Vom ewigen Alltagstrott, Jungs, komplizierten Gedanken und allerlei anderen Dingen

Autor: himbaereis
veröffentlicht am: 24.05.2009




Nachdem ich Mathe, sowie den restlichen Schultag ?berlebt hatte, sa? ich allein im Bus. Also nicht allein, aber ohne Tinchen, Fia und Mara. Die drei machten Chemief?rder und mussten deshalb eine Schulstunde l?nger bleiben. Genervt von den d?mlichen Jungs aus meiner Klasse, holte ich meinen Ipod, den ich mir hart erspart hatte, hervor und h?rte Musik. Leider musste ich nicht all zu weit fahren und deshalb kam der Bus schnell an meiner Haltestelle an. Drau?en in der K?lte stapfte ich missmutig zu unserem Haus und betete inst?ndig, den Idioten von gestern nicht wieder sehen zu m?ssen.

Mein beten wurde nicht erh?rt. Es war geradezu verhext. Nachdem ich mein Sto?gebet gemacht hatte, sah ich ihn um die Ecke kommen. Ich bemerkte, wie ein breites Grinsen sein Gesicht verzierte. Je breiter sein Grinsen wurde, desto tiefer sank meine Laune. Sie war inzwischen weit unter Null angekommen.
'Ah guten Tag. Na, tut das K?pfchen denn noch weh?'
'Ja...erstaunlicherweise. Bis ich dich gesehen habe, ging es meinem K?pfchen ausgezeichnet. Nur jetzt versp?re ich diese eigenartige ?belkeit und schreckliche Kopfschmerzen. Wenn du also mir und meinem K?pfchen den Gefallen tun w?rdest und aus meinem Blickfeld verschwindest, w?ren wir beide dir sehr dankbar.'
'Oha. Ich sehe, deine Laune richtet sich nach dem Wetter. Im Moment tippe ich auf frostig. Wie ist sie denn im Sommer? Sonnig? Oder auch tiefgefroren? Nur denke ich nicht, dass ich die Ehre haben werde, sie im Sommer erleben zu d?rfen. Also dann kleine Eisprinzessin. Man sieht sich.'
'Ja tsch??.'
Gott sei dank. Selbst wenn er ganz gut auf meine miese Laune reagiert hatte, gab ihm das nicht das Recht mich ?Eisprinzessin' zu nennen. Erneut k?nnte ich mich ?ber seine unbeschreiblich bl?de Art aufregen. Nur gut, dass ab morgen endlich Ferien waren. Endlich Australien. Mein Herz machte einen kleinen Hopser als ich an die W?rme und dieses wundersch?ne Land dachte. Raus aus diesem bl?den Winter mit dieser bl?den K?lte. Weg von allem hier. Zwei Wochen. Ich hatte Gl?ck mit unseren ziemlich langen Winterferien.Zu Hause angekommen, machte ich mir eine gro?e Tasse hei?en Kakao und setzte mich auf mein Bett. Dann schlug ich mein Lieblingsbuch auf und entspannte mich. Ich lies meine Gedanken schweifen und konzentrierte mich auf die Handlung des Buches.
Eine gute Stunde sp?ter kam meine Mutter nach Hause. Gestresst wie immer stellte sie ein paar Eink?ufe auf dem K?chentisch ab und erkundigte sich dabei nach meinem Tag. Dann folgte noch ein wenig belangloses Gepl?nkel zwischen uns und dann wieder Ruhe. Ich widmete mich wieder meinem Buch und meine Mutter sich dem Einr?umen der Eink?ufe.Als es um 6 war, machte ich mich auf den Weg zu Sam. Training. Badminton. Auch wenn ich eigentlich keine wirkliche Lust darauf hatte.
In der Turnhalle angekommen, zog ich mich schnell um, machte mir einen Zopf und ging in die Halle. Meine ohnehin schon schlechte Laune bekam einen weiteren Tiefpunkt, als ich sah wer da bzw. nicht da war. Anwesend waren eigentlich alle die, die ich nicht leiden konnte. Nicht anwesend war das einzige M?dchen.
Ganz ehrlich, aber der Tag war beschissen. Dementsprechend waren auch meine spielerischen Leistungen. Miserabel.
Ich vermied es trotzdem konsequent mich zu fragen, ob es noch schlimmer werden k?nnte. Denn wenn ich soweit war, diese Frage zu stellen, konnte ich mir sicher sein, das es nur eine Antwort darauf geben konnte. Ja nat?rlich.
Also dachte ich lieber wieder daran, wen ich gerne t?ten w?rde. Diese Gedanken lenkten mich so lange ab, bis das Training auch endlich vorbei war.
Endlich konnte ich mich umziehen.
Als ich aus der Kabine heraus kam, stand meine Mutter schon da und wir konnten nach Hause.
Nun musste ich nur noch das Abendessen ?berleben und dann konnte ich endlich duschen und ins Bett. Schlafen.
Schlaf ist eine der besten und praktischsten Sachen der Welt. Jeder kann es, es kostet nichts und man braucht keine Schulabschl?sse dazu.

