Such mich im Meer

Autor: Jeany 11
veröffentlicht am: 11.06.2009




'Warum haben Sie mich aufgesucht, Haily?' - 'Warum ich Sie aufgesucht habe? Eine gute Frage.. ich habe gehofft, Sie sagen es mir! Ich habe doch alles was ich brauche, warum fühle ich mich dann so leer? Warum kotzt es mich an morgens aufzustehen? Warum kotzt es mich an abends ins Bett zu gehen? Warum kotzt mich alles so an? Warum würde ich am liebsten alles hinter mir lassen? Mich am liebsten in einen Zug setzten und einfach fahren.. egal wohin, nur raus hier?'


Ich höre sein Auto vor dem Haus. Ich öffne meine Augen. Zeit aufzustehen. Zeit ihn an der Türe zu begrüßen. Zeit wie eine Ehefrau zu sein.
Ich stehe auf, steige in meine Hausschuhe und gehe die Treppe hinunter. Es ist so mühsam, so ermüdend, dieses Spiel zu spielen, jede Nacht, jeden Tag.
Ich gehe in die Küche, ich brauche einen Schluck Wasser.
Meine Kehle ist immer so trocken, von diesen leeren Worten, die ich Tag für Tag sprechen muss. Ich öffne den Wasserhahn. Das Wasser prasselt in das Spülbecken.
Ich beobachte, wie es mit seiner ganzen Kraft dem Hahn entflieht.
Auf einmal packt mich ein seltsames Gefühl. Wie aus dem Nichts ergreift es mich.
Ein Gefühl, was ich lange nicht mehr gespürt, wenn ich es überhaupt jemals gespürt, habe. Ich merke, wie mein Körper warm wird, es beginnt in meiner Brust, und breitet sich aus, wie ein Lauffeuer, durch meinen gesamten Körper. Trotz dieser Wärme in mir, bekomme eine Gänsehaut. Das Wasser beginnt immer stärker aus dem Hahn zu spritzen, so heftig, dass mein Nachthemd nass wird und es gegen das Fenster sprenkelt. Ich versuche es ab zu stellen, doch es lässt sich nicht stoppen. Ich drehe wie wild an den Armaturen. Mein ganzer Körper kribbelt. Es ist ein fruchtbar schönes Gefühl, was mich einholt, was mich einnimmt.

'Schatz?!', höre ich ihn rufen. Wie ertappt, schrecke ich hoch. Schaue zur Türe, ob er jetzt herein kommt, und mich erwischt. Aber wobei erwischt? Ich schaue zum Becken. Das Wasser war aus.
Was war das? Was habe ich da gerade erlebt? Werde ich verrückt?

'Schatz?!', jetzt steht er fast neben mir. 'Was ist los?!'. Er hält seinen Schlüssel noch in der Hand, er hat ihn nicht wie jede Nacht in der Schale auf dem Schrank neben der Tür abgelegt. Ich stehe vor ihm, mein Nachthemd ganz feucht. Ich atme heftig, habe immer noch Gänsehaut.
Lächeln nicht vergessen.
Langsam fällt mir alles wieder ein: Ich bin eine Ehefrau, muss mich wie eine verhalten. Ich wollte ihn doch an der Türe begrüßen.
'Hallo Schatz!', es fällt mir schwer zu reden, bin noch hinter Atem. Verwirrt suche ich nach einem Handtuch um mich zu trocknen.
'Der Wasserhahn spinnt, ich werde morgen mal einen Klempner anrufen!', stottere ich und lächele. 'In Ordnung!', höre ich ihn sagen, er schaut mich so komisch an. So erschüttert, so verwirrt.







Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz