinunter. Diesmal war es keine Übung, diesmal war es ernst.
Nur zu gerne wäre ich hinterher nach draußen gelaufen. In Sicherheit bei frischer Luft.Doch ich konnte nicht. Ich konnte sie nicht alleine lassen.
Schnell raste ich zurück zur Klasse und versuchte ein paar, die noch husteten, heraus zu schaffen. Aber es waren zu viele. Alle konnte ich nicht alleine heraus tragen. Inzwischen hatten sich die Flammen bis zur Hintertür ausgebreitet, die mit dem Lagerraum verbunden war.
Gerade wollte ich nach dem Feuerlöscher greifen, doch ich hatte vergessen, dass ich ihn im Lagerraum liegen gelassen hatte, als ich den Berrier gerettet habe.
Mein Blick schweifte über den Klassenraum. Dann lief es mir kalt den Rücken herunter. Wo war Robyn? Langsam breitete sich die Panik in mir aus. Wo konnte er nur sein? In dem verqualmtem Raum war er nicht. War er vielleicht in dem Lagerraum und suchte mich?Reflexartig suchte ich ein großes Gefäß aus dem Chemieschrank und füllte es randvoll mit Wasser. Vorsichtig schleppte ich es zur Tür, damit ich nichts verschüttete und kippte es immer wieder über die Flammen. Sie wurden zwar weniger, doch der Qualm immer mehr. So ging es immer weiter, aber ich hatte das Gefühl, dass es nichts brachte. Robyn war vermutlich in den Flammen und suchte mich.
Ohne mit der Wimper zu zucken, sprang ich in die Flammen, um ihn zu retten. Zum ersten Mal.
Vielleicht war es dumm, einfach in den Tod zu springen. Der Gefahr in die Arme zu laufen. Aber es war nicht dumm es zu tun, für jemanden, den man liebt. Sich zu opfern für denjenigen, schließlich konnte ich ihm nichts anderes geben, als mein eigenes Leben.Auf der anderen Seite, der Flammen war es furchtbar. So sah vermutlich die Hölle aus. Die meisten Schränke waren herunter gebrannt und alle Gläser und Gefäße lagen in Scherben auf der Erde. Der Qualm verteilte sich im ganzen Raum und erschwerte mir die klare Sicht. Plötzlich drehte sich alles und ich konnte kaum atmen. Das Husten half auch nicht mehr und ich ging auf die Knie. Eigentlich hätte ich jetzt mehr Luft bekommen müssen, doch der Qualm war überall. Es war so unerträglich. Der widerliche Gestank biss in meine Nase. Doch mein Wille ihn zu retten, war größer als die Flammen, der Qualm. Und so kämpfte ich nicht mit mir selbst, sondern auch gegen das Feuer. Langsam kroch ich vorwärts und stütze mich mit meinen Händen ab. Dabei geriet ich immer wieder in die Scherben und meine Hände bluteten.
Für mich war das schlimmer, als die Hölle. Alleine, im Angesicht des Todes.,,Robyn!', rief ich mit Leibeskräften, doch ich bekam keine Antwort.
Eine ganze Weile irrte ich in dem Flammenmeer herum, doch von Robyn war keine Spur. Das Feuer, dass ich bereits gelöscht hatte, stieg wieder auf.
Es war sinnlos, ihn zu suchen. Weit und breit konnte ich niemanden erkennen. Möglicherweise war er schon längst in Freiheit.
Als ich umkehren wollte, landete genau vor mir ein brennender Holzbalken. Sofort blickte ich zur Decke. Sie war inzwischen tiefschwarz und einige Stützbalken lösten sich. Stützbalken. Erst jetzt wurde mir klar, dass die Decke ohne die Stützbalken einstürzten würde. Verzweifelt versuchte ich dem Feuer zu entkommen, doch die Flammen hatten mich umzingelt. Es war vorbei, endgültig. Und Robyn hatte ich auch nicht gefunden.
Mir kamen die Tränen, als ich bemerkte, dass ich keine Chance hatte. Ich war so dumm gewesen, der Gefahr in die Arme zu laufen. Das hatte ich nun davon. Von Anfang an, hatte ich keine Chance gehabt.
Schließlich brach ich vor Erschöpfung zusammen. Es hatte keinen Sinn weiter zu kämpfen. Ich hatte es vermasselt. 'Jeder kleinste Fehler könnte meinen Tod bedeuten.', hatte ich noch zu mir gesagt.
Vorbei. Nie wieder.
'Es tut mir so Leid.', hauchte ich mit Tränen im Gesicht und berührte meine Kette. Zum Schluss hatten wir uns gestritten und kein Wort mehr geredet. Mein letzter Wunsch, war noch einmal sein Gesicht zu sehen. Seine Stimme hören. Aber dafür, war es jetzt leider zu spät. 'Auf wiedersehen. Ich liebe dich.'







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