In dieser Nacht tr?umte ich etwas ziemlich komisches. Ich lag am Boden. Alles tat mir weh und ich sah eine blutige Spur im wei?en Schnee. Dann h?rte ich von irgendwo her ein Rufen. Langsam stand ich auf und folgte der Stimme. Kurz bevor ich sie aber erreichen konnte, klingelte mein Wecker.
Deprimiert, weil ich nicht wusste, Wer oder Was da im Traum gerufen hatte, stand ich auf und ging schlaftrunken ins Bad.
Nachdem ich im Bad fertig war, suchte ich mir was zum anziehen, packte meinen Ranzen und schminkte mich. Alles ganz normal wie jeden Morgen.
Als ich mich dann auf meinen Weg zum Bus begab, bekam ich kalte F??e und schlechte Laune.
Tja. Und als ob das nicht schon genug gewesen w?re, durfte ich den von mir meistgehassten Menschen auch noch sehen.
Die Rede ist von 'Ihm'. Der Typ, der mich mit dem Schneeball abgeschossen hatte. Der Typ der mich 'Eisprinzessin' genannt hatte. Genau der Typ, den ich nicht leiden konnte. ...sowas vers??te einem den Morgen des letzten Schultags.
Aber als ich daran dachte, dass es der letzte Schultag war, stieg meine Laune. Sie stieg so hoch, dass ich tats?chlich l?chelte. Bl?derweise bekam der Bl?dmann das mit und lie? irgendeinen dummen Spruch ab. Aber ich ignorierte ihn gekonnt.
Ich freute mich auf Australien.

Vielleicht wirkt meine nicht vorhandene Sympathie auf 'Ihn' ziemlich kindisch, aber ich kann es absolut nicht leiden, abgeschossen zu werden und, dann auch noch einen d?mlichen Spitznamen abzufassen.
Mit diesen zwei Dingen war er bei mir unten durch. Dennoch behielt ich meine Hochstimmung. Denn obwohl ich Bl?dmann sehen musste und es Winter war, schwor ich mir, mir meine Laune heute durch nichts verderben zu lassen. Ich hatte nur ein Wort im Kopf. Australien.

Aber wie das halt so ist, zog der Schultag sich wie ein Kaugummi. Endlos. Nur irgendwann ist alles vorbei. So auch die Schule. Und nachdem ich die endlich, endlich hinter mir hatte, konnte ich es kaum noch erwarten die Koffer zu packen.

Als die Koffer gepackt waren, rief ich meine beste Freundin Fia an, um mich in aller Ruhe zu verabschieden. Ganze zwei Wochen ohne sie. Das war schon ein hoher Preis...aber f?r meinen Traumkontinent mit einem Traumurlaub...war ich bereit ihn zu zahlen. Immerhin gab ja schlie?lich die Erfindung Handy. Und mit Erfindung Handy auch SMS. Das musste reichen.

Nach dem Telefonat ging ich noch einmal ins Internet, loggte mich im ICQ ein, schrieb mit ein paar Leuten und konnte es kaum noch erwarten, endlich im Flieger zu sitzen. Auch wenn mir eine wirklich lange, lange Flugzeit bevorstand.

Ich glaube es wird das Beste sein, wenn ich mich jetzt schlafen lege. Morgen muss ich wahrscheinlich fr?h aufstehen. Also verabschiedete ich mich in aller Ruhe von allen Freunden im Internet, machte mein Radio an, legte mich ins Bett und tr?umte vor mich hin, bis ich einschlief.

