Im Schutz der Dunkelheit

Autor: Zeilenschreiber.
veröffentlicht am: 08.08.2009




Ich wollte nicht schlafen. Ich konnte auch überhaupt nicht schlafen, denn ich musste über zu viele Dinge nachdenken. Wann würde Mum endlich begreifen, dass John nicht der richtige für sie ist? Wenn es so weiter geht, macht er ihr noch einen Heiratsantrag. John… mein VATER? Unmöglich. Dann würde ich sofort ausziehen. Doch mit meinen 16 Jahren würde ich bestimmt keine Wohnung bekommen. Außerdem war ich total Pleite. Aber es würde sich bestimmt schon eine Lösung finden. Vielleicht zog ich zu Verwandten oder Freunden.
Ich sprang auf und wühlte in meiner Kommode nach meinem alten MP3 Player. Irgendwie musste ich mich ablenken. Wenig später entdeckte ich ihn, drückte mir die Stöpsel ins Ohr und ließ mich wieder auf mein Bett fallen. Bei voller Lautstärke hörte ich irgendein Lied, dass ich nicht kannte. Es funktionierte und nach einiger Zeit war ich eingeschlafen.Am nächsten Tag wachte ich verschwitzt auf. Ich hatte sehr unruhig geschlafen. Mit einem Stöhnen stand ich auf und ging ins Bad. Meine verschwitzten Klamotten zog ich aus und kletterte in die Dusche.
Das warme Wasser tropfte auf mich herunter. Es tat echt gut.
Später trocknete ich mich ab, schlüpfte in ein T-Shirt und in eine Jeans und föhnte meine Haare, bis sie trocken waren. Dann sah ich in den Spiegel. Meine schulterlangen, braunen Haare standen in alle Richtungen ab. Es sah so lächerlich aus, dass ich über mich selber lachen musste. Meine grünen Augen sahen noch etwas verschlafen aus. Ich schlurfte in die Küche und riss den Kühlschrank auf - leer. Na super. Genervt ging ins Wohnzimmer, wo Mum mit John auf dem Sofa saß und fernsah.
,,Mum, wir haben nichts zu essen.', beschwerte ich mich. Ich hatte ziemlichen Hunger.,,Tut mir leid Schätzchen. Ich hab' vergessen einzukaufen. Auf dem Tisch in der Küche liegt Geld, dann kannst du dir ja was kaufen gehen.'
Ich antwortete nicht und zog mir meine Lederjacke und meine Schuhe an. Ich musste schrecklich aussehen, aber das war mir ziemlich egal.
Das Geld und meinen Schlüssel steckte ich in meine Tasche und lief die Treppen hinunter. Hinter mir schloss ich die Tür und machte mich auf den Weg zum Supermarkt.
Der Supermarkt war nicht weit entfernt. Zu Fuß hatte ich ihn in 5 Minuten erreicht. Es war noch ziemlich früh, normalerweise schlief ich noch. Der Parkplatz war fast leer und nur ein paar Leute waren unterwegs. Die große Glastür öffnete sich von selbst und ich betrat den Laden. Ich steuerte sofort auf das Regal mit dem Brot. Es gab so unglaublich viel Brot. Ich griff mir eine Tüte mit 4 Brötchen und schlenderte zur Kasse. Doch dann sah ich die Abteilung mit den elektrischen Geräten. Mein Blick blieb an einem MP3 Player hängen. Dieser Supermarkt hatte echt alles! Er war aber nicht sehr billig. Ich durchwühlte meine Taschen nach Geld, doch ich hatte nur den Schein von Mum, das würde wohl nicht reichen. Mist. Mein Mp3 Player hatte schon bessere Tage gesehen. Es wurde langsam Zeit für einen Neuen.
Ich schaute mich um. Hier war niemand. Der ganze Gang war leer und es gab keine Überwachungskameras. Ich zögerte, doch dann griff ich ihn mir und steckte ihn in meine Tasche. Dann schaute ich mich wieder um, doch zum Glück hatte mich niemand gesehen. Erleichtert atmete ich aus.
Doch die Brötchen musste ich bezahlen, die konnte ich unmöglich in meiner Tasche verschwinden lassen. Also ging ich zur Kasse und bezahlte die Brötchen. Doch ich hatte immer noch Angst erwischt zu werden. Wenn sie mich erwischen würden, würde Mum es als Erste erfahren. Und John würde ausflippen.
Ich hoffte, dass die Kassiererin mein Herzklopfen nicht hörte. Denn ich hatte nämlich das Gefühl, dass es gleich aus meiner Brust herausspringen würde. Doch sie schien nichts bemerkt zu haben.
,,Schönen Tag noch.', sagte die Kassiererin.
Doch ich brachte nur ein ,,hm-mhm' heraus und lief aus dem Supermarkt.
Geschafft. Ich hatte einen MP3 Player geklaut, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich gerade ein Verbrechen begangen hatte - es war ein gutes Gefühl und ich würde es sofort wieder tun. Doch genug Adrenalin für heute.
Kurz darauf steuerte ich auf den Park zu, der nur 10 Minuten entfernt war, da ich nicht nach Hause wollte. Nicht zu Mum und John. Ich liebte den Park, dort war es immer sehr ruhig und entspannend. Und ich liebte die Natur, die es ja sonst in dieser Stadt nicht gab. Ein kleiner Weg führte zu meiner Lieblingsstelle - eine Brücke über einem Fluss. Hier hatte ich meine Ruhe und konnte über alles nachdenken. Faul lehnte ich mich an das Geländer der Brücke und betrachtete den plätschernden Fluss. Mir war nicht ganz klar, wie lange ich dort stand, aber ich konnte den ganzen Tag hier verbringen. Es war ein wunderschöner Herbsttag und die Blätter der Bäume leuchteten gold. Ein leichter Wind wehte und die Blätter wirbelten zu Boden. Der Himmel war ungewöhnlich blau an diesem Tag.
Dann fiel mir ein, was für einen Hunger ich hatte und griff in die Tüte mit den Brötchen.,,Warum hast du das getan?', sagte auf einmal eine Stimme hinter mir. Mein Atem stockte und ich ließ das Brötchen vor Schreck fallen. Vorsichtig drehte ich mich und schaute mich hastig um. Niemand.
,,Bring ihn sofort zurück!' Schon wieder.
Noch einmal drehte ich mich um, aber da war wieder niemand. Wer hatte das bloß gesagt?,,Wer ist da?', flüsterte ich. ,,Bring ihn zurück!', bekam ich nur als Antwort. Wer zum Teufel hatte das gesagt? Hier war weit und breit niemand. War das vielleicht mein Gewissen, dass sich bei mir meldete? Hatte ich gerade mit mir selbst geredet? Hörte ich jetzt Stimmen? War ich jetzt total verrückt?







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