Wieder tr?umte ich, dass ich irgendwo im Schnee lag und eine blutige Spur zu sehen war. Auch schallten wieder einzelne Worte in meinen Ohren hin und her. M?hsam richtete ich mich auf und sah mich um. Ich lag in einem Wald. Alles war mit einer dicken Schneeschicht ?berzogen und wirkte ruhig. Sicher. Aber dennoch unheimlich. Ein Knacken hinter mir durchbrach die unheimliche Stille. Ich drehte mich herum und sah -

'NIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIINAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!! Steh auf Purzelchen, wir fliegen heute nach Austraaaaaaaaaaaalien!!!'
Meine Mutter.
Entsetzt wie erschrocken riss ich meine Augen auf. Anscheinend hatte die gute Laune auch sie ergriffen.
Trotz des Schockes, musste ich grinsen. Meine Mutter war auch so ein Sonderfall. Sie war wirklich s??. Immer besorgt um mich, ein wenig chaotisch und absolut liebenswert. Ganz das Gegenteil war mein Vater. Er war ein ziemlich gro?er, ernster, nachdenklicher Mann. Ich glaube das mit den abgedrehten Gedanken hatte ich von ihm geerbt. Ebenso die Figur. Schlank und sportlich. Aber anscheinend war's das dann auch gewesen. Gr??e, Gesicht... und hoffentlich auch irgendwann die Kurven, hatte ich ganz eindeutig von meiner Mutter. Eigentlich konnte ich mit den Erbanlagen meiner Eltern recht zufrieden sein. Ich war so ziemlich der Durchschnitt. Nur meine Haare bildeten da die Ausnahme. In meiner Familie hatten alle, wirklich alle, durch die Reihe weg helle Haare. Egal ob grau, blond, hellbraun oder r?tlich. Alle hatten die hellen Farben gepachtet. Nur ich nicht. Meine Haare waren tiefschwarz. Von Natur aus. Ob ich das nun gut fand oder nicht, dar?ber war ich mir noch nicht so im Klaren. Aber Fakt war, wegen dieser Haarfarbe, passte ich nie in die Familienfotos. Aber trotzdem war die ?hnlichkeit zwischen mir und meiner Mutter gravierend. Das machte mich gewisserma?en Stolz. Wenn das n?mlich bedeutete, dass ich sp?ter vielleicht auch mal so einen tollen Kerl, wie mein Vater es laut den Bildern von fr?her mal war, abkriege, dann freut mich das.
Aber nun musste ich aufstehen. Schnell ging ich ins Bad, schnappte mir meine gestern noch raus gelegten Sachen, und sprang unter die Dusche. Eigentlich dusche ich ja immer Ewigkeiten aber heute musste ich einfach eine Ausnahme machen. Ich hatte richtig Magenkribbeln. Ich glaube so sehr hatte ich mich noch nie auf eine Reise gefreut. Wahrscheinlich freute ich mich so sehr, weil ich genau wusste, dass ich die ganzen Ferien Bl?dmann nicht sehen musste und es keine M?glichkeit gab, ihm auch nur ansatzweise ?ber den Weg zu laufen. Unwillk?rlich musste ich wieder grinsen. Was w?rde ich darum geben ihm eine Klatschen zu k?nnen...
Nach 10 Minuten war ich fertig mit duschen und Haare waschen. Ich rubbelte mir ein paar Mal kr?ftig mit dem Handtuch ?ber den Kopf und putzte mir Z?hne. Dann strich ich die inzwischen vom Kopf abstehenden Haare schnell mit den H?nden glatt und hopste lautstark die Treppe hinunter.
'Guten Morgen Familie! Was gibts zum Fr?hst?ck? Haben wir noch meine Lieblingscornflakes?'
'Guten Morgen Purzelchen.' Bei diesem Satz verzog ich mein Gesicht.
'Mama, versprichst du mir mich NIE wieder so zu nennen?'
'Ach Sch?tzchen. Setz dich hin und iss etwas. Du musst dich f?r den Flug st?rken.''Ja genau Sch?tzchen stopf dich ordentlich voll, damit du den Flieger wieder voll kotzen kannst.'
Ach ja. Mein Bruder. Ich vergesse ihn am liebsten...erstens ist das schonender f?r meine Nerven und zweitens ist er einfach unwichtig. Ich nehme es meinen Eltern immer noch ?bel, dass sie so etwas ?berhaupt in die Welt setzen konnten. Ob es in anderen L?ndern f?r solche Vergehen eine Bestrafung gab?
'Gut. Aber nur wenn ich deinen Rucksack als T?te benutzen kann.'
Ich setzte mich hin und nahm mir ein Br?tchen.
Sascha, so hei?t das Ekel von Bruder, grinste mich selbstgef?llig an.
Er starrte so lange, bis ich begann mich zu fragen, was genau an mir los war. Ich stand auf, mit der Entschuldigung aufs Klo zu gehen und ging ins G?steklo. Dort schaute ich in den Spiegel und konnte au?er meinen abstehenden Haaren nicht viel Abnormales an mir entdecken...bis mir der wirklich gigantische Monsterpickel an meinem Kinn ins Auge stach.'Ah, ich sehe du hast den F?tus in deinem Gesicht entdeckt.'
'F?tus?' Verst?ndnislos starrte ich Sascha an. Ein F?tus war normalerweise das im K?rper einer Frau heranwachsende Ergebnis eines geplatzten Kondoms. Aber doch kein Monsterpickel.
'Mensch Nina. Das Ding da an deinem Kinn ist eine Art heranwachsendes neues Leben. Wer wei?...vielleicht frisst es dich ja irgendwann auf und die Welt ist endlich sicher vor dir.'Sp?testens nach diesem Satz, war mir wieder klar, warum ich versuchte dieses Etwas von Bruder zu verdr?ngen.
Ein b?sartigeres Kind wie das, was sich gerade d?mlich grinsend ?ber seine angelesene Pseudoklugheit freute, konnte es auf dieser Welt doch nicht geben. Oder?
'Ja und wenn es mich gefressen hat...wer wei? vielleicht bist du ja das n?chste Opfer. Dann w?rde dieser Pickel wenigstens etwas N?tzliches tun. Also Sachalein, tu mir den Gefallen und geh sterben oder tu zumindest so, als ob wir uns gar nicht kennen w?rden. Meinst du, du h?ltst das zwei Wochen durch?'
'So zu tun als ob du nicht meine Schwester w?rst? Nichts leichter als das. Es wird mir ein Vergn?gen sein, so zu tun, als ob wir nicht Blutsverwandt w?ren.'
Es war wirklich unglaublich. Ich konnte ihn nicht einmal sprechen h?ren, ohne Aggressionen gegen ihn aufzubauen. Eine gr??ere Strafe als dieses Ekel von Bruder konnte einem Menschen echt nicht aufgebrummt werden.
Wer auch immer Schuld an diesem Ding war. Es waren sicherlich nicht nur meine Eltern.Denke ich.

Als ich wieder am Fr?hst?ckstisch sa?, sahen meine Eltern mich in regelm??igen Abst?nden fragend an. Dabei stellte ich fest, dass sie die Bedeutung von regelm??ig wirklich auswendig konnten.
Ich begann die Sekundenabst?nde zwischen ihren Blicken zu z?hlen.
Meine Mutter sah mich alle 10 Sekunden an und mein Vater alle 30 Sekunden.
Sascha war inzwischen zu sehr mit seinem Br?tchen und der Tiefk?hlbutter auf seinem Br?tchen besch?ftigt, um mich d?mlich anstarren zu k?nnen.
Aber ich dachte gar nicht daran, mit meinen Eltern ?ber meine Hautprobleme zu sprechen. Also a? ich schnellstens mein Br?tchen auf, trank meinen Tee aus und stand auf um wieder hoch zu gehen. Ich musste n?mlich noch mein Handgep?ck packen und ich musste mich schlie?lich noch komplett Flugfertig machen.
W?hrend ich die Treppe hochging, ?berlegte ich, ob es sinnlos oder sinnvoll w?re, sich zu schminken.
Auf der einen Seite w?re es sinnlos, weil ich sowieso einschlafen w?rde...aber auf der anderen Seite w?re es sinnvoll, weil ich vielleicht ein h?bsches m?nnliches Exemplar in mein Blickfeld bekommen k?nnte.
Ich entschied mich schlie?lich f?r den Mittelweg. Nur ein bisschen Wimperntusche und Parf?m.
Dann packte ich meine Kosmetik in die Tasche und holte auch mein Kuschelkissen.
Ich war fertig.
Australien, ich bin unterwegs!







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